#SomethingWrong // Short-Story

By SIeepless

81 19 30

Eine Kurzgeschichte, die sich mit den Themen beschäftigt, die im Alltag stark vertreten sind, aber trotzdem k... More

#SomethingWrong

81 19 30
By SIeepless

Nur schwer hob sich mein Blick gen Spiegel.

Nur langsam schaffte ich es tatsächlich meine Augen zu öffnen und dem entgegen zu blicken, was sich dort widerspiegelte. Nur luftanhaltend hielt mein Blick für einige Sekunden stand.

Denn wer sich mir darbot war niemand anders als ich selbst.

Meine Haare waren noch vom Schlaf verwüstet, meine Klamotten waren verrutscht und entblößten so meine grässlich helle Haut, die jeden anderen hätte blenden können. Mich nicht. Ich war es gewöhnt. Stattdessen fixierte ich mich auf den neuen Pickel in meinem Gesicht.

Na toll, wer hätte gedacht es könnte noch schlimmer werden?

Ich schloss meine Augen, legte meine flache Hand an den sauberen Spiegel.

Wieso sah ich nur so aus?

Wieso dachte ich darüber nach, wie ich aussehe?

Hör auf dir vor Augen zu halten, wie du aussiehst.

Fette Beine. Kaum Muskeln. Hier und da ein paar Leberflecken, die auf deiner papierweißen Haut wie Schmutzflecken wirkten. Deine blassen Lippen, die vor Kälte völligst aufgerissen waren. Deine Klamotten, die – trotz einhalten des aktuellen Trends – nur mehr unterstrichen, dass schöne Dinge nicht zu dir passten. Deine Narben, die aufgrund deiner damaligen Naivität und der daraus entstandenen Enttäuschung entstanden waren.

Meine Hand ballte sich zu einer Faust und zerstörte den Spiegel.

Hör verdammt nochmal auf so zu denken!

Hastig stürmte ich aus dem Bad, eilte zurück in mein kleines Zimmer, das wie immer eisigkalt war, da unsere Heizung nicht funktionierte. Ich knallte die Tür hinter mir zu, schnappte mir ein paar Tücher und presste sie gegen meine Knöchel.

"Wieso bist du auch so dumm..", nuschelte ich eher zu mir selbst. Ich holte tief Luft, trottete zu meinem Kleiderschrank und suchte mir meine Kleidung für die Schule zusammen. Meine Mutter hatte mal wieder nicht gewaschen.

Ich ging ins Bad und hielt dort Ausschau nach meinem Lieblingsoberteil, in dem ich mich wenigstens halbwegs wohlfühlte. Wo war es nur?

Als es mir unter dem Wäscheberg entgegenblitzte, wusste ich nicht, ob ich nun froh oder wütend sein sollte. Ich hatte es gefunden, aber es stank sicherlich. Rasch schüttelte ich meinen Kopf.

Du hast doch sowieso nichts anderes, das zum momentanen Trend passt. Ich zog es aus diesem Berg empor, sprühte es mit meinem Deo ein und schlüpfte hinein.

Jetzt stinkst du bestimmt.

Erneut griff ich zu meinem Deo.

Super, und jetzt denkt jeder, du hast Wochen nicht geduscht, weil du so viel von dem Sprühzeug benutzt!

Ach, halt doch die Klappe, verdammt!

Ich warf die Dose zurück ins Regal, huschte wieder aus dem Bad und erlaubte mir beiläufig einen Blick in das Zimmer meiner Eltern, um die Uhr von deren Wecker abzulesen.

In 10 Minuten kommt dein Bus.

"Kommst du frühstücken?", ertönte es durch unsere mikrige Wohnung. Ich verneinte. Meine Haare waren noch nicht gestylt und meine Zähne noch nicht geputzt, das hatte Vorrang. So steckte ich also mein Glätteisen in die Steckdose und föhnte mir, während es erhitzte, die Haare passend. Wie sagten sie neulich zu mir? Die Frisur sah gut an mir aus? Meine Haare waren toll? Wieso konnten andere so über mich denken, aber ich selbst nicht?

In 3 Minuten kommt dein Bus.

Hastig stopfte ich mir einen Verband in meine Jacke, steckte sowohl Handy als auch Kopfhörer in meine Hosentasche, schulterte meinen Rucksack und spurtete zur Tür.

"Tschüss!", rief ich meiner Mum zu, die im Esszimmer saß und wahrscheinlich mein ungetoastetes Brot begutachtete. Sie fand es nicht gut, dass ich so wenig aß, das hatte sie mir gesagt. Sie fand es auch nicht gut, dass meine Noten seit dem Schulwechsel schlechter wurden. Was fand sie gut?

