Das Internat 💋

By Manilasmind

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"Du bist das Aufregendste was mir in meinem Leben je passiert ist. Ich liebe dich, November, aber das hier da... More

Die Ankunft
Die Einladung
Das Frischlings-Ritual

Erste Bekannte

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By Manilasmind

Lilly hat Recht. Das Zimmer ist nicht halb so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Zwar besteht die Einrichtung auch hier überwiegend aus altem Holz, aber durch die zwei großen Fenster fällt genug Licht in den Raum, um die dunkle Einrichtung auszugleichen. Das Zimmer ist nicht besonders groß, aber ich bin dankbar dafür, dass ich es zumindest mit niemandem teilen muss.

„Und?", fragt Lilly und setzt sich auf das Bett an der Wand, „es ist natürlich noch ziemlich unpersönlich, aber wenn du hier ein bisschen von deinem eigenen Kram mit reinbringst, sieht das ganz schnell gemütlicher aus."

„Ja, es ist eigentlich ganz schön. Normalerweise stehe ich nicht auf so alte Sachen, aber die Möbel hier passen irgendwie zur gesamten Atmosphäre hier."

„Du wirst noch eine Menge alter Sachen sehen, das kannst du mir glauben. Spätestens nachdem du unsere Bücherei oder die Sporthalle gesehen hast, weißt du, was ich meine."

Ich gehe einmal quer durch den Raum und bleibe am Fenster stehen. Von hier aus kann ich auf den parkähnlichen Garten schauen. Am hinteren Ende scheint ein Sportplatz zu sein.

„Du hast Glück, dass du ein Zimmer auf dieser Seite zugeteilt bekommen hast. Jeden Montag und Mittwoch trainieren da unten nämlich die Zwölfer und da sind ein paar Typen dabei, bei denen sich das Zuschauen richtig lohnt, wenn du verstehst, was ich meine."

Ich muss lachen und frage mich, ob Connor davon weiß.

„Was trainieren sie denn?", frage ich.

„Rugby." Lilly grinst mich verspielt an.

„Ich verstehe."

Sie steht vom Bett auf und zieht sich ihren blauen Rock zurecht. „Okay, das sollte fürs Erste reichen. In deinem Zimmer wirst du die nächsten Tage sowieso noch genug Zeit verbringen. Willst du den Aufenthaltsraum sehen?"

Ich willige ein und folge ihr, wobei ich versuche, mir möglichst den gesamten Weg einzuprägen. Ich bin mir sicher, dass auch ich mich irgendwann einmal verlaufen werde, so viele Gänge und Treppen, wie es in diesem Schloss zu geben scheint. Als wir vor einer verschlossenen Flügeltür stehen bleiben, klopft Lilly an, scheinbar in einem Code aus kurzen und langen Pausen.

„Kurz, kurz, kurz, lang, kurz, lang. Merk dir das, sonst lassen sie dich nicht rein."

„Ich versuche es."

Ein paar Sekunden später höre ich Schritte und kurz darauf öffnet ein Junge die Tür.

„Hey, Connor. Ich dachte, du bist auf deinem Zimmer?" Lilly drängt sich an ihm vorbei in den Raum und ich folge ihr.

Der Aufenthaltsraum ist etwa doppelt so groß wie ein gewöhnliches Klassenzimmer und sieht abgesehen von dem dunkeln Parkettboden und den holzvertäfelten Wänden ganz anders aus als der Rest des Schlosses. Überall stehen Sessel und Sofas herum und ich entdecke einen Kicker, einen Billardtisch und ein paar andere Gegenstände, die ich im Northriver Castle nicht unbedingt erwartet hätte.

Um einen kleinen Couchtisch sitzt eine Gruppe von Jungs auf den Sofas und spielt irgendein Kartenspiel. Zwei Mädchen stehen vor einem Bücherregal und unterhalten sich. Sonst ist niemand da.

„Hey Connor, beeil dich. Du verlierst gerade deinen gesamten Einsatz!", ruft einer der Jungs rüber, ohne sich umzudrehen.

„Pokern gilt hier als echter Leistungssport", raunt Lilly mir zu. „Um Geld natürlich. Eigentlich ist das verboten, aber die Lehrer dürfen unseren Raum hier nicht betreten, deshalb ist noch nie jemand erwischt worden. Kannst du Pokern?"

Ich nicke und bin dankbar für die Nachmittage, an denen Pa mir das Spielen beigebracht hat. So kann ich wenigstens ein bisschen Eindruck schinden.

