Uralte Fassung (1): Twos - Di...

By MaraPaulie

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Achtung: Alte Fassung. Neue ebenfalls auf Account zu lesen. Nicht jedes Märchen beginnt mit »Es war einmal... More

Vorwort
Prolog
Kapitel 1 - Ticket der Freiheit
Kapitel 2 - Home Sweet Home
Kapitel 3 - Die Tallos
Kapitel 4 - Die verrückte Tanja
Kapitel 5 - Tränen aus Eis
Kapitel 6 - Verräter und Bruder
Kapitel 7 - Das Wintermädchen
Kapitel 8 - Die Herrscher der Gezeiten
Kapitel 9 - Grosser, böser Wolf
Kapitel 10 - Vom Märchen in rot
Kapitel 11 - Von Schnee im Haus und Rosen aus Feuer
Kapitel 12 - Erbe der Toten
Kapitel 13 - Von Verrückten und dem Labyrinth
Kapitel 14 - Der Bruder mit dem Schuppenkleid
Kapitel 15 - Des Winters Blut
Kapitel 16 - Der Junge, der mit der Sonne tanzt
Kapitel 17 - Augen ohne Liebe
Kapitel 18 - Die Völker aus den Büchern
Kapitel 19 - Trauriger Mörder, lass mich gehen
Kapitel 20 - Feuerraben
Kapitel 21 - Der Löwe und der Wolf
Kapitel 22 - Der Traum von Familie
Kapitel 23 - Der Pirat und die Prinzessin
Kapitel 24 - Von Barbaren und Märchen aus der Besenkammer
Kapitel 25 - Von toten Jungen und Mädchen aus Licht
Kapitel 26 - Der Lichterlord und die Antwort zum Hass
Kapitel 27 - Rote Raben und Bücher voller Schicksal
Kapitel 28 - Wer lauert in der Dunkelheit?
Kapitel 29 - Von Schläfern und Schlüsseln
Kapitel 30 - Geheimnis ohne Zeit
Kapitel 31 - Namen von Macht
Kapitel 32 - Zum Lied des irren Geigers der Dämon mit dem Teufel tanzt
Kapitel 33 - Vom Meer zu den Wolken
Kapitel 34 - Geschichten, die ein Vöglein zwitschert
Kapitel 35 - Sturmgläser, tanzende Piraten und Jungen, die vom Himmel fallen
Kapitel 36 - Klyuss' Kinder
Kapitel 37 - Blau wie der Mohn, grün wie die Hoffnung und rot wie Blut
Kapitel 38 - Das Schicksal der Verfluchten
Kapitel 39 - Gejagte der Vergangenheit
Kapitel 40 - Blut fremder Brüder
Kapitel 41 - Spiel der Könige
Kapitel 42 - Es jagt und tanzt der Geistesblitzt
Kapitel 43 - Die Wahrheit wurde von einem Lügner erschaffen
Kapitel 44 - Vom Mörder, der die schwarze Orchidee fand
Kapitel 45 - Von Herrschern mit dem Flammenhass und Helden kleiner Klingen
Kapitel 46 - Wer wir sind und was wir tun
Kapitel 47 - Einmal Monster, immer Monster
Kapitel 48 - Das Versprechen von niemals und immer
Kapitel 49 - Das Wort 'böse'
Kapitel 50 - Der Herzkasper
Kapitel 51 - Freund oder Feind, alt oder neu, beide bleiben ewig treu
Kapitel 52 - Das Gedicht des Todes
Kapitel 53 - Die Reise der Wahrheit und des Sinns hinter allem
Kapitel 54 - Von Geschwisterbanden und letzten Zeilen
Kapitel 55 - Der Tempel der Orakel
Kapitel 56 - Mondkind
Kapitel 57 - Die erste aller Schöpfungen
Kapitel 58 - Vom Intrigieren, Dechiffrieren, Konferieren und fiesen Viren
Kapitel 59 - Glücksjagd und Königsmord
Kapitel 60 - Schattenlicht und Bernsteingold
Kapitel 61 - In der Schwebe
Kapitel 62 - Patron und Paladin
Kapitel 63 - Von Luftschlössern und Monstern unterm Bett
Kapitel 64 - Deine wunderschönen Lügen
Kapitel 65 - Von Namen und Masken
Kapitel 66 - Das blinde Recht
Kapitel 67 - Das blinde Herz
Kapitel 68 - Das blinde Glück
Kapitel 69 - Verfluchtes Kind mit Gold gekürt
Kapitel 70 - Als niemand schlief
Kapitel 71 - Der Gewissenlose
Kapitel 72 - Phönix
Kapitel 73 - Ein Goldstück für deine Gedanken
Kapitel 74 - Kriegsherr Regen
Kapitel 75 - Der Herrscher über alle Macht
Kapitel 76 - Alles ist gut
Kapitel 77 - Die Feinde des Schicksals
Kapitel 78 - Und wenn sie nicht gestorben sind...
Kapitel 80 - ...dann leben sie noch heute
Epilog
Authornotes
Charakterverzeichnis
Illustrationen

Kapitel 79 - Lucky Strike

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By MaraPaulie


Kapitel 79

Lucky Strike


~Theodor~

Der Teppich flog über Peckham, hinweg über Strassen dicht gedrängter Reihenhäuser, Quartiere grauer Betonblöcke und das ein oder andere Einkaufszentrum. Irgendwann strahlten ihnen die Lichter der City entgegen, das London Eye wie ein Leuchtturm.
Theodor liess den Teppich einfach fliegen. Er hätte die Finger in die Fransen graben und ihn mit einem leichten Ziehen von seinem Kurs abbringen können, doch wohin hätte er ihn lenken sollen? Also überliess er die Richtung dem Teppich. Wohin der Wind oder das Leben in seinen Fasern ihn auch tragen mochte...
Der Nieselregen hatte angehalten, rann ihm kalt das Rückgrat hinab, der Flugwind zerrte an ihm. Er fröstelte. Sein Pullover war ihm nicht nur viel zu gross, er hatte nun auch ein riesiges Loch in der Schulter. Doch über letzteres durfte er sich nicht beschweren, schliesslich hatte Bonnie den Hoodie aufschneiden müssen, um an seine Schussverletzung zu kommen, die nur dank ihr geheilt war, als wäre sie nie da gewesen...
Mit einem schnellen Blick über die Schulter vergewisserte er sich, dass sie noch hinter ihm sass und das tat sie. Zusammengekauert über Srijans Leichnam, stumm ins Nichts starrend.
Auch für sie flog der Teppich ins Ungewisse.
Wo sollten sie nun hin?
Unter ihnen rauschte die Themse. Die Touristen auf der Westminster Bridge waren klein wie Ameisen. Jedem von ihnen entging das Wunder aus Woll-und Seidengarnen, denn niemand blickte gen Himmel. Warum auch? Die Lichter der Stadt frassen die Sterne.
Mit Srijans Versterben war auch Abby verschwunden. Er hatte ihren Schrei noch immer im Ohr. Im ersten Moment hatte er geglaubt, er hätte ihm gegolten und war bei der Erinnerung an seine letzten Nahtoderfahrungen vor Angst beinahe vom Teppich gefallen... bis er gemerkt hatte, dass nicht er gemeint gewesen war, sondern Srijan...
Abby schrie also überall dort, wo Menschen starben und das geschah beunruhigend oft in seiner Umgebung...
Vor seinem inneren Auge erschien das Bild des Todes und er hörte dessen Stimme im Ohr: »Mein Sohn...« Er fröstelte und dieses Mal nicht aufgrund des Regens...
Er schüttelte den Kopf und damit die düsteren Gedanken ab. Zuvor war er schwach und krank gewesen, aber jetzt ging es ihm wieder gut! Kein Schmerz in der Brust, keine Infarkte, er war geheilt. Er musste es einfach sein...
»Wir müssen ihn begraben.«
Er hatte nicht bemerkt, dass Bonnie sich neben ihn gesetzt hatte. Mit derselben starren Miene, mit der sie eben noch ins Nichts gestarrt hatte, sah sie der Stadt zu, wie sie unter ihnen vorbeizog. Es war fast wie ein schlechter Scherz, dass sie eben über Bunhill Fields Baumkronen hinwegflogen. Dort trauten sich um diese Zeit nicht einmal die Touristen hin...
Theodor nickte. »Weisst du schon wo?«, fragte er vorsichtig.
Sie zuckte mit den Schultern. »Wo begräbt man in London eine Leiche?«
Er schwieg, denn er war sich nicht sicher, ob sie eine Antwort von ihm erwartete. Ausserdem fiel ihm nichts ein, was in dieser Situation passend gewirkt hätte. Er hatte keine Erfahrung mit Verlust, ausser mit seinem eigenen...
Stattdessen wechselte auf einmal der Teppich in eine andere Richtung, ganz als wüsste er auf einmal, was ihr Ziel war...


~Bonnie~

Sie sprang über die Bordüre des Teppichs, bevor dieser gelandet war. Der Kies unter ihren Solen knirschte. Irgendein Tier -vielleicht eine der vielen Katzen, die bei Nacht die Herrschaft über die Stadt an sich rissen – floh in ein nahes Gebüsch.
Sie befanden sich scheinbar in einem auf einem Weg, der links und rechts von zwei begehbaren Plattformen aus Beton gesäumt war. Durch die graffitibeschmierte Backsteinwand hinter ihnen führte eine Unterführung, über der, dem Licht der dortigen Lampen zum Schein, eine Strasse verlief, den Weg fort. Um sie herum überwucherten Bäume und Sträucher Backstein und Beton, als hätte die Natur diesem Stück der Metropole den Krieg erklärt. Eine Schlacht, die nur sehr langsam, aber unvermeidlich war. Es war März und der Frühling hatte eben begonnen, den Winter aus der Welt zu treiben. Junges Grün trieb aus den Ästen, die Knospen würden sich schon bald entfalten oder hatten es bereits in aller Pracht, die flauschigen Weidenkätzchen schimmerten silbern in der Nacht.
Was für ein surrealer Ort... Dies war nicht die von Landschaftsgärtnern der grossen Parks Londons penibel gepflegte, künstlich angelegte Natur. Dieser Weg... war echt. Echtes Leben, gewachsen wie die Vegetation es geformt hatte. Der einzige Gärtner hier war Mutter Natur. Als wäre der Weg vor langer Zeit vergessen und sich selbst überlassen worden. Und doch konnte sie über sich Autos fahren hören, als wären sie noch immer in der Grossstadt...
»Wo sind wir?«, fragte sie überrascht.
Sie spürte, wie es in ihrem Rucksack zu rumoren begann und Gigas sich herauskämpfte. »Da gönne ich mir ein paar Stunden Schlaf und schon habt ihr euch verlaufen. War ja klar...«
Sie verdrehte die Augen. »Als ob. Du hattest Schiss und bist erst jetzt wieder rausgekommen, da wir in Sicherheit sind und festen Boden unter den Füssen haben.«
»Gar nicht wahr«, protestierte der Kolibri und landete auf ihrer Schulter. Anders als sie es von ihm gewohnt war, führte er seine Rechtfertigung von dort jedoch nicht weiter aus. Vielleicht war das seine Art, Rücksicht zu nehmen wegen... Srijan...
»Crouch End Hill«, verkündete Theodor auf einmal.
Stirnrunzelnd drehte sie sich zu ihm um. »Woher weisst du...«
Er stand vor einem schwarzen Wegweiser mit grünen Pfeilen, von denen der eine Richtung Highgate Wood und der andere zum Finsbury Park zeigte, in dessen Mitte auf einem Ring der Name des Areals stand.
»Muss man das kennen?«
Er kratzte sich am Lockenkopf und zuckte mit den Schultern. Sie sah, wie sein Blick zwischen ihr und dem Teppich hin-und her zuckte. Sie wusste, welche Frage ihm auf der Zunge lag. Was nun?
Auch der sonst so schwatzhafte Vogel sagte nichts und sah sie nur erwartungsvoll an.
Sie schluckte, denn sie konnte keinem der beiden eine Antwort geben. Der erste Schritt war wohl, Srijan zu begraben. Und ein vergessener Ort war wohl perfekt, um etwas zu verstecken, das nicht gefunden werden sollte...
Bei dem Gedanken zog sich alles in ihr zusammen. Sie würden seinen Körper irgendwo in der Erde verscharren. Ein Grab ohne Namen. Ihr war schon wieder zum Heulen zumute...
Wortlos bückte sie sich zu ihrem Fluggefährt hinab und zupfte an einer dessen Fransen, bis es sich auf Kniehöhe in der Luft befand. Dann begann sie in Richtung Finsbury Park zu laufen, Teppich und Theodor hinterher. »Suchen wir ihm einen schönen Ruheort, das hier ist mir zu nahe an der Strasse...«
»Und wie willst du das anstellen? Wir haben keine Spaten oder so was dabei.«
»Ich weiss schon, was ich tue...«

