Uralte Fassung (1): Twos - Di...

By MaraPaulie

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Achtung: Alte Fassung. Neue ebenfalls auf Account zu lesen. Nicht jedes Märchen beginnt mit »Es war einmal... More

Vorwort
Prolog
Kapitel 1 - Ticket der Freiheit
Kapitel 2 - Home Sweet Home
Kapitel 3 - Die Tallos
Kapitel 4 - Die verrückte Tanja
Kapitel 5 - Tränen aus Eis
Kapitel 6 - Verräter und Bruder
Kapitel 7 - Das Wintermädchen
Kapitel 8 - Die Herrscher der Gezeiten
Kapitel 9 - Grosser, böser Wolf
Kapitel 10 - Vom Märchen in rot
Kapitel 11 - Von Schnee im Haus und Rosen aus Feuer
Kapitel 12 - Erbe der Toten
Kapitel 13 - Von Verrückten und dem Labyrinth
Kapitel 14 - Der Bruder mit dem Schuppenkleid
Kapitel 15 - Des Winters Blut
Kapitel 16 - Der Junge, der mit der Sonne tanzt
Kapitel 17 - Augen ohne Liebe
Kapitel 18 - Die Völker aus den Büchern
Kapitel 19 - Trauriger Mörder, lass mich gehen
Kapitel 20 - Feuerraben
Kapitel 21 - Der Löwe und der Wolf
Kapitel 22 - Der Traum von Familie
Kapitel 23 - Der Pirat und die Prinzessin
Kapitel 24 - Von Barbaren und Märchen aus der Besenkammer
Kapitel 25 - Von toten Jungen und Mädchen aus Licht
Kapitel 26 - Der Lichterlord und die Antwort zum Hass
Kapitel 27 - Rote Raben und Bücher voller Schicksal
Kapitel 28 - Wer lauert in der Dunkelheit?
Kapitel 29 - Von Schläfern und Schlüsseln
Kapitel 30 - Geheimnis ohne Zeit
Kapitel 31 - Namen von Macht
Kapitel 32 - Zum Lied des irren Geigers der Dämon mit dem Teufel tanzt
Kapitel 33 - Vom Meer zu den Wolken
Kapitel 34 - Geschichten, die ein Vöglein zwitschert
Kapitel 35 - Sturmgläser, tanzende Piraten und Jungen, die vom Himmel fallen
Kapitel 36 - Klyuss' Kinder
Kapitel 37 - Blau wie der Mohn, grün wie die Hoffnung und rot wie Blut
Kapitel 38 - Das Schicksal der Verfluchten
Kapitel 39 - Gejagte der Vergangenheit
Kapitel 40 - Blut fremder Brüder
Kapitel 41 - Spiel der Könige
Kapitel 42 - Es jagt und tanzt der Geistesblitzt
Kapitel 43 - Die Wahrheit wurde von einem Lügner erschaffen
Kapitel 44 - Vom Mörder, der die schwarze Orchidee fand
Kapitel 45 - Von Herrschern mit dem Flammenhass und Helden kleiner Klingen
Kapitel 46 - Wer wir sind und was wir tun
Kapitel 47 - Einmal Monster, immer Monster
Kapitel 48 - Das Versprechen von niemals und immer
Kapitel 49 - Das Wort 'böse'
Kapitel 50 - Der Herzkasper
Kapitel 51 - Freund oder Feind, alt oder neu, beide bleiben ewig treu
Kapitel 52 - Das Gedicht des Todes
Kapitel 53 - Die Reise der Wahrheit und des Sinns hinter allem
Kapitel 54 - Von Geschwisterbanden und letzten Zeilen
Kapitel 55 - Der Tempel der Orakel
Kapitel 56 - Mondkind
Kapitel 57 - Die erste aller Schöpfungen
Kapitel 58 - Vom Intrigieren, Dechiffrieren, Konferieren und fiesen Viren
Kapitel 59 - Glücksjagd und Königsmord
Kapitel 60 - Schattenlicht und Bernsteingold
Kapitel 61 - In der Schwebe
Kapitel 62 - Patron und Paladin
Kapitel 63 - Von Luftschlössern und Monstern unterm Bett
Kapitel 64 - Deine wunderschönen Lügen
Kapitel 65 - Von Namen und Masken
Kapitel 66 - Das blinde Recht
Kapitel 67 - Das blinde Herz
Kapitel 68 - Das blinde Glück
Kapitel 69 - Verfluchtes Kind mit Gold gekürt
Kapitel 70 - Als niemand schlief
Kapitel 71 - Der Gewissenlose
Kapitel 72 - Phönix
Kapitel 74 - Kriegsherr Regen
Kapitel 75 - Der Herrscher über alle Macht
Kapitel 76 - Alles ist gut
Kapitel 77 - Die Feinde des Schicksals
Kapitel 78 - Und wenn sie nicht gestorben sind...
Kapitel 79 - Lucky Strike
Kapitel 80 - ...dann leben sie noch heute
Epilog
Authornotes
Charakterverzeichnis
Illustrationen

Kapitel 73 - Ein Goldstück für deine Gedanken

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By MaraPaulie



Kapitel 73

Ein Goldstück für deine Gedanken


~Sabrina~

»Hunger? Durst?« Eril wartete nicht auf eine Antwort. Er zog die Tür eines rustikalen Sekretärs auf, der zusammen mit einem Tisch, zwei Bänken, einem Stuhl und einem mit ein paar schäbigen Büchern gefülltes Regal zum spärlichen Mobiliar des fensterlosen Raumes gehörte. Er holte Gläser und einen Krug und stellte sie vor sie auf den Tisch. Es bildete sich eine Pfütze, als er beim Versuch, ihr einzuschenken, danebenleerte. »Mattre!« Er versuchte, die Katastrophe mit dem Ärmel seines grauen Gambesons aufzuwischen, doch das brachte sichtlich nichts.
»Da... liegt ein Handtuch, ich...«
»Du«, fauchte er, »rührst dich nicht!« Eine ziemlich unnötige Zurechtweisung, denn weit wäre sie ohnehin nicht gekommen. Die Fussfessel, die er ihr zuvor angelegt hatte, kettete sie an ihre Sitzbank. Auch ihre Hände waren gefesselt und dank des Obsidianarmbandes konnte sie sich nicht einmal auf ihr Eis verlassen.
Eril richtete sich auf, griff nach dem Handtuch auf der Stuhllehne des Sekretärs, das Sabrina gemeint hatte und beseitigte sein Missgeschick.
Mittlerweile hatte Sabrina keinen Zweifel mehr. Eril war betrunken. Die Spitzohren des Elfs glühten und seine verquollenen Augen blickten stumpf. Entweder hatten das die anderen Soldaten nicht gemerkt oder es war ihnen egal. Sie hatten ihn in dem kleinen Raum, der gleich neben dem Bunker lag, mit ihr alleingelassen und sich vor dem Eingang platziert.
»Ist das so was wie ein Aufenthaltsort für die Soldaten? Sieht nicht aus wie eine Folterkammer«, stellte sie fest und gab sich Mühe, möglichst neutral und ruhig zu klingen.
»Dachtest du, ich spanne dich sofort auf eine Streckbank?«, brummte Eril und zog eine Schale voll geschnittener Brotscheiben aus dem Sekretär. »Das hier ist der Pausen-und gelegentliche Verhörraum. Ich weiss, dass Folter bei dir nichts bringen wird, dafür bist du zu stur.«
Sabrina heftete ihren Blick auf seine Augen. Nicht, weil sie in ihnen lesen wollte oder derartiges, nein. Sie versuchte nur, nicht das Brot anzuschmachten, das so verführerisch frisch duftete. Eril erkannte, was sie da tat und schnaubte. »Komm schon, du bist am Ende. Es ist Abend, das hast du nicht gemerkt, oder? Ist auch schwer, wenn man keine Fenster hat. Jetzt greif zu!«
»Ach, nur damit du es dann leichter mit mir hast? Das Wasser da, das ist sicherlich mit dem gleichen Gift verseucht, mit dem ihr die Bewohner Tempus' zwingt, für euch Verbrecher ihr Leben zu lassen!«
Eril lächelte böse. »Selbst wenn, bei dir würde das nicht wirken. Du bist eine Herrscherin, kein gewöhnlicher Mensch. Dein Wille ist zu stark. Oder wie ich schon sagte, du bist zu stur!«
Sabrinas Blick stahl sich hinab zu den Brotscheiben. Schliesslich schnappte sie sich drei und biss herzhaft zu.
»Schön, Püppchen«, brummte Eril und gönnte sich seinerseits einen Schluck aus einem Fläschchen, das er aus einer Gürtelschlaufe befreite. Die Substanz roch süsslich. Schnaps?
»Du trinkst neuerdings?«, fragte sie spitz und spuckte Brösel.
Eril schenkte ihr einen düsteren Blick.
»Hab die Fahne schon gerochen, als du mir ins Ohr gebissen hast. Was war das eigentlich für eine scheiss Aktion?«
Eril sprang auf und zog sein Schwert. Die Klinge schwebte genau über ihren Augen. »Nur weil ich dir jämmerlichen Haufen Essen und Trinken gegeben habe, anstatt dir die Nägel aus den Fingern zu ziehen, heisst das nicht, dass du aufmüpfig werden solltest. Die Rebellen sind gefallen, du bist eine Gefangene und ich«, er machte eine genüssliche Pause und grinste böse, »hasse dich noch immer! Verstanden?«
Sabrina schluckte und nickte. Unauffällig griff sie erneut in den Brotkorb und versteckte die Beute in den Hosentaschen.
»Schön!« Er setzte sich, hielt das Schwert aber in Griffweite. Wieder nahm er einen kräftigen Schluck Schnaps, lehnte sich lässig breitbeinig zurück. »Du hast dich verändert«, brummte er und es klang beinahe anerkennend.
Grimmig trank Sabrina einen Schluck Wasser. »Du auch, bist jetzt noch arroganter. Und deine Haare sind länger...«
Automatisch griff der Elf sich an den Hinterkopf, wo er das braune Haar zu einem kurzen Pferdeschwanz gebunden hatte. Sein Blick fiel ins Leere, seine Lider flatterten und erst glaubte Sabrina, er würde zu weinen beginnen, doch als er sich ihr wieder zuwandte, waren seine Züge hart wie Stein. »Sie nennen mich hier die Krähe, weisst du? Ein falscher Rabe. Früher Verbündeter der Herrscher, jetzt ein Scherge der Dunklen. Ja, ich bin anders. Du bist der Grund dafür, das ist dein Verschulden.«
»Darum geht es dir also?«, murmelte sie und auf einmal lag das Brot ihr schwer im Magen. Arillis...
Eril sagte nichts, kippte sich nur das letzte Bisschen Schnaps aus dem Fläschchen in den Rachen. Er hustete.
»Bist du deshalb hierhergekommen? Zu den Dunklen? Um dich zu rächen?«
Er lachte etwas zu heftig und wischte sich unkoordiniert übers Gesicht. »Auch, ja.«
»Und... was sagt Arseel dazu?«
Er rümpfte die spitze Nase. »Nichts...«
»Ihr redet nicht.«
»Ja, du hast auch einen Keil zwischen uns getrieben, zwischen mich und meinen besten Freund, meinen Bruder! Glückwunsch, Püppchen.«
»Ich habe es schon immer gehasst, dass du mich so nennst.«
Er wog den Kopf hin und her, musste sich dabei an der Tischkante festhalten, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. »Arillis hat es auch nicht gemocht. Darum habe ich dich immer so genannt, weisst du? Ich wollte ihr irgendwie zeigen, dass du und ich, Sabrina, nur Mittel zum Zweck waren. Weil ich dich benutzen musste, so wollte es der Graf...« Er lächelte bösartig. »Du hast mir gar nichts bedeutet.«
Sie schnaubte. »Erzähl mir was Neues.« Sie zögerte. Vielleicht konnte sie seinen Zustand ja ausnutzen... »Was... wollte der Graf damit bezwecken?«
»Einfluss«, brummte der Elf und überprüfte, ob da nicht doch noch etwas Schnaps in seinem Fläschchen war. »Für die Suche...«
»Suche?«, hakte sie nach, scheinbar zu hastig, denn Eril traktierte sie sofort aus zusammengekniffenen Augen. Er stand auf, ging im leichten Zickzack um den Tisch herum, blieb hinter ihr stehen. »Du bist noch immer zu neugierig«, flüsterte er. Sie vernahm ein metallisches Scharren, dann spürte sie kaltes Metall an ihrer Wange. Die Spitze eines Messers erkundete ihr Gesicht.
»Ja, ich suchte hier nach Rache, Sabrina. Aber wie soll ich sie servieren?« Er gab mehr Druck auf das Messer. »Auge um Auge? Zahn um Zahn? Narbe um Narbe? Verlust um Verlust?« Er zog einen Schnitt über ihre Wange. Nicht tief, doch sie spürte das Blut zu ihrem Kinn hinabrinnen.
Er liess von ihr ab. »Meine Rache beginnt hier, Püppchen.« Er spuckte den Kosenamen aus, als wäre es ein Schimpfwort. »Ich sehe zu, wie dein Leben in tausend Scherben zerbricht. Ich werde mich an deinem Leiden laben.« Er warf das Messer achtlos auf den Tisch. »Ich will, dass du weisst, wie das ist«, flüsterte er und setzte sich unbeholfen neben sie. »Wenn dir alles entrissen wird, was du liebst. Wenn deine engsten Freunde sich von dir abwenden. Wenn du zu Entscheidungen gezwungen wirst, Dinge tust, die du bereust und...« Nun begann er tatsächlich zu weinen. Dicke Tränen kullerten ihm von den langen Wimpern, er verzog das Gesicht wie ein Kind...
»Du bist betrunken«, meinte sie leise. Ohne es zu wollen, hatte sie Mitleid. »Eril, so muss das hier nicht sein. Ich verstehe, dass du leidest, aber... Arillis Tod ist nicht dein Ende.«
Der Elf lachte. »Du bist so selbstgerecht. Denkst du, ich habe nicht davon gehört? Wie du diesen Piraten aus dem Reich der Toten zurückgebracht hast. Ausgerechnet du willst mich belehren?« Er holte aus und schlug ihr ins Gesicht, sodass sie von der Bank fiel. Ihr angeketteter Fuss verdrehte sich schmerzhaft. »Das ist alles deine Schuld, du hast das verbockt, es wäre nie so weit gekommen, der Graf hätte sich nicht auf eine Seite schlagen müssen, ich hätte mich nicht auf eine Seite schlagen müssen. Arillis würde noch leben!«
Als er begann, auf sie einzutreten, krümmte sie sich zusammen, zog den Kopf ein und hob die Arme in den Nacken. Er traf sie im Rücken, am Schienbein, an den Schultern und am Kopf, bis sie Sternchen sah.
Irgendwann hatte er keine Kraft mehr. Er fiel neben ihr auf den staubigen Boden, weinte noch mehr. »Du hast alles, alles verdorben. Das hast du aus mir gemacht! Winsle um Gnade, ich bin deine Hölle!«
Sabrina hustete. Vorsichtig setzte sie ich auf. »Nein«, murmelte sie und tastete ihre Stirn ab, wo er sie zuletzt am härtesten getroffen hatte. Sie spürte schon, wie ihr kaltes Blut in die Augenbrauen lief. »Das ist gar nicht meine Schuld.« Sie zog die ebenfalls blutende Nase hoch. »Arielles Tod war meine Verantwortung, ja. Aber ich habe sie nicht getötet. Genauso wenig habe ich dich nach Tempus geschickt und habe dir befohlen, dich den Dunklen anzuschliessen. Das waren dein Graf und du selbst. Du, Eril, hast dich vom Hass leiten lassen, hast den falschen Weg eingeschlagen. Nun kommst du nicht damit klar, kannst dich selbst nicht mehr leiden.« Sie schmeckte Eisen auf der Zunge. »Ich bin dein Sündenbock für all die Scheisse, die dir passiert und die du gebaut hast.«
Die graublauen, in tiefen Höhlen liegenden Augen hingen an ihren Lippen, er unterbrach sie nicht.
»Fahr zur Hölle, Eril. Deine Rache ist mir scheissegal. Ich bin nicht wegen dir hier. Ich bin hier, weil ich Verantwortung übernommen habe. Man kann mich für viele Tode schuldig sprechen, aber nicht für den deiner Liebe. Falls du mir etwas zu sagen hast, das nicht mit Arillis zu tun hat, dann schiess los. Ansonsten bringst du mich jetzt zurück in meine Zelle. Du brichst mich nicht, Eril.«
Er verharrte noch einen Moment in seiner Erstarrung, dann schüttelte er langsam den Kopf. »Du bist so dumm, Sabrina.« Er zog sich an der Wand hoch, packte sie am Kragen und zerrte sie ohne Rücksicht auf ihre Verletzungen zurück auf die Bank, grub die Hand in ihr Haar und presste ihren Kopf auf die Tischplatte. »Du bist hier gefangen, Sabrina. Du, nicht ich. Ich entscheide, was ich sagen will, was die Wahrheit ist. Die Dunklen haben gesiegt und du weisst doch, wer Geschichte schreibt. Die Sieger. Du hast versagt! Hättest du anders gehandelt, wäre Arillis noch am Leben. Arillis, Drosselbart und all die anderen. Du kannst Arillis bestreiten, aber nicht die, die dort draussen für dich ihr Leben gelassen haben. Auf deinem Gewissen häufen sich die Leichen der Unschuldigen. Auf deinem und dem deines Bruders. Ihr habt versagt, ihr seid Schuld, ihr habt verloren, alles ist vorbei! Zerbrich, Sabrina, zerbrich!« Er beugte sich zu dem Ohr herab, in das er zuvor noch gebissen hatte. Sie roch den süssen Schnaps, als er flüsterte: »Und so wurdet Ihr der Tod, junge Eisprinzessin. Zerstörerin von Twos.«