Ich rannte zur Bushaltestelle, die schräg gegenüber von dem Mehrfamilienhaus, in dem ich mit meiner Familie lebte, lag. Der Bus war noch nicht da. Schnell zog ich meinen Verband empor und versuchte so gut es geht meine Knöchel zu verbinden. Hoffentlich würde keiner fragen. An meiner alten Schule hatte auch nie wer gefragt, wenn ich aufschrie, wenn einer meinen Unterarm berührte. Dort hatte es auch niemanden interessiert. Dort hatten sie auch alle recht. Wer kommt auch auf die bescheuerte Idee sich wehzutun? Sich selbst? Wer glaubt dadurch wirds besser? Ich lachte in mich hinein. Du, Idiot.

Der Bus hielt an meiner Haltestelle, so stieg ich hinein und stellte mich an meinen gewöhnlichen Platz, da wie sonst auch kein Sitz mehr frei war.

Meine Kopfhörer hielten als mein nicht vorhandener Gesprächspartner dar, und sorgten gleichzeitig dafür, dass mir nicht übel von der Busfahrt wurde.

Zwar liebte ich die Musik, doch liebte ich es genauso angesprochen zu werden. So bekam ich das Gefühl jemand hätte Interesse an mir. War jemand ein kleines bisschen interessiert?

Meine Klassenkameraden stiegen ein. Einer nickte mir zu, die Mädchen lächelten mich freundlicherweise an. Darauf verfiehlen sie wieder in ihre jeweiligen Gespräche und blieben weit entfernt von mir stehen. Sie waren kein bisschen interessiert.

Der Bus kam vor meiner Schule zum stehen, die Meute an Schüler, die mit mir in dem Verkehrsmittel gewesen waren, drängten und stressten. Der Bus war zu spät gekommen und wir waren im Stau gelandet, weshalb wir nun alle zu spät zum Unterricht waren. Auch ich lief zügig zu meinem Klassenzimmer, da ich keine unentschuldigte Fehlstunde wollte. Ein Mädchen aus meiner Klasse holte mich ein und lächelte mich erneut an. Ich zog einen meiner Kopfhörer aus dem Ohr und lächelte ihr freundlicherweise entgegen. Sie war die Nette der Klasse. Die Nette und Beliebte. Interessierte sie sich? Das Mädchen sprach etwas mit mir, bis wir beim Klassenzimmer ankamen. Vorsichtig klopften wir an und traten hinein. Sie setzte sich zu ihren Freundinnen, ich mich zu meinem Kumpel. Die Stunden vergingen und die Mittagspause trat ein. Das Mädchen hatte sich nicht wieder gemeldet. Sie interessierte sich nicht.

"Weißt du, gestern auf Discord haben die mich wieder für 'nen Typen verwechselt. Kenta hat sich dann über mich lustig gemacht und...", nur beiläufig folgte ich dem Gespräch meiner guten Freundin, denn ich wusste sowieso worüber sie sprach. Es interessierte mich nicht, aber das gab ich nicht zu, da ich sie nicht verletzen wollte. Mein Blick fixierte sich an einem meiner Klassenkameraden. Er war sehr nett. Er war einfühlsam. Er war...

"Oah alter, wenn ich den Typen sehe kommt's mir schon hoch, bah. Was ein Hurensohn!"

...der Ex meiner Freundin. Ich schaute zu ihr herüber und belächelte ihre Aussage. Sie wusste wie ich für ihn fühlte und war dennoch mit ihm zusammengekommen, denn positive Aussichten gab's für mich sowieso nicht. Immerhin war er offensichtlicherweise hetero.

Zu allem Unglück hatten sie kurz darauf wieder Schluss gemacht und seitdem hassten sie sich, weshalb mein Kontakt zu ihm in die Brüche ging. Ich redete nicht mehr mit ihm. Er redete nicht mehr mit mir. Ab und an lächelten wir uns auf den Gängen zu oder begrüßten uns. Sonst schwiegen wir.

Ich zog mein Handy hervor, aktivierte Mobile Daten und schrieb meiner besten Freundin. Sie teilte mir mit, dass sie schon aus hätte. Ich konnte also nicht zu ihr. Ich öffnete Snapchat und schaute mir die Bilder an, die ich von anderen bekommen hatte. Meistens nichts, was direkt an mich gerichtet wurde. Viel mehr waren es Uhrzeiten, Standorte, Temperaturen, um die Flammen aufrecht zu erhalten. Ich verschickte ebenso meine Uhrzeit, eben weil mal das so machte. Kurz darauf ließ ich mein Handy wieder in meiner Hosentasche verschwinden.

