Uralte Fassung (1): Twos - Di...

By MaraPaulie

319K 17.1K 4.7K

Achtung: Alte Fassung. Neue ebenfalls auf Account zu lesen. Nicht jedes Märchen beginnt mit »Es war einmal... More

Vorwort
Prolog
Kapitel 1 - Ticket der Freiheit
Kapitel 2 - Home Sweet Home
Kapitel 3 - Die Tallos
Kapitel 4 - Die verrückte Tanja
Kapitel 5 - Tränen aus Eis
Kapitel 6 - Verräter und Bruder
Kapitel 7 - Das Wintermädchen
Kapitel 8 - Die Herrscher der Gezeiten
Kapitel 9 - Grosser, böser Wolf
Kapitel 10 - Vom Märchen in rot
Kapitel 11 - Von Schnee im Haus und Rosen aus Feuer
Kapitel 12 - Erbe der Toten
Kapitel 13 - Von Verrückten und dem Labyrinth
Kapitel 14 - Der Bruder mit dem Schuppenkleid
Kapitel 15 - Des Winters Blut
Kapitel 16 - Der Junge, der mit der Sonne tanzt
Kapitel 17 - Augen ohne Liebe
Kapitel 18 - Die Völker aus den Büchern
Kapitel 19 - Trauriger Mörder, lass mich gehen
Kapitel 20 - Feuerraben
Kapitel 21 - Der Löwe und der Wolf
Kapitel 22 - Der Traum von Familie
Kapitel 23 - Der Pirat und die Prinzessin
Kapitel 24 - Von Barbaren und Märchen aus der Besenkammer
Kapitel 25 - Von toten Jungen und Mädchen aus Licht
Kapitel 26 - Der Lichterlord und die Antwort zum Hass
Kapitel 27 - Rote Raben und Bücher voller Schicksal
Kapitel 28 - Wer lauert in der Dunkelheit?
Kapitel 29 - Von Schläfern und Schlüsseln
Kapitel 30 - Geheimnis ohne Zeit
Kapitel 31 - Namen von Macht
Kapitel 32 - Zum Lied des irren Geigers der Dämon mit dem Teufel tanzt
Kapitel 33 - Vom Meer zu den Wolken
Kapitel 34 - Geschichten, die ein Vöglein zwitschert
Kapitel 35 - Sturmgläser, tanzende Piraten und Jungen, die vom Himmel fallen
Kapitel 36 - Klyuss' Kinder
Kapitel 37 - Blau wie der Mohn, grün wie die Hoffnung und rot wie Blut
Kapitel 38 - Das Schicksal der Verfluchten
Kapitel 39 - Gejagte der Vergangenheit
Kapitel 40 - Blut fremder Brüder
Kapitel 41 - Spiel der Könige
Kapitel 42 - Es jagt und tanzt der Geistesblitzt
Kapitel 43 - Die Wahrheit wurde von einem Lügner erschaffen
Kapitel 44 - Vom Mörder, der die schwarze Orchidee fand
Kapitel 45 - Von Herrschern mit dem Flammenhass und Helden kleiner Klingen
Kapitel 46 - Wer wir sind und was wir tun
Kapitel 47 - Einmal Monster, immer Monster
Kapitel 48 - Das Versprechen von niemals und immer
Kapitel 49 - Das Wort 'böse'
Kapitel 50 - Der Herzkasper
Kapitel 51 - Freund oder Feind, alt oder neu, beide bleiben ewig treu
Kapitel 52 - Das Gedicht des Todes
Kapitel 53 - Die Reise der Wahrheit und des Sinns hinter allem
Kapitel 54 - Von Geschwisterbanden und letzten Zeilen
Kapitel 55 - Der Tempel der Orakel
Kapitel 56 - Mondkind
Kapitel 57 - Die erste aller Schöpfungen
Kapitel 58 - Vom Intrigieren, Dechiffrieren, Konferieren und fiesen Viren
Kapitel 59 - Glücksjagd und Königsmord
Kapitel 60 - Schattenlicht und Bernsteingold
Kapitel 61 - In der Schwebe
Kapitel 62 - Patron und Paladin
Kapitel 63 - Von Luftschlössern und Monstern unterm Bett
Kapitel 64 - Deine wunderschönen Lügen
Kapitel 65 - Von Namen und Masken
Kapitel 66 - Das blinde Recht
Kapitel 67 - Das blinde Herz
Kapitel 69 - Verfluchtes Kind mit Gold gekürt
Kapitel 70 - Als niemand schlief
Kapitel 71 - Der Gewissenlose
Kapitel 72 - Phönix
Kapitel 73 - Ein Goldstück für deine Gedanken
Kapitel 74 - Kriegsherr Regen
Kapitel 75 - Der Herrscher über alle Macht
Kapitel 76 - Alles ist gut
Kapitel 77 - Die Feinde des Schicksals
Kapitel 78 - Und wenn sie nicht gestorben sind...
Kapitel 79 - Lucky Strike
Kapitel 80 - ...dann leben sie noch heute
Epilog
Authornotes
Charakterverzeichnis
Illustrationen

Kapitel 68 - Das blinde Glück

1.3K 78 59
By MaraPaulie







Kapitel 68

Das blinde Glück


~Sabrina~

Als sie an jenem Morgen vor zwölf Jahren aufgewacht war, hatte Mile am Fussende des Bettes gesessen und geweint. Ihren Bruder weinen zu sehen, war etwas Neues gewesen. Sie hatte ihn noch nie auch nur eine Träne über irgendwas vergiessen lassen sehen, aber vielleicht war sie auch nur zu klein gewesen, um sich daran zu erinnern.
Im nächsten Moment war er ihr auch schon um den Hals gefallen. Die ganze Situation hatte sie sehr erschreckt und darum hatte auch sie zu flennen begonnen.
Gleich darauf war sie zum ersten Mal dem Pater begegnet, der sie auch später, diese langen, schwierigen Jahre im Waisenhaus begleitet hatte.
Der Pater, er hatte die schwierige Aufgabe gehabt, ihnen die Situation zu erklären. Dass ihre Eltern verschwunden und die Polizei bereits eingeschaltet sei.
Erst jetzt fiel Sabrina auf, wie schräg das alles gelaufen war. Sozialarbeitern waren weder sie noch Mile begegnet. Schon damals musste etwas geschraubt worden sein, damit Mile und sie nicht in ein Pflegekindersystem verschwunden waren...
An die Geburtsstunde des Schmerzes, der sie von diesem Moment ihr ganzes Leben begleitet hatte, konnte sie sich heute nicht mehr richtig erinnern. Sie wusste noch, dass es schlimm gewesen war, dieser erste Erkenntnis, dass ihre Eltern tatsächlich einfach weg waren, aber klare Erinnerungen fehlten ihr. Als hätte die Trauer die Erinnerungen einfach weggespült.
Seither war der Schmerz nicht mehr weg zu denken. Die Leute sagten zwar, der Schmerz würde mit der Zeit weniger schlimm werden, aber Sabrina glaubte nicht daran. Sie hatte viel mehr das Gefühl, dass die Menschen nur glaubten, der Schmerz würde verschwinden, dabei hatten sie sich einfach nur daran gewöhnt, ihm Raum gegeben.