~Mile~

Er strich über das Glas, befreite es vom Staub. Das Gesicht einer Frau kam darunter zum Vorschein. Ihre Züge waren scharf, das Haar weiss wie Milch.
Sie hatten sich in das Inkoleum zurückgezogen. Hier versorgten sie die Verwundeten, hier würden sie die Nacht überdauern. Die Leichen hatten sie auf einen Karren geladen, einige Strassen weiter gefahren und sie dort verbrannt. Nur die Körper der verstorbenen Märchenfiguren hatte man ins Inkoleum gebracht. Gläserne Särge gab es für sie noch nicht, dafür hatte jeder von ihnen ein steinernes Podest gefunden. Das hätten sie gerne mit all ihren Gefallenen gemacht, doch leider war es ein Privileg der Tintenwesen, dass ihre Körper nicht von bösen Geistern besessen werden konnten und niemand war sonderlich erpicht darauf, am nächsten Morgen von einer Horde Nekromanern geweckt zu werden, selbst wenn diese sicher irgendwo hätten weggesperrt werden können. Platz genug gab es, denn das Inkoleum war gross. Hohe Gewölbedecken, Säulen, steinerne Ornamente im gotischen Stil prägten die Räume, machten sie bedrohlich, aber auch irgendwie ruhig und erfüllten einen mit Ehrfurcht. Die Särge standen in Reihen. Ihre Kanten bestanden aus Metall, der Rest war jedoch tatsächlich aus Glas. So hatte es sich gehört, tote Märchenfiguren aufzubahren, bis sie wieder lebendig werden würden. Erkennen, wer in den Särgen lag, konnte man aufgrund der Staubschicht nicht und obwohl er seiner Neugier eben nicht hatte widerstehen können, würde er die restlichen in Frieden lassen. Heute hatte er genug Tote gesehen.
»Wer war sie?«
Nimmertiger, der neben ihm stand, deutete auf eine Plakette, die am Fussende des Sargs angebracht war. »Danija Strehle«, las er vor und er nickte wissend. Als er Miles fragenden Blick bemerkte, ergänzte er: »Sterntaler.«
»Ach so...« Er liess seinen Blick auf ihrem ruhenden Gesicht weilen. »Steht da auch, seit wann?«
»Zweihundertvierzig Jahre.«
Mile schluckte. Die Dunklen... Er blinzelte und liess die Augen über die anderen Glassärge gleiten, die sich unter der Gewölbedecke reihten wie Betten in einem Lazarett. Waren sie auch alle dem Putsch zum Opfer gefallen?
»Komplette Amnesie.«
Abrupt wurde er aus seinen düsteren Gedanken gerissen. Die Hellelfe, die Nimmertiger damit beauftragt hatte, Peter zu untersuchen, hatte sich zu ihnen gesellt. Sie war blass, müde wie sie alle.
»Und sonst ist alles mit ihm in Ordnung?«, fragte Nimmertiger ernst.
Die Elfe nickte. Mile bemerkte, wie sich der Blick ihrer leicht schrägstehenden Augen immer wieder auf Nimmertigers Stirn heftete, wo die Krone, die einst ihrer eigenen Königin gehört hatte, sein Haupt zierte. Sie machte keinen feindseligen Eindruck, doch sie war eindeutig irritiert.
Mile wischte sich den Staub an der Hose ab. »Wir er sich irgendwann erinnern können?«
Die Heilerin zuckte scheu mit den Schultern. »Kann ich nicht sagen. Vielleicht. Ausgeschlossen ist es nicht.«
»Danke Eloise, dann geh und sieh nach den anderen. Die Schwerverletzten sind bereits versorgt, aber vielleicht braucht sonst noch jemand deine Hilfe.« Er lächelte und nickte der jungen Elfe zu. Diese machte einen Knicks und verschwand.
Mile reckte den Hals und beobachtete Peter, der damit beschäftigt war, sich seine Staubhaut abzuwaschen. Dafür tauchte er beide Hände immer wieder in einen kleinen Brunnen in der Mitte des Raums, der von der Form her an ein Taufbecken erinnerte.
»Wie kann das sein?«, fragte er den jungen König leise. »Wir haben es alle gesehen, wie er gestürzt ist. Aus so einer Höhe, er müsste tot sein! Aber er lebt und hat nicht einen Kratzer!«
»Genau erklären kann ich es dir nicht, aber ich habe da eine Theorie.«
»Ich bin ganz Ohr.«
»Es ist wohl offensichtlich, das Peter gealtert ist.«
»Der Alterungsprozess ist doch sowieso kein Thema für Märchen«, meinte Mile skeptisch und lehnte sich an die mit einem düsteren, verwaschenen Fresko verzierte Wand.
Nimmertiger wog den Kopf hin und her. »Kommt drauf an. Ja, eigentlich können wir so alt aussehen, wie wir wollen. Es gibt aber dieses eine Alter, das uns am wohlsten ist. Ich bin auf dem psychischen Stand eines jungen Erwachsenen. So fühle ich mich wohl. Mondkind hingegen steckt im Körper einer Vierjährigen fest, obwohl sie schon mehrere hundert Jahre alt ist.« Er musterte Mile, wie um sicher zu gehen, dass er ihm folgen konnte. »Bleibt deine Psyche irgendwo stecken, tut es auch dein Körper. Das ist meistens irgendein Trauma. Das Ganze ist ein verfluchter Teufelskreis, denn wenn du nicht alterst, kannst du deine Vergangenheit auch nicht überwinden. Du steckst fest.«
»Aber Peter ist doch der Junge, der niemals erwachsen wird. Was falsch ist, denn sieh ihn dir jetzt an!«
Nimmertiger nickte erneut und das so heftig, dass er seine Krone richten musste. »Ich kann es mir nicht anders erklären als so: Peter war versessen auf die Schuld, die er seinem Bruder am Tod seiner Schwester gab, das haben wir ja alle während der letzten Ereignisse auf der Jolly Roger mitbekommen. Aber indem er ihm verziehen hat, hat er die Geschichte überwunden.«
»Im wahrsten Sinne des Wortes: Loszulassen, hat ihm ermöglicht seine Vergangenheit zu überwinden?«
»Ganz genau. Er wird den Sturz irgendwie überlebt haben, vermutlich gerade so. Der Alterungsprozess hat seine Heilung dann unterstützt. Nehme man eine ordentliche Priese Glück und extra viel Wunder sowie einen heftigen Schlag auf den Kopf, dann bekommt man diesen jungen Mann, neugeboren, ohne Lasten.«
»Ein Wunder...«, wiederholte Mile. Es kam ihm unwirklich vor, dass es in Zeiten wie diesen noch Wunder geben sollte.
Nimmertiger seufzte und hob sich die Krone vom Kopf. »Mile, würdest du mir einen Gefallen machen?«
»Klar, um was geht es?«
»Komm mit.«
Nimmertiger führte ihn aus dem Raum in den nächsten. Hier hatte sich ein Grossteil der aus circa zweihundert Hybriden bestehenden Truppe zusammengefunden. Eng sassen sie beieinander, spendeten sich Wärme und Geborgenheit. Die Distanz, die man normalerweise zu Fremden hegte, war verloren. Wen hatte man denn sonst, als einander?
Nimmertiger führte sie aus dem Inkoleum ins Freie. Die Monde standen bereits am Himmel, die Sterne glitzerten auf sie herab. Es war still geworden. Der Kampflärm war versiegt, die beiden Fronten schenkten sich die Nacht um zu ruhen, Energie zu tanken. Morgen würden sie wieder übereinander herfallen. Sollte es in der Nacht doch Angriffe der Dunklen geben, hatten sie einige Wachen aufgestellt, darunter auch die weisshaarige Elfe Sookie.
»Was willst du hier draussen?«, fragte Mile den jungen König. Automatisch legte er eine Hand auf den Knauf des Chepesch. Die Nacht gehörte anderen Wesen...
Nimmertiger lächelte. »Sie geniessen. Die Nacht, die Sterne, die Monde.«
Erst da erkannte Mile, von was der Rabenjunge sprach. »Du bist kein Rabe! Aber wie...?«
»Obsidian«, erklärte er.
Mile runzelte die Stirn. »Aber... wenn der Obsidian die Verwandlung verhindert, warum benutzt ihr ihn dann nicht immer?«
Nimmertiger machte ein grimmiges Gesicht. »Der Stein befreit uns nicht vom Fluch. Er unterdrückt nur die Verwandlung. Der Haken an der Sache ist, dass wenn ich den Obsidian wieder abziehe, dann bekomme ich die volle Ladung wieder ab. Die ganze Zeit, während ich den Stein trage, wird die Verwandlung angestaut. Das heisst, ich bleibe ohne Obsidian so lange Rabe, bis ich die hinausgezögerte Verwandlung kompensiert habe.«
»Aber was, wenn ihr die Obsidiane nie ausziehen würdet?«
Nimmertiger lachte freudlos. »Das würde bedeuten, vollkommen abhängig von einem Stein zu sein.«
»Aber warum hast du dich dann entschieden, den Obsidian zu tragen? Für die Schlacht?«
Der Rabenkönig nickte. »Für die Schlacht.«
Mile seufzte und setzte sich auf die Stufen, die zum Eingang des Inkoleums führten, dann begann er Nimmertiger alles zu erzählen, was im Zeitpalast geschehen war, liess nichts aus. Sein Cousin hörte ruhig zu, nur als er von Regenjäger sprach, reagierte er heftiger, wurde nervös, besorgt. Er hatte Angst um seine Familie.
»Nimmertiger, was tun wir jetzt? Die Rebellen haben verloren, die Herrscher sind gefallen, wir haben keine Chance!«
»Du hast von diesem Fluch gesprochen, den die Dunklen auf die Zivilbevölkerung gelegt haben«, hakte der junge König nach. »Was, wenn wir diesen Fluch brechen?«
Mile runzelte die Stirn. »Wie denn? Wir wissen nicht einmal, was es ist, nur dass er im Wasser steckt.« Er fluchte. »Scheisse, das Wasser! Wie viel sauberes haben wir noch?«
Nimmertiger zog die Nase kraus. »Frag lieber nicht, das reicht höchstens noch einen Tag, dann beginnen wir zu dehydrieren. Wir könnten versuchen, zur Basis im Ezelwald zurückzukehren...«
»Verdammt! Nein, das ist doch unmöglich!« Er blickte zu den Sternen auf. Tapfer strahlten sie der Dunkelheit zum Trotz. »Gibt es eine Alternative?«
»Unsere einzige Hoffnung bliebe der Regen.«
Mile schüttelte den Kopf. »Wir können nicht einfach nur auf den Regen setzen.«
»Was ist mit unseren Spionen, hat denn keiner irgendwas über diesen Fluch in Erfahrung bringen und dem Rat zukommen lassen können?«
»Nicht dass ich...« Er stockte, schluckte. »Doch, einen Spion haben wir...«