"Hey, hörst du mir noch zu?", hinterfragte meine Freundin, schlug mir dabei gegen die Hand. Ich zischte auf und umschloss jene sofort mit meiner Heilen. Verdammt, das tat weh!

"Ja, ja. Und wie gings dann aus?", hinterfragte ich und versuchte ihr zu verdeutlichen, dass ich zugehört hatte. Was ich nicht hatte.

"Also, Kenta ist dann im Endeffekt einfach offline gegangen", beendete sie ihren Monolog. Ich schüttelte den Kopf.

"Als ob, mies."

Sie und ich trotteten zu unserem Klassenzimmer, in dem wir nun Unterricht hatten. Verdammt, meine Hand tat scheiße weh. Wieso hast du auch gegen diesen doofen Spiegel geschlagen?

Um mich selbst nicht ertragen zu müssen.

Ich seufzte, als ich auf meinem Stuhl platznahm.

Wenn ich zu Hause war, musste ich meinem Stiefvater erklären, warum ich den Spiegel zerstört hatte. Was ich ihm bloß sagen würde? Ehrlich sein ging auf jeden Fall nicht. Er würde es als dumm und unnötig abstempeln. Ich würde ihm rechtgeben. Ich war dumm, dumm sowas zu tun.

...und ich war unnötig.

Ich trat gegen meinen Rucksack, der vor meinen Füßen gelegen hatte.

Wieso machst du dich selbst so nieder?

Ich will das nicht!!

Plötzlich vibrierte mein Handy. Anscheinend hatte ich vergessen Flugmodus anzuschalten. Gerade wollte ich es ausschalten, bis ich erkannte wer mir geschrieben hatte. Es war er.

Natürlich konnte es nur ein Rundsnap sein, aber man wusste nie!

Ich öffnete Snapchat und ebenso sein Bild.

"Ist alles okay? Deine Hand sieht schlimm aus. Warte nach dem Unterricht."

Ich blickte hinauf zu meinem Klassenkameraden, der mir gegenüber saß.

Er lächelte mir sanft und vorsichtig entgegen.

Interessiert er sich?

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So das war meine Kurzgeschichte zu dem Tag 'SomethingWrong'~

Zwar bin ich mir jetzt nicht sicher, ob ich das Ganze richtig verstanden habe, aber versuchen schadet ja nichts, hm?

In meiner Geschichte habe ich einige verschiedene Probleme angesprochen. Darunter zählen unter anderem Selbsthass, Selbstzweifel und Depression.

Außerdem habe ich das Thema Homosexualität etwas angestachelt. Zwar ging es in der Geschichte jetzt nicht ausschlaggebend darum, doch wollte ich mit dem einen Phrasen verdeutlichen, dass wir viel zu engstirnig denken. Nicht jeder, den man trifft ist aufgrund von einer 'Norm' auch so. Nicht jeder ist sofort hetero, nicht jeder sofort lesbisch oder schwul, geschweigedenn Mädchen oder Junge. Man sollte nicht von etwas ausgehen, nur weil es auf den ersten Blick so scheint. Es könnte zu Missverständnissen führen und noch schlimmer andere Personen verletzen.

Ebenso habe ich den Zwang nach Anpassung – so nenn' ich das jetzt einfach mal – erwähnt. Der Drang danach so auszusehen, wie die Mehrheit aussieht, damit man nicht niedergemacht wird.

Meiner Meinung nach sind alle der jetzt aufgelisteten Dinge stark in unserer Gesellschaft vertreten und werden trotz allem immer wieder unterschätzt und nicht ernstgenommen.

Ich wollte in der Kurzgeschichte klarmachen, dass jede Person, egal wie glücklich und unbelastet sie auch erscheint, etwas in sich selbst verstecken kann. Oft geht man einfach davon aus, dass es Leuten gut geht, weil sie Geld haben, oder weil sie lächeln, obwohl das doch kein standfester Beweis für das Wohlbefinden eines Menschens ist.

Zusätzlich war es mir wichtig klarzumachen, dass es auch Leute gibt, die sich um einen Sorgen, auch wenn man vom Gegenteil überzeugt ist. Daher der kurze Part am Schluss.

Ich hoffe die Kurzgeschichte hat – vor allem durch das offene Ende – etwas zum Nachdenken angeregt.~

Ich freue mich wie immer über Kommentare und wäre äußerst froh, wenn auch ihr den Tag weiter verbreiten könntet.

Gefunden habe ich ihn durch Bella4books, die mich bei dem Buch zum Tag von Something-Wrong markiert hat. Danke dafür (:

Man ließt sich~

- Joel




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