Fassungslos schaut Arabella sich um. Das Ticket in ihrer Hand zittert leicht. Jordan sitzt fröhlich auf ihrem Schoß und spielt mit seinem Lieblingskuscheltier, einem Plüsch-Einhorn. Es sieht dem Einhorn aus Das letzte Einhorn ziemlich ähnlich.
,, Wie alt ist sie?", fragt eine ältere Frau und wendet sich zu Arabella.
Arabella zieht ihre Augenbraue in die Höhe und mustert die Fremde.
,, Sie ist ein er.", murmelt sie leicht genervt und streicht über sein kleines Köpfchen.
,, Oh, tut mir Leid. Ich dachte, wegen, ähm, das Einhorn.", murmelt die Dame beschämt und schaut auf den Boden.
,, Es ist okay. Jordan ist ein etwas mehr als ein halbes Jahr alt.", beantwortet Arabella die anfängliche Frage und lächelt. Sie hat kein Recht, eine Frau, welche sie und ihren Sohn nicht kennt, blöd anzumachen. Vor allem wegen etwas, was verständlich ist.
,, Sein erster Flug mit sechs Monaten? Ist das nicht etwas früh?", fragt die Dame weiter und zieht ihre fast schon unsichtbaren Augenbrauen in die Höhe.
,, Er wird den Flug wahrscheinlich verschlafen.", erwidert sie ohne auf die Frage genauer einzugehen.
Arabella schaut auf ihre Uhr. Bis zum Boarding sind es noch, laut Anzeigetafel, zwanzig Minuten. Angestrengt seufzt sie auf und rückt Jordan auf ihrem Schoß zu recht.
Die Dame hatte offenbar das Interesse an einem Gespräch verloren, sodass Arabella sich vollkommen um Jordan kümmert.
Das Boarding verlief Problemlos und Arabella seufzt erleichtert auf, als sie sich auf ihren Platz setzt. Jordan ist mittlerweile eingeschlafen und kuschelt sich an sein Einhorn. Neben ihnen sitzt glücklicherweise niemand.
Als Arabella den Flughafen verlässt ist es bereits Abend. Sie hat den ganze Tag, und die halbe Nacht, in einer fliegenden Konservendose verbracht. Arabella ist erschöpft und Jordan ist seit ungefähr einer Stunde unruhig.
Mit einem Leihwagen fährt sie zuerst zur Bank, wo sie sich nach ihrem Kontostand erkundigt und einen kleinen Betrag abhebt, und dann in ein Hotel.
,, Wie lange möchten Sie bleiben?", fragt der Rezeptzionist und tippt auf der Tastatur herum.
,, Erstmal die Woche.", murmelt Arabella müde nach kurzem Überlegen.
Der Drucker rumort hinter der Theke und verstummt wenige Sekunden später wieder. Der Rezeptzionist legt ihr zwei Blätter vor die Nase, reicht ihr einen Kugelschreiber und bittet sie zu unterschreiben.
Nachdem alles erledigt war, macht sich Arabella auf den Weg in ihr Zimmer und kümmert sich dort zuerst um Jordan und legt sich dann, mit Jordan im Arm, hin. Es dauert nicht lange, da war sie schon eingeschlafen.
Als Arabella aufwacht ist es bereits wieder morgen und Jordan pickt seinem Stofftier in die Nase. Erschöpft setzt sie sich auf und wischt sie über's Gesicht.
,, Guten Morgen, kleiner Mann. Hast du Hunger?", fragt sie und schaut Jordan interessiert an. Dieser ist jedoch zu sehr damit beschäftigt mit seinem Einhorn zu spielen und interessiert sich nicht für seine Mutter.
Mit der Sicherheit, dass Jordan einige Sekunden alleine sein kann, macht sich Arabella auf den Weg ins Bad und macht ihre Zahnbürste fertig. Mit der Zahnbüste geht sie zurück ins Schlafzimmer und beobachtet Jordan damit er nicht vom Bett fällt.
Nachdem sie sich und Jordan fertig gemacht hat, macht sich Arabella auf den Weg in ein Café und besorgt etwas zum Essen. Mit vollem Magen macht sie sich auf den Weg zum College-Campus und wartet dort.
Einige Minuten musste Arabella warten bis ihre beste Freundin Belle sie fand.
,, Ich habe dich so vermisst.", begrüßt Belle Arabella mit einer Umarmung und Jordan mit einem Wange-streicheln. ,, Also, was genau ist passiert und was hast du jetzt vor?"
,, Das ist eine sehr lange Geschichte. Hast du noch Unterricht?", fragt Arabella unsicher.
Belle schüttelt ihren Kopf. ,, Nein, das war's für heute. Wir können, wenn es dir angenehmer ist, zu mir gehen."
Arabella nickt und schaut auf den Boden. Mit einem Lächeln auf den Lippen hackt sich Belle bei Arabella ein und marschiert in Richtung ihrer Wohnung.
Die Wohnung ist hell und groß. Arabella wird klar, dass sie sich nach so einem Leben sehnt. Ein normales, langweiliges Leben. College, lernen und das Leben genießen. Doch das ist ihr vergönnt.
,, Wow.", kommentiert Belle als Arabella ihr die ganze Geschichte erzählt hatte. ,, Und was hast du jetzt vor?"
,, Weiß ich nicht. Ich glaube, ich bleibe erstmal die Woche und fliege dann zurück nach Hause. Hoffentlich wird er dann erkannt haben, dass es so nicht weitergeht und ändert etwas.", erklärt sie und fährt sich durch die Haare.
,, Denkst du, das ist eine gute Idee? Wieso bleibst du nicht einfach hier und fängst ein neues Leben an?", hinterfragt Belle und schaut Arabella fragend an.
,, Weil ich es nicht kann. Ich glaube daran, dass sich Damien ändern kann und ich will das alles einfach nicht so aufgeben. Vor allem wegen Jordan.", antwortet sie.
,, Bist du denn überhaupt glücklich?", fragt Belle weiter und ihr Blick wird immer besorgter.
,, Ja. Wir hatten unsere Höhen und Tiefen und wir können es schaffen. Er muss einfach nur lernen, mir zu vertrauen.", beantwortet Arabella leicht genervt ihre Frage. Sie mag es nicht, dass Belle ihre Ehe in Frage stellt.
Es ist still. Man sieht Belle an, dass sie noch weitere Fragen stellen möchte, Arabella jedoch nicht verärgern will. Man sieht auch Arabella an, dass sie keine Fragen mehr zu ihrer Ehe beantworten möchte.
,, Ich mache mir nur Sorgen um dich. Es tut mir Leid, wenn ich dich damit verletze.", murmelt Belle nach einer weile beschämt und breitet ihre Arme aus. ,, Umarmung."
,, Es ist okay.", murmelt auch Arabella und schmeißt sich auf Bella. Lachend bleiben die beiden auf der Couch liegen.
,, Wie ich sehe, bist du immer noch eine Idiotin.", lacht Belle.
,, Jahreszeiten ändern sich, Menschen nicht.", erwidert Arabella daraufhin und springt von der Couch, da Jordan anfängt zu weinen.
,, Du hast ein ziemlich süßes Kind. Ich wette, er wird ein Herzensbrecher, wenn er erwachsen ist.", wechselt Belle das Thema und setzt sich auf.
,, Wahrscheinlich. Ich frag mich, ob Damien ein Herzensbrecher war.", murmelt Arabella nachdenklich.
,, Wie meinst du das?", fragt Belle und legt den Kopf schief.
,, Ich weiß gar nichts über eine High-School-Zeit."