Es war der abgelegenste Raum des Inkoleum, den er hatte finden können. Perfekt für den Besuch, den er sich erhoffte.
Mile kniete sich in den Gang zwischen den Sargreihen. »Rumpelstilzchen«, flüsterte er und lauschte.
Nichts.
»Rumpelstilzchen«, sagte er, diesmal etwas lauter.
»Rumpelstilzchen!« Nun rief er nach dem Teufel.
»Schon gut, junger Lord, ich habe Euch schon beim ersten Mal gehört!«, antwortete ihm der Teufel in seinem Rücken. Lässig lehnte er an einem der Särge. »Ihr habt mich gerufen? Was ganz Neues. Müsst ziemlich in der Patsche stecken?« Er lächelte breit.
Mile grunzte grimmig. Er hasste diesen Kerl. »Wir haben einen Vertrag. Ihr gebt mir Infos, helft mir.«
»Schön, dass Ihr Euch noch an unseren Deal erinnert.« Er grinste von einem Ohr bis zum anderen, genoss die Situation sichtlich. »Also, junger Lichterlord, was kann ich für Euch tun?«
»Die Dunklen haben die Zivilbevölkerung verflucht oder vergiftet oder weiss der Himmel was. Ihr seid hier, um mir beim Brechen des Schwurs zu helfen!«
Rumpel nickte bedächtig, hob sich seine Melone vom Kopf und begann, zwischen den Särgen umherzugehen. »Warum habt Ihr diesen Raum für unser Treffen ausgewählt?« Er warf ihm einen skeptischen Blick zu.
Mile zuckte mit den Schultern. »Er liegt abgelegen von denen, wo die Hybriden sich zurückgezogen haben.«
Der Teufel nickte nachdenklich. »Ich war schon lange nicht mehr hier«, brummte er nachdenklich. »Habe diesen Ort gemieden wie die Pest. Wusstet Ihr, dass er nur dank mir noch steht? Die Dunklen wollten ihn abreissen, doch ich flösste ihnen Respekt ein!«
»Das ist mir relativ egal!«, schnaubte Mile ungeduldig. Gab es denn keine Möglichkeit, mit dem Teufel zu reden, ohne dass der ihn gleich wieder in seine Spielchen einbezog?
Rumpel blieb vor einem der Särge stehen, strich über die Namensplaktte, ging um das Podest, auf dem das Glasgebilde stand, herum und riss den Deckel auf. Staub stob, der Teufel hustete.
»Was tut Ihr denn da?«, rief er entsetzt. »Lasst die Toten ruhen!«
Doch der Teufel lachte nur bitter. »Seht sie an, junger Herrscher. Eine Schönheit war sie, nicht wahr?«
Mile trat zögerlich an den offen stehenden Sarg heran. Auf einem weissen Seidenkissen lag eine Frau um die dreissig. Sie hatte die Züge einer Elfe, war jedoch ein Mensch. Das lange, braune, gelockte Haar reichte ihr bis zur Hüfte. Auf ihrer Stirn lag ein Diadem, das die Form eines Roggenhalms hatte. Hinter ihrem rechten Ohr hielt die goldene Ähre ihr Haar in Schach.
»Das ist Königin Farina«, erklärte der Teufel. »Du kennst sie aus dem Märchen, das die Gebrüder Grimm, diese respektlosen Fabulanten, über meine Geschichte in die Welt gesetzt haben.«
»Dann ist sie die Müllerstochter?«, schloss Mile.
»Müllerstochter!«, lachte der Teufel. »Sie war eine Hure, das war sie! Hatte sie in einem Bordell in Arrynbron, der Hauptstadt eines der westlichen Königreiche Arkans gefunden. Sie«, er zögerte einen Moment, doch dann sprach er weiter, »erinnerte mich an Marie. Sie sieht ihr Ähnlich, selbst mit all dem Prunk behangen...«
Mile musterte die Königin genauer. Tatsächlich hatte Farina Ähnlichkeit mit der Frau, die er damals in der Starre getroffen hatte. Sie hatten das gleiche, elfenhafte Gesicht, nur war Maries etwas schmaler und ihr Kinn war flacher. Ausserdem fehlten der Königin die vielen Tattoos, die Maries Haut überzogen hatten.
»Ihr Anblick hatte mich auf eine völlig abstruse Idee gebracht«, erklärte Rumpel. »Damals dachte ich noch, ich könnte meine Vergangenheit hinter mir lassen. Ich glaubte, ich könnte neu anfangen, das Loch in meinem Inneren füllen...« Er legte eine Hand auf den Bauch der Toten. »Und so hat der Teufel einen Pakt mit einer Hure geschlossen.«
»Ihr habt sie benutzen wollen, um Marie zu vergessen?«
»Nein, sie war mir egal«, knurrte er. »Mir ging es nur um das Kind?«
»Ihr Erstgeborenes?«
»Mein Kind.« Er rümpfte die Nase. »Ich wollte kein fremdes Balg, ich wollte mein eigenes Kind. Unser Deal war, dass ich ihr aus dem Elend helfen würde und sie mir im Gegenzug ein Kind schenken würde. Und das tat ich dann auch. Ich holte sie aus dem Puff, brachte sie zum König von Arrynbron, der zu dieser Zeit stark verschuldet war, und redete ihm ein, die Kleine könnte Stroh zu Gold spinnen. Tja, dann hab ich der Göre ihr Getreide vergoldet und mit ihr ein Kind gezeugt.«
»Und das hat ihren späteren Ehemann nicht gestört?«
Rumpel zuckte mit den Schultern. »Nun, er hat es erst nach der Hochzeit herausgefunden. Aber nach einem halben Jahr kam er dahinter und der ganze Schwindel flog auf. Und ratet, was dieser Barbar tat? Er hetzte ihr irgendwelche Schläger auf den Hals, die ihr das Kind aus dem Magen prügeln sollten. Das Kind starb, bevor es überhaupt geboren war. Den Fötus warfen sie in die Spiegelbucht, die seither unter dem Namen Fötenbucht bekannt ist.« In dem Gesicht des Teufels zeichnete sich Verbitterung ab. »Ich tötete den König. Farina nahm sich bald darauf das Leben. Gift... Das war der Untergang des Königreichs Arrynbron. Es wurde ins Königreich Villeverre integriert.«
»Dann habt Ihr also ein ganzes Königreich untergehen lassen, um ein Kind zu bekommen, das das Loch in Eurem Herzen hätte füllen sollen?«
Rumpel verengte die Augen zu Schlitzen. »Ja.«
Mile runzelte die Stirn. »Wieso erzählt Ihr mir das?«
Rumpel seufzte und knallte den Sargdeckel zu, sodass die Scheiben in ihren Fassungen klirrten. »Was glaubt Ihr, junger Lord, wer an der ganzen Sache Schuld trug. Der König? Farina? Ich? Oder etwas anderes?«
»Wie, etwas anderes? Ihr natürlich! Ihr habt Farina in das ganze hineingezogen, Ihr habt den König getötet!«
Rumpel grinste finster. »Farina wusste, auf was sie sich einliess. Der Handel war klar. Voraussehen, was passieren würde, konnte keiner von uns. Und dass ich den König tötete... Was würdet Ihr mit jemandem anstellen, der Euer ungeborenes Kind ermorden lässt? Nein, keiner von uns hatte Schuld. Es war das Schicksal!«
»Unsinn«, widersprach Mile. »Wenn wir all unsere Taten mit dem Schicksal rechtfertigen würden, dann...«
»Hätte nicht einen Sinn?« Rumpel kicherte. »Ganz genau, so ist es, junger Lord. Das Schicksal nimmt uns die Freiheit. Was kann ich dafür, mich in Marie verliebt zu haben? Was konnte unser Kind dafür, dass das Schicksal sein Leben als Sünde sah?«
Mile schwieg, er wusste nicht, zu was dieses Gespräch führen sollte.
Der Teufel seufzte tief. »Ihr hingegen habt Glück, Mylord. Euch scheint das Schicksal wohlgesonnen. Ich weiss, wie Ihr den Fluch der Dunklen brechen könnt!«
»Was muss ich tun?«
Rumpel hievte sich über den Rand des Podestes und nahm darauf Platz. »Sagt mir, was wisst ihr bereits über besagten Fluch?«
»Er ist im Wasser. Wenn man davon trinkt, dann... Was genau passiert, weiss ich auch nicht genau. Es scheint aber, dass die Betroffenen daraufhin jeden Eigenwillen verlieren.«
Rumpel nickte grimmig. »Damaris«, schnaubte er abfällig. »Sie bindet Ihre Zauber immer an Dinge, die man einnehmen muss. So wird sie auch die ganzen Bewohner Aramesias in Schlaf versetzt haben...«
»Äpfel gab es wohl nicht für alle«, knurrte Mile düster.
»Das wird schwierig«, knurrte Rumpelstilzchen.
»Das heisst?«
»Damaris hat eine ganz besondere Technik. Wenn es um Flüche und Gifte geht, kommt keiner an sie ran. Das Gift im Wasser ist ein Gedanke, junger Lord. Ein böser, hasserfüllter Gedanke. Und wer von diesem Gedanken trinkt, wird von ihm besessen.«
»Und... wie brechen wir diesen Fluch?«
Rumpel grinste. »Denkt an was Schönes!«
»Wie bitte?«
Der Teufel sprang auf, drückte sich an ihm vorbei und hob seinen Gehstock auf. »Ihr braucht ein Gegengift. Einen Gedanken, der Damaris' neutralisiert.«
»Und wo sollen wir den finden? Und was soll dieser Gedanke sein?«
Rumpel zuckte mit den Schultern. »Der Gedanke der bösen Königin wird zweifellos grausam und böse sein. Ihr müsst einen finden, der völlig frei von Hass und Bösartigkeit ist. Gebunden an eine schöne Erinnerung, ein Gefühl, irgendwas Wundervolles. Der Gedanke eines Unschuldigen, dem keinerlei Verbrechen anzulasten sind. Am besten dafür eignen sich Kinder. Je kleiner, desto besser! Wenn Ihr den richtigen Gedanken gefunden habt, ruft Ihr mich wieder.«
Mile schüttelte den Kopf. »Hier gibt es nur die zornigen Kinder des Krieges.«
Der Teufel kehrte ihm den Rücken. »Dann, junger Lord, werdet Ihr Euch etwas einfallen lassen müssen...« Rumpelstilzchen trat aus dem Raum und als Mile ihm folgte, um ihn weiter auszufragen, war er allein...