„Das wird dir einen großen Vorteil verschaffen, glaub mir. Bisher war noch kein Mädchen dabei, was gleich bei ihrer Ankunft Pokern konnte, zumindest, seit ich an der Schule bin. Die meisten können es immer noch nicht. Ich hab's inzwischen gelernt, aber ich verliere sowieso die meiste Zeit, deshalb spiele ich nicht mehr mit, wenn es um Geld geht. Connor hingegen ist ein echtes Ass."

Lilly nimmt mich an der Hand und zieht mich zum Tisch der Typen rüber.

„Ich unterbreche eure Runde ja nur ungern, aber ich würde euch gerne jemanden vorstellen. Das hier ist November. Sie geht in die Elfte. November, das sind Lucas, Richard, Kyle, Ronnie und Graham. Connor hast du ja gerade schon kennen gelernt."

Die Jungs sehen von ihrem Spiel auf und mustern mich. Mir fällt auf, wie attraktiv sie alle sind. Markante Gesichter, Sportlerfiguren... Mit Sicherheit sind sie alle im Rugbyteam.

Ein Typ, der am nächsten an mir dran sitzt, hebt die Augenbrauen und steht plötzlich auf.

„Ich bin Lucas. Willkommen im Northriver." Er reicht mir die Hand und ich weiß nicht ganz, ob er nur so höflich tut oder es ernst meint. Um den Mittelweg zu wählen, schüttle ich seine Hand, setze jedoch ein verspieltes Lächeln auf, um so zu wirken, als würde ich nur Rumalbern, falls er das auch tut.

„Wie hoch ist der Einsatz?", frage ich und nicke Richtung Spielfeld.

„278 Pfund. Wieso, willst du etwa mitspielen?" Der größte von ihnen sieht mich belustigt an.

„Wenn ihr keine Angst habt, zu verlieren, dann bin ich dabei."

Der Große lacht und rutscht ein Stück auf dem Sofa zur Seite, um mir Platz zu machen.

„Ich habe leider nicht viel dabei, was ich zum Einsatz beisteuern könnte", sage ich während krame nicht mehr als 5 Pfund aus meiner Hosentasche krame, „aber ich setze einen Gefallen. Wer auch immer gewinnt, hat was gut bei mir."

„Alles?", fragt einer der anderen.

„Solange keiner von uns sich dafür ausziehen muss, ja."

Nach knappen zehn Minuten ist das Spiel auch schon vorbei und ich bin um rund 38 Pounds reicher.

„Ich verspreche euch, dass ich euch davon irgendwann mal auf ein Bier einladen werde", sage ich kichernd und gönne mir ein bisschen Schadenfreude über ihre fassungslosen Gesichter.

„Ich finde es ist ein ziemlich schlechtes Ohmen, dass die Neue uns direkt um unser ganzes Geld abzockt", verkündet der Große und schüttelt den Kopf. „Das waren meine letzten Scheine für diesen Monat. Ich hab nur mitgespielt, weil ich drauf gesetzt habe, zu gewinnen."

„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt", sage ich mit einem wissenden Blick, „aber auch wer wagt, gewinnt eben nicht immer."

Er lacht.

„Ich muss sagen, ich bin ehrlich beeindruckt. Ich glaube, ich kenne kein Mädchen hier, dass schon irgendwann mal beim Pokern gewonnen hat. Nicht, dass in den letzten Jahren überhaupt erst mal eine von ihnen mitgespielt hat", sagt Lucas.

„Dann solltet ihr euch besser in Acht nehmen, November wird uns nämlich allen beibringen, wie es geht und dann werden wir euch arm machen", ruft Lilly begeistert und zieht mich vom Sofa hoch.

„Wenn ihr uns jetzt entschuldigen würdet, wir haben noch eine lange Tour vor uns. Außerdem habe ich keine Lust, mir noch länger eure deprimierten Gesichter anzusehen, da wird man ja selbst ganz depressiv."

Mit diesen Worten winkt sie den Jungs über die Schulter hinweg zu und zieht mich aus dem Aufenthaltsraum.

Als sie die Tür hinter sich schließt, fängt sie an zu kichern. Ich schaue sie prüfend an und versuche zu ergründen, was so lustig sein könnte.

„Das war der Hammer", sagt sie mit stolzem Blick. „Den Zwölfern geht es normalerweise am Arsch vorbei, wer hier neu ankommt, aber du hast definitiv einen bleibenden Eindruck hinterlassen."

„Das waren Zwölfer?", frage ich gleichgültig und gehe schon mal in Richtung Eingangshalle vor, weil ich nicht will, dass die Leute im Aufenthaltsraum hören, wie wir hier draußen über sie reden.