Als Falk ins Licht trat, fühlte es sich an, als hätte er einen Teil von ihr mit sich genommen. Aus ihr herausgerissen...
Sie schrie, wie sie noch nie geschrien hatte.
Die Trauer packte sie wie ein Sturm, doch die Wut war ein Vulkan. Die Wut auf alles, auf das Schicksal, das es wagte, ihr das hier anzutun, ihr Falk zu nehmen!
Das wäre doch schrecklich. Das würde doch bedeuten, wir sind völlig machtlos. Nur Spielfiguren des Universums...
Er hatte Rech gehabt. Es war schrecklich...
Die Lichtsäule vor ihr wand sich, selbst der Schleier aus Tränen vor ihrer Netzhaut konnte dieses Inferno der Helligkeit nicht verbergen.
Sie stolperte darauf zu, ihr inneres Auge zeigte ihr Falks hell erleuchtetes Gesicht in Endlosschleife.
»Niemals und immer, niemals und immer, niemals und immer«, flüsterte sie wieder und wieder. Das gebrochene Versprechen war nun ihr Mantra.
Falk war den Tod eines Piraten gestorben - er war ertrunken. Nur hatte sein Meer aus Licht und nicht aus Wasser bestanden.
Niemals und immer.
Als das Licht in ihren Augen zu schmerzen begann, schloss sie sie und sah fortan nur noch die Äderchen in ihren Lidern glühen.
»Falk!«, brüllte sie ins Licht. »Ich hole dich da jetzt raus!« Sie hob eine Hand und...
»Halt!«
Vor lauter Schreck wirbelte sie herum, die Hand noch immer erhoben, wo sich bereits ihre Waffe, das Eis, sammelte.
Durch den Schleier ihrer Tränen konnte sie nicht viel erkennen. Nur ein Leuchten am Rande der Lichtung. »Wer ist da?«, versuchte sie zu rufen, mit einem Ergebnis, das ernüchternd und gerade so verständlich war.
»Hilfe!«, antwortete das Licht mit einer hellen, klaren Stimme wie die eines Kindes.
»Bist du das, Mondkind?«, fragte Sabrina vorsichtig und liess den Arm sinken. Sie war so erschöpft...
»Ich heisse Aljona und dies ist mein Bruder Iwan. Wir führten Euch hierher...«
Sabrina rieb sich über die Augen. Nun erkannte sie das Mädchen und das Rehkitz.
Hilfe...
Hoffnung und Misstrauen begannen in ihr zu ringen, doch schliesslich gewann die Verzweiflung die Oberhand. »Falk ist... in diesem Licht und ich muss ihn rausholen...«
»Nicht!«, rief Aljona, die Sabrina zuvor für Mondkind gehalten hatte und eilte auf sie zu. »Wenn Ihr dieses Licht berührt, seid Ihr verloren! Dies ist das Portal in die nächste Welt... oder in den Tod-auf-Zeit.«
»Die Starre...«. Murmelte Sabrina. »Das schaffe ich, ich war dort schon oft, ich bin Traumwandlerin...«
»Aber nicht hier«, mischte sich nun auch das Rehkitz ein, das demnach ein Animanor sein... gewesen sein musste... »Seht Euch an, Mylady. Ihr seid ein Geist...«
»Aber wie...«, sie schüttelte den Kopf. Unwichtig! Alles was jetzt zählte war jetzt Falk! »Ich kann nicht gehen. Ich muss ihn da rausholen. Ich brauche ihn!«
Iwan und Aljona tauschten einen vielsagenden Blick aus. »Das geht nicht«, erklärte Iwan, jede Silbe betonend. »Berührt Ihr das Portal, wird es Euch endgültig aus dieser Welt ziehen. Dies hier ist nur der letzte Weg, den die Seele gehen muss. Dies ist die Welt der ewigen Nacht. Hier ist alles tot. Sie existiert allein der letzten Entscheidung wegen, die es zu treffen gibt. Sterben oder als Geist weiterzuleben. Und Euer Begleiter hat seine Entscheidung getroffen.«
Iwans Predigt ging an ihr völlig vorbei. Das einzige, was von dieser Aneinanderreihung von Wörtern an ihr hängen blieb, war diese Welt.
Diese Welt...
Wenn man sein Herz nicht mehr schlagen spürte und die eigene Existenz nicht mehr als rein immateriell zu sein schien, so war es das eigenartigste Gefühl, hatte man auf einmal eine Idee, die normalerweise einen heftigen Adrenalinschub ausgelöst hätte.
Falk befand sich nun in der Starre, ihre Seele befand sich in der Geisterwelt, ihr Körper in Twos...
Sabrina steckte die Finger in ihre Hosentasche, ertastete den Obsidian, ballte die Faust um den schwarzen Stein und stiess ihre freie Hand, noch bevor Aljona aufschreien konnte, ins Licht...

Es fühlte sich an, als würde sie eine Papierwand durchstossen. Irgendwie fest und doch so einfach zu durchbrechen. Wo auch immer ihre Hand sich daraufhin befand, dort war es kalt. Kälter als hier. Sie spürte, wie sich Frost über ihre Fingerspitzen zog wie ein eisiger Handschuh. Gleichzeitig war da ein Wind, sehr sanft, fast als würde das, was sich da hinter dem Licht befand, atmen.
»Sie ist... noch hier...«, murmelte das Rehkitz völlig perplex.
»Wie macht Ihr das?«
»Falk!« Sie schob ihren Arm bis zur Schulter weiter hinein, spreizte die Finger.
»Was Ihr auch tut, geht nicht ganz hinein!«, riet ihr Aljona, die vor lauter Anspannung an ihren Nägeln zu knabbern begann.
Sabrina nickte, dann steckte sie den Kopf ins Licht...

