Bis(s) zum Erwachen - Wie ein...

By FieneFifi

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Die Volturi sind verschwunden und Bellas Leben scheint perfekt - bis sie aufwacht und feststellen muss, dass... More

Prolog
Alles auf Anfang
Erklärungsversuche
Kleine, bescheidene Dreierrunde
Ein Gespräch für die Zukunft
Ungewissheiten [Edward Cullen]
Altbekannte Biostunde
Geschwisterliebe
Ein merkwürdiges Mädchen [Edward Cullen]
Die Suche nach der Lichtung
Flammendes Häuschen
Mitternachtsgespräch
Ein kleiner Hoffnungsschimmer?
Die fast-Werwölfe
Worte und ein Ausrutscher [Edward Cullen]
Alle lieben Bella ... nur er nicht
Gewissensbisse [Alice Cullen]
Krankenbesuche
Konkurrenz [Edward Cullen]
Schreckliche Klarheiten
Woche eins
Woche zwei
Woche drei
Woche vier [Edward Cullen]
Woche vier
Woche fünf
Woche sechs - Unverhofftes Wiedersehen
Glück ... oder doch nicht?
Klavierklänge und leise Worte
Liebesschwüre ... irgendwie
Noch immer nächtliches Flüstern
Diskussion [Edward Cullen]
Schmerzendes Glück
Das Kochbuch der Unsterblichen
Zu weit gedacht [Alice Cullen]
Zu weit gedacht [Edward Cullen]
Es wird niemals so weit kommen
Einer gegen drei
Epilog
Fortsetzung: Schatten der Nacht

Drei Worte

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By FieneFifi

Die grelle Neonlampe an der Decke holte mich aus dem Schlaf.

Noch bevor ich die Augen öffnete, hörte ich das Piepen und Rattern der Geräte. Natürlich war ich im Krankenhaus, wo sonst nach einem solchen Vorfall? Moment … wenn ich hier war, hieß das, dass Edward es geschafft hatte. Er hatte sich von den anderen befreien und mir helfen können. Hatte mir geholfen, in dem er … Eine vage Erinnerung drang an mein Gedächtnis. Die Cullens waren uns zu Hilfe gekommen, zumindest Alices Stimme hatte ich gehört, ihren hysterischen, aufgebrachten Schrei nach mir. Die Panik, die in diesem Ruf gesteckt hatte, fuhr mir jetzt durch Mark und Bein, verursachte einen Schauer auf meinem Rücken, der in einer Gänsehaut am ganzen Körper endete. Und plötzlich übermannte mich wieder die Angst, als ich an die mordlustigen, blutrünstigen Nomaden dachte. Hatten sie Edward etwas angetan? Wie ging es ihm, wo war er?

Edward. Ich riss die Augen auf.

„Du bist wach“, hörte ich seine samtweiche Stimme direkt neben mir. Ich drehte mich um und schlagartig beflügelte mich wieder dieses Glücksgefühl, als ich in sein perfektes Gesicht sah. Seine sonst vor Gold strahlenden Augen waren pechschwarz und auf mich gerichtet, sie strotzten nur so vor Sorge. Trotz der Anspannung, die ihm deutlich ins Gesicht geschrieben stand, brachte er ein zaghaftes, süßes Lächeln auf seine vollen, lieblichen Lippen. Ich erschauderte, als er die Hand meines gesunden Arms ergriff.

Dann fielen mir meine Verletzungen ein. Mein linker Unterarm trug einen dicken Verband, er schien frisch zu sein. Darunter spürte ich ein nerviges, schmerzhaftes Pochen, das mich sicherlich jede Minute aus der Fassung bringen würde. Durch diesen Schmerz wusste ich genau, wo James mich gebissen hatte, das Bild seines Angriffes hatte ich jetzt wieder vor mir, live und in Farbe. Eine kleine Stelle an meinem Hinterkopf tat ebenfalls weh, doch das war auszuhalten. Zu schaffen machten mir eher die permanenten Kopfschmerzen, ein Ziehen, dass meine ganze Stirn einzunehmen drohte. Bekam man denn hier keine Mittel dagegen? Als ich mich aufsetzten wollte, spürte ich das erste Mal die Schiene an meinem rechten Bein. Komisch, ich konnte mich gar nicht daran erinnern, es irgendwie gebrochen zu haben …

Edward hinderte mich an dem Versuch, mich gerade hinzusetzten, und drückte mich wieder zurück in die harten, unbequemen Kissen.