„Oh ja. Aber du musst folgendes wissen: Hier auf dem Internat gibt es eigentlich keinen Zwölfer, der nicht irgendwelche jüngeren Mädchen hat, die ihn anhimmeln. Wobei ich mich bei manchen echt frage, wie es sein kann, dass überhaupt irgendjemand auf sie steht, aber gut, das ist wohl Geschmackssache. Aber dann gibt es noch Typen wie Graham, Lucas und co... Auf die steht so ziemlich jedes Mädchen, egal welche Stufe. Ich muss zugeben, es gab eine Zeit, als auch ich so in den ein oder anderen von ihnen verschossen war, aber dann kam Connor. Ich habe immer mehr Zeit mit ihnen verbracht und gemerkt, dass sie auch nur ganz normale Jungs sind- wer hätte es gedacht- und dann habe ich sie irgendwann einfach nur noch als Kumpel gesehen. Na ja, wie dem auch sei.. Du hast jedenfalls gerade eine richtige Punktlandung hingelegt. Besser hätte dein Start hier eigentlich kaum laufen können."

Sie scheint richtig begeistert darüber, dass ich gerade ein bisschen mit Jungs aus einer Jahrgangsstufe über mir herumgealbert habe, aber ich finde es irgendwie ein bisschen übertrieben. Wie sie schon sagt, es sind doch auch nur normale Typen.

Lilly scheint meine Zurückhaltung zu bemerken, denn sie mustert mich eine Weile und fragt dann: „Sag mal, kann es sein, dass du einen Freund hast, oder so?"

Ich schüttle den Kopf und sehe sie an, als solle das ein Scherz sein. „Ich gebe es nicht gerne zu, aber ich hatte tatsächlich noch nie einen Freund..."

„Was? Noch nie? Nicht einmal so eine Kindergartenbeziehung in der fünften Klasse?"

Wieder schüttle ich den Kopf und ziehe wie zur Verteidigung die Schultern hoch.

„Ach erzähl mir doch nichts.. Du bist eines der hübschesten Mädchen, die ich kenne. Du bist süß, witzig und scheinst echt korrekt zu sein, wenn ich meinem ersten Eindruck vertraue. Da kannst du mir doch nicht erzählen, dass sich noch nie ein Typ für dich interessiert hat, den du auch mochtest."

„Ist aber leider so. Es gab schon ein paar Jungs, die ich ganz süß fand, aber ich war noch nie wirklich verliebt, weißt du? Ich will mit jemandem zusammen sein, mit dem ich auch über ernstere Dinge reden kann. Jemand, der aufregend ist und irgendwie... anders."

„Oh, glaub mir, von der Sorte „anders" haben wir hier eine ganze Menge." Sie rollt mit den Augen und macht ein angewidertes Gesicht.

Ich muss lachen und frage mich, ob sie mich jetzt wohl für kitschig hält. Aber selbst wenn, es ist mir egal.

„Na ja, ich verstehe dich irgendwie. Ich meine, eine Beziehung sollte schon etwas Besonderes sein. Wenn du einen Typen nur nett und witzig findest, kannst du genauso gut einfach bloß mit ihm befreundet sein."

Ich nicke zustimmend und bin froh, dass sie mich versteht.

„Also gut. Ich möchte dich nur davor warnen, dass du wahrscheinlich schnell ein paar eifersüchtige Mädchen auf dich hetzen wirst, wenn du Lucas weiter so den Kopf verdrehst", sagt Lilly und geht die Treppe hinauf in den ersten Stock. Ich bleibe einen Moment perplex stehen und hole sie dann mit schnellen Schritten auf der Mitte der Treppe ein.

„Was meinst du damit?", frage ich, obwohl das eine ziemlich dumme Frage ist.

Sie sieht mich mit diesem ach-komm-schon-Blick an. „Es war ja wohl nicht zu übersehen, dass Lucas direkt geflasht war von dir. Schon als wir reingekommen sind und er dich das erste Mal gesehen hat, hat man es gemerkt. Aber als du dann so mit den Jungs rumgeblödelt hast, war er endgültig hin und weg."

Ich schüttle den Kopf und lache nur.

„Lilly, er hat mich vor zwanzig Minuten zum ersten Mal gesehen... Das ist lächerlich."

