Plötzlich Indianer - Eine Zei...

By Booky_2017

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Die siebzehnjährige Marie hatte sich so sehr auf die Kursfahrt mit ihrem Englisch-Leistungskurs gefreut, der... More

Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kaptel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Epilog
Zugabe

Kapitel 13

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By Booky_2017

<Auszug aus Kapitel 12:>

Bevor ich darüber nachdenken konnte, setzte sie bereits an, das Hindernis vor uns zu überwinden. Als ihre Vorderbeine und ihr Körper in die Luft schnellten, spürte ich, wie ich auf dem glatten, schweißbedeckten Pferderücken nach hinten rutschte ...

<Fortsetzung:>

Es ging alles blitzschnell. Meine Finger verloren ihren Halt an der Mähne und ich fiel ins Leere. Ich schrie. Im nächsten Moment landete ich auf etwas Weichem, Felligem, rollte daran herunter, und kauerte mich instinktiv hinter den toten Büffel.

Ich hielt die Luft an, während die Herde nach links und rechts ausscherte, um dem Hindernis aus dem Weg zu gehen, wie ein rauschender Fluss, der um einen Fels in der Mitte brandete. Ich bedeckte meinen Kopf mit meinen Händen und machte mich so klein wie möglich, spürte das weiche, lockige Fell an meiner Wange und sog den scharfen Wildgeruch ein.

Ein weiterer Schrei — ein menschlicher — ganz in der Nähe. Ich wagte es, den Kopf ein wenig zu heben und über meine Schutzmauer aus braunem, verfilztem Pelz zu schielen. Die Herde schien sich auszudünnen. Ihre Masse driftete in eine andere Richtung ab, doch immer noch trabten einige Büffel an beiden Seiten von mir vorbei. Hinter ihnen näherte sich ein Reiter auf einem gescheckten Pferd. Ein Pfeil flog von ihm ab und brachte einen Büffel neben ihm zu Fall, während er daran vorbeizog.

Ohitika, wollte ich schreien, als ich ihn erkannte. Aber meine Lungen waren mit Staub gefüllt und mein Mund trocken, sodass ich nichts als ein krampfhaftes Husten hervorbrachte. Er würde gleich an mir vorbeireiten. Ich ging das Risiko ein und stemmte mich auf zitternden Beinen nach oben, schwenkte meine Arme hoch in der Luft, die noch immer vom Staub erfüllt war.

Ich wusste nicht, ob er mich gesehen hatte. Meine Lungen brannten höllisch und meine Augen tränten so stark, dass ich sie zukneifen musste.

Als ich sie wieder öffnete, hatte er seinen Schecken herumgerissen und galoppierte direkt auf mich zu. Er schrie etwas, aber ich verstand es nicht. Er wedelte mit den Armen und ich winkte zurück, unendlich erleichtert. Doch seine Bewegungen wurden immer energischer, es schien, dass er mir etwas Wichtiges mitteilen wollte.

Endlich drehte ich mich um — und starrte in die kleinen schwarzen Augen eines Büffelstiers, der geradewegs auf mich zustürmte. Sein Kopf war riesig, die Hörner blitzten hell in dem schwarzbraunen Fell auf. Er war größer und kräftiger als der tote Büffel, hinter dem ich mich versteckt hatte. Staub drang aus seinen Nüstern, als er wütend schnaubte, den Schwanz steil in die Höhe gestellt. Sein Rücken war mit Pfeilen gespickt, aber er schien nicht nennenswert verletzt zu sein — nur wütend. Sehr wütend.

Ich stolperte nach hinten. Meine Beine trafen gegen den pelzigen Körper des erlegten Tiers. Hastig kletterte ich über den Hügel aus Fell auf die andere Seite — aus dem Weg des wütenden Büffelstiers, wie ich hoffte. Ohitika ritt hinter mir heran. Er hielt seinen Bogen gespannt und sandte in rascher Abfolge mehrere Pfeile in Richtung des Büffels, der frontal auf uns zu galoppierte. Einer davon traf den Büffel direkt ins Auge, doch noch immer machte das riesige Tier nicht Halt.

Ohitika hatte mich fast erreicht. Die Nüstern des Schecken waren geweitet und seine Flanken verklebt von Schweiß und Staub.

„Komm", rief er und hängte sich den Bogen über die Schulter, um die Hände frei zu haben. Ich dachte schon, er wollte mich umreiten, denn er verlangsamte seine Geschwindigkeit kaum. Während er sich mit einer Hand an der Mähne seines Mustangs festhielt, beugte er sich ein wenig herunter und schlang im Vorbeireiten seinen freien Arm um meine Taille. Er hob mich vor sich aufs Pferd, bevor ich wusste, wie mir geschah.