„Edward“, flüsterte ich und er drückte meine Hand.

„Ich bin hier, keine Angst.“

Ich schluckte. „Wo sind Laurent, Victoria und James?“

„James konnten wir beseitigen“, murmelte er mit zusammengebissenen Zähnen. „Die anderen beiden konnten fliehen. Aber ich schwöre dir, ich werde sie finden und ebenfalls zur Strecke bringen, und wenn es das Letzte ist, was ich tue …“

„Edward, nicht …“, sagte ich schnell, ich klang panisch. „Sag so etwas bitte nie wieder. Ich will nicht, dass du dein Leben nur wegen Rache aufs Spiel setzt, geschweige denn wegen mir.“

Er sah mich verbittert an. „Das sagt die Richtige.“

Ich konnte es ihm nicht verübeln, denn es stimmte.

Als ich nichts erwiderte, sprach er weiter. „Wie gesagt, James ist tot. Vielleicht erinnerst du dich noch daran, wie die drei sich auf mich stürzten. Obwohl es mir nicht wirklich behagt, muss ich zugeben, dass es in diesem Moment nicht gut für mich aussah. Ich war dabei, den Kampf zu verlieren. Aber … ich durfte nicht verlieren, verstehst du? Wenn ich aufgegeben hätte oder zugrunde gegangen wäre, dann wärst du ungeschützt gewesen. Und genau darauf hatten sie es abgesehen. Ich musste meine Schwäche, meine Angst um dich so gut verbergen, wie es mir nur möglich war, doch ich konnte mich nicht konzentrieren. Was, wenn plötzlich einer von ihnen von mir abgelassen und sich stattdessen an dir vergriffen hätte? Oder was, wenn da draußen noch mehr gewesen wären? Diese und tausend andere Bilder schossen mir durch den Kopf und hielten mich von einer wirklichen Verteidigung, um nicht zu sagen vom Gegenangriff ab.

Es lag wahrscheinlich an meiner Dummheit, dass ich nicht darauf gekommen bin, was du vorhattest.“ Er flüsterte nur und in seinen Augen flackerte Zorn auf. „Vielleicht rechnete ich dir auch einfach nicht so viel Leichtsinn an, aber wie immer hätte ich es besser wissen müssen. Jetzt denke ich daran, wie schlimm es für dich sein musste zu sehen, was diese Kreaturen taten. Es war nichts weiter als eine Schreckreaktion, versuche ich mir die ganze Zeit einzureden, aber das passt einfach nicht mit deinem entschlossenen Gesichtsausdruck zusammen, den du in diesem Augenblick aufgelegt hattest. Und ich weiß nun nicht mehr, was die Oberhand in mir gefasst hatte. Sorge, Angst oder Wut. Ich weiß nur, dass du das nicht hättest tun dürfen!“ Jedes dieser letzten Worte sprach er mit Nachdruck und zischte beinahe. „Du müsstest doch wissen, dass du hättest sterben können! Einfach so, vielleicht hättest du es auch gar nicht mehr gespürt, aber dieser James hätte dir den letzten Hauch Leben ausgesaugt, wären meine Brüder und Schwestern zu spät gekommen! Weißt du überhaupt auch nur annähernd, was du mir damit angetan hättest?

Es mag sein, dass du dir nicht im Klaren darüber bist, wie viel du mir bedeutest, Isabella Marie Swan. Du“ - er drückte meine Hand fester in seiner, während seine Stimme wieder an Zärtlichkeit gewann – „bist jetzt mein Leben. Für mich bist du das Kostbarste, was es auf dieser einsamen Welt gibt, etwas Wichtigeres als dich habe ich nicht mehr. Und ich lasse nicht zu, dass du dein Leben, das so kurz ist im Gegensatz zu meinem, für jemanden wie mich aufs Spiel setzt. Für jemanden, der dich nicht verdient hat.“