Eine Weile lang liefen sie so wie eine Entenfamilie über den vergessenen Weg. Irgendwann endeten die Betonplattformen und auf der linken Seite wuchs stattdessen eine Backsteinwand in die Höhe, deren regelmässige Nischen wie gähnende Schlunde aufragten.
Instinktiv begann Bonnie mehr auf der rechten Seite des Weges zu laufen, als auf einmal eine tiefe Stimme erschallte: »Welche arme Seele wagt es, die Ruhe meiner Hügel zu stören? Wehe euch, mein... mein...« Etwas, das klang wie ein frustriertes Schnauben, brachte die Blätter über ihren Köpfen zum Rascheln. »Ach was rede ich da. Wurzelzwirn und Blätternaht, es hört ja eh niemand zu...«
Bonnie hielt inne und sah sich um, konnte jedoch niemanden entdecken. »Theodor, wenn das ein Schwerz sein sollte, dann...«
»I-ich war das nicht!«, verteidigte sich ihr Reisebegleiter und warf verschreckt einen Blick über die Schulter. »Was zur Hölle war das?«
Bonnie, die weder Zeit noch Nerven mehr hatte, stemmte die Hände in die Hüften. »Oi! Wer da?«
Es blieb still und sie war schon drauf und dran, die Stimme als ein gemeinsames Symptom ihrer Übermüdung und Traumata abzutun, als auf einmal das Efeu an der Backsteinwand runtergerissen wurde und eine Gestalt in einer der Nischen landete, als hätte sie sich zuvor weiter oben hinter dem Vorhang aus Kletterpflanzen versteckt.
»Guten Abend, Shub von Ezelwald mein Name, freut mich sehr.« Das Wesen streckte Bonnie die reichlich behaarte Hand entgegen, während es sich eilig den Dreck von seinem ausgeleierten und ziemlich schmutzigen «I ❤ London»-Hoodie, wie man ihn an jeder Ecke in einem der Souvenirshops kaufen konnte, abklopfte.
Sie glotzte an Shubs erdverkrusteten Hand vorbei auf dessen Unterleib. Das war natürlich alles andere als gute Manier, doch so sehr sie es auch versuchte, sie konnte nicht anders. Nicht, weil ihre jüngste Bekanntschaft unten rum nichts anhatte, sondern weil er im Besitz zweier kräftiger, brauner, behufter Ziegenbeine war!
»Ich darf doch bitten! Hier oben, huhu!«
Mit offenem Mund liess sie ihren Blick nun doch an dem Geschöpf, halb Mensch, halb Tier, hochklettern, bis sie sich Auge in Auge mit einem ziegenbärtigen Schwarzen der Generation Y fand, aus dessen wirren Afro zwei gedrehte Hörner ragten.
»Das ist ein Satyr!«, quietschte es auf einmal direkt neben ihrem Ohr und Gigas flatterte von ihrer Schulter. »Faszinierend!«, trällerte er immer wieder, während er um das Wesen herumflog.
»Faun!«, schnaubte das Geschöpf pikiert und verschränkte die Arme vor der der Brust. »Ich bin ein Faun!«
»Sind die echt?« Theodor hatte sich zu ihnen gesellt und streckte den Arm, um nach einem der Hörner zu greifen.
»Hey! Flossen weg! Das ist ein Naturreservat und kein Streichelzoo!«, keifte Shub und schlug die Hand weg, ehe sie sein Gehörn zu fassen bekam.
Bonnie schüttelte den Kopf. Als wäre ihr Leben noch nicht irre genug gewesen. Sprechende Kolibris, Geister und nun auch noch Ziegenmenschen?! – Danke, nein! Sie straffte die Schultern, brachte mit ein paar Schritten Distanz zwischen sich und den Ziegentypen und erklärte mit bedauerndem Tonfall: »Nett deine Bekanntschaft gemacht zu haben, Shub. Leider haben wir es etwas eilig. Wiedersehen!« Sie winkte ihrem Teppich zu, damit dieser eine Franse zulegte und stapfte weiter. »Komm, Theodor! Wir haben nicht die ganze Nacht!«
»Warte auf mich!«, zwitscherte Gigas und krallte sich eilig wieder an ihrer Schulter fest.
»Wohin wollt ihr denn?«, fragte der Faun, der sich scheinbar nicht so schnell abschütteln lassen wollte. »Vielleicht kann ich euch helfen. Ich kenne den Parkland Walk wie meine Westentasche!«
»Parkland Walk?«, hakte Theodor, der noch immer nicht die Augen von Hörnern und Frisur des Wesens lösen konnte, zu ihrem Verdruss nach.
Shubs Brust schwoll vor Stolz unter dem Souvenir-Hoodie. »Der Parkland Walk ist ein zweieinhalb Meilen langer Weg und zudem Naturschutzreservat. Einst war er die Zugstrecke von zwischen Finsbury Park und Alexandra Palace, aber irgendwann wurde die geschlossen. Nun ist es eines der verstecktesten, aber schönsten Paradiese Londons, an dem sich täglich Naturliebhaber und urbane Flüchtlinge finden...«
Bonnie rümpfte die Nase. Sie konnte hier keine Leute brauchen, sie wollten hier eine Leiche vergraben.
»Wir suchen einen Ort, wo wir... jemanden beerdigen können... und wo niemand ihn finden kann...«
»Halt die Klappe, Theodor!« Der Lockenkopf liess die Schultern hängen und hob abwehrend die Arme. »Du hast selbst gesagt, wir hätten keine Zeit. Der Typ kennt sich aus. Und er macht nicht den Eindruck, als würde er uns an die Bullen verraten...« Mit Blicken deutete er auf die Ziegenbeine-und Hörner.
»Bullen?«, schnaubte Shub, als hätte Theodor einen schlechten Witz gerissen. »Die können mich sowieso nicht sehen. Herrjeh, wisst ihr eigentlich, wie lange es her ist, dass ich Twosi getroffen habe? Und heute gleich zwei Abkömmlinge unserer Welt...«
Sie runzelte die Stirn. »Twosi?«
Nun schien auch der Faun nicht zu wissen, von was sie sprach. »Ja klar. Twosi. Aus Twos. Ihr werdet euch wohl erinnern. Verwelkt noch eins, wie lange seid ihr schon von Zuhause weg?«
Andere Welt...
Sie spürte, wie Gigas unruhig sein Gefieder schüttelte. Auch er hatte ihr Dinge über andere Welten erzählt. Auch von jener, aus der angeblich ihre Ahnen stammten...
»Keine Ahnung, von was für einer Welt du sprichst, aber ich komme vom Planet Erde und der ist momentan der einzige, der mich interessiert«, brummte Theodor, der scheinbar noch nicht eins und eins zusammengezählt hatte.
»Ach, dann seid ihr schon die nächste Generation. Migrantenkinder, schon klar. Ganz an Modo angepasst. Nur schade, dass ihr nichts über Twos wisst. Es ist wunderschön dort. Arschgefährlich, aber-«
»Was ist denn jetzt?«, fragte Theodor. »Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit?«


~Theodor~

Musste er sich Sorgen machen, dass ein Mann mit Ziegenbeinen und Hörnern ihn nicht mehr grossartig aus der Fassung brachten? Die letzten Wochen seines Lebens waren die ereignisreichsten und gleichzeitig schrecklichsten seines Lebens gewesen. Er war nun mehrmals fast gestorben, während einer seiner Nahtoderfahrungen hatte ihm der Tod persönlich, der sich nebenbei bemerkt für seinen Vater hielt, ein Gedicht vorgetragen. Er hatte eine Frau kennengelernt, die Teppiche zum Leben erwecken konnte und von einem sprechenden Kolibri begleitet wurde. Zudem hatte er mehrere Menschen sterben sehen, von denen einer ihn nun heimsuchte und mit Schreien den Tod ankündigte. Nicht zu vergessen der andere Geist, der scheinbar sein Bruder war und gerne mal zum Morden anzustiften versuchte. Tja und nun war er eben einem Faun begegnet, der in den Alkoven einer Backsteinwand hauste und gerne Passanten erschreckte, solang diese ihn überhaupt hören konnten...
Auch Bonnie schien eher müde, als irgendwie verstört von dem Gehörnten zu sein. Stumm lief sie neben ihm her, den Blick starr auf die Pflanzen gerichtet, die sich unter den Betonplattformen, die sich als Bahnstiegen der verlassenen Crouch End Station entpuppt hatten, ans Licht kämpften.
Shub hingegen plapperte wie ein Wasserfall. Sprunghaft wechselte er das Thema von Spitzwegerich und Schmetterlingsflieder zu Dampfloks und Gleisen zu wirrem Gefasel über Twos und Modo und irgendwelchen versiegten Portalen...
»Ich glaube, er ist ein Flüchtling«, brach auf einmal Gigas ihr Schweigen.
»Shub?«, fragte Bonnie und musterte den Faun in seinem Hoodie. »Aus diesem... Twoso?«
»Twos. T-W-O-S«, verbesserte er sie eilig.
»Müsste es nicht Twice heissen?«, meinte Theodor nachdenklich.
Der Vogel seufzte theatralisch. »Theodor Stark, du Dummkopf. Der Name hat doch nichts mit der Zahl Zwei zu tun! Es ist ein Name. Die Welt heisst eben so.«
»Aha...« Er schüttelte den Kopf. Andere Welten. Der hat doch nicht mehr alle Federn am Bürzel...
»Und aus diesem Twos kommen Flüchtlinge?«, bohrte Bonnie weiter, die die Gelegenheit, Informationen aus Gigas rauskitzeln zu können, nicht verstreichen lassen zu wollen schien.
»Ich weiss nicht, was in Twos in den letzten Jahrhunderten vorgegangen ist. Es gab immer wieder Plagen und Kriege, die Wesen nach Modo – das ist übrigens der Name dieser Welt – getrieben haben... Ich will nur sagen, ihr solltet ihm nicht zu viel von eurem Schicksal anvertrauen. Nicht jeder Twosi ist euer Freund.«
»Niemand ist unser Freund«, brummte er nur und trat einen Stein ins Gebüsch.
»Zu eurer Rechten seht ihr nun das letzte Gebäude, das von der Crouch Hill Station übriggeblieben ist. Über uns finden sich die Ruinen der Schalter«, plapperte Shub vor ihnen und drehte sich freudestrahlend zu ihnen um.
Theodor lächelte gezwungen zurück. Hier waren sie gelandet...
Nervös richtete er den Blick gen Himmel. Noch schien das Morgengrauen weit entfernt, doch die Furcht sass ihm im Nacken. War erst Tag, würden die Leute aufstehen, zur Arbeit oder zur Schule fahren oder einkaufen gehen. Und dann würde es nicht lange dauern und man würde ihn erkennen. Entweder würde er von einem Mob Fans in Stücke gerissen werden oder er würde rechtzeitig von der Polizei oder Jared gerettet werden, was ihm beides nicht sonderlich zusagte. Jared konnte ihn mal und der Polizei zu erklären, warum all das Blut an ihren Klamotten klebte, darauf konnte er ebenso verzichten. Ausserdem würde Bonnie sicherlich nicht so glimpflich davonkommen wie er und ehrlichgesagt wollte er nicht von ihr getrennt werden. Er wollte wissen, was mit ihm vorging, warum all dies mit ihm geschah...
Sie kamen erneut an dem Wegweiser vorbei, dieses Mal Richtung Highgate. Über ihnen rauschte der Verkehr, als sie durch die Unterführung gingen. Graffitis bedeckten die Wände. God shave the Queen, I'm with BURR und England is my city in geblähten oder eckigen Buchstaben.
Nach der Unterführung ging es eine Weile weiter der Nase nach. Irgendwann lichteten sich die Bäume und sie schlugen in einer Kreuzung rechts ein. Vor ihnen ragte eine Mauer in die Höhe, in die zwei grosse Tunnel, die jedoch beide mit dicken Stahltoren verschlossen waren, eingelassen waren.
»Dies sind die Highgate Tunnels. Durch sie fuhren die Züge bis zum Alexandra Palace. Heute fährt hier nichts mehr und in den Tunneln treibt sich auch kaum eine Menschenseele herum...« Shub trabte zu einem der Tore, streckte einen Arm durch die Gitter und riss mit einem kräftigen Ruck das Schloss ab. Die Tür schwang mit leisem Quietschen auf. »Hereinspaziert!«


~Bonnie~

Es war so dunkel, dass Bonnie im ersten Moment nichts sehen konnte. Nur langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit und erst jetzt merkte sie, wie schwer ihre Lider eigentlich schon waren. Sie würde sich schon bald hinlegen müssen, um wenigstens ein paar Stunden Schlaf zu finden.
Der Tunnel war verhältnismässig zu seiner Breite ziemlich hoch. Das lag, Shubs Erklärung zufolge, daran, dass über die Gleise, die noch heute vor sich hin rosteten, hier einst Dampfloks gefahren waren. Überall hingen Spinnenweben und Bonnie war sich sicher, das leise Echo fiepender Ratten zu hören.
Der Teppich übernahm die Führung und führte sie immer tiefer ins Dunkel. Irgendwann legte er sich zu Boden, ganz vorsichtig bettete er Srijans Körper auf Stein, Laub und Schienen.
»Hier«, murmelte sie, nachdem sie sich etwas umgesehen hatte. Von hier aus war es weit genug vom Eingang entfernt, dass niemand das namenlose Grab würde entdecken können und doch war es nahe genug, dass das Licht am Ende des Tunnels zu erkennen war. Vermutlich hätte sich Srijan gewünscht, neben seinem Bruder und seiner Mutter zu liegen, doch diesen Dienst konnte sie ihm leider nicht erweisen, so sehr sie es sich auch wünschte.
»Okay«, meinte Theodor und bückte sich zu einer der Schienen hinab. »Vielleicht können wir eine dieser Holzschwellen rausbrechen und damit ein Loch-«, er stockte und fuhr vorsichtig fort: »Ein Grab zu scharren...«
Bonnie sagte nichts. Das Herz war ihr so schwer... Sie liess sich auf die Knie, schob die Steine zwischen zwei Schwellen beiseite, beugte sich dicht zu der Erde hinab und flüsterte ihr zu: »Ich bitte um ein letztes Bett für einen Freund
Der Boden folgte ihrer Bitte. Sacht schob er sich zur Seite, die Wurzeln zogen sich zurück, Insekten, Spinnen und Würmer eilten panisch davon. Eine tiefe Grube tat sich auf.
Sie richtete sich auf und trat an ihr jüngstes, fliegendes Wunder. Noch einmal drückte sie Srijans Hand. Ganz fest. Mittlerweile war sie kalt. Sie brachte es lange nicht übers Herz, ihn wieder loszulassen. Als es ihr endlich gelang, liefen ihr die Tränen bereits in Strömen übers Gesicht.
Der Teppich schwebte langsam über die Grube. Vorsichtig senkte er einen Teil hinab, bis Srijans Körper sachte in sein Grab rutschte. Sie musste die Erde nicht einmal bitten, sie schob sich von selbst über ihn, deckte Srijan und alles, was er bedeutete, für immer zu. Ein Zuhause, eine Vergangenheit, eine Herkunft, ein Leben.