~Sabrina~

Die anderen schliefen, als Eril sie endlich in ihre Zelle zurückbringen liess. Die Soldaten mussten sie das letzte Stück tragen, da ihr die Beine irgendwann nachgaben. Vor allem der linke Fuss tat bei jedem Schritt schrecklich weh, sie musste ihn sich beim Sturz von der Bank schlimm verdreht haben.
Nachdem die Soldaten sie in ihre Zelle geworfen, abgeschlossen und ihr die Obsidianschelle abgezogen hatten, verliessen sie den Bunker. Sobald die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, entspannte sie sich etwas. Cernunnos, der noch immer mit seinem Geweih im Gitter hing, schlief unruhig, doch sie glaubte, vor ihm erst einmal sicher zu sein.
Sie heftete den Blick auf den Altar in der Mitte des Raumes. Dort hatten die Soldaten eine Laterne stehen lassen, die einzige Lichtquelle in dem Bunker. Die Fackeln waren längst erloschen. Die kleine Flamme hinter dem Glas tanzte munter. Sie dachte an Mile. Ging es ihm gut? Hatte er den Sturz aus dem Fenster gut überstanden? Wo war er nun? Der Dummkopf würde sicher mit Hänsel einen irrwitzigen Plan aushecken.
»Sabrina?«, flüsterte es von links.
Sie hob den Kopf. »Nebelfinger? Bist du es?« Sie rutschte bis zur Wand der Zelle, presste die Stirn gegen das Gitter. Im fahlen Schein der Laterne sah sie Nebelfingers bleiches Gesicht zwischen den Gitterstäben. Es war völlig zerschrammt. Hatte er vorhin schon so ausgesehen? »Was ist mit dir passiert?«, fragte sie entsetzt.
Nebelfinger schwieg einen Moment, schliesslich erklärte er: »Nachdem sie dich mitgenommen hatten, verging eine Weile. Falk war kaum zu beruhigen. Hat getobt wie ein Löwe, war nicht zu bändigen. Er hat sogar eine der Granitplatten aus der Wand gerissen, in der Hoffnung, dahinter lose erde aufzufinden, aus der er sich freibuddeln könnte oder so. Aber Fehlanzeige. Hinter dem Granit war noch mehr Obsidian. Irgendwann kamen Soldaten, haben ihn und Topper mitgenommen. Nach ein paar – ich kann nur schätzen – Stunden, brachten sie sie zurück und nahmen Aschenauge, den Herzkasper und mich mit. Sie... haben... Dinge getan und... Fragen gestellt. Über dich, Mile, die Rebellen.«
»Sie haben euch gefoltert?«, fragte sie hart und kalte Wut keimte in ihr auf.
»Ja...«
Sabrina fluchte. »Aber es geht euch gut? Dir, Falk, Jeremy... Keine Knochenbrüche?«
Nebelfingers schüttelte den Kopf. »Wir haben ein paar Schläge abgekriegt, aber nichts Ernstes. Wir sind nur sehr müde, aber wir waren alle tapfer, haben nichts verraten.«
Sie seufzte. Ob ihnen Tapferkeit noch etwas bringen würde? »Hast du Hunger?« Ohne auf eine Antwort zu warten, warf sie ihm ein paar der stibitzten Brotscheiben zu.
»Danke, aber die hebe ich für die anderen auf. Ich komme klar, aber Regenjäger braucht Energie.«
»Wie macht er sich?«
Sein bleiches Gesicht verschwand einen Moment in den Schatten, als er sich nach seinem Bruder umdrehte. »Valyn meint, es sei kritisch, aber er könnte es schaffen. Zum Glück haben wir den Elf dabei, Sabrina, sonst wüsste ich nicht, wie es aussähe. Meine Brüder sind Idioten, aber ich liebe sie von ganzem Herzen!«
Sabrina lächelte ein wenig. »Ich weiss, was du meinst.«
»Wir haben übrigens Glück im Unglück«, meinte Nebelfinger finster. »Durch diese Obsidiane in den Halsschellen wird die Verwandlung hinausgezögert. Das wird sich später rächen und wir werden wohl eine Woche Vollzeitrabe sein, aber dafür kann Regenjäger in Ruhe heilen. Die Verwandlung würde ihn unnötig Kraft kosten...«
Sabrina lachte freudlos. »Du glaubst an später? An eine Zukunft? Das ist das Ende, Nebelfinger. Die Rebellen haben verloren!«
»Ach, Cousine«, murmelte er und sie hörte das Lächeln in seiner Stimme. »Wir haben so viele Gründe, Hoffnung zu haben! Wir leben noch! Ausserdem sind Mile und Hänsel vermutlich wohlbehalten und auf freiem Fuss. Nicht zu vergessen Faritales und Sero. Und die Rebellen sind auch noch nicht verloren. Ja, ich habe Hoffnung und die hast du auch, du musst nur auf sie hören!«
Sie nickte. Vielleicht.
»Du darfst dich von deiner Sorge und Angst nicht unterkriegen lassen«, erklärte Nebelfinger weiter. »Regenjäger ist schwerverletzt, Nimmertiger und Schwalbentänzer sind da draussen und Mondkind ist zwar in der Basis, aber du weisst ja, wie sie ist. Wenn sie Lust hat, träumt sie sich sonst wohin. Sie war schon immer eine kleine Aussreisserin, scho bevor sie ihre Kräfte hatte. Vater nannte sie immer kleiner Funke, da wie sich bei Nacht immer aus ihrem Zimmer schlich und durch das Schloss getanzt ist. Jeremy und ich, ihre Beschützer, wir beide sind hier und sie ist alleine. Wenn uns etwas passiert, hat sie keine Chance. Herrjeh, es gibt so viele Dinge, an denen wir zerbrechen könnten. Aber deine Sorge darf dich nicht kontrollieren, Sabrina. Du gibst deine Geliebten dadurch ja nicht auf. Ich würde mein Leben für jeden einzelnen meiner Brüder geben, für Mondkind erst recht.«
»Du hast ja recht«, murmelte sie. »Aber es ist alles so aussichtlos...«
Nebelfinger seufzte. »Ich weiss.«
»Du hast recht«, murmelte sie nach kurzem, gemeinsamen Schweigen. »Wir haben tatsächlich Glück im Unglück. Wärst du jetzt ein Rabe, könnte ich mich nicht mit dir unterhalten.«
Er grinste, runzelte dann aber die Stirn. »Warum trägst du eigentlich keine Schelle am Hals?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Haben sie mir abgenommen, bevor sie mich in die Zelle gesteckt haben. Als Eril mich geholt hat, haben sie mir eine ans Handgelenk gelegt, aber die haben sie mir auch wieder abgenommen...«
»Abgesehen von dem Gitter kannst du keinen anderen Obsidian erkennen, oder? Den Obsidian hinter dem Granit mal aussenvorgenommen. Nicht der Boden, nicht die Wände. Nichts, das dir nahe genug kommen könnte, um dich zu entmachten?«
»Scheint so...«, murmelte sie und nahm sofort ein Stückchen Abstand zu dem schwarzen Gestein. Sie senkte den Blick auf ihre Hand. Ganz, ganz vorsichtig suchte sie nach dem Eis in sich, nach der Kälte, dem Frost. Kleine Eiskristalle bildeten sich auf ihrer Handfläche, ein Anblick, der ihr ein vergnügtes, leises Lachen entlockte.
»Es funktioniert, nicht wahr?«, zischte Nebelfinger aufgeregt. »Jetzt versuch, mit deinem Eis ausserhalb der Zelle was zu machen. Keine Ahnung, überzieh den Boden mit Schnee oder so...«
Sie nickte, näherte sich dem Obsidian soweit sie sich traute und legte die Hand auf den Boden. Eine dünne Frostschicht zog sich über den Granit auf den Obsidian zu, doch sobald die Kälte den schwarzen Stein erreichte, zog sie sich zurück. »Klappt nicht«, brummte sie frustriert. »Ich versuche was anderes.« Sie streckte eine Hand durch die Gitterstäbe, legte sie dort auf den Boden und suchte erneut nach ihrem Eis. Vergebens. »Verdammt! Sobald ich dem Obsidian zu nahe komme, bin ich machtlos!«
»Hey, das ist doch schon ein riesen Fortschritt! Das heisst, du kannst deine Kräfte innerhalb deiner Zelle nutzen!«
Sie liess sich mit dem Rücken gegen die Wand sinken. »Aber warum, Nebelfinger? Das machen die doch bewusst!«
Der Rabenjunge stimmte ihr zu. »Sie müssen einen Vorteil daraus ziehen wollen. Nur was?«
Auf einmal kam Sabrina eine Idee und sie wurde ganz aufgeregt. »Hey, wenn ich hier drin meine Gaben benutzen kann, vielleicht gelingt es mir ja, mich aus dieser Zelle zu träumen!«
»Tut mir leid«, meinte Nebelfinger. »Ich muss dich enttäuschen. Erinnerst du dich, was ich dir über Falk erzählt habe. Er war so in Rage, dass er eine lose Granitplatte aus der Wand gerissen hat. Dahinter fand er noch mehr Obsidian. Du wirst dich hier nicht rausträumen können.«
»Das gibt es doch nicht!«, schnaubte sie. »Ich verstehe das nicht! Warum tun die Dunklen das? Warum lassen sie mir innerhalb dieser Zelle meine Gabe?«
Nebelfinger grübelte, doch auf einmal meinte er: »Was ist mit Cernunnos?«
Sabrinas Blick heftete sich auf das schlafende Tier. »Was soll mit ihm sein?«
»Die Dunklen haben darauf geachtet, dass du deine Gaben innerhalb deines Käfigs benutzen kannst. Wenn sie das nicht dem Zufall überlassen haben, dann bestimmt auch nicht, mit wem du deine Zelle teilst.«
Nachdenklich begann sie, auf ihrer Lippe zu kauen. »Sie wollen also, dass ich irgendwas mit dem Hirsch anstelle... Aber was?«
»Im Moment schläft er, oder?«
»Jup.«
Dieses Mal grinste er. »Worauf wartest du?«
Sie zögerte. »Aber das ist doch, was die Dunklen von mir wollen, oder nicht?«
»Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden...«
Sie schnalzte ergeben. »Also gut...«