Auf der anderen Seite war es, wie überall in der Starre. Dunkel und endlos. Trotzdem war hier etwas anders. Sabrina konnte spüren, dies war ein Teil der Zwischenwelt, den noch niemand ausser der Toten je betreten hatte. Kein Träumer und schon gar kein Lebender.
Genauso untypisch war die hier herrschende Kälte und dieser leichte Wind und obgleich Sabrina gegen jene immun war, fröstelte es sie.
Falk lag einige Meter von ihr entfernt. Er war bewusstlos. Bewusstlos und zu weit entfernt, um ihn erreichen zu können, ohne die Starre ganz zu betreten.
Sie öffnete den Mund, um ihn zu rufen, doch sein Name blieb ihr im Halse stecken, als sie auf einmal eine Bewegung in der Dunkelheit wahrnahm. Da war etwas! Und es kam näher...
Zwei goldene Funken tanzten in der Dunkelheit, wurden zu stechenden, klugen Augen. Schwarze Pfoten, wie in Russ oder Asche getunkt flogen über den schwarzen Grund. In allen möglichen Rottönen schimmerte der Pelz des Fuchses.
Dieses Tier war wunderschön, in seiner Pracht Cernunnos ebenbürtig. Doch während sie mit dem weissen Hirsch augenblicklich eine tiefe Verbindung geteilt hatte, war es mit diesem Wesen das komplette Gegenteil. Sie spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten und jede Zelle ihres Körpers versuchte, sie zum Umkehren zu bewegen. Doch der Fuchs tänzelte elegant immer näher heran, bis er direkt vor Falk stand. Er begann an ihm zu schnüffeln und ihn zu umkreisen wie ein Geier seine Beute.
Sabrina, deren ungutes Gefühl konstant rapide schlimmer wurde, konnte nicht anders, als irgendwas zu unternehmen. »Hey du!«, rief sie und pfiff durch die Zähne.
Der Fuchs reagierte nicht. Völlig unbeeindruckt begann er, auf Falks Brust zu klettern.
»Hey! Lass ihn in Ruhe, okay? Er... er muss mit mir kommen...«
Reineke zog die Lefzen zurück und stiess ein Geräusch aus, das beinahe klang wie ein Lachen. Nein, das klang nicht nur wie eines. Die Art, wie dieses Wesen sich verhielt, was auch immer es war, es hatte einen Verstand, daran hatte sie keinen Zweifel. Und es lachte sie aus!
Sabrina wurde wütend. Sie hatte genug. Sie wollte Falk und dann weg hier! Trotz ihrer Erschöpfung und ihrer Angst, war sie entschlossen. Sie straffte die Schultern und konzentrierte ihre Wut und verbliebende Kraft allein auf ihre nächsten Worte, die sogleich, erfüllt von der Macht der Herrscher, durch die Starre hallen würden: »Verschwinde! Ich befehle es!«
Der Fuchs riss den Kopf herum, sprang auf. Sein Fell sträubte sich, er bleckte die nadelspitzen Zähne und fauchte sie an.
Sabrina schluckte. Normalerweise zeigten Befehle, die mit der Macht der Herrscher erfüllt waren, die gewünschte Wirkung...
Der Fuchs verharrte einen Moment in dieser Position. Sehr langsam entspannte er sich wieder, senkte den Kopf und betrachtete Falk einen Moment. Schliesslich sprang er von seinem Brustkorb und wuselte kurz um ihn herum, dann schlich er sich an Falks Seite, biss in seinen Mantelärmel und begann, ihn in Sabrinas Richtung zu zerren. Das Tier war erstaunlich stark und so dauerte es nicht lange und schon lag Falk zu ihren Füssen.
»D-danke«, brachte Sabrina gerade so heraus. Eigentlich sollte sie diesem Fuchs misstrauen, er wirkte auf sie alles andere als freundlich, hatte eine regelrecht bösartige Ausstrahlung und jagte ihr einen Schauer über den Rücken, wann immer sie in die goldgelben Augen blickte und doch hatte er ihr geholfen! Abgesehen davon war sie viel zu sehr von dem Gefühl der Erlösung abgelenkt, das sie erfüllte, als sie Falk an seiner rechten Hand nehmen und ihn das letzte Stück an sich heranziehen konnte.
Der Fuchs war jedoch noch nicht mit ihr fertig. Er kläffte, sprang vor und biss Falk in die linke Handfläche.
Sabrina schrie auf und holte aus, doch das Tier hatte bereits wieder von dem Piraten abgelassen. Mit einem Jaulen, das einem Triumphgeheul glich, sprang das Wesen in die Richtung davon, aus der es gekommen war - zurück in die Dunkelheit...

Tausend Fragen trieben Sabrina. Warum wollte Falk einfach nicht aufwachen? Hatte dieser Fuchs etwas damit zu tun? Die Bisswunde an Falks linker Hand, die, wäre sie eine physische, sicher schwer geblutet hätte. Was war das überhaupt für ein Wesen und wie konnte es sein, dass selbst Aljona und Iwan noch nie etwas von ihm gehört hatten? Oder war Falk wirklich einfach tot? War er jetzt vielleicht ein Geist? Und was war mit ihr selbst? War sie nun auch einer? Würde sie einer bleiben?
Antworten bekam sie höchstens auf Fragen, denen sie nie gross Beachtung geschenkt hatte. Beispielsweise, wie viel ein Geist eigentlich wog.
In Twos bestanden Geister nicht aus fester Masse und solange der Geist es nicht wollte, konnte man sie nicht einmal wirklich berühren, man fasste durch sie durch. Hier, in dieser Welt der ewigen Nacht wie Iwan sie bezeichnet hatte, war jeder, der sich hier aufhielt, so was wie ein Geist. Daher war die Antwort auf die eben gestellte Frage: Genauso viel wie sein Körper gehabt hatte.
Das war auch der Grund, wieso sie nur sehr langsam vorankamen. Falk war schwer und Sabrina und Aljona waren beide nicht die Kräftigsten. Genau genommen trugen sie Falk nicht einmal. Es war eher ein Zerren und Schleifen, aber was konnte das Falk noch anhaben? Gestorben war er ja bereits...
Iwan, der bei Piratentransport nur schwerlich helfen konnte, war vorrausgelaufen.
»Eure Begleiter«, versuchte Aljona, ein Gespräch zu beginnen und riss Sabrina damit aus ihren düsteren Gedanken, die versuchten, sich das unmögliche Szenario vorzustellen, ein Leben ohne Falk an ihrer Seite zu führen. Sie kannte ihn noch nicht einmal ein halbes Jahr, doch seither hatte sie praktisch jeden Tag mit ihm verbracht... er war einfach nicht mehr weg zu denken...
»Eure Begleiter...«, wiederholte Aljona und Sabrina blinzelte sie träge an. Dies genügte dem Geistermädchen und sie fuhr fort: »Einer von ihnen ist... Hänsel, nicht wahr?«
Sabrinas Hände umklammerten Falks Arm fester. »Woher weisst du das?«, murmelte sie, ohne auch nur zu versuchen, das Misstrauen in ihrer Stimme zu verstecken.
»Wir... haben die gleiche Leidensgeschichte... nur mit einem anderen Ende«, antwortete das Geistermädchen, die sich ebenfalls keine Mühe machte, ihre Verbitterung zu verbergen.
Das weckte nun doch Sabrinas Neugier und sie wollte Aljona gerade bitten, ihr mehr zu erzählen, da sprang auf einmal Iwan durch einen der schwarzen Büsche und rief aufgeregt: »Sie sind weg! Die Leichen!«
Sabrinas Hirn hatte Probleme, seinen Worten zu folgen. Sie war so müde und erneut schlechte Neuigkeiten zu hören, steigerte ihre Erschöpfung nur noch mehr. Wortlos starrte sie das Rehkitz an.
Sie hatte weder Aljona noch Iwan bisher richtig gemustert. Erst jetzt fiel ihr auf, dass Iwan nur ein Auge hatte. Anstelle des rechen klaffte da nur eine grosse Narbe quer über sein Gesicht und die leere Höhle.
Um sicher zu gehen, dass sie nicht komplett spann, drehte sie sich zu Aljona um. Sie hatte noch beide Augen, oder? Ja. Gut, das bedeutete, sie hatte nicht komplett den Verstand verloren...
»Körper!«, verbesserte Aljona ihren Bruder mit einem strengen Blick und riss Sabrina zurück ins Jetzt.
»W-was?«, murmelte Sabrina und schüttelte den Kopf.
Das Mädchen lächelte mitfühlend und erklärte vorsichtig: »Euer und der Körper Eures Freundes liegen nicht mehr, wo Ihr sie zurückgelassen habt.«
»Verdammt«, stöhnte Sabrina. »Die anderen müssen sie mitgenommen haben...«
»Entweder das oder... Normalerweise verschwinden die Körper aus dieser Welt, sobald sich der Tote entschieden hat ob er sterben oder als Geist weiterexistieren will«, erklärte Iwan grimmig.
Seine Schwester schenkte ihm einen mahnenden Blick. »Hoffen wir, Eure Gefährten haben sich um Eure Körper gekümmert. Ich glaube sogar, ich weiss schon, wo sie hin sind«, murmelte Aljona mit einem grimmigen Lächeln. »Wie gesagt, Iwan und ich kennen Hänsel und Gretel.«
Sabrina zog die Augenbrauen hoch. Gereizt fragte sie: »Dann sag, wo wir durch müssen!« Sie wollte endlich Falk in seinen Körper zurückstecken und diese schreckliche Nacht hinter sich lassen.
Aljona liess sich nicht einschüchtern, nickte und weiter ging es...