~Theodor~

Shub lud sie ein, den Rest der Nacht bei sich zu verbringen. Er fragte weder, wer der Tote war, den sie eben in seinem Territorium vergraben hatten, noch woher sie eigentlich kamen und wohin sie wollten. Es schien tatsächlich so, als würde er sich einfach nur freuen, Leute gefunden zu haben, die ihn sehen und hören konnten.
Der Faun wohnte in dem letzten noch stehenden Gebäude der Crouch Hill Station. Ein enger Raum, kaum Platz genug für sie drei, doch noch immer besser als nichts. Im Gebälk hausten Tauben, das Bett bestand aus einer fleckigen Matratze ohne Bezug und in den Ecken scharrten die Ratten.
»Dann lasse ich euch mal pennen, während ich euch was zu Futtern besorge... und ein paar anständigere Klamotten...« Dann verschwand er auch schon aus dem Fenster, durch das sie auch schon in den Raum eingestiegen waren...
Vor zwei Wochen hätte Theodor sich geweigert, auch nur einen Fuss in diesen Raum zu setzen, doch heute war er einfach nur zu müde. Heute würde dieses Taubenhaus seine Suite sein. Ohne weiteres legte er sich nieder und rollte sich auf den Rücken. Er spürte, wie Bonnie sich neben ihm niederliess. Sie ergriff seine Hand, drückte sie.
»Danke.«
Er runzelte die Stirn. »Für was?«
»Ich weiss nicht. Ich habe nur das Gefühl, dir dankbar zu sein. Vielleicht nur, dass du da bist, dass du nicht abhaust. Du scheinst nun geheilt zu sein, es geht dir wieder gut. Was hast du davon, bei mir zu bleiben, du hättest dich längst absetzen und zu deinem Leben zurückkehren können.«
»Vielleicht will ich das gar nicht«, antwortete er leise und verschränkte seine Finger mit ihren. »Vielleicht weiss ich gar nicht mehr, was ich mir wünsche.«
»Wir wollten beide weg von da, woher wir gekommen sind. Ich bin vor meinem Onkel und dessen Zirkus geflohen und du... warum auch immer du gegangen bist.«
»Am besten, wir hauen einfach weiter ab. So weit weg, wie es geht. Aber zusammen, denn gemeinsam sind wir weniger allein.«
»Trotzdem: Danke, Theodor.« Sie liess seine Hand los und rollte sich zur Seite.
Theodor schlief diese Nacht traumlos.

Exakt zwei Tage später war er hellwach. Das Adrenalin rauschte noch immer durch seine Adern, obwohl der Grund dafür schon mindestens eine Stunde her war.
»Fahr mal links ran«, zischte es vom Rücksitz. »Zeit, die Nummernschilder zu tauschen.«
Er blinkte und liess den geklauten Ford Consul neben dem abgeflachten Bürgersteig vor der Garage eines Einfamilienhauses halten. Shub sprang aus dem Auto, sprintete zu einem der dort parkierten Autos und riss diesem vorn und hinten das Nummernschild ab.
Theodor wartete, bis der Faun wieder auf dem Rücksitz sass und drückte dann das Pedal durch. Ihr etwas in die Jahre gekommene Diebesgut raste weiter die Strasse entlang.
Vorsichtshalber prüfte er noch einmal im Rückspiegel, ob auch wirklich jede seiner Locken ihren Platz unter dem grauen Beanie gefunden hatte und zog sich die Kapuze seines Jäckchens tiefer ins Gesicht.
»Fahr ein paar Strassen weiter, dann halte an und wir montieren das hier.« Shub haute ihm mit den geklauten Nummernschildern gegen die Schulter.
Der Faun war wohl das Beste, was ihnen hätte passieren können. Da scheinbar niemand ausser Bonnie und ihm Shub sehen konnte, war es für diesen eine leichte Übung, Autoschlüssel und Portmonees aus fremden Taschen, Klamotten von Kleiderständern oder gar ein ganzes McDonalds Menü von einem Tisch zu klauen. Dank ihm waren sie nun eingedeckt mit frischen Kleidern, Essen und nun auch einem Auto... und fremde Nummernschilder.
Natürlich hätten sie auch weiterhin mit dem fliegenden Teppich fliegen können, doch der hatte weder ein Dach noch eine Klimaanlage.
Theodor folgte Shubs Anweisung und hielt einige Strassen weiter an. Der Faun stieg aus und er hörte ihn am Heck mit dem Nummernschild hantieren.
Er seufzte, drehte die Sitzheizung etwas herunter und liess sich zurück in seinen Sitz sinken. Er drehte den Kopf und betrachtete Bonnie, die auf dem Beifahrersitz schlafend im Gurt hing, Gigas, der den Schnabel unter den Flügel gesteckt hatte, auf ihrem Schoss.
Sie schlief unruhig, wie schon die letzten beiden Nächte. Sie wirkte irgendwie noch kleiner, als sie ohnehin schon war, aber vielleicht lag das auch nur an dem Wollpulli, den Shub ihr zwei Grössen zu gross geklaut hatte.
Er streckte die Hand nach ihr aus und berührte sie sacht am Arm. Er schloss die Augen und hielt Ausschau nach ihrem Lebenslicht, warm und so hell, dass es blendete, eine Supernova, die nur er sehen konnte.
Theodor spannte sich an, denn er wusste, dass er das eigentlich nicht tun sollte. Es war falsch, doch selbst wenn die Motte wüsste, dass das Licht sie töten konnte, sie würde sich dennoch danach sehnen. Und auch Theodor sehnte sich nach dem Licht, nur dass die Gefahr nicht für ihn selbst bestand, sondern für Bonnie. Diese Sucht war erregend und beängstigend gleichermassen, doch das Schlimmste war, dass er sie nicht kontrollieren konnte.
Es schien noch immer geheilt zu sein, sein Herz pumpte einwandfrei und doch war da eine Art Hunger. Kein richtiger Hunger, der so penetrant war, dass er sich vor jeden anderen Gedanken schob. Es war mehr wie die Lust auf Popcorn im Kino. Die Sehnsucht nach dem Genuss, etwas zwischen den Zähnen zu haben. Es war die schändliche Sucht nach Leben, nach dem Rausch, den es ihm brachte.
Theodor hatte während seines jugendlichen Lebens im Ruhm kaum etwas ausgelassen. Zu sein wie er, ständiger Mittelpunkt, machte das Dasein zum Sturm. Und wie jeder Sturm war da irgendwann die Leere gewesen, das Nichts im Auge des Sturm, sein hohles Selbst, das er zu füllen versucht hatte. Zu Beginn mit Besitz, doch Besitz war genauso leer wie alles andere. Dann hatte er nach Gefühlen gesucht, hatte Liebeleien gehabt, mehrere, doch keine Liebe gefunden. Irgendwann hatte ihn der Rush in den Rausch getrieben und Theodor hatte begonnen, Koks zu nehmen, Schnee zu schnupfen. Jared hatte das gewusst, hatte das Teufelszeug von Zeit zu Zeit sogar mit ihm zusammen konsumiert. Sein Manager und Adoptivvater mochte seinen Drogenkonsum gefördert haben, doch er war auch früh genug eingeschritten, bevor Theodor in eine Sucht abgedriftet war. Doch selbst all seine Erinnerungen an das Stimulans zusammen kamen nicht einmal an nur eine Sekunde der Ekstase heran, die ihn beim Raub von Lebenslicht erfüllte.
Keine Droge war wie Bonnie. Nur war Bonnie keine Droge. Bonnie war ein Mensch, mehr noch, seine Freundin. Vielleicht sogar seine einzige Freundin, die er hatte...
»Was machst du?«
Er riss die Hand zurück und setzte sich drauf, wie ein kleiner Junge, der bei etwas Verbotenem erwischt worden war. »Nichts...«, brummte er stumpf.
Bonnie rieb sich die Augen und scheuchte Gigas von ihrem Schoss, der sich leise quengelnd auf die Rückbank zurückzog. »Wo sind wir?«
Froh, dass sie nicht den Anschein machte, seine Absichten in Frage zu stellen, entspannte er sich und antwortete: »Keine Ahnung. Irgendein Wohnviertel in Tottenham. Wir fahren Richtung Norden, machen nur ab und an Pausen, um die Nummernschilder zu wechseln und-«
»Tottenham?«, unterbracht sie ihn stirnrunzelnd.
Er nickte und fuhr fort: »Und dann werden wir aus London rausfahren. Wir fahren, so lange wir können und falls wir, bevor es dunkel wird, nichts mehr zum Übernachten finden, schlafen wir halt im Auto.«
Bonnie runzelte die Stirn und begann auf ihrer Wange zu kauen.
»Ist was?«
»Tottenham«, wiederholte sie nachdenklich. »Das hatte Srijan doch erwähnt...« Sie zog Srijans letztes Geschenk an sie aus ihrem Kragen – eine Kette, an der ein kleiner Schlüssel hing. »Das ist der Schlüssel zum Bankschliessfach seiner Mutter, hier in Tottenham! Er sagte, er hätte einmal öffnen lassen, es wäre aber nur irgendwelches verrücktes Zeug, lauter wirre Aufzeichnungen drinnen gelegen. Er meinte, es könnte mir vielleicht helfen...«
»Bitte was? Bonnie, wir haben das Auto. Wir können abhauen! Weg hier, über alle Berge! Was soll uns ein Bankschliessfach voll mit irgendwelchen Aufzeichnungen helfen?!«
»Du willst hier einfach nur weg«, meinte sie langsam, »aber was, wenn hinter alle dem mehr steckt?«
»Was meinst du?«
Hinter ihnen warf sich Shub auf die Rückbank und knallte die Autotür zu. »Weiter geht's!«
Theodor lenkte das Auto wieder auf die Fahrbahn.
Bonnie pikste ihm mit dem Zeigefinger in den Oberarm. »Du«, sie deutete auf sich, »und ich. Warum wirst du plötzlich von Geistern gejagt, warum stirbst du beinahe, warum bist du mit einem Mal wieder geheilt? Warum kann ich, was ich kann, warum kenne ich Gigas? Warum sind wir beide und begegnet? Warum sind sich zwei Menschen, die offensichtlich aussergewöhnlich anders sind, begegnet. Wie kann das alles ein Zufall sein?«
Theodor zuckte mit den Schultern. »Was willst du von mir hören?«
Sie liess sich in den Sitz zurücksinken. »Ich weiss auch nicht.«
»Für mich klingt das nach einem schweren Fall von Schicksal«, gab Shub von der Rückbank seinen Senf dazu. »In Twos haben wir damit ständig zu tun.«
»Schicksal?«, meinte er skeptisch und lehnte sich etwas in den Sitz und die Dunkelheil zurück, während er an einer roten Ampel hielt. »Glaubst du an so etwas?«
»Ich glaube nicht daran, ich weiss, dass es existiert. Ich wusste nur nicht, dass es auch in dieser Welt sein Unheil treibt...«
Bonnie zuckte die Schultern. »Ich weiss nicht, ob es Schicksal ist, aber ich normal ist das mit uns auch nicht. Ich finde, wir sollten der Spur folgen. Srijan hat seinen letzten Atem dafür gegeben, mir von dem Schliessfach zu erzählen, wir sollten dem auf die Spur gehen.«
Theodor seufzte tief. »Welche Bank?«, fragte er schleifend und bog rechts ab.
Sie hielt den Schlüssel ins Licht und besah ihn sich von allen Seiten. »Hailfax Bank – 444/ 446 High Road – London N17 JW9«, las sie ab und lächelte müde. »Meinst du, du findest das?«
Er zuckte mit den Schultern. »Mal sehen. Tottenham scheint mir nicht allzu gross...«

Tottenham war gross genug, um sich darin zu verirren. Die typischen, immer gleich aussehenden Backstein-Reihenhäuser machten es einem nicht gerade einfacher.
Bonnie war wieder im Auto eingeschlafen, während er die ganze Zeit fuhr. Doch das war okay, er wich den Schlaglöchern aus, sodass sie gut schlief. Er fuhr, sass da und verfluchte die Regierung, dass sie seine Steuern nicht genutzt hatte, um die Schlaglöcher mit mehr Zement zu füllen. Von der Hailfax Bank war keine Spur.
»Bieg mal rechts ab«, riet ihm Shub, der sich von der Rückbank zu ihm gelehnt hatte.
Theodor folgte seinem Rat. »Wie kommt es eigentlich«, fragte er den Faun, ohne den Blick von der Strasse abzuwenden, »dass Bonnie dich sehen kann? Ich habe bereits die Bekanntschaft mit anderen Geistern gemacht und beide waren für sie nicht wahrnehmbar.«
Der Faun zuckte die Schultern. »Ich bin ein Naturgeist. Es ist der Sinn meiner Existenz, dass ich gesehen werde. Ich soll meine Wälder beschützen können. In der Welt, aus der ich stamme, kann mich jeder sehen. Hier blenden die Menschen mich einfach aus. Das tun sie mit allem, was ihr Weltbild zu sehr zerrütteln würde.«
Theodor nickte langsam. »Dann können wir dich also sehen, weil wir genug abgefucktes Zeug gesehen haben in der letzten Zeit.« Er zuckte mit den Schultern, während er einen Schlipsträger mit dickem Aktenkoffer über die Strasse liess. »Macht Sinn.«
»Nicht nur das«, gab der Faun zu bedenken. »Wie ich sagte, ihr habt beide Vorfahren aus Twos. Wenn auch um einige Generationen später, ihr habt dennoch einen Sinn für das Magische, wenn nicht sogar eine Begabung dafür.«
Ich kann Menschen umbringen, klingt das wie eine tolle, magische Gabe?, dachte er grimmig und setzte den Blinker links.
»Apropos dein Wald, wie lang willst du uns eigentlich noch begleiten? Nicht dass ich dich loswerden will, aber ich dachte, dein Parkland Walk sei dir so wichtig?«
Doch Shub hatte ihn gar nicht gehört. »Hailfax!«, kreischte er ihm auf einmal ins Ohr und Theodor riss vor Schreck das Lenkrad herum.
»Oi!«, rief Bonnie, die von dem Geschrei des Fauns geweckt worden war. Sie schnellte vor, schnappte das Steuer und konnte es gerade noch herumreissen, bevor der Ford einen Hydranten knutschte.
»Du musst nicht so schreien«, sagte er langsam, nachdem er das Auto gehalten hatte und nun darauf wartete, dass seien Hände zu zittern aufhörten. »Wir können dich hören...«
Der Faun nickte und duckte sich, als seine Hörner am Dach anschlugen. »Sorry...«
»Aber er hatte wenigstens Recht«, meinte Bonnie und deutete aus dem Fenster auf die gegenüberliegende Strassenseite, wo eine halb kaputte Leuchttafel den Namen der Bank in den frühen Morgen flackerte.
Theodor hatte noch nie so eine Bank gesehen. Von aussen wirkte sie mehr wie ein bankrottgegangener Supermarkt. Die Werbung an den Schaufensterscheiben war ausgeblichen, die Fussmatte kaum noch als solche definierbar. Die Banken, die er kannte, waren dagegen Paläste...
Bonnie zog am Türschloss und sprang aus dem Auto.
»Warte auf mich!«, hastig flatterte Gigas ihr hinterher und schlüpfte unter ihren Kragen.
»Theodor, du suchst einen angemessenen Parkplatz. Du, Shub, kommst mit mir!« Ohne auf eine Antwort zu warten, schlug Bonnie die Tür zu, machte auf dem Absatz kehrt und überquerte die Strasse.