Sie spürte den Obsidian um sich herum. Ein drückendes Gefühl, wie bei schwülem Wetter. Bedrückend, einengend und energieraubend. Doch es konnte sie nicht vom Träumen abhalten.
Leise, auf Zehenspitzen schlich sie sich an das schlafende Tier heran. Sie versuchte sich so zu drapieren, dass, solle der Hirsch erwachen, er sie nicht mit seinen Hufen erschlug. Sie legte sich hin, den Kopf auf ihren linken Arm gebettet, den rechten streckte sie nach Cernunnos aus. Sein Fell war weich wie der Flaum eines Jungvogels.

Der Wind weckte sie. Er kitzelte sie an der Nasenspitze, nestelte in ihrem Haar. Sie schlug die Augen auf, über ihr wogte das Blätterdach. Keiner der beiden Monde verfärbte das silberne Licht der Sternschnuppen, die einander über den herrlich blauen Nachthimmel jagten. Zwischen den dichten Baumstämmen glommen Glühwürmchen und vereinzelte Irrlichter. Das Moos, in dem sie lag, war feucht und kühl. Grillen zirpten, aus einem nahen Feennest drang leises Glockenklingen. Der süsse Duft von reifen Waldbeeren, Nacht und Tau lag in der Luft.
Verwundert richtete sie sich auf, zupfte sich ein paar Tannennadeln von der Leinenhose und dem Hemd.
»Wo bin ich denn hier?«, murmelte sie und wünschte sich, dass Faritales hier wäre, um sie wie gewohnt auf ihrer Traumreise zu begleiten und eine dumme Antworten auf ihre hoffnungslosen Fragen zu geben.
Da ihr weder die schimmernden Pilze zwischen den Wurzeln noch die Käuzchen im Geäst ihr eine Antwort geben wollten, seufzte sie und machte sich auf die Suche nach dem Erträumer dieser Welt.
Es war eine Nacht voller Frieden, wie sie sie schon längst nicht mehr erlebt hatte. Cernunnos Wald war wunderschön und brachte sogar ihren misstrauischen, gejagten Geist dazu, Ruhe und Besonnenheit zu fühlen.
Eine Weile folgte sie einem Trampelpfad, bis sie irgendwann das Rauschen eines Flusses vernahm. Das Geräusch lockte sie vom Weg und sie folgte ihm, bis sie das reissende Wasser gefunden hatte. Hier lichtete sich der Wald und gab den Blick auf eine riesige Bergkette frei, deren Gipfel weit über die Wolken hinausragen zu schienen. Das musste das Ondorgebirge sein, die Heimat der Zwerge. Und wenn ihre Kenntnisse über Arkans Geografie nicht völlig täuschten, musste sie sich nun in dem Zwillingswald Nayee befinden. Der Fluss, der demnach Hora hiess, trennte ihn von Naiá, seinem Bruder.
Sie senkte den Blick und entdeckte Cernunnos, wie er seelenruhig an einer seichten Stelle des Flussufers stand und trank. Sein Fell schien den Schein der Sterne regelrecht zu absorbieren.
Sie hatte den Hirsch bisher nie so beobachten können. Nicht, wenn er so ruhig war. Ausserhalb seiner Träume war er tollwütig oder lag im Gitter seines Gefängnisses verhakt am Boden. Hier war er jedoch in seiner Welt, hier war er der Herr seiner Träume.
Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie sich dem weissen König näherte. Würde er davonrennen oder sie gar angreifen?
Das Rauschen des Flusses übertönte ihre Schritte, doch als sie nicht mehr als zehn Schritte von ihm entfernt war, trat sie auf einen glitschigen Stein, der knirschend über den nächsten scharrte.
Der Hirsch hob den Kopf, seine Ohren zuckten. Die dunklen, geschwungenen Augen musterten sie. Fast glaubte Sabrina, eine Frage in ihnen zu lesen.
Sehr langsam und nicht minder vorsichtig, drehte sie die Handflächen nach oben und streckte sie ihm hin.
Sein Blick blieb skeptisch, doch seine Ohren drehten sich neugierig.
Ganz sachte, ganz vorsichtig streckte sie ihre Fühler nach dem Geist des Wesens aus, berührte ihn, streichelte über seinen Verstand. Cernunnos schreckte nicht zurück. Seine Hufe bewegten sich auf sie zu, er öffnete sich ihr und gewährte ihr Einlass in seine Gedanken, die beinahe so klar erschienen wie die eines Animanoren.
»Du bist neugierig«, flüsterte sie und lächelte. »Bin ich auch. Wer bist du?«
Der weisse König blieb vor ihr stehen, der Wind trug seinen Geruch zu ihr und sie glaubte frisches Gras, Erde und Zimt zu riechen. Langsam senkte er seinen Schädel, sie spürte feine Härchen über ihre Handfläche streichen, als er an ihr schnupperte. Seine Nüstern blähten sich und er gab ein zufrieden klingendes Schnauben von sich.
»Darf ich?« Sie hob eine Hand und legte sie auf seine Schnauze.
Cernunnos liess sie gewähren und als sie eine Weile so dagestanden waren, senkte er den Kopf so weit, bis sein Geweih beinahe den Boden berührte. Fast schien es, als würde er sich vor ihr verbeugen.
»Man nennt dich Cernunnos, den weissen Hirsch, den vergessenen König. Aber wer bist du?«
Cernunnos antwortete ihr, indem er ihr eine Reihe von Stimmungen, Farben und Erinnerungen vorspielte. Da war Ehrfurcht, Kälte, Macht, Ruhe, helles Blau, Silber, tote Sterne, neugeborene Sterne, Jahrtausende und zu guter Letzt eine Frau mit schulterlangem, platinblondem Haar, weisser Haut, spitzer Nase, schmalen Lippen, hohen, harten Wangenknochen und tiefliegenden, scharfen, eisblauen Augen.
Dieses abschliessende Bild, das die anderen Eindrücke natürlich völlig in Schatten stellte, brannte sich ihr in die Netzhaut. »Das war der Schneegeist, die erste Eisprinzessin, eine Urherrscherinnen... und deine Schöpferin.« Keine Frage. Eine Feststellung.
Der weisse Hirsch leckte ihr über die Hand..

Als sie am nächsten Morgen erwachten und Sabrina Cernunnos sogleich half, sein Geweih aus dem Gitter zu befreien, blieb der Hirsch völlig ruhig. Er tobte nicht mehr, war völlig entspannt.
Diese unerklärliche Verbindung, die sie zueinander hatten, war verstärkt.