Zusammen galoppierten wir aus den Überresten der Herde heraus, bis wir freie Bahn hatten. Meine Kraft war verbraucht. Wenn er mich nicht mit einem Arm von hinten umklammert hätte, wäre ich einfach vom Pferd gerutscht. Kaum merkte ich, wie der Mustang langsamer wurde und schließlich zum Stehen kam. Wir befanden uns an einem Bach; das klare, glucksende Wasser lockte meine staubtrockene Kehle. Mit Ohitikas Unterstützung ließ ich mich vom Pferd gleiten und landete auf unsicheren Beinen, die sofort unter mir nachgaben. Ich sackte ins Gras und wollte einfach nur dort sitzen bleiben, schnaufend und zu Tode erschöpft.

Doch auf einmal umschloss Ohitikas Hand fest meinen Arm und er zog mich grob wieder auf die Beine. Seine Miene war so wütend, wie ich ihn noch nie erlebt hatte — er, der doch immer so beherrscht war. Schlagartig wurde ich wieder munter.

„Hat Malie keinen Verstand?", zischte er. Sein Atem streifte mein Gesicht, so nah war er mir.

Sein gesamter Körper, sein Gesicht und Haar waren staubbedeckt, und herunterlaufende Schweißtropfen hinterließen dünne Spuren auf Stirn und Wangen. Aber seine dunklen Augen blitzten so ungetrübt wie immer.

„Autsch", protestierte ich und wollte mich aus seinem Griff befreien, aber er ließ nicht locker.

„Was machst du hier?", fragte er durch zusammengebissene Zähne.

Ich räusperte mich, um den Staub aus meiner Lunge zu entfernen und Zeit zu gewinnen. „Ich wollte mir nur die Büffel ansehen."

„Dies ist kein Ort für Mädchen. Du hättest tot getrampelt werden können."

„Das ist mir klar", entgegnete ich trotzig, obwohl mir das Herz bis zum Hals schlug. Aber ich fand es nicht fair, dass er mich so anging. Ich hatte die Biester schließlich nicht zum Rasen gebracht. „Ich war vorsichtig. Ich konnte doch nicht wissen, dass die Büffel auf einmal die Richtung wechseln und auf mich zukommen würden. Glaubst du etwa, ich habe sie absichtlich aufgescheucht?"

Endlich ließ er meinen Arm los und ich wich ein klein wenig zurück und blickte zu seinem Mustang, der am Bach seinen Durst stillte. „Nein." Seine Miene verfinsterte sich noch mehr. „Das war nicht Malie", murmelte er.

Ich atmete auf, doch er war noch nicht mit mir fertig. „Du hast mein Vertrauen missbraucht, und das von Häuptling Mazzukata", sagte er leise. „Wir haben dir alle Freiheiten gelassen, die ein Lakota-Mädchen hat. Und du dankst es uns, indem du unsere Gebote missachtest?" Ich wusste, jedes Mal, wenn er ‚uns' sagte, meinte er sich selbst.

Ich biss mir auf die Lippe. Das schlechte Gewissen meldete sich. Ja, ich hatte mich unerlaubt vom Lager entfernt und die Wache belogen. Und ich hatte meine Rechnung dafür bekommen - eine Büffelbesichtigung der ganz anderen Art! Aber mein Stolz, dieser verdammte, fühlte sich verletzt von Ohitikas zornigem und herablassendem Ton. Ich hasste es, zurechtgewiesen zu werden wie ein unartiges Kind. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenn du mir erlaubt hättest, mit euch zu gehen, dann wäre das nicht passiert."

Er schnaufte frustriert und seine Augen verengten sich leicht. „Sind alle weißen Mädchen so ..." Er brach ab und schüttelte den Kopf.

„So was?"

„So töricht?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, wie alle sind. Ich bin, wie ich bin."

Seine Stimme wurde eisig. „Wenn du weiterhin in den Zelten der Lakota leben willst, dann muss du lernen, dich auch wie eine solche zu verhalten."

Wieder begehrte mein „Was heißt wollen! Ich habe mir das hier nicht ausgesucht! Ich sollte überhaupt nicht hier sein. Und wie du siehst, gehöre ich nicht hierher."

