Celeris

بواسطة Noktaycity

98 4 0

Was passiert nach Episode 2? So ging der Tag bei Celeris weiter... المزيد

Celeris (english version)

Celeris

61 3 0
بواسطة Noktaycity

Celeris rieb sichüber seinen noch immer schmerzenden Bauch und ließ seinen Blicküber das blutige Massaker schweifen, in dem Mary ihn zurückgelassen hatte. Er war wieder allein. Das war wirklich interessant.Es war das erste Mal gewesen, dass er die Gasmaskmaid im Kampf erlebthatte. Besonders stark erschien sie ihm nicht, aber ihr Stil wartrotzdem ganz nett. Sie hatte niemanden am Leben gelassen. So einPech aber auch, die Typen waren doch bemitleidenswert. Vorsichtigwand Celeris sich einen Weg an den verunstalteten Leichen in ihrengrünen Uniformen vorbei und versuchte dabei in keine der Blutlachenzu treten. Er kickte mit dem Fuß eine dieser Masken mit aufgemaltemLächeln zur Seite und stapfte gelangweilt die Treppe hinunter.


Als er dasGebäude gerade verlassen wollte trat ihm plötzlich eine junge Frauin den Weg. Über ihrem Shirt trug sie eine Art Kittel, dazu Legginsund Stiefel und auf ihrem Kopf zierten ein Paar schwarze Katzenohrenihr dunkelviolettes Haar. Aber am Auffallensten waren ihre Augen. Siewaren unnatürlich weit aufgerissen und hatten durch die hellgraueFärbung der Iris etwas sehr stechendes. Sie war wirklich nichtbesonders hübsch.

„Guten Tag, dieDame", wünschte Celeris, nickte ihr zu und wollte sich an ihrvorbeischieben, doch sie machte keine Anstalten den Weg frei zugeben. Ihr Blick verfinsterte sich.

„Mörder..."

„Was ich?" Erhob unschuldig die Hände. „Ich habe die Jungs nicht angerührt,ehrlich!"

„Blödsinn",fauchte sie. „Glaubst du, das kauf ich dir ab? Du bist einer vondenen. Es ist meine Pflicht, dich zu töten, bevor du noch mehrZivilisten verletzt."

Die Frau drängteihn wieder zurück ins Gebäude. Celeris versuchte nicht zuentkommen. Sie wollte also spielen? Na schön.

„Ohh verstehe!Du gehörst also auch zu den kleinen grünen Männchen! Das finde ichwirklich klasse von dir, sehr heroisch. Aber wo hast du denn deineUniform gelassen? Würde dir bestimmt gut stehen. Vor allem dieMaske, so entsteht wenigstens die Illusion, dass du ein freundlichesGesicht machst."

„Ach halt dieKlappe." Diesen Satz hörte er nicht selten. Es war aber in der Tatinteressant, dass sie sich nicht an den üblichen Dresscode ihrerOrganisation hielt. Offensichtlich war sie niemand, der sich einfachunterordnete. War sie vielleicht stärker als sie sich anmerken ließ?Aber zu den Top 5 gehörte sie wohl kaum. Oder etwa doch? Celerisspürte einen Anflug von Neugierde.

Plötzlich zogsie eine Pistole unter ihrem Kittel hervor und richtete sie auf ihn.

„Hey hey hey,was machst du denn da?" Wieder hob Celeris schnell die Hände um zusignalisieren, dass er unbewaffnet war. „Ich bin ein Mensch, genauwie du!"

„Du bist einCreepy!" Mit gespieltem Schock legte er sich eine Hand auf dieBrust.

„Das hat michjetzt getroffen. Ist es die Frisur? Ist die etwa schon out? Das musseinem doch gesagt werden." Sie entsicherte die Waffe.

„Nein nein neinwarte, ich bin wirklich ein Mensch, ich kann es beweisen. Hier, fühlmeinen Puls!" Die Soldatin verzog erst ungehalten das Gesicht, nahmdann aber doch Celeris Handgelenk ohne die Waffe zu senken oder denBlick von ihm zu bewegen. Auch wenn sie versuchte es zu verbergen,war die Überraschung in ihren Augen deutlich zu erkennen.

„Hm... okay",murmelte sie und ließ die Waffe sinken. „Aber was..." Ihre Fragewurde durch schrille Rufe unterbrochen.

„Cogitare!!"Die Frau schloss genervt die Augen und atmete tief durch.

„Cogitare, wosteckst du?? Komm sofort her!" Celeris war amüsiert. Die Stimmeerkannte er sofort wieder.

„Ich schätzemal, sie suchen nach dir?" Zornig sah sie ihn an.

„Dein blödesGrinsen kannst du dir vom Gesicht wischen." Er räusperte sich.