»Knusper, knusper, Knäuschen...«, zischte Sabrina, als das Hexenhaus zwischen den schwarzen Baumstämmen auftauchte.
»Was schimmelt dieses Häuschen«, ergänzte Iwan, der das Gebäude dermassen angeekelt musterte, dass es sogar in seinem Rehgesicht zu erkennen war.
Sein Reim war gerechtfertigt. Das ehemals zuckersüsse Häuschen hatte nichts Schmackhaftes mehr an sich. Die Lebkuchenwände waren von einem flaumigen weissgrünen Pelz überzogen. Der Zuckerguss war gelblich angelaufen und glänzte schmierig. Die meisten Verzierungen waren bereits abgebrochen. Was noch klebte, kroch wie zuckrige Schnecken den Schimmel hinab, über die Jahre eine glänzende Spur hinter sich herziehend.
Es war ekelerregend.
Das Schlimmste war jedoch der Geruch. Widerlich süsslich und zugleich irgendwie modrig...
Aus dem gleichen Grund, wieso Sabrina in der siebten Klasse Trypophobia gegoogelt hatte, konnte sie nicht aufhören, dieses grausige Gebilde anzustarren. Es war so abartig faszinierend... »Dann ist das Hedwigs altes... zu Hause?«, fragte sie mit gedämpfter Stimme, als könnte die Hexe, die nun eine der Dunklen war, sie noch immer hören.
Iwan schnaubte. »Wer sonst hat uns das angetan?«
Sabrina schluckte und sah zu Falk hinab. Gleich würde sich herausstellen, ob sie ihren Piraten gerettet hatte oder vielleicht sogar selbst tot war.
Sie schritten weiter voran, Falk noch immer hinter sich herziehend. Je näher sie kamen, desto schlimmer wurde der Gestank, aber niemand tat auch nur mehr, als die Nase zu rümpfen. Dieser Geruch war wohl das kleinere Übel.
Sabrina stiess die Tür, aus ranziger Schokolade bestehend, mit dem Fuss auf. Dahinter tat sich ein Flur auf, dessen Butterkeks-Täfelung von Insekten zerfressen war.
»Sie werden sich in der Hexenküche versteckt haben«, tippte Aljona, die sich dicht hinter Sabrina durch die Tür schob. »Dort ist der sicherste Ort im ganzen Haus und es besteht nichts aus Süsskram...«
Als sie Falks Füsse über die Türschwelle zogen, riss er mit einem schmatzenden Geräusch ein Stück Lebkuchen mit sich.
»Ist vielleicht das Beste, dass du das hier nicht sehen musst«, murmelte Sabrina an Falk gerichtet, als das Stück Schimmel Fäden zog.