„Ja, das sehe ich", sagte er kalt. Irgendetwas in meiner Brust schmerzte. Er trat einen Schritt zurück und sah mir fest in die Augen. „Malie wird das Lager nicht mehr ohne Aufsicht verlassen. Es wird immer jemand in ihrer Nähe sein, bis sie bewiesen hat, dass man sich auf sie und ihr Wort verlassen kann. Ich habe gesprochen."

Er ging zum Bach, um sich notdürftig den Staub vom Gesicht zu waschen. Ein Felsbrocken schien in meinem Magen zu liegen. Ich hatte alles kaputtgemacht.

Auch der Häuptling war nicht gerade erfreut, als wir wenig später auf Ohitikas Schecken — ich hoffte, meine Stute wäre inzwischen zur Herde zurückgekehrt — zu den erfolgreichen Jägern ritten. Sie schritten gerade die verstreut liegenden erlegten Kolosse ab, um zu entscheiden, wer den ersten Anspruch auf die Beute hatte. Als Mazzukata mich sah, verengten sich seine Augen, doch dann maß er vor allem Ohitika mit seinem Blick. Auf einmal fühlte ich mich noch furchtbarer. Auch wenn der Häuptling nichts weiter sagte, wusste ich, dass Ohitika sich später vor ihm würde rechtfertigen müssen, weil er nicht auf mich ‚aufgepasst' hatte. Ich hatte ihm Schande eingebracht. Das war das Letzte, was ich gewollt hatte.

Ich hielt mich im Hintergrund, während die Männer den ersten Büffel ausnahmen und die noch dampfenden Eingeweide untereinander aufteilten. Ich war ganz froh, dass sie mich dabei nicht beachteten, denn ich hatte damit zu kämpfen, mich nicht zu übergeben. Außerdem fühlte ich kein Bedürfnis, die toten Büffeln zu betrachten. Ich war einem davon schon näher gewesen, als mir lieb war.

Ohitika hatte zehn Büffel erlegt. Das klang viel in meinen Ohren, aber Wihinapa hatte mir erzählt, dass er schon vierzehn oder sogar zwanzig Tiere mit heimgebracht hatte. Ich wusste, dass es an mir lag. Meine Anwesenheit hatte ihn vom Rest der Jagd ferngehalten.

Thokala hatte nur eine Jagdbeute von sechs Büffeln vorzuweisen und schaute noch säuerlicher drein als sonst. Ich ging ihm aus dem Weg.

Die Jungen mit ihren Packpferden kamen jetzt heran, um den Kriegern beim Zerteilen und Aufladen der Beute zu helfen, während sich die Sonne immer mehr dem Horizont zuneigte. Der Rest der getöteten Büffel würde von einigen Männern über Nacht vor den Wölfen bewacht werden.

Auf dem Weg zurück im Zeltdorf saß ich schweigend vor Ohitika auf seinem Hengst. Ich spürte seinen Körper hinter mir und fühlte mich unbehaglich. Es erinnerte mich an unsere erste Begegnung, als er mich vor dem Bären gerettet hatte. Damals hatte er mich aufgehoben, als wäre ich nicht schwerer als eine Strohpuppe. Sein Schweigen war ein deutliches Zeichen, dass er noch immer sauer auf mich war.

Schließlich hielt ich es nicht mehr aus. „Ohitika", sagte ich leise. Der Wind riss mir die Worte vom Mund und ich war mir nicht sicher, ob er es überhaupt gehört hatte. „Es tut mir leid."

Er erwiderte nichts und ich konnte mich nicht umdrehen, um seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Wir ritten weiter, vor und hinter uns die Reihe der anderen Jäger, im Anschluss die Packpferde mit dem Fleisch. Es würde heute Abend ein Festessen geben, wie Wihinapa gesagt hatte. Aber mir war überhaupt nicht nach Feiern zumute.

Die Frauen und Mädchen erwarteten uns bereits am Rand des Lagers, um die Packpferde entgegenzunehmen und abzuladen. Ihre Gesichter strahlten vor Freude über die reiche Beute. Nur Wihinapas Augen wurden ganz rund, als sie mich auf dem Schecken sah. Sie fragte nichts. Gemeinsam schleppten wir einige Lederpacken mit dem frischen Fleisch zu unserem Zelt, während sich Ohitika um sein Pferd kümmerte.

Erst als wir dort angekommen waren und die Päckchen zum Frischhalten in der Erde vergruben, fragte sie leise: „Hat Wakinyan ihre Büffel gesehen?"

Ich blickte zu Boden. „Ja, und das reicht mir auch fürs Erste", murmelte ich. Dann lief ich zum Bach, um mich zu waschen.


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