„Sorry, wunderPunkt? Wer ist das da draußen?"

„Nummer 5."Bingo. Er wusste es. Die Nummer 5 der stärksten Mitglieder derYRXRFT32. Wenn also Nummer 5 nach dieser Frau, dieser Cogitare, rief,dann konnte sie in keinem Fall zu den obersten Fünf gehören. Siewar diesem Idioten unterlegen, und das war ihr offensichtlichzuwider. Celeris witterte eine Chance für ein wenig Chaos in derRangordnung der YRXRFT32 zu sorgen. Es fehlte nicht viel um mit Hilfeder Agressivität, die Cogitare in sich trug, ihrem Vorgesetzten einBein zu stellen.

„Nummer 5? Hm,ziemlich unprofessionell hier einfach so herumzubrüllen. Von demwürde ich mir an deiner Stelle nichts sagen lassen. Ich mein janur."

Sie schnaubteverächtlich, widersprach aber nicht. Er hatte sie. Zu diesemZeitpunkt wusste Cogitare noch nicht, dass sie bereits ein Fisch amHaken war. Er hatte ihr einen Gedanken eingepflanzt, den sie soschnell nicht mehr loswerden würde.

„Cogitare!!"Die Stimme wurde immer lauter. Cogitare drehte sich um und ging.

„LaufHündchen", raunte Celeris noch, bevor sie aus der Tür getretenwar und an dem leichten wütendem Zucken ihrer Schultern konnte ererkennen, dass sie es gehört hatte. Grinsend wandte er sich nunebenfalls um und verließ das leer stehende Haus durch einscheibenloses Fenster auf der anderen Seite des Gebäudes.


So, was nun?Nachdenklich steckte er sich die Hände in seine Hosentaschen undblickte die Straße hinauf und wieder herunter. Was für einlangweiliges Viertel. Im Zentrum von Noktaycity würde mehr los sein.Ohne so recht zu wissen warum, schritt er Richtung Innenstadt. Werweiß, vielleicht passierte da ja gerade etwas Spannendes, ein Mord,eine Prügelei oder ein Sommerschlussverkauf...


Bald schon fandsich Celeris auf belebteren Straßen wieder. Er beobachtete dieMenschen um sich herum, die ihm nur wenig Beachtung schenkten.Komisch, dachte er. Früher hätten ihn noch alle mit verstörtenBlicken angestarrt, aber heutzutage war er nicht der Einzige miteiner auffallenden äußeren Gestalt. Piercings, Tattoos,Haarfärbemittel und Individualismus, hatten das Anderssein zum Trendgemacht, so dass vor allem die Bewohner von NC nicht mehr so leichtins Staunen gerieten. Nun ja, Zeiten änderten sich eben. Schließlichließ er sich auf einer Bank am Straßenrand nieder, lehnte sichzurück und legte die Ellenbogen auf der Rückenlehne ab.

Als er gerade mitunmanierlich weit aufgerissenem Mund gähnte, setzte sich plötzlichein Mann neben ihn. Er musste so mitte dreißig sein, hatte aber nochsehr volles hellblondes Haar. Er war groß und schlank, seineKleidung war schlicht, eine Art schwarze Kutte, die Celeris an einenPriester oder so etwas erinnerte. Das war nun doch eher selten inNoktaycity. Die Kirche war kein großes Thema in dieser Gegend. Abernoch interessanter waren seine gepiercten Ohren, die mit kleinensilbernen Kreuzen geschmückt waren. Das Ganze hatte etwas von einemschrulligen Stilmix zwischen klassisch und modern.

Celeris sah ihnpenetrant an und fragte sich, ob der Mann aus Unwohlsein wiederaufstehen und gehen würde. Doch dieser hatte die Hände gefaltet undsah mit so einer Ruhe auf die Menschen, dass er sich fragte, ob seinGenosse etwas genommen hatte. Plötzlich sah der Typ zur Seite,lächelte ihn sanft an und streckte ihm die Hand entgegen.

„Guten Tag.Mein Name ist Christopher."

„Hallo",antwortete Celeris nur knapp und ignorierte die Hand seinesGegenüber, bis dieser sie wieder sinken ließ.

„Ich habe daein paar Fragen an dich."

„Jetzt sagnicht du möchtest, dass ich deiner Gemeinde beitrete, ich bin leiderso gar nicht der Vereinsmensch, sorry."

„Nein. Celeris,es geht um etwas anderes." Celeris wurde wachsam. Anscheinend wardas hier keine zufällige Begegnung. Für den Bruchteil einer Sekundesah er in der Hand des Mannes etwas Metallisches aufblitzen.

„Ich möchtebloß ein paar Kleinigkeiten erfahren über eine Sache, die sich vorJahren abgespielt hat. Ich suche in gewisser Maßen nach derWahrheit."