Das Haus war riesig. So gross, dass sich so ziemlich jedes verirrte Kind, mit Garantie darin verlaufen oder von den einstig süssen Fallen verführen lassen hätte. Nun regierte der Verfall.
Aljona und Iwan schienen hier jedoch jeden Schimmelpilz so gut zu kennen wie ihre eigene Westentasche. Wie es keine Navi besser gekonnt hätte, führten sie Sabrina durch enge Flure, unzählige Türen und duzende von Treppen auf und ab. Und je weiter sie in diesem Labyrinth von Haus vordrangen, desto lauter wurde es. Anfangs hatte Sabrina das Wimmern, das nun aus allen Wänden zu dringen schien, für den Wind gehalten, der sein Lied durch die zerbrochenen Zuckergussfenster pfiff, doch je lauter es wurde, desto klarer war: das konnte nicht der Wind sein. Dieses Wimmern war menschlich.
»Was ist das?«, fragte Sabrina, nachdem sie entschlossen hatte, die Antwort, die, da sie sich hier in Hedwig Hexenhaus befanden, mit Sicherheit schrecklich sein würde, wissen zu wollen.
Aljona machte einen Schritt rückwärts die Treppe runter und stützte Falks Beine gegen ihre Schultern. »Das sind die anderen«, antwortete sie und Wut zerfurchte ihre Stirn. »In der Welt der Lebenden sind sie nicht zu hören, dafür hat Hedwig gesorgt. Ein Haus, dessen Wände weinen, das hätte ihr schliesslich die Beute vergrault.«
»Die anderen? Wer?«
Iwan schnaubte. »Die anderen Kinder. Kinder wie wir. Von der Hexe hergelockt, für ihre Zauber missbraucht, gefressen und ermordet.«
Sabrina jagte ein kalter Schauer über den Rücken. »Geister?«
Aljona nickte und machte einen weiteren Schritt rückwärts.
Schweigend gingen sie weiter. Falk durch das Haus zu transportieren war mühsamer als im Wald. Bei den Treppen mussten sie ihn anheben. Tot oder nicht, ihn die Treppe runterwerfen würde sie ihn trotzdem nicht.
Sabrina hatte die Orientierung schon lange verloren. Sie konnte nur schätzen, wie gross das Gebäude war. Von aussen hatte es längst nicht so riesig gewirkt. Grund dafür war wohl auch, dass das Haus unter der Erde noch weiter ging. Anhand der ewig vielen Treppen abwärts, die sie nun schon genommen hatten, mussten sie sich nun auch schon tief unter der Erde befinden.
Sabrina stieg die letzten Stufen der eben bezwungenen Treppe hinunter und kam neben den beiden Geistern zum Stehen. Aljona hatte Falks Beine abgelegt, also tat Sabrina es ihr vorsichtig gleich. »Was ist?«, fragte Sabrina, während sie sich aufrichtete.
Die beiden Geister starrten stumm in den nächsten Flur. Nur ein Türrahmen, dessen Türe bereits zur Hälfte aus den Angeln hing, trennte sie noch. Als Sabrina sich neugierig auf die Zehenspitzen stellte, erkannte sie, das der vor ihnen liegende Flur nicht wie die letzten aus aufgeweichten Keksen, Schimmelteppich oder irgendwelchem Zuckerschleim bestand, sondern aus Holz...
»Hier geht es für uns beide nicht mehr weiter«, erklärte Aljona und deutete auf die Wand über dem Türrahmen. Dort waren unzählige kleine Symbole gemalt. Sie erinnerten an Hänsel und Gretels Tattoos, hatten aber eine viel düstere Ausstrahlung. »Diese Flüche sperren uns aus. Die folgenden Räume waren Hedwigs Labore und persönliche Räume. Dort hat sie ihre Geheimnisse versteckt und ich bin mir sicher, dass sich dort auch Eure Begleiter zurückgezogen haben.«
»Na dann los!«, rief Sabrina und beugte sich bereits wieder zu Falk hinab.
»Nein, bitte... bitte warte noch einen Moment...«, bat das Mädchen sie fast schon flehend und Sabrina hielt inne.
Iwan stiess einen Laut der Wut und Trauer aus, der mit der Klage der anderen Geister im Haus verschmolz. Sein linkes Auge fixierte Sabrina. »Sieh uns an. Mein Auge, Aljonas Hand.« Bei seinen Worten hob seine Schwester eine Hand. Ihr kleiner Finger war kaum mehr als ein Stumpf. »Bevor die Hexe uns gefressen hat, hat sie jeden von uns verstümmelt. Ich habe keine Ahnung von Magie, doch ich bin mir sicher, das ist es, was uns hier festhält. Aljona, ich, all die Kinder in diesem Haus. Wir können nicht ruhen, weil Hedwig ihre Magie aus uns speist. Vielleicht sogar noch heute. Dieser Zauber, für den sie uns verstümmelte, er hat Macht über uns, selbst im Tod.«
»Daher kennen wir auch Hänsel und Gretel. Die grösste Schwäche Hedwigs ist, dass sie uns Kinder nicht mit ihren Zaubern verwirren kann. Dafür ist sie nicht mächtig genug. Bei Erwachsenen funktioniert das wunderbar. So arbeitet sie. So gelangt sie an all die Kinder. Sie verführt die Eltern, bringt sie dazu, ihre Kinder in die Waldgärten von Wyr zu schicken. Dann tötet sie die Eltern und vollbringt mit den Kindern, die früher oder später in ihre Zuckerfallen tappen, ihr schwarzes Handwerk.«
Iwan bestätigte die Worte seiner Schwester mit einem Nicken. »Hänsel und Gretel waren die einzigen Kinder, die es jemals geschafft haben, Hedwig zu entkommen.«
Aljona stiess ein Lachen aus, das so hässlich war, das Sabrina erst dachte, Hedwig sei an ihren Ort unzähliger Verbrechen zurückgekehrt. »Iwan und ich waren dabei. Wir waren es, die Gretel den Tipp gegeben haben, dass Feuer Hexen töten kann! Das ist ihnen zwar nicht gelungen, aber wenigstens haben sie sie übel verbrannt.«
»Wir haben immer gehofft, die beiden würden eines Tages zurückkehren, um uns zu erlösen, doch das ist nie geschehen.«
»Ich kann es sogar verstehen«, meinte Aljona wieder so sanft wie zuvor. »Hänsel und Gretel waren damals noch Kinder. Nicht älter als du und ich, Iwan. Und sie wussten nichts von den Zaubern. Hedwig hat sie nie verstümmeln können. Sie hatte keine Macht über die beiden. Sie wussten nicht, was uns Geister hier festhält. Und nach dem, was man hier erlebt... Kein Tier kehrt freiwillig in sein Schlachthaus zurück...«
»Aber jetzt ist er hier«, antwortete Sabrina. »Hänsel ist jetzt da. Er ist nun ein Dämonenjäger. Genau wie seine Schwester. Er kennt sich aus mit Flüchen, vielleicht kann er euch helfen. Was braucht ihr?«
Aljona nickte. »Wir können nicht sterben. Wir können nicht ins Licht, wie Euer Freund.«
Sabrina besah sich Falk, der bewusstlos an der Wand lehnte. »Falk verlor seine rechte Hand vor vielen, vielen Jahren. Heute trägt er an ihrer Stelle eine Prothese, einen Haken am Arm. Nicht zu vergessen all seine Narben...« Sie sah zu den Geschwistern auf. »Hier hat er beide Hände. All seine Wunden sind verschwunden, abgesehen von dieser frischen Bisswunde des Fuchses, den wir in der Starre trafen. Aber ihr beide... Ihr habt eure Wunden noch.«
Iwan nickte. »Genau. Stirbt man, ich meine richtig sterben, verliert man all seine Wunden. Man heilt komplett, findet Ruhe. Hedwig hat uns das genommen.«
»Darum haben wir euch hergeführt«, erklärte Aljona. »Wir wollten Euch herbringen, damit Ihr uns alle erlöst.«
Sabrina runzelte die Stirn. »Ich...«
Iwan fiel ihr ins Wort: »Das ist aber noch nicht alles. In diesen Räumen hat Hedwig, wie schon gesagt, all ihre Geheimnisse versteckt. Darunter auch, wie man in den Waldgärten von Wyr zurechtfindet.«
Sabrina wurde hellhörig. »Ach und wie?«
»Das wissen wir nicht«, antwortete Aljona. »Fest steht nur, dass die Hexe sich niemals in den Waldgärten verirrte. Das können Euch sogar die ältesten Geister dieses Hauses bestätigen.«
Sabrina nickte langsam. »Und was... muss ich tun?«
»Findet, was die Hexe von uns Kindern übriggelassen hat.« - »Mein Auge beispielsweise.« - »Und zerstört es!«, erklärten die Geschwister.
»Was wird dann passieren?«
Aljona lächelte. »Wir Geister werden erlöst und die Hexe verliert an Macht!«
»All ihre Macht?«, fragte Sabrina hoffnungsfroh.
Die Geschwister schüttelten den Kopf. »Nein. Sie hat noch viele dieser Verstecke. Überall in den Waldgärten verteilt.«
»Ich weiss nicht, ob wir die alle zerstören können«, murmelte Sabrina etwas bang.
Aljona schüttelte den Kopf. »Befreit und, das wird sie fürs erste schwächen. Durchsucht ihr Labor, vielleicht findet ihr irgendetwas Brauchbares. Entlarvt die Hexe! Und dann bringt sie zur Strecke!« Das Geistermädchen atmete tief ein, wie um sich zu beruhigen. »Wenn Ihr die Dunklen besiegt habt, werdet Ihr die anderen Geister erlösen.«
Sabrina nickte. »Falls wir das hier überleben, falls ich Falk retten kann, falls auch ich es in meinen Körper zurückschaffe, dann verdanke ich euch alles, ihr beiden.« Sie drückte Aljona an sich und streichelte Iwans Hals. »Ich danke Euch. Ich verspreche, ich werde alles tun, auch die anderen Geister zu erlösen!«
»Die Hexe soll leiden!«, knurrte Iwan. »Veranlasst das!«
»Okay...«
Aljona drückte sich in ihre Schulter. Iwan wackelte zustimmend mit den Ohren.
Sie lösten sich voneinander. Sabrina schob die Hände unter Falks Axeln, hob ihn an und zog ihn mit sich. Sie stiess die Tür auf und warf den beiden noch einen letzten Blick zu.
»Lebt wohl«, rief sie, doch hielt Inne. »Ihr... seid Märchen, ihr beide. Brüderchen und Schwesterchen, habe ich Recht?«
Sabrina kannte dieses Märchen. Sie hatte es bisher nur einmal gehört. Ihre Mutter hatte sich immer geweigert, es ihr vorzulesen, denn sie hatte behauptet, das Ende sei eine Lüge und die Geschichte schrecklich traurig. So hatte sie das erste Mal die Geschichte von Brüderchen und Schwesterchen in der Schule gelesen. Dort hatte die Lehrerin erzählt, es handle sich um eine andere Version von Hänsel und Gretel. Damals hatte sie sich immer gewundert, was ihre Mutter mit dem gelogenen Ende gemeint hatte.
Sie hätte nie geglaubt, noch irgendwann eine Antwort auf diese Frage zu bekommen.
Welch Ironie...
Zwei Märchen, die eigentlich zusammengehörten und doch solch unterschiedliche Enden hatte.
»Ja, das sind wir«, erwiderten die beiden.
»Wenn ihr sterbt, den Tod auf Zeit, dann könnte es also sein, das wir uns irgendwann wieder begegnen?«
Aljona lächelte. Iwan wackelte mit den Ohren.
»Dann nehme ich das Lebwohl zurück«, meinte sie mit einem Lächeln. »Und freue mich auf unser Wiedersehen!«

