Skythief

By wolkenbonbons

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~ ✨ ~ Eine Vogelfreie mit der Stimme eines Engels. Ein Kronprinz, der Intrigen zu einer Kunstform erhoben hat... More

Hello (again)
playlist + visuals
0 - Prolog
I - Khaos
1 - Farblos
2 - Geister
3 - Fliegen
4 - Wolkenmädchen
5 - RedLipRoulette
6 - Sternenprediger
7 - Halbmenschen
8 - Flügel
9 - Kreuzkarten
10 - Dampf und Tequila
11 - Eine Hinrichtung
12 - Ein stiller Krieg
13 - Rote Augen
14 - Schneeblüten
15 - Hochverrat
16 - Versagen
18 - Morgensonne
19 - Das stille Haus
20 - Fremde
21 - Ein Schimmer
22 - Tinte und Blut
23 - Ungnade
24 - Masken
25 - Verschwunden
26 - Gewitter
27 - Pläne
II - Apollon
28 - Wein und böse Blicke
29 - Ein Tanz
30 - Diamonds
31 - Dice
32 - Abschied
33 - Wunder
34 - Herzschlag
35 - Zerbrochene Puppe
36 - Der Tänzer
37 - Lektionen
38 - Nacht und Tag
39 - Eisstatuen
40 - Abgründe
41 - In der Höhle des Löwen
42 - Der Kronprinz
43 - Teegespräche
44 - Spiel
45 - Probleme im Schlepptau
46 - Unheilige Gabe
47 - Den Himmel lesen
48 - Schattengeschäfte
49 - Illegal
50 - Bodenlos
51 - Nachtelster
52 - Wahnsinnig
53 - Sterben
III - Achlys
54 - Heiß und kalt
55 - Treue
56 - Verraten
57 - Vor einem Abendessen
58 - Süßigkeiten und Ponys
59 - Mensch unter Menschen
60 - Sterne und Welten
61 - Eskalation
62 - Asche
63 - Salz
64 - Glasherz
65 - Läufer und Springer
66 - Dunkelheit
67 - Rechenfehler
68 - Totenwache
69 - Rotkehlchen
70 - Prinz und Diebin
71 - Kettenreaktion
IV - Icarus
72 - Freund
73 - Instinkte
74 - Marionetten
75 - Schmerz verlangt Schmerz
76 - Von gleichem Blut
77 - Geschlagen
78 - Akzeptanz
79 - Überlebende
80 - Nebel
81 - Mörderin
82 - Farbverräter
83 - Flucht
84 - Delirium
85 - Auf der Kippe
86 - Wut und Stille
87 - Hearts
88 - Götter
89 - Prinz und Greis
90 - Unterwelt
Epilog

17 - Schlaflos

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By wolkenbonbons

Die Studenten der Universität des Kerns waren oft noch wach um diese Uhrzeit, meist um kurz vor den Deadlines noch Essays abzugeben. Zwar besuchten Blaue und Silberne die Universität zusammen, doch die Studenten der Adelshäuser und die des Ordens blieben außerhalb ihrer gemeinsamen Curricula in der Regel für sich. Die jungen blauen bezeichneten ihre silbernen Komillitonen als Spießer, da diese gemäß den Regeln des Ordens keinen Alkohol tranken oder sonstige Drogen konsumierten. Die Silbernen rümpften dagegen die Nase über das ausschweifende Leben der Blauen. Kein blauer Student hatte je den Fuß in den Gemeinschaftsraum der silbernen Studentenschaft gesetzt, der heute beinahe leer war. May war wenig überrascht, als sie die drei Menschen auf dem Sofa erkannte. Jade, die im Schneidersitz in einem Meer aus Textmarkern und dicken Büchen dasaß und auf ihren Kaffee pustete, lernte digitale Karteikarten auf ihrem Laptop. Ihr weißes, krauses Haar hatte sie zu einem wirklich sehr unordentlichen Dutt auf ihrem Kopf hochgesteckt, die kreisrunde, weiß gerahmte Brille hing etwas zu weit vorne auf ihrer Nase. Sie hatte den Kopf an Ascobs Schulter gelehnt, der anscheinend eingeschlafen war, während er auf die Rückkehr seiner Schwester wartete. Der dritte im Raum war kein Silberner, sondern ein Roter, der nervös auf und ab ging. Er dürfte gar nicht hier sein. May konnte förmlich sehen, wie es hinter der Stirn des drahtigen jungen Wissenschaftlers rumorte. Nick war der Erste, der sie bemerkte. Er hielt mitten in der Bewegung inne und hob den rubinroten Blick, um sie anzusehen.