„Ah verstehe,du hast nach mir gesucht, mich gefunden, und jetzt glaubst du, dassdein kleiner Zahnstocher da dir dabei behilflich sein könnte, dieAntworten aus mir herauszubekommen."

Einen Moment langschwieg Christopher, dann lachte er verlegen und ließ die Klinge,die er in seiner Hand versteckt hatte unter sein Gewand gleiten.Celeris lachte ebenfalls gezwungen, als hätte es sich bloß um einenschlechten Witz gehandelt.

„Du bistaufmerksam. Dann kannst du mir bestimmt auch sagen, was heute voracht Jahren geschehen ist." Celeris war sofort klar, wovon der Kerlsprach. Aber was hatte der damit zu tun? Er ließ sich seineUnsicherheit nicht anmerken.

„Ist heute deinHochzeitstag?"

„Ein Mitgliedunserer Organisation ist verschwunden."

„Jemand aus demKirchenchor wurde entführt? So eine Schande aber auch."

„Es ist dieYRXRFT32."

Na toll, schonwieder einer von den kleinen grünen Männchen. Waren die jetztüberall? Das waren eindeutig zu viele für einen Tag.

„Mit denen habich nichts am Hut. Tut mir leid."

„Oh doch, indiesem Falle schon. Unsere damalige Nummer 2 wäre nicht einfach sogegangen und hätte der Gerechtigkeit den Rücken zugekehrt."

„Er war krank.Die meisten sagen, sein Herz hat es nicht mehr gepackt."

„Ach ist dasso?" Celeris hätte sich selbst ohrfeigen können. Wieso hatte erdas gesagt?

„Ich seh schon,du weißt genau von wem ich rede. Ich möchte nur wissen, was damalspassiert ist und ich schwöre bei Gott, ich lasse dich in Frieden."Celeris sah ihn einene Augenblick lang prüfend an, dann lächelteer.

„Ach, aberwarum willst du das denn wissen? Ihr habt doch so einen tollen Ersatzfür ihn. Eure Nummer 5, hab ihn heute getroffen, prima Kerl, vielSelbstbewusstsein."

„Nur weilNummer 5 sich kleidet wie er, kann er ihn noch lange nicht ersetzten.Nummer 2 damals handelte mit Geschick und List, seine Truppen warenstrategisch positioniert. Für einen Mann seiner geistigen Größewar es ein Kinderspiel die Creepys gefangen zu nehmen." InChristophers Stimme klang Bewunderung mit. Celeris gab einenverächtlichen Laut von sich.

„Nichts fürungut, aber wie kommst du darauf, dass gerade ich dir sagen könnte,was sich damals abgespielt hat?"

„Ich weiß,dass du sein letzter Gefangener warst, und auch der Einzige, der ihmentkommen ist. Und fast zeitgleich verschwindet er mitten aus seinemLabor?"

„Zufall?"

„Ich glaubenicht an Zufälle. Ich versuche einen Sohn Gottes wiederzufinden. Undvielleicht wird der Herr deine Seele für die gute Tat deiner Hilfeerlösen. Es ist eine gute Sache."

„Okay, warte.Soweit ich weiß, war dein ach so heiliger Sohn Gottes ein ziemlichbrutaler Killer. Und sowas nennst du eine gute Sache? Wie war das mitder Gleichheit für alle und niemandem Leid zufügen?"

„Weißt du,nicht alle Wesen dieser Welt sind Kinder Gottes. Das was er bekämpftund meinetwegen auch gefoltert hat, waren gottlose Wesen, aus derHölle auferstandene Bestien. Er war, oder ist, ein Mann derGerechtigkeit und wir standen für die gleiche Sache ein. Frieden aufErden für alle Menschen. Deinesgleichen kann nicht mit uns inFrieden leben."
„Meinesgleichen? Geht das schon wieder los?Ich bin ein stinknormaler Mensch!" Er machte eine Pause.

„Und außerdem,wer sagt, dass die Creepys die gottlosen Wesen sind? Vielleicht sindes ja eigentlich die Menschen, die den Unfrieden verursachen und ausder Stadt verdrängt werden müssen. Wer sagt, dass die Creepys diebösen Jungs sind?"

„Der Herr hates mir gesagt."

„Dann bist dualso sowas wie ein Messias?" Er lachte.

„Das würde ichnicht behaupten."

„Ach, du hastsie doch nicht mehr alle." Christopher ignorierte diese Aussage.

„Was ist damalspassiert?"

Celeris hatte dieSchnauze voll. Er stand auf.

„Okay sorry,ich kann das einfach nicht. So tiefgründige Themen machen mich immerganz... hungrig. Bis dann."