~Mile~

Denkt an was Schönes.
Die Anweisung des Teufels hatte ihn bis in seine unruhigen Träume verfolgt und ihn schliesslich am frühen Morgen aus dem Bett – respektive vom Boden gescheucht. Um die anderen nicht zu stören, schlich er sich aus dem Inkoleum, frische Luft schnappen.
Auch diesen Morgen versank Tempus im Nebel, was ihre Lage noch gefährlicher machte. Würde sie jetzt jemand angreifen, würden sie es erst bemerken, wenn es zu spät war.
Eigentlich hatte er gehofft, etwas Zeit in Frieden für sich allein zu haben, doch das konnte er wohl vergessen. Peter Pan schien die gleiche Idee wie er gehabt zu haben, denn der junge Mann sass auf der untersten Stufe des Eingangs und starrte Löcher in das Weiss.
»Guten Morgen«, begrüsste er ihn und nahm neben ihm Platz.
»Hallo«, antwortete Peter etwas knapp und nestelte an dem Gambeson, das ihm zuvor ein ganzes Stück zu gross gewesen war, ihm nun aber perfekt passte.
»Was machst du denn so früh hier draussen? Bist du nicht müde?«
Peter zuckte mit den Schultern, biss sich auf die Lippe, antwortete nur zögerlich: »Ich... kann nicht schlafen.«
»Halten dich deine Gedanken wach? Das kenne ich...«
»Nein, nicht die Gedanken.« Peter legte die Arme um sich, als wäre ihm kalt. »Es sind die Träume...«
»Alpträume?«
Peter zuckte erneut mit den Schultern. »Ich kann es nicht sagen. Manche fühlen sich schlecht an, traurig. Andere sind wundervoll... Aber ich verstehe sie nicht. Ich...«
»Was passiert denn?«
Der junge Mann fuhr sich über das noch immer von Asche und Dreck verschmierte Gesicht. »Orte und Wesen. Ich wandere durch blaue Wälder, balanciere auf dem Zeiger einer riesigen Turmuhr, unter mir fliegt das Meer vorbei. Ich sehe ein rothaariges Mädchen, einen einhändigen Mann und sie... sie, die gestern starb...« Seine Scheu scheinbar vergessen, hob er ruckartig den Kopf. »Wo ist das, wer ist das und... wer bin ich?«
Mile schluckte. »Du erinnerst dich noch immer nicht.«
»Nein, aber du! Du weisst, wer ich bin, kennst meinen Namen. Peter Pan! Bitte, sag mir, wer das ist, wer ich bin! Ich weiss nicht, was das hier für ein Krieg ist, wo ich bin und warum ich mich fühle, wie ich mich fühle...«
»Was hast du denn gefühlt, als du diese Orte in deinen Träumen gesehen hast?«
Er seufzte, schloss die Augen. »Im Wald war ich einsam, auf dem Uhrzeiger war ich voll Reue, aber als ich flog war ich glücklich.«
»Und was fühlst du, wenn du an die Menschen denkst?«
»Die beiden Mädchen machten mich sehr unglücklich...« Er griff sich an die Brust. »Es tut weh... Ich vermisse...«
»Und der Mann?«
Peter schniefte. Seine Wimpern fingen die Tränen, die seine Lider nicht mehr halten konnten.
»Er auch.« Er hob den Blick. »Bitte.«
Peters Flehen war so ehrlich verzweifelt, dass es ihm in der Seele wehtat. Nur zu gerne hätte Mile ihm geholfen, doch er zögerte. Der Junge, der niemals erwachsen wurde, war ein jähzorniges, verbittertes und rachsüchtiges Kind gewesen. Ein zorniges Kind des Krieges. Was, wenn seine Amnesie seine Chance war, dieser Bitterkeit zu entkommen?
»Es tut mir leid«, meinte Mile, »aber ich weiss nicht, ob ich dir das erzählen sollte, Peter.«
Der junge Mann blickte ihn auf eine ganz sonderbare Weise an. Im ersten Moment sah er seinem alten Ich sehr ähnlich. Da war Wut in seinen Augen, hilflose Wut. Doch nur einen Moment, denn schnell wich sie Trauer und... Neugier...
»Aber warum? Ich bin niemand, wenn ich nicht weiss, wer ich bin.«
»Das ist es ja, Peter. Du kannst sein, wer du willst, du kannst von vorne beginnen!«
»Warum sollte ich das wollen?«
Mile schnalzte etwas ratlos. Wie sollte er das erklären? »Auf Erinnerungen«, begann er und strich mit der Hand etwas Staub und Schutt von der Stufe, auf der sie sassen, »basiert unser Wesen. Wir sind Geschichten...« Vorsichtig suchte er nach den richtigen Worten. »Wenn ich dir von deiner Geschichte erzähle, forme ich dich. Aber so, wie du jetzt bist, bist du völlig unbefleckt. Du... bist ein unbeschriebenes Blatt Papier. Du... bist unschuldig, du bist wie... wie...« Er stockte. »Du bist wie ein Kind...«
Peter Pan, erwachsen, ein Kind, verstand ihn nicht und reagierte sarkastisch: »Ich weiss nicht, wie alt ich bin, aber ich scheine etwas gross für ein Kind zu sein, meinst du nicht?«
Mile sprang auf. »Peter, das ist gut, das könnte unsere Rettung sein!«
»Unsere Rettung?«
Er lächelte. »Ein Goldstück für deine Gedanken.«
Peter runzelte die Stirn, machte den Mund auf, wollte fragen, was es mit diesem Angebot auf sich hatte, doch er wurde von einer harschen Stimme hinter ihnen unterbrochen.
»Was macht ihr hier?«
»Hyru, Sookie«, begrüsste er die Elfe. »Nur etwas frische Luft schnappen, ist nichts dabei...«
»Oh doch«, schnaubte sie, scheinbar erbost über seine Leichtsinnigkeit. »Eben kam einer unserer Späher zurück. Ein Trupp Grauer nähert sich uns. Sie schleichen durch die Gassen, ein Wolf führt sie, die Schnauze am Boden. Sie suchen nach Euch, Mylord.«
Miles Brauen zogen sich zusammen, er legte eine Hand auf Hänsels Chepesch. »Wie viele sind es?«
»Vielleicht fünfzig. Alle schwer bewaffnet. Wir sind zwar mehr als sie, aber es ist auch nur ein Aufklärungstrupp. Wenn sie uns erstmal haben, werden weitere folgen. Wir müssen sie ausschalten, bevor sie das Inkoleum erreicht haben.«
Mile nickte. »Holt euch zwanzig Krieger. Zehn Bogenschützen sollen ihnen auf den Dächern auflauern. Die holen wir uns. Aber später werden wir trotzdem weiterziehen müssen. Wir helfen niemandem, wenn wir uns weiter verschanzen.«
Die Elfe nickte. »Ich wecke den König. Er soll hier bleiben und den Rest der Hybriden anführen. Er soll sich mit seinen Vertrauten beraten, wo wir als nächstes hinwollen.« Sie spurtete die Stufen des Marmorgebäudes hoch.
»Was ist mit mir?«, fragte Peter. »Kann ich etwas tun?«
»Ja, kannst du«, meinte er und legte eine Hand auf die Schulter des jungen Mannes. »Du musst etwas sehr, sehr Wichtiges für mich tun. Denk an was Schönes!«

Er hatte nicht geglaubt, den Bruder seiner Gefährtin so bald schon wiederzusehen. Vor allem nicht Seite an Seite seiner Feinde. Doch da stand er, die Zähne gefletscht, das nasse Fell gesträubt. Seine Augen, die sonst einen so menschlichen Ausdruck besessen hatten, waren stumpf und glasig.
Es war ein schlechter Ort, um zu Kämpfen. Eine Backsteinkreuzung dreier Gassen, die allesamt nach Urin und Verwesung stanken, aber etwas Besseres hatte sich nicht arrangieren lassen.
Um den Trupp der Grauen von der Fährte, die sie zum Inkoleum geführt hätte, abzubringen, hatte Mile eine neue gelegt. Sookie und ihre Leute hatten ihn zu einer Gasse, die nicht weit von der war, durch die die Grauen eben gestreift waren, gebracht. Dort hatte er sich in die Hand geschnitten und ein Tuch auf die Wunde gepresst. Den schnell roten Stoff hatten sie liegen lassen und dann auf die Truppe in den Schatten an der Kreuzung gelauert.
Die Grauen waren dumm genug gewesen, die Frische des Blutes nicht zu bemerken und waren ihnen direkt in die Falle gelaufen. Die Bogenschützen auf den Dächern hatten die ersten zwanzig erledigt, die Überlebenden holten sich die Hybriden. Auch Mile, dem das Blut des letzten Tages, das er sich nicht hatte von der Haut schrubben können, von frischem weggewaschen war. Er hatte gekämpft, wie es ihm nun einmal beigebracht worden war: Schnell, gezielt, mit Feuer, schlau, hässlich. Er hatte gekämpft, bis einen der Wölfe erkannt hatte.
»Oskar!«, rief er, obwohl natürlich klar war, dass der Wolf ihn nicht verstand, verstehen konnte. Er war wie all die anderen, war wie die Verfluchten, war nun einer der Grauen.
Der Wolf stürzte sich auf ihn und Mile riss das Chepesch fallen. Der Animanor riss ihn von den Füssen und Mile knallte auf den Boden. Oskars Kopf schnellte vor, geistesgegenwärtig riss Mile die Hände hoch und packte ihn an der Schnauze. Ein tiefes, bedrohliches Grollen liess die Lefzen über ihm erbeben.
»Oskar, ich bin es! Mile! Du kennst mich!«
Der Geifer tropfte ihm ins Gesicht, Oskar versuchte, nach ihm zu schnappen, konnte sich jedoch nicht aus Miles hartem Griff befreien.
»Achtung, Mylord!«
Mile drehte den Kopf und sah Sookie mit erhobenem Schwert auf ihn zustürmen. »Nicht, Sookie! Nicht er! Er ist ein Freund... eigentlich...«
Doch die Elfe hielt nicht an.
Mile reagierte schnell wie ein Blitz, so schnell, wie er es nur dank seiner Gaben konnte und alles um ihn herum verlangsamte sich. Er liess Oskars Unterkiefer los, behielt nur die Schnauze im Griff. Mit der freien Hand langte er hinter sich, bekam die Keule eines Toten zu fassen, riss sie vor und steckte sie Oskar mit voller Wucht quer zwischen die schnappenden Kiefer. Dann riss er die Beine hoch, stiess die Solen in den Bauch des Wolfes, warf ihn von sich, sprang auf. Mit letzter Kraft bekam er Sookie zu fassen und rang sie zu Boden.
»Lasst ihn!«, brüllte Mile und dieses Mal versetzte er seiner Stimme die Macht eines Herrschers, die keine Widerrede duldete. Er wandte den Kopf, um den Hybriden, die den Kampf gewonnen hatten uns sich neugierig um sie versammelt hatten, das gleiche klar zu machen. »Niemand verletzt den Wolf! Überwältigt ihn, aber tut ihm nichts. Wir nehmen ihn mit!«