Obgleich der Flur völlig frei von vergammelten Süsswahren war, konnte Sabrina nicht behaupten, sich wohler zu fühlen. Die Atmosphäre hier war grauenvoll. Furcht lag in der Luft, zurückgelassen von all den Kindern, die hier ermordet worden waren.
Die Wände waren aus schroffem Stein und es war so eng, dass es ein Alptraum für jeden Klaustophoben war. Von der Decke hingen Lampen, deren Licht kleiner leuchtender Kristalle entstammte. Ein Zauber, der zwar bereits verglühte, aber noch nicht verwirkt war.
Ansonsten war da nicht viel über den Flur zu sagen. Er war circa zehn Meter lang. Vier Türen führten in andere Räume. Die aus der sie gekommen war, eine am Ende des Flurs und je eine an den Wänden links und rechts. Ansonsten war er kahl. Da waren nur ein paar Haken an einer Wand, an der ein längliches Stück nachtblauer Stoff hing, auf den mit gelber Farbe zwei Augen gemalt worden waren.
»Wo müssen wir wohl hin, Falk?«, murmelte sie, während sie den Piraten fester fasste. »Gleich haben wir es geschafft.«
Sie zog ihn weiter. Seine Schuhe scharrten über das Holz, ansonsten war es beunruhigend still. Als wären die Geister der Kinder alle gemeinsam verstummt und sähen ihr mit vor Spannung angehaltenem Atem zu.
Sabrina stiess die erste der Türen, an der sie vorbeikam, auf. Sie verschwendete keine Zeit, überflog den Raum nur kurz. Ein Bett, ein Tisch... Weiter!
Nächste Tür. Viele Regale. Weiter!
Die letzte Tür hing als einzige noch in den Angeln. Eine rostige Klinke verschaffte ihr Einlass.

Das Labor der Hexe roch beinahe genauso wie die schimmligen Süssigkeiten. Nur das Süssliche in dem Gestank fehlte.
Der Raum war grösser, als die beiden, die sie zuvor gesehen hatte, er war regelrecht geräumig.
Rechts standen die Wände voll von Regalen, deren Inhalte sich aus Büchern, Schriftrollen, Kerzen, Schädeln, Kräutern, Gläsern und allerlei Werkzeug wie aus dem Chemiezimmer ihrer alten Schule und mehr zusammensetzten. Davor ragte ein altarähnlicher Tisch auf, der mit gleichartigen Gerätschaften übersäht war. Kisten mit schweren Schlössern standen daneben.
Die Wand gegenüber vom Eingang war von einem gigantischen Ofen besetzt. Die Luke, mit der man die Öffnung verschliessen konnte, stand sperrangelweit offen wie ein riesiges Maul, das den Blick auf seinen Rachen freigab. Jener war schraffiert von tausenden feinen Strichen, immer fünf nebeneinander. Nur war dies nicht das Werk eines Künstlers mit Kohlestift sondern das der Kinder und ihren russigen Fingern, die sie sich bei dem verzweifelt panischen Versuch, einen Ausweg aus dem Ofenfeuer zu finden, bis auf die Knochen wundgerissen hatten, nur um schlussendlich doch bei lebendigem Leib zu verbrennen.
Sie wandte den Blick ab und wischte sich die feuchten Augen an den Schultern ab. Nicht zu viel nachdenken, weiter!
Ihr Blick floh auf die linke Seite des Raums, der neben weiteren Regalen und einem blutverschmierten Tisch ein grosser Käfig aus rostigen, dicken Metallstangen gefüllt wurde. Knochen lagen darin verstreut und ein dicker Haken hing an einer Kette von der Decke.
In diesem Käfig lagen zwei Stoffkokons. Die Körper!
Erleichterung machte sich in Sabrina breit. Daraus gewann sie die nötige Kraft, Falk in Rekordzeit durch den verstaubten Raum zu zerren, vorbei an Ofen und Schlachtbank. Die Käfigtür stand offen und als sie über die Schwelle trat, wurde sie leichter. Auch Falk in ihren Armen verlor auf einmal an Gewicht. Es fühlte sich an, als würde sie fliegen und...

Sie riss die Augen auf, atmete tief ein... und hustete los.
Es roch muffig, es war eng, sie konnte sich nicht bewegen.
Sie begann zu schreien, krümmte sich wie ein Wurm auf Asphalt.
Plötzlich hielt sie etwas fest, sie wurde um sich selbst gedreht.
Schmerzendes Licht in ihren Augen.
Luft!
Das tränenüberflutete Gesicht des Hutmachers fügte sich vor ihren Augen zusammen.
Als ihre Ohren wieder richtig zu funktionieren begannen, erkannte sie das Lachen ihrer Freunde, die ihr um den Hals fielen, sie drückten, berührten und auf sie einredeten, weinten...
Einen Moment lachte sie mit ihnen, gepackt von ihrer Euphorie, doch nur einen Lidschlag später, gefror ihr das Lachen auf dem Gesicht.
»Falk!«, schrie sie und wirbelte herum.
Sein Kokon lag noch immer genauso da, wie sie es in der Welt der ewigen Nacht vorgefunden hatte. Nur eine Sache hatte sich verändert: Ein roter Fleck breitete sich auf einer Seite aus, schnell wachsend wie ein Tintenklecks auf einem Taschentuch.
Hänsel war der erste, der sich regte. Er sprang auf, packte Falk, hob ihn hoch, rannte aus dem Käfig, wischte mit einer Handbewegung jegliches Utensil von dem Schlachttisch und bettete vorsichtig Falks Körper darauf. Mit einer geübten Handbewegung zauberte er ein kleines Messer unter seinem Wams hervor und schnitt mit einer Bewegung das Laken auf, in den sie seinen Körper gewickelt hatten.
Falk war noch immer ohnmächtig, doch er atmete, hustete sogar, ein Stöhnen verliess seine aschfahlen Lippen und das Blut quoll aus seiner Seite.
Jetzt, da sie endlich wieder ihr Herz schlagen spüren konnte, schoss ihr das Blut durch die Venen und ihr wurde schrecklich kalt in der Brust. Die Angst kroch ihr den Hals hoch, packte sie an der Gurgel und schnürte ihr die Luft ab.
»Hutmacher!«, brüllte Hänsel und riss Falks Hemd auf, um die Wunde freizulegen. »Topper! Bei den Teufeln! Komm her und behalte die Toten am Leben!«
Sabrina schloss die Augen für einen Moment. In der Geisterwelt war es ihr verwehrt geblieben, mit Falk eine telepathische Verbindung einzugehen, aber hier müsste es ihr doch wieder gelingen können, oder? Sie riss sich den Traumfänger vom Hals und liess ihn zwischen die Knochen fallen. Augenblicklich tastete ihr Verstand nach seinem... und fand ihn. Red, Hänsel und den Hutmacher beachtete sie gar nicht, das war nur Falks wunderschöner Geist...
Es war, als würde sie ein Buch aus dem Regal nehmen, es aber nicht aufschlagen, um darin zu lesen. Sie hielt es fest, Falks Buch, hielt ihn fest, seinen Verstand, gab ihm halt, zweigte ein Stück seines Schmerzes ab...
Der Hutmacher sprintete aus dem Käfig, riss sich den Zylinder vom Kopf, steckte den Arm hinein und zog ein kleines Köfferchen heraus, das er in die Luft warf, wo es schweben blieb, sich öffnete und haufenweise medizinische Instrumente heraus schweben liess. Jeremy kam gegenüber von Hänsel zum Stehen und rief dem Dämonenjäger irgendwas zu. Sabrina wurde zunehmend schlecht und schummrig. Wortfetzen drangen zu ihr rüber. »Blutverlust... Arteria iliaca... mögliche Organperforation... Schock...Rost... Blutvergiftung...«
Sie sank auf die Knie und erbrach sich über das Laken, in das sie eben noch gewickelt gewesen war. Sie hatte keine Kraft mehr, es drehte sich alles, doch sie wandte den Blick nicht von Falk, hielt ihre Verbindung aufrecht.
Weisse Schneeflocken begannen ihr Sichtfeld zu umrahmen, in ihrem Kopf wurde es dumpf, die Geräusche waren wie in Watte gepackt, ihr wurde immer wärmer und einen kurzen Moment glaubte sie, alles in schwarz-weiss zu sehen, bis das Schwarz obsiegte und der Raum kippte...