Doch er kam keinezwei Schritte weit, als der Kerl ihn mit festen Griff am Arm packte.Sie sahen sich an. Christopher schien wütend zu sein, dasIrritierende daran war allerdings, dass seine Mimik sich kein Stückveränderte und nur seine Augen selbst kälter und toter wirkten alszuvor.

„Wie bist duihm damals entkommen?"

„Ich erinneremich nicht."

„Vielleichtkann ich deiner Erinnerung ja auf die Sprünge helfen." Auf einmalspürte Celeris einen Nadelstich in seiner Seite. Er zuckte zusammenund riss sich schnell aus Christophers Griff los. Doch es war zuspät. Demonstrativ hielt der Fremde eine leere Spritzenhülle in dieHöhe. Verdammt, der Kerl war schnell. Celeris hatte die Bewegungseiner Hand noch nicht einmal wahr genommen. Normalerweise konnte erden nächsten Schritt der Leute immer gut erahnen und Angriffenausweichen, doch das kam erschreckend plötzlich.

„So, meinFreund. Meine Geduld geht langsam zu Ende. Also reden wir malKlartext. Entweder du lieferst mir die Informationen, die ich habenmöchte, oder du hast nur noch maximal drei Stunden zu leben, habenwir uns verstanden?"

„Was hast dumir da gespritzt?"

„Du brauchstnur zu wissen, dass ich im Besitz des Gegengifts bin. Das heißt duhast zwei Möglichkeiten. Antworte... oder bete und stirb." Celerisrieb sich lachend über die Hüfte, an der Stelle, wo ihn die Nadelerwischt hatte.

„Du bluffstdoch nur." Er hatte den Satz kaum zu Ende gesprochen, als sich einSchwindelgefühl in seinem Kopf ausbreitete und er ins Taumeln kam.Christopher lächelte.

„Tu ich das? Dumöchtest dich bestimmt setzten." Zuerst versuchte er stehen zubleiben, doch nachdem Celeris zum dritten Mal fest die Augenzusammenkneifen musste ließ er sich doch etwas widerwillig auf dieBank zurückfallen. Die Sicht verschwamm leicht vor seinen Augen unddie Stimme des Y-Soldaten klang seltsam dumpf.

„Ich frage nocheinmal. Wie bist du damals da raus gekommen?"

„Ich... warnicht allein." Seine eigene Stimme hallte seltsam in seinem Kopfwieder.

„Wer hat dirgeholfen?" Celeris hatte keine Wahl. Letztlich war es ja sowiesoegal, ob der Mann es wusste oder nicht. Aber mit dem Sterben hatte eres noch nicht so eilig.

„Lena."

„Und wie konntediese Lena in die Zentrale eindringen?"

„Ich... keineAhnung."

„Dann solltestdu in Gottes Namen Mal deine grauen Zellen anstrengen. Du weißt wasauf dem Spiel steht."

„Das wird aber„in Gottes Namen" nichts bringen, ich weiß es nicht. Sie hat dasmit ihrer Gang geplant."

„Gut, dann gibtes nur eine Lösung zur Erkenntnis. Steh auf."

„Bitte was?"

„Du wirst michzu Lena führen. Wir werden ihr einen kleinen Besuch abstatten."Celeris stand auf und breitete dramatisch die Arme aus.

„Dann bringmich lieber gleich um. In Lenas Revier einzudringen ist purerSelbstmord. Den Stress erspar ich mir."

„Blödsinn. Wirgehen da hin, ich bekomme meine Informationen und wir gehen wieder."

„Dann kannst dudeine ach so wichtigen Informationen gleich mit ins Grab nehmen."

„Celeris!"Der Mann packte ihn am Kragen und zog ihn an sich heran. Celerisstolperte dabei leicht.

„Ich schwörebei Gott, wenn du mich da hin führst, ich bringe uns beide wiederlebendig da raus, der Herr wird mir beistehen."

Celeris sah ihnmisstrausch an.

„Na dann..."Er wollte etwas Schlagfertiges antworten, doch in diesem Momentüberkam ihn eine Welle der Übelkeit und er beschloss den Satz nichtzu Ende zu sprechen. Ihm war sowieso nichts eingefallen. DiesesGefühl war ihm fremd. Und er mochte es nicht.


Er wusste genauwo Lena sich aufhielt. Das hatte Celeris schon vor langer Zeitherausgefunden, um ihr möglichst aus dem Weg zu gehen. Und nun stander mit einem Mann, der andauernd von Gerechtigkeit sprach, genau vordem Bunker, den sie mit ihren Leuten besetzte und wusste nicht wasihn zuerst umbringen würde. Die immer stärker werdenden Schmerzen,der Soldat, oder das Mädchen, das ihn seid Jahren abgrundtiefhasste. Vor dem Eingang mit der schweren Metalltür befand sich eineSprechanlage und daneben eine kleine Kamera. Er konnte nicht mehrgerade laufen. Aus seiner gekrümmten Haltung blickte er zu dem Kerlhoch, der ihm das alles eingebrockt hatte.