~Bonnie~

Sie hatten Glück, es war ein Donnerstag und die Bank hatte seit sechs Uhr früh geöffnet.
Es gab zwei Schalter, von denen einer leer stand und der andere von einer grimmig dreinblickenden Frau, die sichtlich ihre Pension nötig hatte, besetzt hatte.
Bonnie fackelte nicht lange, zog sich den Schlüssel vom Hals und knallte ihn auf den Tresen. »Guten Morgen. Ich will in das Schliessfach sehen, zu dem dieser Schlüssel gehört.«
Die Frau mit ergrauendem Dutt blinzelte missmutig durch ihre Brillengläser an. Mrs Grump stand auf ihrem Namensschild und Bonnie musste sich ein Grinsen verkneifen, denn der Name passte allzu gut.
»Harley! Da will jemand an die Schliessfächer!«, krähte die Frau, ohne sich umzudrehen. »Schlüssel mit der Nummer 4.«
Im Raum hinter dem Tresen erklang ein Scharren, dann trat ein noch missmutiger dreinblickender Mann neben die Frau und stierte durch seine Hornbrille auf den Schlüssel.
»Hornbrillen-Harley«, gluckste Shub und zog eine Grimasse.
Bonnie grinste, was Gigas aus der Versenkung ihres Kragens mit einem überheblichen »Wie kindisch!« verurteilte.
Hornbrillen-Harley brummte etwas Unverständliches und verschwand wieder aus dem Bedienfenster. Eine Tür neben dem Tresen schwang auf. »Folgen Sie mir!« Er führte sie in einen engen Raum, dessen Wände bis zur Decke aus Schubladen bestanden. Augenblicklich begann Bonnies Herz schneller zu schlagen und ihre Hände schwitzig zu werden. Am liebsten wäre sie einfach im Türrahmen stehen geblieben, doch sie zwang sich, einzutreten, um Shub Platz zu machen.
»Schlüssel«, brummte der Bankangestellte gedehnt und streckte ihr seine Hand entgegen.
Zögernd folgte sie seiner Forderung.
»Nummer... Nummer 4...« Als er die richtige Schulblade gefunden hatte und reckte sich mit ihrem und dem Schlüssel der Bank danach, knapp an Shub vorbei, der hastig einen Schritt beiseite machte.
»Sie haben fünf Minuten.« Bankangestellter Harley legte ihr die Schublade auf ein schmales Tischen in der Mitte des Raums, den er dann ohne ein weiteres Wort verliess. Die Tür fiel ins Schloss und Bonnie spürte, wie die Enge des Raums ihr die Luft abzuschnüren begann.
Gigas, der ihre Furcht spürte, kroch aus ihrem Kragen und zwickte ihr mit dem Schnabel ins Ohrläppchen. »Konzentrier dich, du kommst hier jederzeit wieder raus.«
Sie nickte. Um ihrer Angst keine weitere Macht über sie zu geben, stürzte sie sich einfach sofort auf das Schliessfach und öffnete die Klappe, die deren Inneres verbarg. Schriftrollen, lange, kurze, allesamt dem Anschein nach sehr alt, kullerten ihr entgegen.
»Ist das 'ne Schatzkarte?«, fragte Shub aufgeregt und fing eine auf, bevor sie von der Tischkante rollen konnte.
»Vorsichtig!«, mahnte sie ihn und griff ihrerseits nach einer. Das Papier war rau und fühlte sich Spröde an. War das Pergament? Ihrer wachsenden Neugierde nicht widerstehen könnend, wickelte sie die Schriftrolle hastig auf und ein erstauntes »Oh«, huschte ihr über die Lippen.
»Häh?« Shub sah von seiner Schriftrolle auf und besah sich ihre. »Sind auf deins auch nur Kringel gemalt?«
»Das sind keine Kringel. Das ist Hindi!« Vorsichtig strich sie über die Tinte, die scheinbar vor langer, langer Zeit aufgetragen worden war, denn an manchen Stellen war sie kaum noch lesbar.
»Woher weisst du das?«
»Ich kann es lesen.« Sie hob sich das Pergament dichter vors Gesicht, um die Buchstaben besser entziffern zu können.
»Naja, sie konnte es mal«, tadelte der Kolibri. »Du hast seit Māṁ Advanis Unterricht sicher haufenweise verlernt...«
»Und was steht da? Komm schon, spann mich nicht auf die Folter!«
Bonnie runzelte angestrengt die Stirn. »Das scheint eine Art Tabelle zu sein. Und sie... wurde von verschiedenen Personen geführt. Siehst du? Das sind alles verschiedene Handschriften. Und fast jede Zeile in einer anderen...« Sie deutete auf die Spalte ganz links. »Das sind Zahlen. Jahreszahlen, wenn ich das richtig sehe. 1651... Meine Fresse, ist der Fetzen alt...« Ihr Finger wanderte eine Spalte weiter. »Und das hier sind... Ich kenne dieses Wort nicht, ich... ich glaube, das sind Namen.« Sie deutete auf die nächste. »Das auch. Alles Namen...«
»Und was steht da?«, der Faun tippte auf den Titel der Schriftrolle.
»Ich bin mir nicht ganz sicher«, gab Bonnie zu. »Mein schriftliches Hindi war nie besonders gut...« Nachdenklich zog sie die Nase kraus. »Das eine Wort bedeutet Schutz. Die hier kann ich nicht erkennen. Das hier heisst... gezackt? Und das ist auch eine Zahl, eine Sieben. Und das bedeutet – glaube ich jedenfalls – Stern... Aber das macht doch keinen Sinn, oder?«
Der Faun zuckte mit den Schultern. Vorsichtig leerte er die restlichen Schriftrollen auf dem Tisch aus. »Ich schätze, die hier ist die Aktuellste.« Er zeigte auf eine, die zwar auch alt, aber neuer als die restlichen wirkte, da diese als einzige aus Papier zu bestand.
Bonnie legte ihre von 1651 zu den anderen, schnappte sich stattdessen die papierene und rollte sie auf. »Die hier ist von 1912«, stellte sie fest und überflog die Zeilen, bis ihr eine der unterschiedlichen Schriften ins Auge stach. Sie kannte diesen Schwung der Buchstaben... Das war Māṁ Advanis Schrift! Hastig begann sie, den Namen zu entziffern und ihr stockte der Atem... Jale Cassedy. Hastig sprang sie zur nächsten Zeile... Bonnie Cassedy...
»Was ist? Kalt? Deine Hände zittern...« Shub legte ihr einen Arm um die Schulter und rubbelte. »Hey, du bist ja ganz verschwitzt. Sag mal, hast du Fieber?«
Bonnie sagte nichts und liess ihren Blick die Zeile mit ihrem Namen entlangschweifen. Irgendwie wusste sie schon, wessen Name dastehen würde und sie hatte recht. Theodor Cassius Stark.
Sie liess die Schriftrolle sinken. Ihre beider Namen standen auf dieser Liste. Hier ging irgendetwas ab, irgendetwas, was sie sich nicht erklären konnte. Nur eines stand ohne Zweifel fest: Theodor und sie steckten da gemeinsam drin...


~Theodor~

Der Kopf der Taube zuckte vor und zurück, während sie auf den Bordstein sprang, der von dem Licht der Fernseher des Electronics Center, vor dem er geparkt hatte, blau erleuchtet wurde. Vor und zurück, vor und zurück, als würde sie gerade zum fetzigsten Beat ihres Lebens nicken. Sie war krank, das hätte Theodor auch ohne seine neu entdeckten Kräfte sagen können, man sah es ihr an. Ihr Gefieder war zerrupft, ihr Gang schwankend. Nur der Kopf, der zuckte vor und zurück, unermüdlich, vor und zurück zum Schlag ihres kleinen, schleppenden Herzens und dem schwachen Puls ihres schwindenden Lebenslichts. Ihres war schwieriger zu sehen, als Bonnies, aber das war auch nicht weiter verwunderlich. Bonnie war eine Supernova, die Taube das letzte Glimmen des Dochts einer erloschenen Kerze... Und doch war es Licht. Nur ein bisschen, nur ein Glimmen, nur... eine Taube...
Theodor sah seiner Hand zu, wie sie ihn abschnallte und am Innenschloss der Autotür zog. Wie von selbst stellten sich die Füsse auf den Asphalt, ganz leise, um die kranke Taube nicht aufzuscheuchen. Sein Körper erhob sich und schlich sich an das Federvieh heran und mit jedem Schritt konnte Theodor ihr Leiden klarer erkennen. Tumor im Kopf, eine verschluckte Sicherheitsnadel im Bauch...
Er biss sich auf die Lippe. Er könnte sie erlösen. Vom Schmerz. Von ihrem... Leben... Metallischer Geschmack auf der Zunge, Blut auf den Lippen, Leere im Kopf, nur den Vogel im Blick...
Die Taube konnte ihn weder sehen noch hören, der Tumor in ihrem Schädel hatte ihr kaum einen Sinn mehr als den Überlebensinstinkt gelassen, doch der war nun nicht länger nötig. In dem Augenblick, in dem Theodor sie in den Fingern hatte, war jeder Instinkt vergeben und Überleben Vergangenheit...
Es war schnell vorbei. Der Rausch dauerte keinen Atemzug lang. Der Vogel in seinen Händen war tot, den Hals umgedreht, Genick gebrochen. Er starrte in die Augen, die zuvor blind gewesen und nun tot waren. Als die Krallen des Vogels zuckten, liess er ihn fallen, hechtete fluchtartig zurück in den Ford und verriegelte das Auto von innen. Er klammerte sich an das Lenkrad. Dann liess er es los, rieb die Handflächen an seiner Hose ab, immer wieder und wieder, doch das reichte nicht. Hastig riss er das Handschuhfach auf und stöhnte auf vor Dankbarkeit, als er darin ein Pack Feuchttücher fand. Erst nachdem das Lenkrad, seine Hände und der Türgriff allesamt penetrant nach Minze und Limette rochen, liess er sich beruhigt im Sitz zurücksinken.
Er hatte eben einem Vogel den Hals umgedreht. Einfach so. Er hatte nicht gezögert, nicht nachgedacht, hatte es einfach getan. Er hatte ein fremdes Leben gestohlen...
Er schüttelte den Kopf. Der Schock sass ihm tief in den Gliedern.
»Und? Wie war es?«
Die Hupe des Fords dröhnte durch die High Road, als Theodor vor lauter Schreck herumfuhr und mit dem Ellbogen auf den Knopf kam. Er fluchte derb und hieb mit der Faust nach seinem überraschenden Besuch. Sein Schlag traf nur auf Polster.
»Hey, hey! So was will ich dich nicht mehr sagen hören, Bruderherz. Meine Mutter hätte mir nach so was nicht nur den Mund mit Seife ausgewaschen, die hätte mir gleich das Waschbrett über den Scheitel gezogen!« Cole Baskin zwinkerte ihm zu und stiess ein paar Rauchringe aus, die einfach durch die Decke des Autos hindurchschwebten.
»Du hast Nerven! Spinnst du, mich so zu erschrecken? Ihr Geister habt doch echt eins an der Klatsche. Und ihr müsst auch immer dann euren Scheiss abziehen, wenn ich gerade am Steuer sitze!«
Sein Halbbruder aus dem Jenseits zog nur unbeeindruckt an seiner Pfeife, sodass Theodor den Tabak in der Kammer der Pfeife leise verglimmen hörte. »Ich bin nun einmal ein Poltergeist. Was kann ich schon dafür? So ein Verhalten liegt in meiner Natur!«
Theodor schnaubte nur abfällig. Eigentlich war er froh gewesen, Cole kennen gelernt zu haben, der scheinbar das gleiche hatte durchmachen müssen wie er, doch je länger er ihn kannte, desto schauriger fand er seien Geisterbruder. Ausserdem war es ihm alles andere als recht, dass Cole ihn beim Raub eines Lebens beobachtet hatte.
»Also? Wie war es?«, wiederholte der Geist und nickte in Richtung tote Taube.
Es sträubte ihn, Cole eine Antwort zu geben. Er wand sich trotzdem dazu durch, wenn er sich auch etwas knapp fasste: »Kurz.«
Der Geist lachte und hustete Tabakrauch. »Das war vorhersehbar, schliesslich war das Vieh sowieso schon am Ende. Ich meine schon bevor-«
»Hör auf, es reicht!« Er verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte, in seinem Sitz zu versinken.
»Hast du etwa ein schlechtes Gewissen?«
Theodor zögerte. Er horchte in sich, fand aber nur Ekel, Angst und Verwirrung in sich. Ein schlechtes Gewissen hatte er nicht. So etwas hatte er selten. Das war etwas, was er in sehr jungen Jahren von Jared eingetrichtert bekommen hatte: Bereue nichts! Darum schüttelte er den Kopf. »Nein.«
Cole nickte. »Das ist gut, Bruder.« Nachdenklich stiess er Rauch aus der Nase. »Behalte das bei. Ein schlechtes Gewissen kann dein schlimmster Feind sein...«
Theodor musterte ihn. »War es dein Feind?«
Der Geist zupfte unruhig seinen Kragen zurecht. »Mein schlechtes Gewissen war mein Verhängnis. Es hat mich ins Grab gebracht.« Seine Züge wurden hart. »Heute bereue ich nur mein Gewissen. Ich habe keine Skrupel mehr.«
Ihm lief ein Schauer über den Rücken. Er dachte an die Nacht vor zwei Tagen zurück. Wie Cole ihn angetrieben hatte. Los, Theodor. Töte ihn! »Ich... brauche mir darüber keine Gedanken mehr machen. Ich... ich bin geheilt!«
Der Geist zog scharf Luft ein. »Tut mir leid, kleiner Bruder, aber diese Hoffnung muss ich dir leider nehmen.« Er machte ein betrübtes Gesicht. »Du hast einen Menschen umgebracht und ihm sein Leben geraubt. Das wird dich eine Weile bei Kräften halten, aber in einigen Tagen, wirst du erneut töten müssen, um stabil zu bleiben und einer erneuten Begegnung mit unserem liebenswerten Vater zu vermeiden. Er ist zu schwach, er kann sich nur die holen, die nah genug an der Schwelle zum Tod stehen.«
Theodor vergrub das Gesicht in den Händen. Das durfte doch alles nicht wahr sein...
»Hey, du schaffst das schon. Schliesslich hast du ja deinen persönlichen Energiespender bei dir...«
Er kniff die Augen zusammen. »Meinst du etwa Bonnie?!«
»Natürlich! Sie ist ein Gottesgeschenk!«
»Das ist keine Option mehr«, knurrte er. »Ich habe es versprochen.«
Sein Bruder seufzte tief. »Das war dumm.«
»Was ist eigentlich los mit dir?«, zischte Theodor so leise, sodass seine traurige Freundin es nicht mitbekam. »Bonnie ist mir solche Gefallen nicht schuldig. Bis vor ein paar Tagen kannte sie mich noch nicht einmal.«
»Wenn du leben willst, musst du dir nehmen, was du kannst und du darfst kein schlechtes Gewissen dabei haben! Ich weiss, das klingt furchtbar, aber glaube mir, es ist die einzige Möglichkeit.«
»Nicht Bonnie. Das tue ich nicht mehr.«
Cole schnaubte. »Im Moment geht es dir gut. Lass dir das lieber noch einmal durch den Kopf gehen. Sie ist vielleicht deine einzige Chance, zu überleben. Deine Bonnie ist eine nie endende Quelle des Lebens.« Kopfschüttelnd zog er an seiner Pfeife. »Wenn du weiterhin so stur sein willst, dann schön. Aber wenn du leben willst, musst du den einen Preis dafür zahlen...«
»Tut mir leid, dass ich kein skrupelloser Bastard wie du sein will!«
Eine Weile schwieg der Geist, rauchte nachdenklich seine Pfeife und liess Rauchringe durch die Decke steigen. »Das hat dir nicht gefallen«, stellte er irgendwann fest und kurbelte das Fenster runter, um seine Pfeife, die er scheinbar zu ende geraucht hatte, auszuleeren. »Ich verstehe das, es mag befremdlich und abstossend wirken.« Er klopfte den Tabak aus und bliess einmal kräftig durch, um die Restpartikel zu entfernen. Er lehnte sich wieder zurück, kurbelte das Fenster wieder hoch und drehte das Mundstück der Pfeife ab. »Ich habe jedoch feststellen müssen, dass dein Gewissen nach deinem Tod nichts wert ist. Da ist kein jüngstes Gericht, kein Gott, der dein Herz auf eine Waagschale legt. Da ist nur der Tod, das Nichts und falls du entscheidest, dich dessem zu entziehen, dann wirst du die Ewigkeit alleine verbringen und der Welt zusehen müssen, wie sie weitermacht, ohne dich.« Er zupfte einen Pfeifenputzer aus seiner Brusttasche. »Niemand interessiert sich für dein Gewissen, du bist alleine. Gnade wird bestraft, Reue ist wertlos, der Tod nimmt und nimmt und nimmt und es interessiert ihn nicht, ob du Sünder oder Heiliger bist.« Er stopfte ein Reinigungstuch in die Pfeifenkammer. »Es ist deine Entscheidung, ob du leben willst. Klar, du könntest dich entscheiden, dein Leben für das anderer zu Opfern. Du könntest dem Pfad der Moral folgen, könntest dich weigern, zu töten. Du könntest das tun, was ich getan habe.« Auch die Kammer wurde mit einem Pfeifenputzer gesäubert. »Aber was bringt das? Sieh mich an und sieh dich an. Ich bin tot und du...« Er schüttelte den Kopf und lachte grimmig. »Du wirst es auch sein, wenn du dich weiter vor toten Vögeln fürchtest.« Er stopfte die Pfeifenputzer zurück in seine Brusttasche, spuckte auf das Tuch und fuhr die Kante der Kammer ab. »Jedes Mal, wenn einer von uns stirbt, wird unser Vater stärker. Und jedes Mal setzt er ein neues, bernsteinäugiges Kind in die Welt. Vielleicht ist es an der Zeit, dass einer von uns seine Skrupel verliert, bevor er seinen letzten Atemzug getan hat.« Cole Baskin verstaute seine Pfeife in der Innentasche seines Tweet-Sakkos. Seine Bernsteinaugen richteten sich auf ihn, seine Züge wurden weicher und er legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Es ist nicht gerecht, ich weiss. Aber darum bin ich hier. Ich kann dir helfen.«
Theodor schluckte. Er drehte den Kopf und blickte aus dem Fenster, wo das Licht der Fernseher des Electronics Centers über das zerrupfte Gefieder tanzte wie ein schauriges Lichtspiel. Als er sich nach seinem Bruder umsah, war dieser verschwunden und Theodor war wieder allein mit seinen Gedanken...