„May", entfuhr es ihm erleichtert und er kam zu ihr herüber, blieb aber auf Abstand, als die Knochenschwestern hinter der Assistentin der Hohen eintraten, wie drei helle Geister, die sie heimsuchten. May biss sich auf die Zunge und senkte den Blick, als die hochgewachsenen Nocturnaschwestern in ihren strahlend weißen HighTec Rüstungen den Roten von Kopf bis Fuß abfällig musterten.

„Hast du dich verlaufen?", fragte Cheleste den hoch qualifizierten Plasmawissenschaftler, als würde sie mit einem kleinen Kind sprechen. Nick senkte den Blick, entschuldigte sich eilig und eilte an May vorbei aus dem Raum, aber nicht, ohne ihr noch einen verstohlenen Blick zuzuwerfen. Er wusste, dass er hier als Roter keinen Zutritt hatte. Wieso war er mitten in der Nacht hier? Aus dem gleichen Grund, wie Ascob und Jade? Cheleste starrte dem Roten noch einen Moment hinterher, bevor sie die Theologiestudentin und Mays Bruder grüßte. Keiner ergriff Partei für Nick, obwohl die beiden sich von seiner Anwesenheit nicht im Geringsten gestört gefühlt hatten. Die vielen leeren Flaschen, die im Regal hinter der Bar aufgereiht worden waren und durch die von hinten Licht viel, tauchten den Raum in buntes Licht.

"Kaffee irgendwer?", fragte Alcha, die wohl umgänglichste der Drillinge, in die Runde und gähnte hinter vorgehaltener Hand. May nickte dankbar, bevor sie sich neben ihren Bruder auf die Ledercouch sinken ließ. Schlafen lohnte sich ohnehin nicht mehr, denn in einer guten Stunde würde die Hohe den König vor Gericht stellen und jeder einzelne von ihnen würden während der Verhandlung anwesend sein oder diese zumindest auf einem Bildschirm verfolgen.

„Was ist passiert?", fragte Jade und setzte sich auf, um May aus müden Augen anzublinzeln.

„Rya hat die Fassung verloren", murmelte May, „Sie ist direkt zu Miaserus marschiert."

Ascob und seine Freundin tauschten einen unruhigen Blick.

„Du bist blass", stellte Mays Bruder sanft fest. Sie brummte nur etwas Unverständliches und zog ihr Tablet aus der Tasche, die sie auf dem Weg hierher aufgelesen hatte. Ascob war drei Jahre älter als sie, und würde nach seinem Abschluss in der Garde der Hohen arbeiten. Anstatt ihre Neigung zu den Geisteswissenschaften zu teilen, trainierte er mit den grünen Soldaten, um seinen Körper in Bestform zu halten. Er ließ sein Politikstudium mehr dahinplätschern, als sich wirklich damit zu befassen, was ihm schon einige hitzige Diskussionen mit May und den Eltern der beiden eingebracht hatte.

„Sie stellt den König vor Gericht", erklärte die Assistentin der Hohen ohne Umschweife, „In exakt", sie sah auf die Uhr, „fünfzig Minuten."

Jade riss die Augen auf und rutschte halb von der Couch, wobei einige ihrer Textmarker zu Boden fielen und sie ihrem Kaffee verschüttete. Ascob zog sie zurück auf die Couch. Auch sein Mund war vor Überraschung aufgeklappt. Jade rieb an dem Kaffeefleck auf ihrer Hose herum und fluchte leise genug, dass die Nocturna Schwestern es nicht hörten.

„Wirklich?", fragte Jade ungläubig nach, „Sie stellt den König vor Gericht?"

May fuhr sich über die müden Augen und massierte kurz ihre pochenden Schläfen, während sie nickte. Ihr Kreislauf war in keinem guten Zustand heute.

„Sternschuld", fluchte Jade nun doch laut und wurde scharf von Cheleste zurechtgewiesen, die gerade die Gurte ihres weißen Brustpanzers löste.

May nahm Alcha dankbar eine dampfende Tasse Kaffee ab.

„Die Gelben wecken in diesem Moment den Orden", ergänzte sie. Das hieß, dass es in ein paar Minuten nicht mehr so leer sein würde, wie gerade. Viele würden sich die Übertragung auf dem großen Screen im Gemeinschaftsraum ansehen.

Die Knochenschwester hatte einen dunkelblauen Fleck auf der linken Iris, an dem Mays Blick hängen blieb, während die jüngste der Drillinge sich neben ihr auf die Couch fallen ließ.

Coria hatte mehrere von diesen blauen Punkten auf der Regenbogenhaut und Chelestes rechtes Auge war hellblau, während das Linke in dem perfekten diamantweiß des Ordens strahlte.

Solche Kinder waren gefährlich für das System der Stadt, zu mächtig. Die Gerüchte umschwirrten die Drillinge schon seit ihrer Geburt, aber niemand wagte es ernsthaft die Familienwürde der Nocturna anzuzweifeln.