„Also",begann er ächzend. „Wenn die sehen, dass ich bei dir bin, lassendie dich ganz bestimmt nicht rein." Christophers Lippen umspielteein Lächeln.

„Im Gegenteil",antwortete er nur zuversichtlich. „Gerade deinetwegen werden siemich hereinlassen." Mit diesen Worten klingelte er und als dieSprechanlage endlich ein leises Knacksen von sich gab, packte erCeleris erneut am Kragen und beugte sich vor.

„Seid gegrüßt.Mein Name ist Christopher. Ich möchte gerne mit Lena sprechen."Wieder ein Knacksen.

„Männer habenhier keinen Zutritt. Verschwindet." Die Stimme klang nichtkompromissbereit.

„Oh, das wäreaber schade, ich habe ihr nämlich etwas mitgebracht." Er zogCeleris genau vor die Kamera. Dieser lächelte mit schmerzverzerrtemGesicht in die Linse. Na super, dachte er. DieIch-habe-einen-Gefangenen-Nummer. Es blieb still. Es vergingen einpaar Minuten als schließlich das Schloss aufsprang und beide endlichden Bunker betreten konnten. Von innen wirkte er ganz anders als vonaußen. Der Bunker war stilvoll möbliert und hatte etwas heimisches.Spürbar das Werk einer Frau. Doch kaum hatten sie den Raum betreten,als sie auch schon von bewaffneten Mädchen umzingelt waren. Siehatte es ernst gemeint. Lena duldete wirklich keinen einzigen Mann inihrem Gebiet. Celeris gab sich trotz der Krämpfe Mühe seineUmgebung zu beobachten. Die Mädchen, die von ihrer äußerlichenGestalt recht unterschiedlich aussahen, hatten alle eines gemeinsamund das war ihr Blick. Sie fixierten sowohl Celeris als auchChristopher mit einem Ausdruck, der so feindselig war als bräuchtebloß jemand ein Zeichen zu geben und sie würden die Eindringlingegnadenlos in Stücke reißen, ganz gleich dass die meisten von ihnenkeinen Schimmer hatten, mit wem sie es hier zu tun hatten.

Christopher hobdie Hände und zeigte damit, dass er niemanden angreifen wollte.Dabei ließ er Celeris los, der sogleich auf dem Boden zusammensank.Er konnte seinen Blick nicht mehr aufrecht halten. Sein Kopf dröhnteund seine Ohren und Schläfen pulsierten, als würde er jeden Momentin die Luft gehen. Doch trotz allem hörte er nun Schritte, die aufihn zu kamen. Die Schritte waren etwas klumpig und ungleichmäßig.Mit aller Kraft hob er noch einmal den Kopf und sah leichtverschwommen eine humpelnde Gestalt in einem rotweißen Kleid, die ineiniger Entfernung stehen blieb. Ihre rechte Hand war auf einenweißen Krückstock gestützt. Lena. Sie sah hasserfüllt auf ihnnieder. Er wollte etwas sagen, aber da er sich augenblicklichzwischen Atmen oder Reden entscheiden musste, beschloss er liebernoch nicht an einer zu großen Klappe zu ersticken und konzentriertesich auf seine Atmung.

„Na", begannsie. „So still heute, Cel? Hast du nichts zu sagen nach all denJahren?" Celeris nahm all seine Kraft zusammen, hob die Hand, undlächelte gequält.

„Hi", pressteer mühselig hervor, aber das war auch schon alles. Jetzt hatte Lenasich von ihm abgewendet.

„Was ist mitihm?", fragte sie und versuchte dabei neutral zu klingen.Christopher antwortete:

„Er wurdevergiftet. Lena, ich darf dich doch so nennen oder? Ich bin wegeneiner Herzensangelegenheit hier und bitte lediglich um ein paarAntworten."

Lena sah ihnmissbilligend an, wie einen reudigen Köter, der ihr zu dreckigerschien, um sich ihm zu nähern.

„Wenn Männeranfangen von Herzensangelegenheiten zu reden, dann kann man mit 95prozentiger Sicherheit davon ausgehen, das da irgendetwas faul ist.Also, mach es kurz, bevor ich die Geduld verliere." Christopherschien keinen Moment lang aus der Fassung gebracht.

„Es... geht ummeine Schwester. Bitte, sie... ist verschwunden und ich würde allestun, um sie wiederzufinden. Deshalb brauche ich deine Hilfe." Erblickte in die Runde.