~Bonnie~

Shub half ihr, die Schriftrollen zu tragen. Es waren ziemlich viele und Bonnie hätte sicherlich zweimal laufen müssen, um alle aus der Bank zu schaffen, doch da sie so wenig Zeit wie möglich in dem engen Raum verbringen zu müssen. Sie war nassgeschwitzt, als Hornbrillen-Harley ihnen die Tür zum Schliessfachraum öffnete.
»Alles in Ordnung, Miss?«, fragte er irritiert und musterte sie, wie sie, etwas blass um die Nase, nassgeschwitzt und ein Dutzend Schriftrollen an die Brust gepresst, durch den Türrahmen stolperte.
»Sch-schon gut«, murmelte sie nur. »W-wir gehen dann...«
Der Bankangestellte begleitete sie zurück zum Eingangsbereich. »Ihre Schliessfach-Miete läuft übrigens in fünf Wochen aus. Sie sollten die nächste Rechnung begleichen, ansonsten wird Ihr Fach geräumt und-«
»Ist gut, ich werde mich darum kümmern.« Mit einem hastigen »Schönen Tag noch«, eilte sie aus der Bank ins Freie. Die morgendliche Frühlingsluft schlang sie in eine kühle Umarmung und kühlte ihren Angstschweiss. Es roch nach Regen und... Tod?
»Du hast Klaustrophobie, nicht wahr? Ich hatte mal einen Cousin, der hatte das auch. Für einen Faun ist das nicht so schlimm, aber er war verheiratet mit einer Dryade und die hauste in einer Birke. Die Ehe stand unter keinem guten Stern, das sage ich dir. Ich weiss leider nicht, wie es den beiden heute geht, ich habe seit fünfzig Jahren nichts mehr von ihnen gehört.«
Bonnie antwortete ihm nicht. Die Spur des Todes war noch ganz frisch...
»Du solltest es mal mit einer Therapie versuchen«, plapperte der Faun weiter drauf los, doch Bonnie beachtete ihn gar nicht mehr. Langsam ging sie auf einen undefinierbaren Haufen auf dem Bürgersteig die Strasse runter zu, der in ihrem dritten Auge wie ein schwarzes Loch in einem Sternenhimmel wirkte. Irgendwas war da geradeeben gestorben...
»Ist was?«, fragte Gigas und kletterte aus ihrem Kragen.
Sie deutete auf das tote Wesen vor ihnen und der Kolibri brauchte keine weitere Erklärung. Sie kniete sich nieder und strich der Taube über das zerrupfte Gefieder. Ihr Kopf war verdreht, die Knopfaugen leer.
Neben ihr sprang eine Autotür auf. »Ich habe sie von ihrem Leiden erlöst, sie war krank.«
Bonnie nickte. Dass sie krank gewesen war, wusste sie bereits. Sie spürte es, es war wie ein fahler Geschmack auf der Zunge... »Warum hast du nicht gewartet, bis ich zurückgekommen bin? Ich habe dich von deiner Schusswunde heilen können, den Vogel hätte ich mit Sicherheit auch retten können.«
Theodor runzelte die Stirn. »Es ist nur ein Vogel. Ausserdem wäre das Vieh bis dahin doch sowieso schon längst wieder abgehauen.«
Bonnie richtete sich auf. »Und doch liegt es nicht an dir, zu entscheiden, wer leben darf und wer stirbt.«
Theodor antwortete nicht. Er starrte nur gedankenverloren den Kadaver an.
Bonnie seufzte und gab sich einen Ruck. Es gab jetzt tatsächlich wichtigeres zu besprechen, als um sich um einen toten Vogel zu streiten. »Theodor, ich habe Beweise!«
Er sah auf. »Für was?«
»Dass wir in was Grösserem drinstecken!« Sie drückte sich an ihm vorbei und warf ihre Schriftrollen auf den Beifahrersitz, bis auf die aus Papier. Hastig rollte sie sie auseinander und tippte auf ihren und seinen Namen. »Das da, das sind unsere Namen! Auf Māṁ Advanis Aufzeichnungen!«
Theodor beugte sich stirnrunzelnd über die Tabelle und lächelte entschuldigend. »Ich... kann das nicht lesen, Bonnie. Für mich sieht das nur aus wie Gekritzel...«
»Soll das heissen, du glaubst mir nicht?« Empört liess sie die Schriftrolle zusammenrollen und haute sie ihm auf den Kopf. »Ist das dein Ernst?!«
Er hob die Hände und wich einem erneuten Hieb aus. »D-das habe ich nicht gesagt, aber... Ich kann es halt nicht lesen und vielleicht täuschst du dich auch! Hindi zu sprechen und das da«, er deutete auf die Schriftrollen im Wagen, »lesen zu können ist bestimmt nicht dasselbe!«
»Ich täusche mich nicht! Th-iy-o-dor Kai-si-yas Sta-ark, so wird dein blöder Name auf Hindi geschrieben! Und jetzt hör auf, rumzuzicken und glaub mir gefälligst, du undankbares Kamel!«
Theodor macht grosse Augen. »Kaisiyas? Wie... Cassius? Das... ist mein zweiter Name. Den habe ich dir nie genannt...«
Sie verdrehte die Augen. »Habe ich doch gesagt! Es steht hier!«
Er seufzte und trabte zu ihr zurück. »Also gut, unsere Namen stehen da drauf. Und was bedeutet das jetzt?«
Sie zuckte die Schultern. »Keine Ahnung, ich weiss nicht, warum diese Liste geführt wurde. Aber schau, der Name über meinem ist der meiner Mutter. Und daneben steht ihr Geburtsdatum, genau wie auch bei dir und mir.«
Theodors Stirnfalten vertieften sich. Er begann auf seiner Lippe zu kauen. »Steht da irgendwo auf der Liste der Name Cole Baskin? Geburtsjahr vermutlich irgendwann gegen Ende des 19. Jahrhunderts...«
Bonnie überflog die Namen über Theodors Spalte. »Da! 1872 – Cole Baskin.« Sie sah zu ihm auf. »Wer ist das?«
»Einer der Geister, der mir immer wieder begegnet. Er... ist mein Halbbruder...«
»Wenn ihr mich fragt«, meinte Shub, der ihnen, lässig an den Ford gelehnt, zugehört hatte, »dann ist das irgendein krasser Illuminati-Shit. Vielleicht hat die Indische Mafia was damit zu tun! Oder«, seine Augen weiteten sich, »die Queen steckt mit drin und-«
»Lass die Fantasie nicht so mit dir durchgehen, Shub«, mahnte Gigas und nahm auf einem seiner Hörner Platz. »Ich hätte da aber tatsächlich einen Vorschlag zu machen...«
Bonnie nickte. »Schiess los.«
»Wir haben in Bonnies Vergangenheit geforscht und die Spur hat uns hierhergeführt, doch da Srijan und seine Mutter nicht mehr da sind, um uns mehr Informationen zu geben, wäre die einzige übrige Informationsquelle dein Onkel Gantrovo, der-«
»Vergiss es!«, fiel sie ihm augenblicklich ins Wort. Schon bei dem Gedanken an Gantrovos fettes Gesicht wurde ihr übel. »Da gehe ich niemals wieder hin!«
»Es liegt mir fern, dich dazu zu animieren, lass mich aussprechen«, fiepte der Vogel und bauschte pikiert sein Gefieder. »Ich wollte damit nur sagen, dass uns diese Spur wohl nicht viel weiterführen wird. Darum schlage ich vor, wir graben etwas in Theodors Vergangenheit...«
»Hey, das ist gut!« Sie wandte sich dem Lockenkopf zu. »Was meinst du?«
Theodors Blick flackerte. »Ich... weiss nicht...«
»Du hast mir doch mal was von diesem Jared erzählt. Der hat dich doch adoptiert, oder?«
Er nickte und machte ein düsteres Gesicht. »Mein gieriger Manager...«
»Glaubst du, der könnte mehr wissen? Selbst wenn es nur die Agentur ist, die dich ihm vermittelt hat. Dann haben wir wenigstens einen Anhaltspunkt!«
Theodor zuckte mit den Schultern. »Soweit ich weiss hat er mich von einem Internat oder so. Ich kann mich nicht sehr gut erinnern, ich war damals vielleicht sechs oder so. Ich kann mich nur daran erinnern, dass es ein Internat war und ich im Knabenchor gesungen hatte und... dass man dort Englisch gesprochen hat.«
»Britisch oder Amerikanisch?«
Er zuckte die Schultern. »Ich kann mich nicht erinnern.«
Sie runzelte die Stirn. »Hast du diesen Jared denn nie gefragt, woher du kamst?«
Er zuckte erneut mit den Schultern. »Es... war nicht wichtig... Mein Leben ist, seit ich Jared kennengelernt habe, immer so schnell gewesen... Wenn man immer nur im Jetzt lebt, denkt man selten an die Vergangenheit, schätze ich...«
Bonnie seufzte. Wie konnte man gleichzeitig so auf sich selbst fixiert und desinteressiert an der eigenen Herkunft sein? »Könntest du dir vorstellen, diesen Jared aufzusuchen, um ihm ein paar Informationen zu entlocken?«
»Pff!« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Du weigerst dich, deinen Onkel wiederzusehen, aber ich soll mich mit Jared treffen?«
»Hey, dein Vormund hat dich wenigstens nicht, seit du elf bist, in einen Wohnwagen gesperrt und dich nur rausgelassen, damit du für seinen Zirkus trainierst in seiner Show mitwirkst.« Sie stockte einen Moment, dann fügte sie hinzu: »Ich habe Angst vor ihm, Theodor.« Es war schwer, das zuzugeben. Sie hatte das noch nie jemandem erzählt, aber sie hatte ja auch noch nie wirklich jemanden gehabt, mit dem sie über so etwas hätte reden können...
Nun war er es, der einen tiefen Seufzer ausstiess. »Das wird nicht einfach. Wenn die mich zu fassen kriegen, dann lassen die mich nicht mehr gehen. Ich bin Jareds Goldesel. Ausserdem weiss ich nicht einmal, wo er gerade steckt!«
»Doch, können wir!«, widersprach ihm da auf einmal Shub und löste sich von dem Ford. Der Faun deutete auf das Schaufenster des Electronics Centers. Jared Seller, manager, former producer and adoptive father of runaway star Theodor Stark exclusive BBC interview – heart diseased boy still missing, verkündete eine Laufschrift unter einem Foto des besagten Runaways. Eine Kamera schwenkte von einer Nachrichtensprecherin auf ein unter Blitzgewitter stehendem Podium. Ein Mann trat ans Mikrofon, durchtrainiert, gross, blauäugig, blond.
»Jared«, zischte Theodor, der sich die Nase an dem Fenster plattdrückte. »Der charismatischste Mensch, den ich jemals kennengelernt habe.«
»Er... sieht besorgt aus«, meinte Bonnie, als näher auf das Gesicht des Mannes gezoomt wurde.
»Kaufe ich ihm nicht ab.« Sie sah ihn schlucken. »Ich habe ihn schon oft verhandeln sehen. Jared Seller ist ein verdammt guter Schauspieler...«
Bonnie liess den Blick über den Bildschirm gleiten, konzentrierte sich mehr auf den Hintergrund, der leicht aus dem Fokus war. Schwarzer Marmorboden, Möbel aus dunklem Holz, rot tapezierte Wände, bauchige, goldene Blumentöpfe mit Ziergewächsen bepflanzt, alles edel und totschick. »Wo war das?«, fragte sie, als eine Blende das Bild wegewischt und durch eine Aufnahme von Theodor, wie er über irgendeinen roten Teppich stolzierte, Arm in Arm mit zwei Frauen, die aussahen, als hätten sie ihre Gesichter einmal quer über ihre Make-Up-Taschen gewälzt, ersetzt wurde.
»Hotel Four Seasons«, brummte er stumpf. »Park Lane... Jareds liebste Residenz in London...«