Edward holte tief Luft. „Fragst du dich nicht, wieso du hier bist? Oder besser ich frage, warum du keine höllischen Qualen erleidest? Ich nehme an, Alice hat dir von der Verwandlung in einen Vampir erzählt? Nach einem Biss ist es zu spät … eigentlich. Doch Carlisle erzählte mir von der einzig richtigen Möglichkeit. Ich musste dir das Gift aus den Adern saugen. Zusammen mit deinem Blut. Zuerst wollte ich es nicht, aus Angst, ich könnte dich … töten, doch dann … die Vorstellung, dass du nur wegen mir zur Ewigen Verdammnis verurteilt würdest, ich konnte sie nicht ertragen … Und wie du siehst, habe ich es geschafft. Es war das Schrecklichste, was ich je erlebt habe. Du weißt ja, wie du auf mich wirkst, wie stark die Anziehung deines Blutes ist … mich ergriff die Panik in mehreren Attacken, ich könnte es nicht schaffen, aufzuhören. Ich wollte es, aber es war so … nie habe ich etwas schlimmeres, beklemmenderes, quälenderes gefühlt als das Wissen, mich nicht kontrollieren zu können. Du kannst dir nicht vorstellen, wie … grausam es war. Hätte ich nur noch deinen blutleeren, leblosen Körper vor mir gehabt, ich schwöre dir, ich wäre mit dir gestorben. Ich kann und werde nicht mehr ohne dich leben, nie wieder. Ich würde den Schmerz nicht ertragen, schon gar nicht, wenn es meine eigene Schuld gewesen wäre …“ Er sah mich nur noch an, während er meine Hand hielt.

Es fühlte sich an, als löste sich plötzlich ein riesiger Knoten in meiner Brust, der in den letzten Wochen an Festigkeit gewonnen hatte. Bis jetzt war er mir noch nie aufgefallen, geschweige denn hatte geschmerzt, doch in den letzten Sekunden schien er gebrannt zu haben. Es war nicht so wie ein Vampirbiss, eher, als löchre es alles in mir aus. Aber seine Worte, die, die auch mein Herz zum flattern brachten, löschten sowohl die Flammen als auch den Schmerz. Nie hatte ich gedacht, würde Luftholen so gut tun wie jetzt. Ich war einfach unbefangen und ließ jetzt auch meinen Gefühlen freien Lauf, bevor ich platzte. Die Tränen kullerten, mich schüttelten heftige Schluchzer und meine Kopfschmerzen wurden unerträglich, sodass sich bald auch Gejammer in mein Weinen mischte.

Eine kühle Hand strich über meine Stirn.

„Ich werde Carlisle holen“, sagte Edward und stand von meinem Bett auf.

Ich packte seine Hand und umklammerte sie. „Nein, geh nicht! Lass mich nicht allein, bitte. Es geht schon …“, ich seufzte und schloss die Augen. „Du musst nur deine Hand da lassen, wo sie ist.“

„Ich glaube nicht, dass das …“

„Pssht!“, machte ich und versuchte kläglich, ihn zurück auf die Matratze zu ziehen.

„Bleib“, flüsterte ich erneut und diesmal tat er es auch.

Eine Weile lang schwiegen wir beide, bis ich gründlich über alles nachgedacht hatte und meine Kopfschmerzen verschwunden waren. Dann öffnete ich wieder meine Augen und sah ihn an.

„Es tut mir so leid, Edward. Ich … wollte dir helfen.“ Nicht wirklich überzeugend.

Er hob skeptisch eine Augenbraue. „Indem du Blut fließen lässt und so die hungrigen Vampire auf dich hetzt? Oh ja, eine wirklich großartige Hilfe war das.“

„Nicht, ich meine es ernst. Kennst du das Gefühl überhaupt, nutzlos dastehen zu müssen mit dem Wissen, rein gar nichts tun zu können?“

„Ja, ich kenne es“, murmelte er. „Und zwar habe ich gelernt, so zu fühlen, als du dich selbst in Gefahr brachtest. Na gut, vielleicht war ich nicht gänzlich nutzlos und sicher habe ich auch eine Menge mehr Kraft als du, aber in diesem einen Moment war ich genauso, wie du es ausdrückst: nutzlos und mit dem Wissen, rein gar nichts tun zu können. Zwei gegen einen, das ist besser als drei, aber deswegen nicht um Längen einfacher. Während mich Victoria und Laurent in Schacht hielten, musste ich zusehen, wie James dabei war, dich zu töten, Bella. Oder als ich selbst kurz davor war, es zu tun. Da war ich nicht stärker als du, nicht in diesem Moment.“ Er sah mich aus unergründlich schwarzen Augen an - tief wie ein See, der einen langsam in sich zieht. „Glaubst du mir denn nicht, dass es mir genauso ging?“

Er machte es noch schlimmer, wahrscheinlich ohne es zu wollen. Ich drehte mich zur Seite, sodass er nicht sehen konnte, wie schon wieder kleine, salzige Perlen über meine Wangen liefen.