„Eure Hilfe.Ich weiß, ihr seid Frauen von Ehre und Verstand. Außer euch kannich niemanden zu Rate ziehen." Sein Blick fiel wieder auf dieAnführerin. „Bitte..."

Sehr klug, dachteCeleris. Er versucht sie weichzukochen und umgeht durch den Vorwandmit seiner Schwester direkt ihre feministische Feindseligkeit. Lenahatte ihm den Rücken zugekehrt.

„Das... tut mirleid. Aber wenn deine Schwester entführt wurde, kann ich dirkeinerlei Hilfe anbieten. Es gibt viele Organisationen in Noktaycityund ich werde es nicht riskieren, dass wir uns mit etwas anlegen, daswir nicht stemmen können. Ich beschütze meine Mädchen. KeineOpfer. War das alles?"

„Nein, nein, duverstehst mich ganz falsch", versuchte Christopher sie zubesänftigen. „Ich erwarte überhaupt keine Streitkräfte von dir.Nichts dergleichen. Es geht wirklich nur um Informationen und ich binmir sicher, dass du sie mir geben kannst. Bitte, ich flehe dich an,ich würde wirklich alles tun, um sie zurückzubekommen. Sie bedeutetmir mehr als mein Leben!" Wow, dachte Celeris. Und der Oskar alsbester Schauspieler geht an... Christopher in der Rolle desverzweifelten Bruders. Lena drehte den Kopf in seine Richtung.

„Ist das so?"Einen Moment lang war es still. Niemand wusste, worauf das alleshinauslaufen sollte und vielen Mädchen stand die Anspannung insGesicht geschrieben. Christopher unterbrach die Stille.

„Okay. Wie wärees mit einem Deal? Ein fairer Zweikampf. Wenn ich gewinne, dann wirstdu mir alles sagen, was ich wissen möchte. Aber wenn ich verliere,dann werde ich sofort verschwinden." Er machte eine Pause und holtetief Luft. „Und der da gehört euch." Er deutete auf Celeris.Hätte er die Kraft gehabt zu fluchen, dann hätte er es jetztwomöglich gemacht. Allerdings konnte er sich nicht mehr bewegen.Sein Körper war schwer und wie gelähmt. Es war nur eine Frage derZeit, bis er das Bewusstsein verlieren würde. Aber dieser Kerlwusste wirklich genau was er tat. Celeris ahnte, was er vorhatte.Lena nicht. Sie schien von dem Vorschlag nicht ungehalten zu sein.

„Einverstanden.Ein fairer Zweikampf. Linsey?" Ein Mädchen trat zu Lena vor. Siehatte einen langen geflochtenen Zopf, einen wachen Blick und einesehr sportliche Figur.

„Ist das inOrdnung für dich?", fragte die Anführerin. Linsey nickte.

„Abernatürlich, Lena." Christopher schien einen Moment lang verwirrt.

„Ich dachte, duwürdest..." Doch er sprach den Satz nicht zu Ende und lächeltebloß. „Also gut."


Die Anderenstellten sich in einem Kreis um die beiden Kämpfer auf. Jeder vonihnen erhielt einen Schlagstock. Dieselben Waffen, so verlangte esdie Tradition.

„Damit das klarist" Lena sah Christopher mit strengem Blick an. „Ich möchtehier keine ernsthaften Verletzungen sehen, verstanden? Es geht nurdarum, einen Sieger festzulegen." Er nickte.

„Abernatürlich."

Die Händewurden geschüttelt und schon ging es los. Linsey hielt sich nichtzurück. Kaum gab Lena das Zeichen, ging sie hemmungslos auf denEindringling los und schlug schnell und geschickt mit dem Stab aufihn ein. Dieser parierte ihre Schläge aber ebenso geschickt, so dasskein einziger Schlag ihn erwischte. Das Mädchen wurde immer wilderund für Christopher wurde es allmählig schwieriger ihre Angriffe zublocken. Plötzlich erwischte sie ihn am Arm und er schrie auf. SeinStab fiel zu Boden. Linsey schien fast selbst überrascht, dass sieihn getroffen hatte und genau diesen kurzen Moment derUnaufmerksamkeit nutzte er aus. Er wartete keine Sekunde. Mit einemGriff packte er ihre Waffe, schob sein Bein hinter ihre eigenen Beineund zog ihr die Füße vom Boden. Das Mädchen fiel nach hinten um,ließ den Stab los und rollte sich geschickt nach hinten ab. Sofortwar sie wieder auf den Beinen. Doch kaum hatte sie sich aufgerichtetknallte das Holz mit voller Wucht gegen ihre Stirn. Das Mädchenkippte um.