Sie sieht mich nur wissend an. „Wie du meinst. Ich sage ja nur, dass du aufpassen solltest. Aber falls eine von den Tussen zu dir kommt und dich blöd anmacht, sag mir einfach bescheid, ich habe mittlerweile Erfahrung mit solchen Prinzessinnen.“
„Danke“, sage ich und bemühe mich, mit ihr Schritt zu halten. „Aber das wird wirklich nicht nötig sein. Wenn er mich erst einmal ein bisschen besser kennen gelernt hat, wird er feststellen, dass ich gar nicht so aufregend bin, wie er vielleicht zuerst geglaubt hat.“
Ich folge Lilly durch die Gänge des Gebäudes und versuche mir, so gut es geht einzuprägen, wo wir entlanglaufen. Irgendwann kommen wir auf der zweiten Etage aus- der der Jungs- und sie bleibt vor einer schmalen Tür am Ende des Ganges stehen.
„Also eigentlich ist der Ort hier relativ geheim, aber ich denke, ich kann dir vertrauen. Die meisten Erwachsenen wissen nicht einmal, dass er existiert, aber Graham hat sich vor ein paar Monaten mal den Schlüssel vom Hausmeister geklaut und er hat ihn irgendwie nicht vermisst, deshalb haben ein paar von uns sich einen nachmachen lassen und es zu unserem privaten Aufenthaltsraum gemacht.“
„Was genau meinst du? Ist dahinter ein geheimer Raum oder wie?“
Lilly schüttelt den Kopf und ihre Augen leuchten. „Etwas viel Besseres.“ Sie kramt einen Schlüssel hervor und schließt die Tür auf. Um sie zu öffnen, muss sie sich regelrecht dagegenwerfen und als sie endlich ein Stück weit aufgeht, quietschen die Scharniere verdächtig laut.
„Ach, verdammt. Ich habe Connor schon vor Wochen gesagt, dass er die Tür endlich mal ölen soll, sonst kriegen bei dem Krach bald noch irgendwelche anderen Wind von der Sache und Mr. Portman wird uns die Hölle dafür heiß machen, dass wir ihm seine Schlüssel geklaut haben.“
Lilly zwängt sich durch die schmale Öffnung und ich folge ihr. Hinter der Tür befindet sich eine steile Treppe, die nach oben führt und es weht ein eisig kalter Wind. Über uns befindet sich blauer Himmel.
„Ist das der Aufgang zum Dach?“, frage ich, doch Lilly wartet nicht auf mich. Sie ist schon auf halbem Weg nach oben. Ich laufe ihr hinterher und oben angekommen, stehe ich plötzlich mitten auf einer Dachterrasse. Sie liegt versteckt zwischen den Dachschrägen des Schlosses und könnte höchstens vom Rugbyfeld aus gesehen werden.
„Ist das nicht der Hammer? Im Sommer geben wir uns hier richtig Mühe, alles gemütlich zu machen. Wir haben sogar schon ein paar Mal hier oben gegrillt, aber da müssen wir immer höllisch aufpassen, dass es keiner riecht und auf die Idee kommt, den Rauch zu verfolgen.“
„Es ist echt ziemlich cool“, gestehe ich und bewundere das abgewetzte Sofa, das unter einem Dachvorsprung steht und trotz seines verschlissenen Zustandes irgendwie gut aussieht. So verboten und rebellisch, falls das möglich ist.
„Ich werde mich darum kümmern, dass du auch einen Schlüssel bekommst“, verspricht Lilly, „aber du musst es unbedingt geheim halten. Wie gesagt, hiervon wissen maximal fünfzehn Leute und das soll auch möglichst so bleiben.“ Sie zwinkert mir z und ich halte zum Schwur die Hände hoch. Sie nickt zufrieden und lässt sich auf das Sofa fallen.
„Weißt du, ich bin echt froh, dass du ausgerechnet neben mir eingezogen bist. Ich bin mir sicher, dass wir uns richtig gut verstehen werden. Du scheinst mir eine Person zu sein, mit der man eine Menge Spaß haben kann.“
Ich lächle dankbar und frage mich, ob Lilly wohl beliebt bei den anderen Mädchen ist. Sie ist cool und witzig, aber andererseits redet sie so über ihre Mitschülerinnen, als würde sie nicht besonders viel von ihnen halten. Vielleicht ist sie so wie ich und kommt am besten mit Jungs klar.
„Ich glaube, wir müssen nachher mal beim Büro von Ms. Howard vorbeischauen. Ich sollte mich bei meinen Eltern verabschieden, damit sie sich rechtzeitig auf den Weg zurück nach Hause machen können.“
Ich frage mich, ob ich meine Eltern wohl vermissen werde. Im Augenblick kann ich es mir noch nicht so recht vorstellen, weil es mir im Internat wirklich gut gefallen könnte. Aber wer weiß, was noch kommt…

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