Natürlich glaubte ich ihm, dass es ihm so ging. Und ich wusste auch, wie es sich anfühlte. Grausam und quälend.

„Sieh mich an“, flüsterte er sanft und legte seine Hand an mein Kinn, um mein Gesicht zu sich zu drehen.

Ich versuchte, sie abzuschütteln. „Warum?“, fragte ich und fluchte innerlich, als meine Stimme brach.

Mit seinem Daumen wischte er die Tränen von meiner Haut und ich erzitterte.

„Wein nicht, dafür gibt es keinen Grund. Jetzt nicht mehr“

Als ich mich wieder umdrehte, erschrak ich, als meine Nasenspitze seine berührte. Er war mir so nahe, dass ich seinen eisigen Atem spürte, wie er meinen Hals entlangstrich. Die Anmut in diesem wunderschönen Gesicht nahm mir die Luft.

„Ich wollte nicht …“, begann ich flüsternd, doch er legte mir einen Zeigefinger auf die Lippen, um mich zum Schweigen zu bringen. Als er mich küsste, hoffte ich, dass es seine Art der Annahme meiner Entschuldigung war. Alles – die Nomaden, der Kampf, meine Verletzungen, die Gewissensbisse – waren vergessen, bis er mich viel zu schnell in die Realität zurückließ, in der ich in einem weißen Bett in einem weißen Raum im Krankenhaus lag.

Ich löste meine Hand aus seiner und streichelte seine Wange. Mit einem atemberaubenden Lächeln schmiegte er sie in meine kleine Handfläche und schloss die Augen für einen kurzen Moment. Erst jetzt bemerkte ich, dass er sich neben mich gelegt hatte. Vorsichtig hob ich den verletzten Arm an und legte ihn ihm um die Hüften. Nur die dünne Decke – in weißer Bettwäsche, versteht sich – trennte meinen warmen und seinen kalten Körper voneinander.

Plötzlich stand er auf und ließ sich auf einem Besucherstuhl in der anderen Ecke des Zimmers nieder.

Bevor ich fragen konnte, was das sollte, flüsterte er: „Charlie und Jacob kommen. Ich werde mir ein Schläfchen genehmigen.“

Mir schoss die Frage in den Kopf, was er den beiden – oder zumindest Charlie – erzählt hatte, was passiert war, doch da kamen sie schon durch die kleine Tür herein und stürzten auf mich zu.

„Bella!“, riefen sie gleichzeitig und wuselten vor meinem Bett herum, bis Jake auf der Kante zu meinen Füßen saß und Charlie sich einen Stuhl herangezogen hatte.

Ich versuchte, zu lächeln. „Ich bin hier. Schön, euch zu sehen.“

Keine Sekunde später schossen unendlich viele Fragen auf mich ein und es wunderte mich, denn so viel hatte Charlie noch nie geredet. An Jakes Schweigen erkannte ich, dass er vorhatte, später allein mit mir zu sprechen. Noch wusste ich nicht, ob ich das wirklich wollte.

Inzwischen wusste ich, was sie ihnen weiß gemacht hatten: Es war beinahe die gleiche Geschichte, die sie ihm auch in meinem Traum erzählt hatten. Ein Sturz eine Treppe hinunter, eine zerbrochene Fensterscheibe – durch die ich jedoch diesmal nicht gefallen war, nett, wie ich fand. Und es wäre bei den Cullens zu Hause passiert, meinte Charlie. Ich stellte mir Alice lebhaft dabei vor, wie sie das Glas zertrümmerte, ein paar Vasen und andere Sachen von umstehenden Kommoden warf, um es noch authentischer zu machen. Den Unfallort musste es ja geben. Vielleicht hatten Jasper oder Emmett ihr ja dabei geholfen.

„Und dir geht es wirklich gut?“, fragte mein Vater zum ungefähr 84. Mal.

Ich erwiderte ebenfalls zum 84. Mal: „Ja, Dad. Mir geht’s prima. Der Schock sitzt mir noch in den Gliedern, aber sonst ist alles okay.“ Und bevor er sich noch einmal – dann zum 85. Male – dessen versichern konnte, fügte ich mit extra viel Nachdruck: „Wirklich, Dad!“, hinzu.

Dann hatte ich eine Idee. Ich gähnte demonstrativ. Bei Charlie ging sofort die Alarmglocke los.