„Stopp", riefLena, doch Christopher dachte gar nicht daran. Er warf den Stab zurSeite, zog das Mädchen hoch und drückte ihr eine Klinge an dieKehle. Niemand hatte gesehen, woher das Messer auf einmal gekommenwar. Einige Mädchen schrien entsetzt auf. Lenas ganzer Körper warangespannt vor Wut.

„Wir haben unsdoch auf einen fairen Zweikampf geeinigt." Christopher verdrehtedie Augen.

„Und Adamsagte, er würde die Frucht des Baumes der Erkenntnis nichtanrühren." Linsey hing hilflos und benommen vom Schlag in seinemArm und konnte nichts tun. Lenas Blick wurde kalt.

„Dir ist klar,dass du hier nicht lebend herauskommen wirst, oder?" Wiederlächelte er bloß.

„Die Sache istnur folgende. Wenn ihr mich angreift, werde ich der Hübschen da dieKehle aufschlitzten. Wenn du mir nicht die Antworten lieferst, dieich hören möchte, werde ich ihr auch die Kehle aufschlitzten. Undwenn ihr irgendwelche anderen Tricks versucht und mich umbringt..."Sein Blick wanderte zu Celeris, der zitternd am Boden lag. „...wirder sterben." Lena lachte laut auf.

„Warum solltemich das interessieren? Dann stirbt er eben. Ich hasse ihn, er istmein Feind."

„Tatsächlich?"Christopher schmunzelte. „Das sehe ich aber ganz anders, meineLiebe... Also. Vor acht Jahren, soweit ich weiß hast du damals mitCeleris unter einer Decke gesteckt, seid ihr in eine Zentrale derYRXRFT32 eingedrungen. Ihr habt gemeinsam Jagd auf die Nummer 2gemacht, hab ich recht?"

„Blödsinn!"Lena wurde lauter. „Es ist vollkommen egal, ob du lebst oderstirbst. Du trägst das Gegengift bei dir, da bin ich mir sicher. Wirtöten dich und entscheiden dann, ob wir ihn am Leben lassen."

„Ja, das würdeich an eurer Stelle lieber lassen. Ich trage gerade zehn verschiedeneMittel mit mir herum. Neun davon würden ihn sofort umbringen, nureines davon hat eine heilende Wirkung. Aber bitte, wenn du das Risikoeingehen möchtest... Ich erinnere mich nur, dass du mir vorhinsagtest, du wärst nicht bereit Opfer zu bringen. Tja..." Schachmatt. Von einem Augenblick auf den Nächsten war die starkeFeministin in die Ecke gedrängt und sah sich wie so oft bestätigtin ihrem Hass auf das männliche Geschlecht. Sie ertrug Celeris'Gegenwart nicht, aber sie konnte ihn auch nicht sterben lassen.Dennoch versuchte sie, ihren Widerstand aufrecht zu erhalten.

„Was vor achtJahren passiert ist spielt überhaupt keine Rolle, ich werde nichtdarüber reden."

„Hm schade. Byebye Linsey." Er drückte die Klinge fester an den Hals desMädchens. Sie ächzte verzweifelt.

„Nein, halt!"Christopher hielt inne und sah sie erwartungsvoll an. Lena atmetetief durch.

„Was willst duwissen?"

„Wo ist Nummer2?"

„Das weiß ichnicht..."

„Bist dusicher, oder muss ich deinem Gedächnis erst auf die Sprüngehelfen?" Wieder hob er bedrohlich das Messer. Die Anderen wagten eskaum zu atmen. Fiebernd sahen sie immerfort zwischen Lena und demMann hin und her.

„Nein, ich...weiß es wirklich nicht. Wir wollten ihn aus dem Weg schaffen.Entgültig. Er und seine Truppen kamen uns immer wieder in dieQuere." Ihr Blick wanderte zu Celeris hinüber und füllte sicherneut mit Hass.

„Wir warendamals ein Team. Celeris und ich haben es geplant, aber es ist schiefgegangen. Nummer zwei ist entkommen."

„Und wohin ister entkommen?"

„Er... hat dieZentrale nicht verlassen. Wir hatten das Haus umzingelt. Vielleichtgab es einen Geheimgang oder er ist tiefer ins Gebäude eingedrungen,keine Ahnung. Wir haben ihn ein Stück weit verfolgen können. Er hatsich an die Brust gefasst. Er war herzkrank. Dieser Psychopath musssich irgendwo verbunkert haben und ist da gestorben. Es gibt keineandere Erklärung. Wir haben alles noch wochenlang überwacht, aberer war spurlos verschwunden. Er ist tot." Christopher fixierte siemit skeptischen Blick, dann entspannte sich sein Gesicht.