Falk stand auf der Reling der fliegenden Jolly Roger. Er hatte die Arme ausgebreitet wie ein Seiltänzer im Zirkus. Er lachte, sein Mantel flatterte unter den Peitschenschlägen des Windes. Schritt für Schritt balancierte er Richtung Steuerbord. Er begann zu singen, liess sein Lied vom Wind forttragen: »Aye, Piraten sind es, ohne Herz, Kinder dunkler See. Ein Leben voller Lug und Trug, die Hölle erwartet sie...«
Ein heftiger Windstoss erfasste das Schiff, blähte die Segel auf. Falk bekam Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten.
Sie rief seinen Namen und sprang auf ihn zu.
Der Pirat kippte, drohte in den Abgrund zu stürzen...
Sie packte ihn, riss ihn von der Reling auf die Planken und in Sicherheit.

Sie fühlte weichen Stoff unter sich. Sie strich darüber und ihre Finger glitten durch seidigen Satin. Sie blinzelte.
»Sabrina?« Red, die auf der Bettkante sass, strich ihr sanft über die Wange.
»H-hey«, murmelte sie mit kratziger Stimme.
»Himmel!«, rief Red und begann zu weinen. »Du bist es... Wie... Du warst... Und...« Sie gab auf, einen anständigen Satz bilden zu wollen und umarmte sie einfach nur. »Neue Regel«, brachte sie zwischen erleichterten Schluchzern hervor, »ab jetzt kippt hier niemand mehr einfach um. Und sterben ist auch verboten, selbst wenn man die Eisprinzessin ist und wieder aufersteht.«
»Ich war tot?«, brummte Sabrina. »So richtig?«
Red richtete sich auf und nahm sie an der Hand, als hätte sie Angst, sie könnte gleich wieder verschwinden. »Ja, warst du. Als Falk... da bist du mit einem malumgekippt. Du wart tot.«
Falk! Abrupt setzte sie sich auf und riss den Mund auf, doch Red drückte sie zurück ins Kissen.
»Sie sind noch an ihm dran. Er ist noch nicht über den Berg, aber sie haben die Blutung gestoppt, was wirklich gut ist.«
»Die Blutung gestoppt? Kann ich... zu ihm? A-aber hat Jeremy nicht was von einer Arterie gesagt? So eine Blutung...«
»Nein, Jeremy wird uns holen kommen, wenn Falk es geschafft hat. Und wegen dieser Arterie: Wir befinden uns hier im Haus einer Hexe, Sabrina. Und Jeremy Töpper«, Red seufzte, »hat etwas Erfahrung mit dunkler Magie.«
»Dunkle Magie? Ist die nicht verboten? Und gefährlich?«
Red nickte. »Ja, aber Jeremy meinte, es sei ein Notfall. Der Zauber wird Falk nicht schaden, er verhindert, dass er noch mehr Blut verliert. Wunden wie seine sind nur durch Magie heilbar, aber wir haben keinen Hellelf, oder sonst jemanden hier, der sich mit weisser Heilmagie auskennt.«
»Hauptsache, er lebt!«, meinte Sabrina und rieb sich die Augen. »Wie ist es euch eigentlich ergangen?«
Die Rote zuckte die Schultern. »Jeremy Topper hat versucht, dich wiederzubeleben, aber da war nichts zu machen. Dein Herz stand still. Der Hutmacher hat den Tod an gebrochenem Herzen diagnostiziert.«
Sabrina schnaubte belustigt.
Red runzelte die Stirn. Ihr schien bei der Erinnerung das Lachen vergangen zu sein. »In einer Welt, in der man das Glück oder Pech hat, sich auf den ersten Blick zu verlieben, kann man auch an einem gebrochenen Herzen sterben...«
»Was habt ihr dann gemacht?«
Red sah sie lange an. »Nicht wahrhaben konnten wir es. Euch beide zu verlieren... Es hat mich schier zerrissen...« Sie stockte, biss sich auf die Wange. »Und ich musste an Mile denken. Dich zu verlieren, Sabrina, das... das hätte er nicht überlebt. Und gehasst hätte er mich dafür, dich sterben zu lassen. So sehr wie ich mich gehasst habe. Ich dachte nur, ich hätte dich aufhalten müssen. Oder Falk helfen sollen oder... Ich hätte nicht so feige sein dürfen und...«
»Halt, halt, halt!«, unterbrach sie Red, der bereits die Tränen in den Augen standen. »Denk das ja niemals, okay? Ich bin die einzige, die an dieser Sache Schuld hatte. Ich bin den Geistern hinterhergerannt. Ich hatte die Verantwortung. Und Mile wird dich nicht hassen.« Sie legte eine Pause ein, schluckte. »Und Red, versprich mir eins. Sollte mir etwas passieren, egal wann und was, dann musst du Mile vor sich selbst retten, ja? Und Falk auch. Du musst auf sie aufpassen, sollte ich nicht mehr da sein.«
»Natürlich«, antwortete Red wie aus der Pistole geschossen. »Wenn du das gleiche für mich tust.«
Sie nickte. »Was ist als nächstes passiert?«
Red begann wieder auf ihrer Wange zu kauen. »Jeremy hat völlig den Verstand, komplett die Fassung verloren. Sei froh, dass du das nicht mitansehen musstest. Hänsel musste ihm ein paar Mal eine runterhauen, damit er sich wieder eingekriegt hat. Herrje, Hänsel. Ohne ihn wären wir jetzt alle tot, glaub mir. Er war der einzige, der noch irgendwas auf die Reihe gekriegt hat. Er hat mich und Jeremy so weit gekriegt, dass wir uns auf den Beinen halten konnten. Eure... eure Leichen hat er sich über die Schultern geworfen und dann ist er losgestiefelt, bis zu diesem Haus. Er hat uns erzählt, wie er damals mit Gretel hier gelandet war, halb verhungert. Er meinte, egal wo man sich in den Waldgärten von Wyr befindet, auf ein Hexenhaus wird man immer stossen. Herrgott, das war keine Geschichte, das war einfach nur furchtbar. Aber es hat Topper und mich abgelenkt. Aber Himmel, was haben Hänsel und Gretel nur durchmachen müssen. Das hier ist ein Schlachthaus. Er meinte, er sähe heute noch vor sich, wie er damals in diesem Käfig gesessen war und über ihm hatte die Hexe Kinder zum Ausbluten an den Haken hängen lassen...« Sie verstummte, schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, das ist mir so unter die Haut gefahren, ich...«
»Schon klar, ich weiss, was du meinst...«, flüsterte Sabrina und dachte an die russigen Handabdrücke im Ofen und die Klagelaute der Geister, die hier nicht zuhören waren...