Von den insgesamt dreissig Rebellen, die an dem Hinterhalt beteiligt gewesen waren, hatten alle überlebt. Mile interpretierte das als gutes Omen.
Als sie zurückkamen, waren die Hybriden bereits auf den Beinen und machten sich auf den Aufbruch bereit. Das Inkoleum war ein guter Ort für die Nacht gewesen, doch sie konnten nicht bleiben. Sie waren Bestandteil einer Armee und deren Aufgabe war es, Tempus einzunehmen. Zwar würden sie nicht in den Zeitpalast eindringen können, aber Tempus war ein Anfang und früher oder später würden die Dunklen ihre Nest verlassen müssen. Das war jedenfalls der Plan, doch Mile hatte die Alternative.
»Vertrau mir, Nimmertiger, ich habe einen Plan!«
Der König der Verstossenen kaute auf einem Stück Brot. Ein mageres Frühstück, aber mehr hatten sie nicht. Brot, etwas Wasser und hier und da ein Apfel. Mehr passte nicht in die Provianttaschen und Rucksäcke, die jeder Krieger bei sich hatte.
»Das ist eine sehr, sehr dumme Idee, Mile. Ich kann weder dich noch Peter hier alleine lassen. Ihr seid mit uns sicherer. Allein seid ihr tote Männer.«
»Sie sind ja nicht allein!«, widersprach Faritales, der sich, seit Mile von dem Hinterhalt zurückgekehrt war, zusammen mit Sero, an ihn geklettet hatte. »Der Fellball und ich werden ihnen beistehen, nicht wahr, Kaninchen?«
Sero nickte etwas zögerlich und zuckte nervös mit dem Näschen. »Ich würde sogar vorschlagen, mich einfach hier zurückzulassen. Ich bin niemandem von Nutze und würde weiteren Kämpfen vorzugsweise fern bleiben.«
Mile ignorierte die beiden. »Nimmertiger, ich weiss, was ich tue. Und aufhalten wirst du mich sowieso nicht können. Ausserdem glaube ich, dass ich noch etwas länger Zeit habe. Dieser Trupp Graue war uns nur auf der Spur, weil sie Oskar benutzt haben. Er ist Reds Bruder und kennt meinen Geruch. Zu diesem Zweck haben sie ihn umgedreht, sie wollten mich fangen. Der nächste Trupp wird mehr Schwierigkeiten haben, mich zu finden. Du brauchst nicht...«
Ein lautes Niesen unterbrach ihn. »Pardon, ich habe eine Stauballergie.« Sero zog ein Taschentuch aus dem Kragen seines Jacketts und schnäuzte sich.
Nimmertiger zog mürrisch die Nase kraus. Seine Augen blitzten wie die Krone auf seinem Kopf. »Okay, pass auf, Mile.« Er trat näher an ihn heran und drückte ihm eine Pergamentrolle in die Hand. »Das hier ist eine Karte von Tempus. Ich habe darauf markiert, wo wir in den nächsten Nächten bleiben werden. Wenn du uns brauchst, kannst du uns dort finden.«
»Danke, Cousin.«
Der Rabenmann nickte. »Fliem!«
»Du auch!«
Der König verliess den Raum. Draussen hörte er ihn sein Volk zu Aufbruch anheizen.
Auch Schwalbentänzer verabschiedete sich von ihm.
Als Sookie an ihn herantrat, um ihm Glück in seinen folgenden Schlachten zu wünschen, hielt er sie auf. »Bevor du gehst, habe ich eine Frage an dich: Du hast Nimmertiger heute König genannt, worauf ich schliesse, dass du die Krone auf seinem Kopf akzeptierst. Bedeutet das, du hast dich ihm angeschlossen? Ihm, den Hybriden, dem Verstossenen Volk?«
Die Elfe nickte. »Ich bin Kriegerin des Freien Volkes. Meine Rasse mag die der Elfen sein, aber ich will zu keinem Volk gehören, das einem anderen seine Rechte abspricht, nur weil es gemischtes Blut hat.«
»Dafür danke ich dir, Sookie.«
Die Elfe nickte und ging.
»Darf ich auch für mich selbst entscheiden, an wessen Seite ich kämpfen will?«, fragte Peter, der die Konversation stumm und mit düsterem Blick verfolgt hatte. »Warum muss ich bei dir bleiben? Warum gehen wir nicht mit den anderen?«
Mile seufzte. »Hast du einen Gedanken?«
Peter schüttelte erzürnt den Kopf. »Von was redest du, Mile?«
»Kannst du jetzt etwa auch schon Gedanken lesen?«, fragte Faritales und malte Blümchen in den Staub auf dem Sarg, auf dem er stand.
Er seufzte erneut. »Passt auf, kommt mit.« Mile führte Peter, Sero und Faritales an einigen Särgen vorbei in den nächsten Raum.
»Ihr kennt euch eigentlich, aber aus verschiedenen Gründen werdet ihr beide Schwierigkeiten haben, euch aneinander zu erinnern. Peter – Oskar, Oskar –Peter«, erklärte Mile und ignorierte das gedämpfte Knurren des Wolfs, der mit einem Maulkorb und an allen Vieren gefesselt am Boden lag.
»Er war bei Eurer Truppe im Zeitpalast, nicht wahr? Ich glaube ihn wiederzuerkennen«, stellte das Kaninchen fest. »Da wirkte er jedoch noch nicht so martialisch.«
Der Nachtmahr pfiff anerkennend. »Die haben ihn umgedreht, stimmt's? Der ist ja wild wie ein Dagah!«
»Oskar ist eigentlich unser Freund, Peter. Aber die Dunklen, die Usurpatoren dieses Kontinents, haben ihn verflucht. Ihn und viele, viele weitere Wesen in dieser Stadt. Und wenn wir diesen Fluch nicht brechen, werden all diese Unschuldigen ihre Leben verlieren.«
»Das ist schlimm«, meinte Peter, »aber wofür brauchst du dabei mich und meine Gedanken?«
Mile schluckte. »Ich habe einen... nennen wir ihn einen vertraglich dazu verpflichteten Informanten. Dieser weiss, wie man diesen Fluch bricht. Eine der Ingredienzen, die ich dafür brauche, ist ein Gedanke. Ein reiner, guter Gedanke. Unbefleckt, verstehst du? Völlig frei von Schuld. Der Gedanke eines Unschuldigen. Wie der eines Kindes.«
»Ich bin aber kein Kind.«
Mile lachte. »Peter, wenn du wüsstest...«
»Wer ist Euer Informant?«, erkundigte sich Sero, der den Wolf oder besser gesagt dessen Fesseln misstrauisch beäugte. »Wer könnte wissen, wie ein solcher Fluch zu brechen ist?«
»Willst du nicht wissen«, brummte Mile.
»Echt nicht«, bestätigte der Dämon.
»Du willst also einen meiner Gedanken...«, meinte Peter. »Aber welchen?«
Er zuckte die Schultern. »Einen Guten. Einen Schönen. Den Besten, den du hast.«
»Aber was ist ein Gedanke? Juhu, ich bin nicht tot?«
»Mein Informant meinte, der Gedanke kann an etwas Schönes gebunden sein. Eine Erinnerung, ein Gefühl... Etwas Wundervolles.«
Peter zog die Brauen zusammen. »Ich weiss nicht, ob du es vergessen hast, Mile, aber ich bin momentan etwas knapp mit Erinnerungen. Und viele wundervolle Gefühle hatte ich auch nicht. Jedenfalls keine, seit ich... erwacht bin...«
Mile begann auf seiner Wange zu kauen. »Was ist mit deinen Träumen? Du hast mir erzählt, dass du vom Fliegen geträumt hast und da warst du glücklich.«
»Wir könnten es versuchen«, meinte Peter. »Aber mit dieser... Erinnerung verbinde ich auch viel Wehmut, obwohl ich nicht einmal weiss, wieso. Ich schätze, ich kann dir nicht wirklich helfen, Mile. Tut mir Leid...«
»Na super«, brummte Mile und lehnte sich erschöpft gegen einen der Särge. Da hatte er einen Mann ohne Erinnerungen vor sich stehen, einen Mann, der unschuldiger nicht sein konnte oder sich jedenfalls an keine seiner Schandtaten erinnerte und konnte ihn aus demselben Grund, weshalb er so nützlich war, nicht einsetzen. Es war ein verdammter Teufelskreis.
Oskar startete unterdessen einen neuen Versuch, sich von seinen Fesseln zu befreien, wand sich, knurrte, fauchte und wirbelte Staub auf.
Sero begann unablässig zu niessen. »Oh diese verfluchte Stauballergie!«
»Staub!« Mile sprang von einem Geistesblitz getroffen in die Luft, was bei seiner Landung nur noch mehr Staub aufwirbelte und Sero niessen und in mehreren Fremdsprachen-und Wörtern fluchen liess.
»Staub?«, wiederholte Faritales unschlüssig.
»Staub!« Er lachte auf. Mit vor Aufregung fahrigen Fingern tastete er sein Becken ab. »Wenn du keine guten Erinnerungen hast, schaffen wir einfach eine selbst!«
Peter schüttelte den Kopf. »Wie willst du das anstellen. Nach allem, was ich von diesem Ort gesehen habe, gibt es hier nicht viel, was mich auf irgendeiner Weise an Blumenduft und Regenbögen denken lassen könnte.«
»Nein, das nicht, aber damit vielleicht schon!« Triumphierend hob Mile ein braunes Ledersäckchen in die Höhe.
»Du meintest das mit dem Goldstück für einen Gedanken doch nicht ernst, oder? Ich weiss zwar nicht, wie sehr ich Gold liebe... oder geliebt habe, aber den gewünschten Effekt wird es nicht haben.«
»Aber nein«, meinte Mile lachend, »das hier ist ohnehin viel, viel wertvoller als Gold...« Vorsichtig öffnete er das Säckchen und lächelte, als einige der golden schimmernden Partikel aufstiegen. »Das ist Feenstaub. Damit kann man fliegen!«
»Fliegen?« Peter machte grosse Augen. »Das war doch nur ein Traum!«
Er schüttelte den Kopf. »Du bist nicht nur in deinen Träumen geflogen, Peter. Ehrlichgesagt habe ich dich sogar selten mit beiden Beinen auf dem Boden stehen sehen. Du warst ständig von einer Fee begleitet, der Staub steckte in jeder deiner Poren.«
»Wo ist diese Fee jetzt?«, fragte er. »Vielleicht kann sie mir alles über mich erzählen, sie könnte diese Verantwortung übernehmen.«
»Sie konnte nicht mitkommen. Diese Schlacht wäre zu gefährlich für eine kleine Fee gewesen, aber du wirst sie bestimmt wiedersehen. Aber jetzt lass uns eine Runde fliegen, okay?«
Peter nickte langsam. Er schien etwas ängstlich.
Mile tunkte die Finger in das Säckchen, klaubte eine ordentliche Priese Staub zusammen und liess ihn über Peters Haupt rieseln.
»Keine Sorge, sollte es nicht gleich klappen«, meinte Mile und zurrte das Säckchen wieder zu. »Du musst dich konzentrieren, die Augen schliessen und...«
»H-hilfe!«
Mile hob den Kopf, doch da, wo eben noch Peters Gesicht gewesen war, zappelten nun seine Füsse.
»Ich... fliege!«, rief er gleichzeitig völlig aus dem Häuschen und leicht panisch.
»Ich sehe es«, meinte Mile und grinste.
Peter paddelte unbeholfen in der Luft. Schwerelos stieg er weiter auf, bis er sich den Kopf an der Gewölbedecke stiess. Verwirrt rieb er sich den Schädel, lächelte aber. Er nutzte die Decke, um sich mehr Kontrolle zu haben, drehte sich, bis er mit den Füssen an der Decke stand, als hätte man ihn an das Fresko geklebt. »Hu-hu!«, rief er und winkte ihnen zu.
»Versuch doch mal ein paar freshe Tricks!«, forderte der Dämon ihn auf und flatterte zu ihm hoch. »Ein Salto oder so!«
Peter nickte und stiess sich ab. Wohl etwas zu kräftig, denn sofort trudelte er Purzelbäume schlagend durch die Luft. »Wuaaah! Haltet mich fest!«
»Ihr solltet ihm vielleicht etwas unter die Arme greifen, Mylord«, schlug Sero vor. »Das wird doch sonst nichts.«
»Lust dazu hätte ich«, meinte er schmunzelnd und langte an seinen Gürtel.
Wenig später hob auch er vom Boden ab, musste sich dafür aber deutlich mehr anstrengen als Peter, der sich scheinbar mühelos in der Luft hielt. Nur das Steuern machte ihm wohl Probleme.
»Peter!«, rief er. »Peter, du musst nur denken, wo du hin willst. Wenn du läufst, stellst du dir ja auch nicht vor, welchen Fuss du jetzt als nächstes setzt, du tust es einfach. Genauso funktioniert das Fliegen... glaube ich jedenfalls...«
»Ich hab's ja schon fast«, lachte Peter. »Pass du nur auf, dass du nicht abstürzt, so wackelig wie du dich in der Luft hältst.«
Peter hatte tatsächlich Recht. Je höher er stieg, desto schlechter wurde Miles Gleichgewicht. Er versuchte zwar, den Kopf oben zu behalten, aber immer wieder schwankte er nach vorn oder hinten, sodass er mit wedelnden Armen und Beinen wieder in die richtige Position zu kommen versuchte. »Ja, vielleicht habe ich mich etwas überschätzt«, gab er zu, als er genau wie Peter vor ihm gegen die Decke stiess.
Dieser hatte mittlerweile den Dreh raus. Übermütig flog er von einer Wand zur nächsten, wo er sich wieder abstiess, Loopings und Schrauben flog oder Räder schlug. Er jauchzte vor Freude. »Später muss ich diese Fee wiederfinden! Das hier ist grossartig!«
»Dann ist das hier einen schönen Gedanken wert?«, fragte Mile und hangelte sich an der Decke entlang zu einer Säule.
»Definitiv!«, rief Peter und sauste johlend eine Schleife.
Mile nickte und seine Miene wurde ernst. »Dann könne wir also Rumpelstilzchen rufen...«
»Ach wie gut, dass jeder weiss blablabla... Schon bin ich da.«
Augenblicklich verhallte Peters Gelächter. Der Junge bleib in der Luft stehen, schwebte misstrauisch ein Stück rückwärts.
»Wo kommt der denn her?«
Mile hatte mittlerweile seine Säule erreicht und hangelte sich an dieser wieder zum Boden hinab und versuchte, sich den Staub abzuklopfen. »Wir haben einen Gedanken. Nun seid Ihr dran.«
Der Teufel grinste Böse. »Wohl wahr.« Er deutete mit seinem Gehstock auf Peter. »Dann komm runter mein Junge, dann legen wir los.«
Sero, der beim Anblick des abtrünnigen Dunklen scheinbar knapp einem Infarkt entgangen war, fand nun seine Stimme wieder: »Das... das... das... Rumpelstilzchen! Oh, beim Himmel, bei allen Göttern, bei der Weltenschildkröte Tibelia! Verschont mich, verschont mich, Herr!«
»Ach, was macht denn der Bettvorleger hier?«, brummte der Teufel amüsiert und stocherte mit seinem Stock nach Sero, bis der sich hinter einen Sarg flüchtete.
»Habt Ihr alles?«, wiederholte Mile, dessen Gedultsfaden bereits gespannt war.
»Ja doch. Alkohol, um dem Ganzen eine Materie zu geben. Ein Haar Damaris', was meinem akribischen Misstrauen zu verdanken ist, eine Kräutermischung, die wir verbrennen werden, um dem Zauber Kraft und Tragfläche zu geben, den Jungen haben wir, nun brauchen wir noch etwas infiziertes Wasser, aber das ist ja schnell aufgetrieben.«
»Mehr nicht? Ihr haut uns doch nicht übers Ohr?«, hakte Mile nach.
Rumpel verdrehte die Augen. »Die Etikette würde eigentlich nach dem Blut einer Jungfrau verlangen, aber ich schätze, da ist bei euch nichts zu holen. Tiere und Dämonen zählen leider nicht.«
»Ach, Ihr!«, rief der Dämon empört. »Ich bin ja wohl ein Prachtexemplar meiner Art. Die Weiber laufen wir zur Balzzeit in Scharen nach und«, er gluckste dümmlich und selbstzufrieden, »für die Stehkraft unserer besten Stücke sind die Männer meiner Familie bekannt, wenn Ihr wisst, was ich...«
»Boah, Himmel, Faritales, das wollte doch nun wirklich niemand wissen!«
Der Teufel seufzte. »Können wir?«
»Ja. In einem der Räume hier steht so was wie ein Taufbecken. Das Wasser darin ist sicher auch infiziert.«
Sie begaben sich zu besagtem Becken. Während Rumpelstilzchen den Spruch vorbereitete, erklärte er Mile: »Wenn der Zauber vollendet ist, ist der Zauber für dieses Wasser hier gebrochen. Aber alles ausserhalb dieses Raumes ist noch immer verseucht. Und bevor ihr jetzt loszetert und mich als Vertragsbrecher bezeichnet, hört mir weiter zu! Ich weiss, wie wir den Zauber auf die ganze Stadt ausweiten, aber dafür müsst ihr etwas tun, junger Lord. Ihr müsst es regnen lassen!«
Mile runzelte die Stirn. »Und wie soll ich das bitte anstellen?«
Der Teufel verdrehte die Augen. »Jetzt muss ich Euch Eure Gaben erklären?« Er zog einen kleinen Jutesack aus der Innentasche seiner Jacke und leerte eine Mischung verschiedenster Kräuter in ein Messingschälchen, das er ebenfalls mitgebracht hatte. »Wir erinnern uns doch beide an jenen Tag, als Ihr mitten in Aramesia ein Gewitter verursacht habt, indem Ihr einen Blitz in den Himmel geschickt habt. Wiederholt das. Ich kümmere mich darum, dass der Regen die gleiche Wirkung hat, wie unser heiliges Wässerchen hier.«
Mile nickte. »Also gut.«
»Und könntet Ihr...« Der Teufel deutete auf das Schälchen und lächelte falsch.
Ein Wink mit der Hand und die Kräuter begannen zu rauchen und einen süsslichen Duft zu verströmen, der angenehm war, aber auch etwas belämmernd wirkte.
Rumpelstilzchen richtete sich auf, faltete ein Papier auseinander, in das er Damaris' Haar aufbewahrt hatte und liess es in das Wasser fallen, wo es sich mit ein wenig Geflüster auflöste. Das Papier warf er achtlos weg und entkorkte eine Flasche und leerte eine Flüssigkeit, die stark an trüben Zwergenschnaps erinnerte, in das Becken, wo der Alkohol sich mit dem Wasser mischte.
»Fehlt nur noch unsere letzte Zutat...« Der Teufel stellte sich vor Peter und gab ihm die Anweisung, still zu halten und sich auf seinen Gedanken zu konzentrieren.
»Bevor ich das tue«, hielt Peter ihn in Schach, »will ich wissen, was mit meiner Erinnerung passiert. Und mit mir.«
Der Teufel seufzte. »Wie habt ihr Rebellen es nur bis hierher geschafft?«, knurrte er genervt und erklärte: »Nein, die Erinnerung verschwindet. Scheint mir aber nur ein kleiner Preis dafür, dass es all die Unschuldigen da draussen retten wird, findest du nicht, mein Junge?«
Peter schluckte und schloss die Augen. »In Ordnung, ich denke daran, ich bin berei-«
Rumpelstilzchen liess ihn nicht einmal ausreden. Er packte ihn am Haarschopf und begann etwas zu murmeln. Ein Singsang aus Worten und Lauten in einer Sprache, die Mile nicht verstand. Peters Augen zuckten unter den Lidern. Mit seiner freien Hand öffnete der Teufel den Mund des jungen Mannes, liess sein Gemurmel lauter und lauter werden, bis er fast schon schrie. Dann verstummte er mit einem Mal und sie lauschten dem Echo, das durch die Räume des Inkoleums schallte. Peter seufzte und mit seinem Atem stiess er Rauch aus, als habe er eben an einer Pfeife gezogen.
Rumpelstilzchen flüsterte etwas, fing den Rauch mit den Händen ein, versenkte sie in dem Gemisch aus Alkohol und Wasser und zog sie wieder heraus. Kurz wurde die Flüssigkeit trüb, dann wieder klar.
»Das war's auch schon«, knurrte der Teufel und betrachtete sein Werk zufrieden.
Peter öffnete die Augen, blinzelte etwas verwirrt und fragte: »Habt ihr schon angefangen?«
»Es ist schon gemacht«, meinte Mile etwas besorgt. »Bist du okay? Geht es dir gut?«
Peter nickte vorsichtig. »Scheint noch alles dran zu sein.«
»Natürlich geht es ihm gut«, knurrte Rumpel und leerte die Kräuter aus dem Messingschälchen, um etwas aus der Flüssigkeit zu schöpfen. »Los, gehen wir raus und bringen das Ganze zu ende. Ich habe heute noch Wichtigeres zu tun!«
»Halt, halt, halt!«, hielt Mile ihn auf. »Woher wissen wir, ob das Zeug auch nicht irgendein Gift ist.«
»Herrje, Ihr Enttäuscht mich, junger Lord. Warum sollte ich Tempus verfluchen? Es ist schon verflucht!«
Miles Blick wurde düster. »Ich vertraue Euch nicht, werde ich nie.«
»Also gut! Testen wir es doch einfach an Eurem Wolf, was haltet Ihr davon?«
Bevor Mile ihn aufhalten konnte, war der Teufel losgestiefelt.
»Nein, nicht er!«
»Wieso, wird Eure Dame sauer, sollte er tot umfallen?«
»Nicht nur sie, das garantiere ich Euch!«
»Und ich garantiere Euch, dass es ihm gutgehen wird. Wir haben einen Vertrag, junger Lord. Und der bindet sogar den Teufel!« Mit diesen Worten riss er Oskar den Maulkorb vom Kopf, woraufhin dieser sofort zu kläffen und nach ihm zu schnappen begann. Als er das Maul erneut weit aufriss, um die Zähne in sein Fleisch zu graben, schüttete der Teufel ihm die Flüssigkeit in den Rachen.
Oskar hustete, nieste, blinzelte. Und mit jedem Lidschlag kehrte die Menschlichkeit in seine Augen zurück.
»Na bitte!«, fauchte der Teufel. »Putzmunter!«
»Ist das... Rumpelstilzchen?«, knurrte Oskar mit heiserer Stimme. Er versuchte, sich aufzurichten, was natürlich wegen seiner Fesseln scheiterte. Verwirrt blickte er sich um. »Mile?«
»Ich... erkläre das später!«, meinte Mile und ging auf die Knie, um Oskars Fesseln zu lösen. »Geht es dir gut? Weisst du, was passiert ist?«
Der Wolf knurrte düster. »Sie haben mich umgedreht, stimmt's? Das letzte, an was ich mich erinnere, bevor ich aufgewacht bin, ist, dass mich einer dieser grauen Bastarde dieses verfluchte Wasser zwang zu trinken... Hey, ist das etwa Peter! Er riecht genau wie der Kleine! Sollte er nicht tot sein, ich habe doch gesehen, wie er fiel, spinne ich?«
Mile lächelte. »Später, später. Jetzt müssen wir erst Tempus retten...«