~Theodor~

Sie hielten im Parkverbot neben den Treppen zur Underground Station Knightbridge. Er sprang aus dem Wagen, öffnete den Kofferraum und zerrte den Perserteppich heraus.
»Aber ich kann doch gar nicht Autofahren!«, jammerte Shub zum tausendsten Mal, während Bonnie ihm die Autoschlüssel in die Finger drückte.
»Du musst auch nicht lange fahren«, erklärte ihm Bonnie zum tausendundersten Mal. »Du musst nur hierbleiben und auf unsere Schriftrollen aufpassen. Nur wenn dir jemand wegen dem Parkverbot auf die Pelle rückt, dann must du abhauen.«
»Aber ich weiss doch gar nicht, wie man fährt! Ich bin ein Naturgeist! Ich sollte diese Höllendinger meiden wie Pestizide!«
»Ich habe es dir doch gezeigt, Shub.« Er liess den Kofferraum des Ford Consuls zuschnappen. »Lenkrad, Kupplung, Gas, Bremse. Links die Gangschaltung. Blinker am Lenkrad. Du schaffst das schon!«
»Ausserdem bleibt Gigas ja bei dir. Der wird dir mit Sicherheit sagen, falls du was falsch machst.«
Der Kolibri nickte heftig, flatterte von Bonnies Schulter und setzte sich auf eines der Hörner des Fauns.
»Können wir nicht wo anders parken?« Shub wollte einfach nicht aufhören zu jammern.
Bonnie seufzte entnervt. »Können wir nicht. Keine Parkplätze und wir brauchen Sichtschutz.« Sie deutete auf ein paar Bäume, die neben einer Bushaltestelle standen. Obwohl die meisten der Äste bisher nur Knospen und noch keine Blätter trugen, würden genug Schutz bieten, um unbemerkt auf einem fliegenden Perserteppich in luftige Höhen zu steigen...
Shub motzte noch immer, als sie den Teppich bereits in Richtung der Bäume schleppten und ihn allein mit dem Ford zurückliessen. Theodor konnte nur hoffen, dass alles gut gehen würde.
»Schlechter Witz gefällig?« Bonnie grinste ihn an, während sie den Teppich zu Boden fallen liessen.
Er begann ihn auszurollen. »Bewahre, tu's nicht!«
Ihr Grinsen wurde noch breiter. »Geisterfahrer!«
Er lachte leise. »Du hast's getan.«
»Ich hab's getan!«
»Schrecklich!«
»Ich weiss...« Sie kniete sich neben ihn und zupfte an den Fransen des Teppichs und als würde ihn das aus einem tiefen Schlaf erwecken, begann er zu wallen und sich langsam in die Luft zu erheben.
Sie stiegen auf den Perser, Bonnie grub die Finger in die Fransen und ihr fliegender Untersatz stieg auf.
Am Tag auf einem Teppich über die Hauptstadt des vereinigten Königreichs zu fliegen, war etwas vollkommen anderes, als wenn man es bei Nacht tat. Zu später Stunde hatte man den Vorteil der Dunkelheit, doch jetzt würde sie jeder sehen können... Sie konnten nur hoffen, dass die dunklen Wolken am Himmel die Leute davon abhalten würden, ihren Blick gen Himmel zu richten.
Die späte Morgenluft war frisch, doch dank des Mantels, den Shub ihm geklaut hatte, war das nicht weiter schlimm.
»Welches Stockwerk?«, fragte Bonnie, als die weisse Fassade des Hotels immer näherkam.
»Der achte. The Blue. Riesige Suite, Marmorbadezimmer und der ganze Scheiss, Blick auf den Hyde Park.«
Sie lenkte den Teppich aus Richtung Hyde Park, senkte den Flug bis zur achten Etage und blieb vor dem schmalen Balkon eines grossen Fensters schweben. »Hier?«
Theodor schluckte und nickte. Er schwang sich nach Bonnie über das Geländer. Der Teppich legte sich darüber, als hätte man ihn zum Auslüften rausgehängt.
Er schirmte die Scheibe mit der Hand, um besser in den Raum dahinter spähen zu können. »Scheint niemand da zu sein...« Er holte tief Luft, liess seine rechte Hand im Ärmel verschwinden und ballte die Faust um den Bund.
»Warte, warte, warte!« Bonnie zog ihre Sweatshirtjacke aus. »Wickel die drum. Und ball die Faust nicht um den Daumen, sonst brichst du ihn dir.«
Er runzelte die Stirn. »Woher weisst du das?«
Sie zuckte mit den Schultern, als wäre es nichts Sonderbares zu wissen. Sie hätte antworten können, sie hätte es aus dem Fernsehen oder irgendwo gelesen, doch stattdessen sagte sie nur: »Ich bin schon ein paarmal von zu Hause abgehauen.« Sie hob beide Hände und zeigte ihm ihre Daumen. Der linke bog sich mehr...
Er nickte. »Okay.« Er blickte auf die Jacke in seinen Händen und begann sie langsam um seine Faust zu wickeln.
»Ach komm, ich mach das!«
»Ach was, es war mein Plan, ich-«
Ehe er es sich versah, hatte sie ihm die Jacke vom Arm gerissen und schlang sie sich selbst um die Hand. Schon holte sie aus und schmetterte die Faust gegen das Glas. Nach zwei festen Schlägen brach die Scheibe und Bonnie entfernte gewissenhaft das übrige Glas des Rahmens. »Komm!« Sie stieg in die Suite ein und winkte ihn hinterher.
Theodor schluckte. Er musste aufhören, sich was einzubilden. Bonnie war tausendmal taffer als er...
The Blue war protzig. Die riesige Suite war ausgestattet mit Minibar, Plasmafernseher samt Playstation, Marmorbadezimmer und mehr. Alles, der Teppichboden, die Kissen, die Deko-Blumen waren in Blau gehalten, was der Suite ihren Namen gab.
Als Theodor jünger gewesen war, hatte er sich The Blue mit Jared geteilt. Später, als seine Kariere ins Rollen gekommen war und er des Öfteren nach Konzerten Frauen mitgebracht hatte, hatte er seine eigenen Suites bekommen. Jedoch nie The Blue, die hatte ihm sein Manager nie überlassen...
»Krass«, zischte Bonnie, die sich staunend um die eigene Achse drehte. »Deinen goldenen Käfig hätte ich gern mit meinem Wohnwagen getauscht...« Mit einem frechen Grinsen sprang sie aufs Bett und begann es als Trampolin zu missbrauchen.
»Hey! Du hast die Schuhe noch an!«
Sie stöhnte und verdrehte die Augen. »Zieh den Stock aus dem Arsch, Theodor. Wen interessierts?« Lachend liess sie sich fallen. »Boah, wie weich das ist!«
»Satin.« Er strich über den goldenen Bezug der Bettdecke, der Duft des Lavendel-Weichspülers stieg ihm in die Nase und für einen Moment wurde er schwach, als er an Shubs Taubenschlag denken musste, wo sie die letzten Nächte geschlafen hatten. Wie anders sein Leben vor nicht einmal einem Monat noch gewesen war...
»Wann wird dieser Jared denn hier auftauchen?« Sie rollte sich zur Seite und begann im Nachttisch zu wühlen. Sie zog eine in Gold gefasste Rolex heraus und zog sie kurzerhand über ihr Handgelenk. Theodor wusste, dass dies eine von Jareds Lieblingsuhr war und lachte sich ins Fäustchen. Selbst schuld, wenn er sie nicht in seinem Tresor verstaute...
»Keine Ahnung. Jetzt ist bald Mittag. Er isst normalerweise immer in seinem Hotelzimmer, er wird also vermutlich in etwa ein, zwei Stunden oder so hier aufkreuzen.«
»Klasse! Dann nutzen wir das doch gleich mal aus. Wir haben beide eine Dusche nötig.« Sie schwang sich über die Bettkante. »Was für ein Glück, dass dieser Palast mehrere Badezimmer hat...«