„Oh, bist du müde, Bells? Okay, ich werde dann wieder gehen, du brauchst ja auch deinen Schlaf. Jake, kommst du mit?“ So schnell wie in den letzten zehn Minuten hatte ich ihn noch nie reden hören. Ich hoffte, dass das nur eine Ausnahmesituation war.

Jake schüttelte den Kopf. „Ich bleibe. Wenn sie wach wird, kann ich ihr Gesellschaft leisten.“

Charlie nickte, küsste meine Stirn und fragte noch fünfmal, bevor er wirklich das Zimmer verließ, ob auch alles in Ordnung sei. Nach dem zweiten Mal antwortete ich nicht mehr, sondern stellte mich schlafend, meine schlechte Schauspielerei war mir egal. Man konnte es ja auch mit Fürsorge übertreiben, bis es nichts als Wahnsinn war.

Sobald er draußen war, blickte ich zu Jake. Ich zuckte zusammen, als ich eine andere Stimme hörte.

„Wieso willst du mit mir reden?“, fragte Edward barsch und setzte sich auf die andere Bettkante, ihm gegenüber.

Jake lachte sarkastisch. „Nun, lass es mich so ausdrücken: Ich bin nicht scharf darauf, Bella als Stammgast eines Krankenhauses bezeichnen zu müssen.“

„Ich verstehe nicht ganz, was dich das zu interessieren hat, Jacob.“

„Er ist mein bester Freund“, schaltete ich mich ein, doch ein Blick von Jake, der mir sagte, er könnte das auch allein, zügelte meine Zunge.

„Was mich das zu interessieren hat, fragst du?“ Er verengte seine Augen zu Schlitzen. „Naja, wie Bella schon sagte, bin ich ihr bester Freund. Ich war auch derjenige, der sie auffing, als kein anderer da war, um es zu tun. Der Einzige, der ihr wirklich immer Sicherheit gegeben hat und Tag und Nacht für sie da war, das bin ich gewesen. Und ich bin jederzeit bereit, es wieder zu tun, das weiß sie. Du solltest das auch wissen, denn nachdem, was ich miterlebt habe, bin ich nicht bereit, sie dir einfach so zu überlassen. Nicht, weil sie mir dafür zu viel bedeutet, sondern auch weil ich weiß, dass du ihr nicht gut tust. Hast du sie gesehen, als du weg warst? Weißt du, was in diesen Wochen in ihr vorging? Oder warst du da, als sie nachts nicht schlief, sondern weinte? Du hast doch keine Ahnung, wer sie ist und was sie braucht. Denn wüsstest du es, wärst du nicht gegangen. In der kurzen Zeit, in der ich sie kenne, kann ich eines sicher sagen, obwohl es mir alles andere als gefällt: du bist, was sie braucht. Und wird ihr das genommen, gibt sie auf. Wäre sie wirklich so wichtig für dich, wie du behauptest, dann wärst du nicht zu blind, es zu erkennen. Dann hättest du den Mut, deine Augen nicht vor der Wahrheit zu verschließen, Edward Cullen. Und die Wahrheit ist, dass sie dich liebt. Mehr als es ihr gut tut, mehr als es mir gefällt und mehr als du es verdienst.“

Jake atmete tief aus, dann löste er die zu Fäusten geballten Hände wieder und beruhigte sich ein wenig.

„Jake, ich … was …“, stammelte ich, doch ich brachte keinen brauchbaren Satz zustande.

Er schüttelte den Kopf. „So denke ich. Tut mir leid, wenn es dich verletzt, aber ich kann und will nicht länger mit ansehen, wie er dich kaputt macht. Denn das ist er echt nicht wert.“

Mein Herz klopfte laut, womöglich so laut, dass es beide hören konnten. Ich schluckte heftig und hielt den Mund. Von meiner rechten Seite her drang ein leises Flüstern.

„Und du glaubst allen Ernstes, ich wüsste nicht, dass sie zu schade für mich ist?“ Edward sah ihn reumütig aus seinen jetzt mit der Farbe von Matsch vergleichbaren Augen an. „Natürlich weiß ich das, wahrscheinlich sogar besser als du. Es ist immer noch wie ein Wunder für mich, dass sie mich ebenso will wie ich sie, und da du über mein Wesen bescheid zu wissen scheinst, kannst du auch einschätzen, in welcher Gefahr sie schwebt, wenn ich bei ihr bin. Ihr Blut zieht mich mehr an als das aller anderen Menschen, deswegen wäre es mir selbst auch lieber, sie würde Abstand halten können. Oder ich könnte es. Aber Jacob … es geht nicht.“

„Nenne mir einen vernünftigen Grund, wieso es nicht geht“, verlangte Jake.