Draussen ging ein leichter Wind. Die letzten Reste des Nebels huschten über den Boden, über ihnen liess die Sonne ihre Hitze auf sie niederbrennen. Es war ein heisser Sommertag, Wolken gab es kaum.
»Los jetzt. Blitz, Donner, Regen«, verlangte der Teufel grimmig und scheuchte eine Mücke von seinem Messingschälchen weg, das er wieder gefüllt hatte.
Mile nickte, stellte sich breitbeinig hin, schloss die Augen und konzentrierte sich. Er lockte das Feuer, liess die Hitze in sich wachsen, anschwellen, immer mehr, bis sich Druck aufbaute und er die Energie bündeln konnte.
Über ihnen zogen sich die Wolken zusammen. Aus dünnen, feinen Zirrus schwollen dicke Cumulus, die dunkel und schwarz wurden.
»Jetzt!« rief Mile durch zusammengebissene Zähne, reckte den Finger gen Himmel, aus dem einen Wimpernschlag später ein Blitz schoss, der die Welt erhellte und Donner über die Stadt grollen liess.
Rumpel begann mit seinem Zauber, rührte mit einem Finger in dem Wasser, das auf einmal Tropfen für Tropfen zum Himmel aufstieg, als hätte er den Regen umgedreht.
Und dann begann es wirklich zu regnen. Dicke, volle Tropfen färbten die Asche dunkel. Wieder blitzte und donnerte es.
Mile legte den Kopf in den Nacken, spürte wie der Regen ihm die Kruste aus eingetrocknetem Dreck und Blut von der Haut wusch.
»Herzlichen Glückwunsch, Mylord«, rief der Teufel hinter ihm. »Ihr habt Tempus gerettet.«


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Hallo Freunde der Nacht,

Ich weiss nicht, wie es euch geht, aber in der Nacht bin ich viel leistungsfähiger als am Tag. Keine Ahnung, an was das liegt.

Endlich hat uns der Sommer erreicht, was gute und schlechte Seiten hat.
Schlecht ist: Schweiss, Sonnenbrand und der Anblick von Hinterteilen, die aus viel zu kurzen Hotpants hängen.
Gut: S O M M E R G E W I T T E R!
Es gibt doch einfach nichts Schöneres! Ich liebe es. Habe mich bei jedem (gab hier in letzter Zeit mehrere juhuuu) extra nach draussen gehockt und im Schutz unseres Terrassentdachs geschrieben. Sommergewitter sind einfach toll! Das Donnern, der warme Regen und dieser wundervolle Duft, der einen genauso wundervollen Namen hat, aber dazu mehr in Kapitel 74.

Zurück zu diesem Kapitel.
Wie fandet ihr es? Eril, Peter, Rumpel, Oskar etc. Wie glaubt ihr, wird es weitergehen, jetzt, da Tempus scheinbar gerettet und Damaris' Fluch gebrochen ist?
Freue mich immer über Kommentare^^

Dann hier mal wieder eine philosophische Frage, über die ich mir schon so manches Mal den Kopf zerbrochen habe:
Ist man unschuldig, wenn man sich an ein Verbrechen, das man beging und das Motiv, das man hatte, nicht mehr erinnert? Ist es gerecht, jemanden zu bestrafen, der sich an seine Verbrechen nicht mehr erinnern kann?
Ein Goldstück für eure Gedanken! ;P

Musik zum Kapitel: Mercy – Hurts

Gewidmet ist dieses Kapitel Mallylein, weil sie gerade ein richtig tolles Buch schreibt. Loreley ~ Die See ruft. Unbedingt lesen, das wird richtig toll!

So und nun wünsche ich euch alles Gute, beehrt Twos bald wieder :)

Gehabt euch wohl,
Eure Dreamy

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