»Theodor! Theodor! Wach auf!«
Er brauchte etwas, um aus dem tiefen Schlaf zu tauchen, in den er versunken war wie in einem See aus Pech.
»Was ist?«, brummte er schlaftrunken und rieb sich über die Augen.
Es polterte. Stimmen.
Theodor schreckte hoch. Bonnie nickte angespannt. Jared!
Sein Blick huschte auf den Wecker auf dem Nachttisch. Die Digitaluhr schaltete eben auf 11:48. Scheisse! Sie hatten doch nur etwas rumgammeln wollen, während sie auf Jared warteten. Die warme Dusche und die weiche Matratze mussten sie eingelullt haben...
»Schnell! Unters Bett!« Theodor schubste Bonnie von der Matratze.
»Komm schon!«, zischte er, als die junge Frau stehen blieb und irgendwas an dem Bett herumzufingern begann.
»Warte! Ich muss die Decke richten, sonst sieht der doch sofort, dass jemand hier war!«
Im letzten Moment warf sie sich zu Boden und rollte sich neben ihm ins sichere Versteck, denn schon schwang die Schlafzimmertür auf und ein schwarzes Paar Budapester machten sich auf den Weg Richtung Bett.
Theodor schob sich so leise wie möglich noch etwas weiter unter das Bett, bis er mit den Füssen an die Wand stiess.
Jared lief am Bett vorbei und stellte sich vor die Wand neben dem Fenster. Es scharrte und er lehnte eines der Bilder – eine Weltraumfotografie der Erdkugel – an die Wand. Es piepste achtmal, dann klickte es.
Bonnie stupste ihn mit dem Ellbogen an. Überdeutlich bewegte sie die Lippen. T-R-E-S-O-R.
Er zuckte mit den Schultern. Vielleicht...
Das Bild wurde zurück an seinen Platz gehängt, dann bog sich der Rost, als Jared sich auf das Bett fallen liess. Dass eben noch jemand in seinem Bettchen geschlafen hatte, war seinem Manager wohl nicht aufgefallen...
»Und jetzt?«, wisperte Bonnie, die wie er versuchte, ihren Atem flach zu halten.
»Keine Ahnung...« In seiner Vorstellung hatten sie Jared von hinten überrascht und mit ein paar Schlägen ausser Gefecht gebracht, vielleicht mit einem Vorhang an einen Stuhl gefesselt oder so was, aber das Überraschungsmoment hatten sie wohl verpennt. Jared einfach so anzufallen, würde nicht klappen, denn wenn der der hochgewachsene Manager und einstiger Producer nicht gerade managte oder produzierte, verbrachte er die meiste Zeit im Fitnesscenter. Und auch wenn es Theodor gesundheitlich gerade gut ging, würde er es mit niemals mit ihm aufnehmen können...
Sein Adoptivvater über ihnen seufzte tief. Er hörte, wie Jared auf seinem iPhone rumzutippen begann. – Vermutlich irgendein herzzerreissender Tweet über den Verlust seines geliebten Adoptivsohns. Wenn der wüsste, dass ebendieser gerade unter seinem Bett lag und darüber nachgrübelte, wie er ihn am besten überwältigen konnte...
Ein Klopfen an der Türe der Suite liess die ohnehin dumme Idee, einfach unter dem Bett hervorzukriechen und sich wie ein Wrestler auf ihn drauf zu schmeissen, verpuffen, denn Jared erhob sich mit einem Ächzen und trabte zur Tür.
Bonnie machte Anstalten, unter dem Bett vor zu kriechen, doch Theodor hielt sie auf. Sie blieben liegen und lauschten dem Zimmerservice, der mit seinem Rolltischchen in die Suite gefahren kam und im Esszimmer auftischte.
»Heute gibt es schottischen Hummer mit weissem Spargel in Yuzu-Gel. Bon appetite, Mr Seller!«
Sie hörten, wie Jared sich bedankte und die Service-Dame aus der Suite führte, dann erklang das Klirren von Besteck.
»Okay«, brummte Theodor und nickte Bonnie als Zeichen, sie könne ihr Versteck jetzt verlassen, zu. Er folgte ihr und schlich sich mit rauschenden Ohren und rasendem Herzen an die nur angelehnte Tür zum Esszimmer zu.
Jared sass allein in dem grossen Hotelzimmer an einem runden Glastisch einem kleinen Bonsai gegenüber. Das Knacken des Hummerpanzers übertönte beinahe die Stimme der Nachrichtensprecherin, die aus der Stereoanlage des Fernsehers irgendwo links plapperte.
Theodor schnappte sich die Vase vom nächsten Ziertisch, rupfte die Hortensien heraus und streckte schon die Hand nach der Türe aus, da hielt Bonnie ihn zurück. »Willst du ihm mit dem Ding den Schädel einschlagen? Komm, lass mich das machen...« Sie wand ihm die Vase aus der Hand und stellte sie wieder an ihren Platz. Ehe Theodor sie aufhalten konnte, hatte sie sich flink durch die Tür geschoben. Er konnte nur noch aus der Entfernung beobachten, wie sie sich auf leisen Sohlen an Jared heranpirschte, näher und näher, bis sie knapp einen Meter von ihm entfernt stehen bliebt und die Arme vor sich ausstreckte, als wäre sie irgendeine Strassenmagierin, die dem Manager eine Münze aus dem Ohr zaubern wollte.
Erst einmal passierte gar nichts. Die Hummerschale knackte, die Fersehreporterin plapperte, Jared schmatzte und Bonnie schien zur Salzsäule erstarrt, bis auf einmal der Bonsai zu wachsen begann... Die Äste rankten sich in de Höhe, die Wurzeln sprengten den Topf und quollen über den Tisch.
Jared liess das Besteck fallen fiel seitlich vom Stuhl, da packte ihn eine der Wurzeln am Knöchel und rankte sich sein Bein hoch. Es krachte und der Glastisch brach unter dem Gewicht des Bonsais, der kaum mehr als solch einer bezeichnet werden konnte, so rasend schnell war er gewachsen, dass er bereits bis an die Decke reichte. Der Manager schrie und trat um sich, doch das beeindruckte den Baum nicht, der bereits eine dicke Wurzel um seinen Unterleib geschlungen hatte.
»Hilfe! D-der Baum!«, brüllte Jared, der erst jetzt Bonnie zu bemerken schien, die noch immer am selben Fleck stand und den Baum hatte wachsen lassen. »Hilf mir! Hey!« Er bekam sie am Hosenbein zu fassen und riss daran, sodass Bonnie das Gleichgewicht verlor und auf dem Teppichboden aufschlug.
»Oi!«, rief Theodor und hatte Jared, ehe er es sich versah, die Hand weggetreten. »Bist du okay?«, fragte er seine am Boden liegende Freundin, die sich benommen aufhelfen lief.
»T-Theodor?!« Jared, der wie ein Fisch auf dem Trockenen dalag, bis zur Brust von der dicken Wurzel umwickelt, streckte die unverletzte Hand nach ihm aus, während er die, die er ihm eben weggetreten hatte, mit schmerzverzerrter Miene unter die Achsel presste. »Mein Goldjunge, mein Lucky Strike, da bist du wieder!«
»Ja. Hey«, gab er nur knapp zurück und musste sich zügeln, ihm nicht noch einmal zu treten. Goldjunge... Pha!
»Das war heftig...«, brummte Bonnie, die bewundernd ihren Baum musterte. »Wie wunderschön er geworden ist...«
»Ist das nicht dieses Mädchen mit dem Vogel? Die, die dich unter Drogen gesetzt hat und-«
Theodor verdrehte die Augen und liess sich zu seinem Adoptivvater auf die Knie sinken. »Sie hat gar nichts getan. Mir geht es übrigens gut, danke der Nachfrage.«
Jareds Blick huschte über seinen Körper, als würde er ihn eines schnellen Checkups unterziehen, dann hellte sich sein Gesicht auf einmal auf und er rief: »Tatsächlich, das ist aber... schön...« Einen Moment hielt er inne, dann fragte er hastig: »Weiss die Presse das schon?«
»Das ist das einzige, was dich interessiert?«
»Ach mein Lucky Strike...« Versöhnlich streckte er die Hände nach ihm aus, doch Theodor wich zurück. Unbeirrt begann Jared auf ihn einzureden: »Die dürfen das nicht wissen. Noch nicht. Würde es dir etwas ausmachen, einfach weiterhin so zu tun, als lägest du im Sterben?«
»Wie bitte?«
»Schau, schau mein Sohn...« Er presste die Hand unter der Wurzel um seine Taille hindurch und bekam es irgendwie hin, sein Handy aus der Hosentasche zu manövrieren. »Seit deinem letzten Infarkt haben sich die CD-Verkäufe verdreifacht, Spotify hat drei deiner Songs auf den Top-Charts platziert. Ausserdem geht das neue Merch weg wie blöd! Die Druckereien kommen gar nicht mehr nach mit den T-Shirts und den-«
Theodor riss ihm das Handy aus der Hand und swipte durch die Fotogallerie. Da waren T-Shirts, Hoodies, Jacken, Schals, Kugelschreiber, Handyhüllen, ja sogar Figuren mit seinem Wackelkopf drauf, alles in schwarz und überall fand er Logos, die einen traurig dreinblickenden Geist darstellten. Grosse, weisse Buchstaben druckten wohl die aktuellsten Punchlines der Fangemeinde ab.
»Was soll das? ›Where is my pulse?‹, ›Am I a ghost?‹ Was ist denn das für ein Müll?«
»Das ist die neue Merch-Collection! Deine Fans reissen sich nur so drum! Wir haben da mit dem Marketing nachgeholfen und behauptet, du hättest das Zeug gebrabbelt, während du unter dem Einfluss der Drogen gestanden wärst. Die Leute lieben es!«
»Ich finde das hier gut: ›Hole to another word...‹« Bonnie, die ihm über die Schulter auf das iPhone spähte, tippte eines der Shirts an, von dessen Schriftzug auf einen wie von einem Kleinkind weiss gekribbelten Kreis zeigte.
»Ich wusste ja, dass du meine Verfassung zu nutzen wissen würdest, aber dass du so weit gehen würdest...« Angewidert warf er Jared das Handy hin.
»Da können wir später noch drüber streiten, mein Junge. Könntest du mir jetzt vielleicht mit diesem... was auch immer das war, helfen?« Er deutete auf den Nicht-mehr-Bonsai. »Was auch immer das für eine Monstrosität von Gewächs war, ich werde das Hotel auf jeden Fall verklagen!« Er schnappte sich sein iPhone und knipste noch kurz ein paar Bilder von dem Baum, machte drei Selfies – vermutlich für Theodors offiziellen Instagram-Account – und widmete sich dann wieder seinem Adoptivsohn. Da dieser jedoch keine Anstalten machte, seiner Bitte zu folgen, wandte er sich stattdessen an Bonnie: »Und du, meine Hübsche? Tut mir leid, dass ich dich verdächtigt hatte, du hättest meinem Goldjungen-«
»Hör auf, mich so zu nennen! Ich kann es nicht mehr hören! Ich bin ein Mensch, Jared, nicht deine persönliche Gelddruckmaschine! Ich habe genug! Das hört jetzt sofort auf. Alles! Ich steige aus, ich ziehe mich aus der Öffentlichkeit zurück. Ich haue ab. Das ist mein letztes Wort!«
Jared klappte den Mund auf und wieder zu, was wohl zum ersten Mal seit ihrem Wiedersehen ein ehrlicher Gesichtsausdruck zu sein schien. Doch dann fing er sich wieder, seine Miene wurde ernst, ungekünstelt ernst und er sagte in monotoner Schicksalsergebenheit: »Ich wusste, der Tag würde kommen...«


~Bonnie~

Sie hatten geglaubt, Jared Seller zur Wahrheit zwingen zu müssen. Sie hatten geglaubt, ihm drohen zu müssen, damit er ihnen sagte, was sie wissen wollten, wissen mussten, doch Jared Seller gab die Wahrheit mit der gleichen Leichtigkeit preis, wie er atmete.
»Es ist fünfzehn Jahre her. Fünfzehn Jahre... Ich glaube, er hatte mich sogar gewarnt. In fünfzehn Jahren wird es enden...« Er machte eine Kunstpause, während Bonnie ihm half, sich von den Wurzeln zu befreien. Sie musste die Ranken nur berühren und sie liessen von ihm ab.
»Wer ist er?«, fragte Theodor, der es sichtlich nicht abwarten konnte. »Von wem sprichst du?«
Jared zuckte mit den Schultern. »Ich kenne seinen Namen nicht, er hat ihn mir nie genannt.« Er stand auf, während er sich den zerknitterten Anzug glatt zu streichen versuchte. »Ich war damals ein junger Musikproduzent mit mässigem Erfolg und beängstigenden Studiendarlehen im Nacken und stand zudem am Beginn eines Spielsuchtproblems. Ich muss zugeben, ich war ziemlich verzweifelt. Als ich mich also eines frustrierten Abends in mein Stammcasino begab, um mir eine erfolglose Woche noch erfolgloser zu pokern und dann begegnete ich diesem Mann... Der Abend war tatsächlich äusserst gut gelaufen. Ich hatte eine Glückssträhne und die hatte mich leichtsinnig gemacht. Ich stand also an meinem liebsten Roulettetisch und versuchte mich von der unglaublich dummen Idee abzubringen, all in zu gehen, da sprach er mich an, der Fremde. Er fragte mich, was ich vorhatte zu tun und forderte mich auf, das Risiko zu wählen. En Plein, all in, all meine übrigen Jetons auf die Sieben. Und ich tat es, ich setzte. Der Fremde verschwand, bevor der Croupier Rien ne va plus sagen konnte. Und ich gewann.
Nicht einmal eine Woche später hatte es mich erneut ins Casino gelockt und wieder begegnete ich diesem Mann am Roulettetisch. Und wieder riet er mir, alles auf die Sieben zu setzen und wieder folgte ich seinem Rat. Wieder verschwand er, bevor die Kugel ins Rollen gekommen war und wieder gewann ich.
Diese unfassbare Glückssträhne durfte ich nicht verstreichen lassen, darum ging ich schon am nächsten Tag erneut und erneut war da der Fremde und er half mir, nur liess ich ihn dieses Mal nicht einfach verschwinden und lud ihn zu einem Drink ein. Wir begannen uns zu unterhalten und er fragte mich mit jedem neuen Shot mehr aus über mich und mein Leben und mit jedem Glas wurde ich gesprächiger. Es ging um Gott und die Welt und natürlich auch um meine Probleme. Meine Erfolglosigkeit im Musikbusiness, meine Schulden, meine Spielsucht. Und da meinte er, er könne mir helfen.« Jared warf sich auf die Couch und winkte die beiden hinter sich her. »Er fragte mich, ob ich ihm ein letztes Mal vertrauen würde, denn er wüsste einen Weg, wie ich all diese Probleme mit einem Streich beseitigen könnte...« Jared langte in seine Hosentasche und zog sein Portemonnaie heraus, um in dessen Fotofach zu herumzufingern, bis er einen kleinen Zettel herauszog. Er beugte sich zu dem Sofa, auf dem sie zu zweit Platz genommen hatten, herüber und hielt das gefaltete Papier seinem Ziehsohn unter die Nase.
»Was ist das?«, fragte Bonnie, die Theodor gespannt über die Schulter blickte, während er das Blatt auseinanderfaltete.
»Ein Vertrag«, antwortete der Manager und stand auf, um sich aus der Minibar hinter der Couch aus einer Karaffe etwas von deren bräunlichen Inhalts in ein Glas zu giessen. »Sonst noch jemand? Feinster Whiskey!«
Bonnie schüttelte den Kopf, Theodor ignorierte die Frage. Stattdessen rief er verwundert: »Wieso ist der in Spiegelschrift?«
Tatsache! Bonnie nahm ihm das Papier, das aufgrund seines Alters abgegriffen und dünn wie ein Taschentuch war, aus den Händen und betrachtete die geschwungene Schrift darauf. Spiegelschrift! Gespannt überflog sie die Zeilen, musste sich ordentlich konzentrieren, um sie lesen zu können. Das meiste war unverständliches, hochgestochenes Gefloskel, bis sie auf den Gegenstand des Vertrages stiess:

Jared Seller transfers the contractor the following services:
Deliverance of his gambling addiction
Liberation of his debts
Success

The contractor receives his payment in form of a favor, which will be claimed in due time.