Siehst du das wardoch gar nicht so schwer, das ist alles was ich wollte." Mit diesenWorten ließ er Linsey los und steckte die Klinge unter seine Kutte.Das Mädchen taumelte nach vorne und wurde sogleich von zwei anderenMädchen festgehalten. Die eine küsste sie auf die Stirn und drücktesie an sich, während die andere ihrbesorgt über den Armstreichelte. Christopher schlenderte unterdessen mit aller Seelenruhehinüber zu Celeris, beugte sich hinunter und warf ihn über dieSchulter, wie einen Sack Mehl. Er stöhnte kurz auf.

„Was machst dumit ihm?", fragte Lena gekränkt, denn sie wusste, dass sie ihnnicht aufhalten konnte. Er hatte sie überlistet. Wie konnte er bloßwissen, dass sie ihm trotz ihrer Abscheu nicht den Tod wünschte?Selbst Celeris hätte nie damit gerechnet.

„Keine Sorge.Er bleibt am Leben." Ein Lächeln umspielte seine Lippen, als ersich zum Ausgang drehte. "Erstmal."


Celeris wusstenicht, was passiert war, nachdem Christopher ihn hinausgetragen hatteund hatte auch keine Ahnung wie viel Zeit seither vergangen war. Daserste, was er seit dem Wurf über die Schulter wieder wahrnahm, wardas Gefühl, als sein Körper aufprallte. Er öffnete leicht dieAugen.

„Wo... bin..."Der Mann hockte neben ihm und füllte eine durchsichtige Flüssigkeitin eine Spritzenhülle. Um sich herum sah Celeris nur grün. Grün.Gras? Bäume? Wald? Da bemerkte er, dass der Mann mit ihm sprach. Esklang wie aus weiter Ferne.

„...dich dalebendig raus und ich halte meine Versprechen. Du warst wirklichnützlich. Und hier bekommst du deine Belohnung." Er nahm seinenArm und setzte die Spritze an. Doch dann hielt er inne. Beeil dichdoch, dachte Celeris. Aber der Typ genoss es offensichtlich die Machtzwischen Leben und Tot zu entscheiden noch ein wenig auszukosten.

„Vorher habeich aber noch eine allerletzte Frage an dich, mein Freund. Ich ratedir, sei ehrlich. Wie alt bist du wirklich?"


Schon nachwenigen Minuten spürte Celeris wie das Gift nachließ. Es war einGefühl der Befreiung, wieder die Kraft zu besitzten seinen Körperzu bewegen. Er streckte sich und beobachtete zufrieden wie seineHände sich immer wieder öffneten und schlossen. Christoper nickte,wandte sich von ihm ab, und ging ohne weiteren Kommentar. Doch sokonnte Celeris das nicht auf sich beruhen lassen.

„Die sindbestimmt mächtig stolz auf dich, was?", rief er ihm noch nach undChristopher blieb stehen.

„Du hast dochbestimmt nen Künstlernamen, oder? Wie nennen sie dich? DerSuperchrist? Der fantastische Fanatiker? Batman?" Christopherdrehte den Kopf zurück und sein Mund formte wieder sein entspanntesselbstgefälliges Lächeln.

„Man nennt michNummer 2." Mit diesen Worten ging er und war kurz darauf zwischenGestrüpp und Bäumen verschwunden. Celeris starrte noch eine Weilein die Richtung in die der Kerl gegangen war. Er war schockiert.Dieser Mann war die neue Nummer zwei der YRXRFT32. Er hätte eswissen müssen. Er hatte sich so eben mit der zweitstärksten Personin ganz Noktaycity angelegt und diesen Mann dabei auch nochvollkommen unterschätzt. Ein Fehler, den man sich hier nichterlauben durfte. Diese Kost würde ihm noch lange schwer im Magenliegen...


واصل القراءة

ستعجبك أيضاً

28.9M 916K 49
[BOOK ONE] [Completed] [Voted #1 Best Action Story in the 2019 Fiction Awards] Liam Luciano is one of the most feared men in all the world. At the yo...
11.5M 298K 23
Alexander Vintalli is one of the most ruthless mafias of America. His name is feared all over America. The way people fear him and the way he has his...
4M 196K 101
✅ "We always long for the forbidden things." 𝐝𝐲𝐬𝐭𝐨𝐩𝐢𝐚𝐧 𝐧𝐨𝐯𝐞𝐥 ↯ ⚔︎ ʙᴏᴏᴋ ᴏɴᴇ ᴀɴᴅ ᴛᴡᴏ ᴄᴏᴍʙɪɴᴇᴅ ⚔︎ ...
7.3M 303K 38
~ AVAILABLE ON AMAZON: https://www.amazon.com/dp/164434193X ~ She hated riding the subway. It was cramped, smelled, and the seats were extremely unc...