Edward lachte leise und schaute ihn nun aufrichtig und ohne einen Anflug von Konkurrenz in seinem Blick an. „Jacob, warum sitzt du jetzt hier und diskutierst mit mir?“

Erst stutzte Jake, dann wollte er antworten. „Weil …“, doch da wurde er rot und hielt inne.

Edward nickte.

„Aber dieser Grund ist nicht vernünftig“, erwiderte Jake nach einer Weile.

„Kannst du dich ihm widersetzen? Ich nicht“, fragte Edward.

Jake senkte den Blick. „Nein, ich auch nicht.“ Eine Weile lang sagte er nichts, dann sah er mich an. „Du nennst es Gefahr, doch das ist es nicht, und das weiß du auch.“ Er wandte den Blick wieder an Edward. „Es ist schlimmer, vollendender als eine bloße Gefahr. Du könntest sie töten! Mit deinen … Zähnen und so. Oder du hast dich nur den Bruchteil einer Sekunde lang nicht unter Kontrolle und zerquetschst sie unter deinen Fingern. Eigenhändig! Die Vorstellung allein bringt mich um.“

„Ich würde sterben, wenn das passieren würde“, murmelte er leise und nahm meine Hand.

Jake schnaubte. „Ja klar, bist du nicht schon tot? Und überhaupt, das bringt sie nicht zurück! Denk an die, die sie vermissen werden!“

„Verstehst du jetzt, wieso ich ging? Es war nicht, weil ich ihre Gefühle ignorieren oder sie absichtlich verletzen wollte. Ich tat es um ihrer Sicherheit wegen, ich konnte es nicht verantworten, ihr womöglich etwas anzutun.“ Edwards Augen suchten meine. „Aber ich konnte nicht wegbleiben. Vom ersten Moment an, da ich sie gesehen hatte, war ich von ihr, ihrer Art und Schönheit gefesselt gewesen, sodass ich zurückkehren musste. Und jetzt sage mir bitte, was ich tun soll: Soll ich bleiben und sie womöglich in Gefahr bringen oder gehen und sie somit verletzen?“

Ich sah Jake deutlich an, wie er mit sich rang. Schließlich seufzte er. „Mir wäre es am liebsten, du hättest gar nicht existiert.“

„Jake!“, sagte ich entsetzt und spürte, wie mir wieder Tränen in die Augen stiegen.

„Das gleiche könnte ich von dir sagen, Jacob“, gab Edward zu und lächelte verschmitzt. „Aber ich kann daran nichts ändern. Und wie es aussieht, bist du ihr verdammt wichtig, ohne dass du für sie eine Gefahr darstellst. Deswegen muss ich dich als ihr bester Freund akzeptieren und würde der Höflichkeit halber wollen, dass das auf Gegenseitigkeit beruht. Denn sie braucht uns beide.“

„Ich werde dich nie mögen und das Akzeptieren wird schwer. Verdammt“, murmelte Jake, beugte sich zu mir und küsste mich flüchtig auf die Wange. Dann stand er auf und ging, ohne ein Abschiedswort.

Die Stille war erdrückend, doch Edwards Anwesenheit machte sie erträglich.

Bevor ich etwas sagen konnte, antwortete er auf meine unausgesprochene Frage.

„Er dachte, mit guten Argumenten könnte er dich für sich gewinnen. Er ist sauer, aber am meisten auf sich selbst. Und ich glaube, er hasst mich.“ Letzteres schien ihn zu amüsieren.

Ich schniefte. „Das macht es mir nicht einfach, Edward.“

„Ich weiß“, sagte er und tätschelte meine Hand. „Ich habe versucht, ihm zu zeigen, wie es gehen kann. Doch er ist stur, zu stur um über unsere Konkurrenz hinwegzusehen.“

„Konkurrenz, was …?“, doch seine Lippen versiegelten meine Worte. Mit seiner anderen Hand streichelte er meine Wange und ich versuchte vergeblich, ihn mit der Hand meines verletzten Arms näher an mich zu drücken. Schließlich lag er wieder neben mir, was mir auch recht war. Die Schmetterlinge in meinem Bauch schlugen Loopings und kribbelten.

Als er den Kuss beendete, schenkte er mir mein allerliebstes, schiefes Lächeln und sagte: „Ich liebe dich. Das ist das Einzige, was zählt.“

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