»Er hat dir eine Wunderheilung deiner Spielsucht, Befreiung deiner Schulden und Erfolg versprochen? Und du? Einfach ein Gefallen?«, fragte Theodor und tippte auf besagtes Wort auf dem Blatt. »Du hast dich auf einen Gefallen eingelassen? Irgendeinen? Irgendwann? Was soll das überhaupt für ein Fetzen sein? Der ist doch nie im Leben rechtsgültig!«
Der Manager, der unterdessen ein paar Eiswürfel in seinem Drink ertränkt hatte, schloss die Minibar und setzte sich wieder. »Ja, du hast recht. Dieser Vertrag ist unmöglich. Unmöglich. Und doch ging ich ihn ein und zwar nicht nur, weil ich betrunken war. Theodor, dieser... Mann... Wenn du ihn gesehen hättest, wüsstest du es... Er war anders, wie... Als wäre er nicht von dieser Welt...«
»Und wenn schon! Mit E.T. geht man ja auch nicht einfach so einen Pakt ein!«
Jared schüttelte den Kopf. »Der Mann war nicht normal. Er hat mich dreimal alles auf die Sieben setzen lassen und jedes Mal habe ich gewonnen! So viel Glück hat kein normaler Mensch!«
Bonnie lief ein kalter Schauer den Rücken hinab. Andere Welt... Was war das für ein Mann gewesen? Sie liess den Blick erneut über den Vertrag gleiten und blieb an den Signaturen hängen, ebenfalls in Spiegelschrift. Die des ominösen ›Vertragspartners‹ bestand nur aus einem geschwungenen ›T‹. »Mit was habt ihr eigentlich unterschrieben? Die Farbe der Schrift ist anders...«
Der Manager lies das Eis im Glas kreisen. »Das kommt daher, dass dies keine Tinte ist. Es ist...« Er stiess ein beschämtes, nervöses Lachen aus. »Naja, es ist Blut.«
»Tzz!« Theodor verdrehte die Augen. »Spiegelschrift und Blut. Du musst ja tatsächlich den Rausch deines Lebens gehabt haben...«
»Ich weiss, es klingt wie aus einem schlechten Film, aber... er wollte es so... Er hat sogar noch einen draufgesetzt und gemeint, dass man einen Pakt mit dem Teufel immer mit Blut unterzeichnet und-« Er verstummte und starrte auf den Boden seines Glases, als hoffte er, dort etwas zu finden. »Ich bin kein gläubiger Mann, du weisst das, Theodor, aber wenn es ein Wesen gibt, dass sich der Teufel nennen darf, dann ist es er.«
»Ein Pakt mit dem Teufel...« Bonnie schüttelte den Kopf.
»Ja. Es mag lächerlich klingen, aber glaubt mir oder nicht, in der Sekunde, in der ich den Vertrag unterzeichnet hatte, begann mich mit einem Mal jede Faser meines Körpers aus dem Kasino zu drängen. Ich wollte da nur noch raus. Seither habe ich nie mehr im Leben einen Fuss in die Spielhölle gesetzt.«
Theodor zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. »Buhuu, der Teufel hat dich also verzaubert!«
»Lach nur, aber nicht nur das! Ich hatte auf einmal aus dem Nichts einen riesigen Haufen Geld auf dem Konto! Genug, um all meine Schulden zu tilgen!«
»Und was war mit der letzten der ›Dienstleistungen‹? Warst du von einem Tag auf den anderen ein berühmter Musikproduzent?«
Jared schüttelte den Kopf. »Das hat länger gedauert. Zirka einen Monat nach der Schliessung des Pakts wurde mir ein Brief nach Hause geschickt. Wieder alles in Spiegelschrift und mit einem ›T‹ unterzeichnet.« Er begann erneut, in seiner Geldbörse zu graben, bis er einen weiteren Schnipsel fand und ihn Bonnie zuwarf.
Vorsichtig faltete sie ihn auf und las:

The time has come to demand my favour:

Your lucky strike for success:
Theodor C. Stark
Graham Windham NYC

T.

»Wer ist Graham Windham?«
»Es ist keine Person, es ist der Name einer nonprofit Organisation in New York. Die kümmern sich um Kinder, die Opfer von Gewalt waren, ihre Familien verloren haben oder diese nicht in der Lage sind, sich um sie zu kümmern.«
»Dann war das die Organisation, die mich vermittelt hatte?«
Jared nickte. »Ich hatte nur diesen Zettel, den Namen der Organisation und... deinen.« Er schüttelte den Kopf. »Mein Lucky Strike...«
Theodors wie in Stein gemeisseltes Gesicht wirkte noch erstarrter als gewöhnlich. Es war unmöglich festzustellen, was in ihm vorging. Darum ergriff Bonnie das Wort: »Gibt es da jemanden, der sich an ihn erinnern könnte? Woher er kam, wer seine Eltern waren?«
Jared, der Mann, der einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hatte, zuckte mit den Schultern. »Was weiss ich! Nachdem ich Theodor adoptiert hatte, was ungewöhnlich einfach gewesen ist, wie ich finde, hatte ich nie wieder mit denen zu tun.«
»Du hast mich adoptiert, weil es dir ein Verrückter gesagt hat?«, fragte Theodor, der es scheinbar noch immer nicht fassen konnte.
Der Manager verdrehte die Augen. »Der Mann mag nicht alle Tassen im Schrank gehabt haben, aber er hatte mir alle anderen Dienstleistungen erfüllt. Ich gebe zu, anfangs war ich etwas skeptisch, doch dann hörte ich dich zum ersten Mal singen und... da wusste ich, dass er nicht gelogen hatte. Du bist mein Lucky Strike, Theodor.«
»Nein.« Er stand auf und riss den Vertrag entzwei. »Nicht mehr.«


~Theodor~

Das Papier fiel und in dem Moment, als es den Boden berührte, begann dieser zu beben. Die Fenster klirrten in ihren Ramen, die Vasen kippten von den Ziertischen, Scherben und Hortensien verstreut über den Boden, die Lampen schwangen an den Decken, aus irgendeinem anderen Raum in der Suite fiel etwas Schweres zu Boden, der Nicht-mehr-Bonsai schwankte, kippte, fiel und brach durch das Panoramafenster, als das Four Seasons sich zur Seite neigte...
Bonnie schrie und sprang vom Sofa auf, das dem Baum hinterherrutschte.
Theodor war weniger schnell und wurde vom Couchtisch mitgerissen. Er konnte sich gerade noch an Bonnies Bein festhalten, was sie jedoch auch zu Boden warf. Beide rollten sie den Spannteppich runter und prallten gegen das Stück Wand, das der grosse Baum in das Gebäude gerissen hatte. Erspürte den kühlen Wind auf der Haut, das Loch in die Tiefe gähnte gleich neben ihm.
Er blickte neben sich, wo Bonnie gegen die Wand geknallt war. Das Haar hing ihr vor dem Gesicht, er schüttelte sie, doch sie reagierte nicht. Hatte sie sich den Kopf gestossen? Leben tat sie noch, das spürte er deutlich.
»Fuck!«, brüllte er gegen das Ächzen des Gebäudes an. »Jared?« Theodor stand auf, reckte den Kopf, um nach seinem Manager zu sehen, da prallte etwas gegen ihn und drohte, ihn in den Abgrund zu stürzen. In letzter Sekunde bekam er mit der linken Hand ein Stück Fensterbrett zu fassen und hielt sich fest. Er blickte direkt in die Tiefe, seine Schuhspitzen ragten schon über die Kante. Da, wo der Hamilton Place gewesen war, war nun nicht mehr als ein gähnender Schlund, eine dunkle Schlucht in den Tod, der mit jedem Beben weiter aufriss, alles verschluckte...
»Du willst mich verlassen, Theodor? Willst das Leben, den Ruhm, den du mir zu verdanken hast, aufgeben? Einfach gehen? Nein!« Etwas packte ihn am Kragen und drehte ihm den rechten Arm auf den Rücken, drückte ihn weiter dem Abgrund entgegen. Er spürte, wie seine Hand an der Fensterbank entlangglitt.
Jared? Er schaffte es, den Kopf so weit zu drehen, dass er sehen konnte, wer sich da gegen ihn geworfen hatte. »Du willst mich umbringen?!« Fassungslosigkeit und Schmerz über diesen Verrat überrollten ihn, als er in Jareds erbarmungslose Augen blickte.
»Wie gelegen Vielleicht habe ich dem Teufel ja tatsächlich meine Seele verkauft, was soll's!« Jared riss ihn herum, packte ihn an den Haaren und schlug ihm den Kopf gegen die Wand. Erneut schrie er auf, der Schmerz machte ihn einen Moment lang blind.
»Bring ihn um!«, hörte er Cole in seinem Kopf sagen. »Töte ihn!«
Doch Theodor wollte Jared nicht umbringen. Er konnte es einfach nicht fassen, es konnte nicht wahr sein. »Warum?«, fragte er. Er spürte, wie etwas heisses, Klebriges seine Schläfe entlangrann.
»Nichts verkauft sich so gut, wie die Musik eines Verstorbenen. Weil nur die Toten zu Legenden werden können...«
Er trat ihm die Füsse von der Kante, seine Finger glitten von der Fensterbank. Panisch griffen seine Hände ins Leere, alles war nicht mehr als ein Wirbel aus Farben, er fiel und fiel und fiel und schloss die Augen, wollte nicht wissen, wann ihn der Boden treffen würde und er betete leise, er möge seinen Vater nicht wieder treffen müssen...
Lucky Strike hatte Glück. Etwas fing ihn, etwas rollte seinen Fall in der Luft ab, etwas aus rauem Stoff, etwas, das lebte, obwohl es weder bluten noch brechen konnte.
Er brauchte einen Moment, bis die Welt wieder Sinn ergab und sobald das der Fall war, grub er die Finger in die Fransen und liess den Perserteppich in die Höhe schiessen, hinauf in den frischen londoner Regen...
Jared war bereits verschwunden, hatte sich aus dem Staub gemacht, ohne auch nur einen Gedanken an Bonnie zu verschwenden, die noch immer bewusstlos in der Ecke lag.
Er hob sie hoch, was ziemlich schwierig war, da die Erde noch immer bebte wie verrückt, trug sie aus dem zerstörten Hotelzimmer auf den Perser, bettete sie auf rote Muster auf schwarzem, mit Blau durchwobenem Grund, setzte sich an die Kante und fuhr durch die Fransen.
Er verschwendete keine Zeit, peitschte den Perser durch den Regen dorthin, wo sie ihre Freunde zurückgelassen hatten.
Er fand Shub mit den Schriftrollen unter den Armen und dem Kolibri auf den Hörnern. Er hatte unter dem Dach der Bushaltestelle Schutz gesucht. »Danke!«, rief der Faun nur und sprang auf. Gigas flatterte auf und landete auf Bonnies Brust, um sich eilig in ihrem Kragen zu verkriechen.
Der Teppich machte kehrt und stieg in die Höhe, als wolle er London, wie es brannte, zerbrach und zerriss von oben zusehen.
Es hatte noch heftiger zu regnen begonnen, jeder Tropfen so gross wie ein Ei. Theodor war schon völlig durchnässt, das Wasser lief ihm über Stirn, Augen, Wangen, Lippen und er schmeckte... Salz... Und als mit einem Mal ein Fisch, bunt, farbenfroh wie ein Papagei neben ihm landete, hilflos mit den Kiemen nach Luft schnappte und mit der Schwanzflosse schlug, erkannte Theodor, dass es nicht regnete... Der Himmel schüttete das Meer über ihnen aus.
Er blickte zu den Wolken auf und beobachtete, wie etwas Grosses, etwas Riesiges aus ihnen hervorbrach. Ein langer, schwarzer Körper, der sich wand wie eine Schlange. Und als das Wesen aus den Wolken auf dem Boden aufschlug, bebte die Erde erneut.
»Ein Leviatan«, keuchte Shub hinter ihm. »Das gefährlichste Ungeheuer der Meere.«
»Dieser Meere?« Er wusste die Antwort schon. »Oder die der deinen?«
»Meine. Twos...«
Er nickte. »Und warum regnet es ein Meer aus einer anderen Welt auf London?«
Shub schwieg. Unter ihnen begann eine Sirene zu dröhnen.
»Warum, Shub?«
Der Faun legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Ich glaube, die Welten kollidieren.« Ein Blitz zuckte über den Himmel.
»Was bedeutet das?«
Donner grollte, der Wind zerrte an seinen Kleidern.
»Es bedeutet den Anfang vom Ende. Vom Ende der Welt...«


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Hallo liebe Leseratten

Ich hoffe, ihr habt ein schönes Weihnachten gehabt und seid gut ins Jahr 2018 geflutscht.

Nun zu diesem Kapitel, Lucky Strike.
Ich habe wieder eine Weile gebraucht, aber das war nicht anders möglich. Ich habe ewig recherchieren müssen, denn ja, all die von mir hier beschriebenen Orte gibt es wirklich. Der Parkland Walk, die Hailfaxbank in Tottenham, den Electronics Center, das Four Seasons, sogar The Blue. Alles ganz genau recherchiert.

Nun belohnt meine Knochenarbeit! Wie war das Kapitel? Gut? Nicht so gut? Übel?
Was hat euch gefallen, was weniger? Lasst es mich weissen!
Mögt ihr Shub, hasst ihr Jared, was denkt ihr über Cole? Und der Teufel, was ist sein Plan? Was bezweckt er damit?

Ich habe zudem in diesem Kapitel ein paar weltliche Eastereggs eingebaut. Bisschen Hamilton hier, etwas Twenty One Pilots da.
Derjenige, der sie herausfindet, kriegt einen fetten Schmatzer auf den Screen gebabbt.

Apropos Hamilton, gönnt euch dieses Musical! Ihr findet jeden einzelnen Song auf Youtube und es ist SO gut! Ich würde eine Niere dafür geben, das im Orginal Brodway Cast zu sehen. #andPeggy

Tatsächlich ist dies das letzte Mal in diesem Buch, dass ihr von Bonnie und Theodor lest. Die beiden kommen erst in Teil 2 wieder vor, aber auf den müsst ihr leider mindestens ein Jahr warten, weil ich dieses Buch komplett neu verfassen werde. Werbung:
FOLGT MIR, UM ALLE INFORMATIONEN ZU BEKOMMEN. DIE ZWEITE FASSUNG WIRD AUCH AUF DIESEM ACCOUNT HOCHGELADEN WERDEN.

Was das angeht, habe ich noch mehr Neuigkeiten. Ich werde meinen Wattpad-Namen ändern. Dreamtravel ist zwar gut und schön und ihr dürft mich gern weiter als Dreamy bezeichnen ('cause is't cute :3) ABER der Name dieses Profils wird geändert. Und zwar in mein Pseudonym:
Mara Paulie
Wer den Namen doof findet: Da hinten ist die Tür.
Ich will meine Web-Präsenz hier einfach etwas professioneller gestalten und meinem Pseudonym schon mal etwas Boden geben. Meinen echten Namen will ich nicht preisgeben, da mein Nachname doof ist und deshalb nicht soooo toll vermarktbar ist und weil ich nicht will, dass jede Pflotschgurke, die mich persönlich kennt, gleich weiss, dass ich eine Wahnsinnige bin, die Massenmord an ihren Buch-Charakteren begeht.

Genug gelabert!

Musikalischer Soundtack: Wait for it - geschrieben vom Genie Lin-Manuel Miranda und performt von Leslie Odom Jr. und den Hintergrundsimmen vom -meinte ich - gesamten restlichen Cast.
Dieses Lied ist so wunderschön und aus Hamilton <3 Ich liebe es, wenn Burr voll ausrastet und dann alle Wait for it singen und es so richtig schön reinballert omfg es ist soooo schööööön :D

Nun meine Freunde, ich verabschiede mich.
Gehabt euch wohl
Eure Dreamy - Mara Paulie

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