Denn die Nachtfamilie hatte einen Sitz in dem Gericht, vor das der König heute gestellt werden sollte und gehörte zu den einflussreichsten der Ordensfamilien.

May zuckte zusammen, als es klopfte.

"Sternfall! Herein!", brüllte Jade genervt. Diesmal kam Cheleste herüber, um ihr eigenhändig eine Kopfnuss zu verpassen. Der Orden mochte es nicht, wenn man fluchte. Eine gelbe Dienerin schwebte durch die Tür, verhüllt bis auf die honigfarbenen Augen und drückte May etwas weiß verpacktes und einen Zettel in die Hand.

May verzog durch den Dampf, der von ihrem Kaffee aufstieg, den Mund.

"Wenn sie wegen des dramatischen Effekts eine Gelbe schickt, ist es ernst", kommentierte Ascob tonlos.

"Das musst du mir nicht sagen", erwiderte May, die noch ein wenig blasser geworden war.

Sie überflog die Notiz und schnaubte ein Lachen, was alle anderen im Raum aufmerken ließ. Eine Glasdisc fiel in Mays Hand, als sie das Papier aufriss.

"Sieht aus, als müsstest ihr alleine zu der Verhandlung."

Ein schrecklich unharmonischer Akkord von Coria war ihr ganzer Kommentar. May sackte auf der Couch zusammen, ein dickes Knäuel aus bitterer Enttäuschung und Widerwillen im Bauch.

"Sie lässt dich nicht gehen? Das ist wahrscheinlich der wichtigste Prozess des Jahrhunderts."

May zuckte die Schultern.

"Ich soll das hier entschlüsseln. Sehr wichtig."

Unmotiviert hielt sie die Disc hoch und durchbohrte das kleine Ding mit tödlichen Blicken.

Jade spuckte fast ihren Kaffee aus.

"Und außerdem will sie dich bis an dein Lebensende dafür bestrafen, dass du nicht vor laufender Kamera, der Frostgarde und den Alessandrinis den Henker niedergeschlagen und laut verkündet hast, dass diese Hinrichtung illegal ist", lästerte sie und erntete warnende Blicke der Knochenschwestern.

Chelestes Wut äußerte sich nur in der schmalen Linie, zu der ihre ansonsten vollen Lippen zusammengepresst waren.

May und die Knochenschwestern hatten noch zu gut das Bild des Königs im Kopf, der ihnen über den noch warmen Körper des Assassinen mit einem leeren Becher zuprostete.

"Er hat das alles geplant", stellte Cheleste düster fest, was alle zum Verstummen brachte, denn die Älteste Knochenschwester sprach nie besonders viel. Wenn sie es tat, tat man gut daran, ihr zuzuhören. Sie lehnte immer noch an der Bar, unbewegt, wie ein Eisberg in der Brandung.

Ihre ungleichen Augen suchten Mays Blick.

"Er hat nur darauf gewartet, dass Rya wieder an die Mauer muss. Es ist nicht nur deine Schuld, May."

May lächelte zaghaft, während die Worte der ältesten Nocturna Schwester in ihr nachhallten. Cheleste sagte nie etwas, um nett zu sein. Ihre Meinung hatte May schon immer viel bedeutet. In den Augen der Nocturna Schwestern Anerkennung zu finden, war schwer gewesen, doch nun verstanden sie sich relativ gut. May hoffte nur, dass diese Beziehung nie kippen würde. Man sollte sich die Drillinge nicht zum Feind machen.

Cheleste trank ihr Wasserglas aus und stellte es zurück auf die Bar, bevor sie die Riemen an ihrer weißen HighTec Rüstung wieder festzog. Auch Jade und Ascob standen auf, um sich bereit zu machen. Sie alle ließen May im sanften Licht alleine. Diese presste sich die Fäuste auf die schmerzenden Augen.

Sie hatte versagt.

Egal, was Cheleste dachte, sie hatte versagt.

Alles, was ab jetzt passierte, hätte sie verhindern können, wenn sie diese Hinrichtung nicht verschlafen hätte.

May lehnte die Stirn gegen die warme Kaffeetasse, zu hibbelig zum Schlafen und zu müde, um sich jetzt mit dieser Glasdisc zu beschäftigen, während der Rest der Studenten langsam eintrudelte, um sich die Übertragung anzusehen. Sie floh in ihr Zimmer, als ihr all die Fragen, all die verurteilenden Blicke, zu viel wurden und rollte sich zusammen. Während der Königsprozess begann, starrte ins Nichts und erstickte fast an der Tatsache, dass ihr so ein schrecklicher Fehler unterlaufen war.



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