»Er brachte uns zum Haus«, fuhr Red fort. »Als wir ihn fragten, wie er sich daran erinnern konnte, wo dieses Haus stand, meinte er nur, das müsse er gar nicht. In den Waldgärten hat man entweder Glück oder Unglück. Nichts dazwischen. Und wenn einen das Unglück führt, landet man immer in seiner persönlichen Hölle. Hänsel hat uns auch durch dieses Schimmellabyrinth, dieses Haus geführt.Er behauptete, als er mit Gretel vor der Hexe geflohen sei, hätte er sich genau gemerkt, wo er entlang gehen musste. Alles für den Tag, an dem er zurückkehren würde, um sich an der Hexe zu rächen. Tja und dann sind wir hier gelandet. Jeremy hat sich die Seele aus dem Leib erbrochen und ich konnte nicht aufhören, dich und Falk anzustarren. Darum habe ich euch dann auch in die Leintücher eingewickelt, ich konnte euch einfach nicht mehr so sehen. Tja und dann haben wir alle geheult. Sogar Hänsel hat ein paar Tränen verdrückt.« Der Anflug eines Lächelns machte sich auf ihrem Gesicht breit. »Jeremy Topper liebt dich, Sabrina. Du und Mile sind ihm über alle Masse wichtig.«
Sie lächelte. »Er gehört zur Familie.«
»Tja, da sind wir gesessen und haben geheult wie die Schlosshunde. Und auf einmal beginnst du dich zu winden und zu schreien, du hast mich beinahe zu Tode erschreckt, weisst du?«
»Die Toten stehen nicht leise auf«, meinte sie mit einem Augenzwinkern.
Red schüttelte den Kopf. »Ja, aber... Wie, Sabrina? Er war... er war tot! Und du auch!«
Sabrina schüttelte den Kopf. »Ich verstehe es selbst nicht ganz... Er... Ja, er wartet. Aber das konnte nicht sein, es durfte nicht sein. Ich weiss nicht wie, aber irgendwie... bin ich aus meinem Körper gesprungen. Ich wollte Falk finden, ich habe nach ihm gesucht... du weisst schon, telepathisch und ich... fand ihn in dieser Welt. Die Welt der ewigen Nacht hat Iwan sie genannt.«
»Du bist... okay... Und... wer ist Iwan?« Red sah aus, als würde Sabrina gerade versuchen, ihr Stochastik erklären.
»Das Reh, dem wir gefolgt sind. Er und das Mädchen, Aljona, haben mir geholfen. Sie... sind Geister dieses Hauses...«
Etwas durcheinander versuchte Sabrina Red zu berichten, was sie in den letzten Stunden so alles erlebt hatte. Von der Geisterwelt, dem Portal aus Licht, der Starre, dem mysteriösen Fuchs, wie sie Falk quer durch die Waldgärten von Wyr gezerrt hatten und von den Geisterkindern, die allesamt auf grausame Weise von Hedwig ermordet worden waren. Nur ihr Versprechen an die Geister, sie würde sie erlösen und Hedwigs Geheimnis, das sie noch entlarven mussten, behielt sie erst noch für sich. Das wollte sie erst mit Hänsel klären, der kannte sich mit dem ganzen Hexenkram am besten aus.
Als sie ihre Geschichte zu Ende erzählt hatte, sah Red zwar nicht aus, als würde sie Stochastik nun verstehen, aber das tat Sabrina ja selbst nicht.
Die Rote stieg über sie und lehnte sich langsam neben ihr an die Wand, an der das Bett stand. Der Gedanke, dass dies das Bett war, in dem früher Hedwig geschlafen hatte, verbannte Sabrina vorerst aus ihrem Kopf.
»Sabrina, das ist selbst für eine Herrscherin ziemlich ungewöhnlich. Ach was, das sollte unmöglich sein. Die Totensind tot, Geister sind die grenzwertigste Ausnahme der Regel. Und dann kommst du, springst aus deinem Körper, wiederauferstehst wenige Stunden später und bringst deinen toten Geliebten auch gleich mit. Sabrina, so etwas hat es noch nie gegeben!«
Sabrina schüttelte den Kopf. »Wie kann das sein? Was ist so besonders an mir?«
Red lachte. »Mit der Antwort auf diese Frage könnte man Bücher füllen.«
»Du weisst, was ich meine. Ja, ich bin eine Herrscherin, aber das waren andere vor mir auch.«
»Doch, da gibt es etwas, was dich von den anderen unterscheidet«, widersprach ihr die Rote, der gerade ein Lichtlein aufgegangen zu sein schien. »Sabrina, dein Bruder ist der Lichterlord! Deine Eltern waren beide Herrscher! Das ist besonders! Das erste Mal, dass sich das Blut zweier Herrscher vermischt.«
Sabrina begann zu grübeln. »Ja, das könnte passen. Daher stammen vielleicht auch Miles Eingebungen, denn die sind ja eigentlich auch nicht Teil desoffiziellen Herrscher-der-Gezeiten-Superkräfte-Pakets.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber diese anderen Urherrscher, die Glaskaiserin und der Kupferkönig, die sind doch für Tod und Leben verantwortlich. Wenn ich das Produkt aus Feuernd Eis bin, wieso kann ich die Toten wiederauferstehen lassen und nicht -keine Ahnung - brennenden Schnee zaubern oder so?«
»Vielleicht hat das ganze gar nichts mit irgendeiner Macht über den Tod zu tun«, mutmasste die Hybridin. »Was, wenn das allein deine Telepathie war. Du bist eine Traumwandlerin. Das Reisen in die Starre, der Ort des Todes auf Zeit, ist ja Teil dieser Fähigkeit. Und kombiniert mit deiner Telepathie...«
»Oder«, schlug Sabrina vor, »es ist eine Kombination aus allem. Die Telepathie, das Träumen und meine Affinität zum Tod, denn die hatte ich früher schon. Darum kann ich meine Mutter manchmal zu mir sprechen hören und darum habe ich damals meinen Vater in der Starregetroffen. Ich habe keine Macht über den Tod, das wage ich nicht zu glauben. Ja, ich erinnere mich. Schon Guenio hat das bei unserer ersten Begegnung festgestellt. Eine Affinität zum Tod.«
Red lachte. »Du bist ein Wunder, Sabrina. Ihr beide. Du und Mile. Er muss demnach eine Affinität für das Prophezeien haben.«
Sabrina lächelte. »Vielleicht ist es auch einfach nur ein Wunder. Es ist mir eigentlich völlig egal, so lange Falk nur überlebt.«
»Was für ein Glück wir hatten. Cecily muss wirklich blind wie ein Maulwurf sein.«

Hänsel stand im Türrahmen. Verschwitzt und voller Blut, doch seine Augen blitzten.
»Ich konnte Euch gar nicht richtig begrüssen, Mylady«, murmelte er und grinste breit. »Willkommen zurück in der Welt der Lebenden.«
Sabrina rappelte sich auf und umarmte Hänsels Brust, denn höher kam sie nicht.. »Danke!«, murmelte sie an sein Wams gepresst.
»Für was?«, fragte Hänsel etwas perplex.
»Dafür, dass du auf Red und Jeremy aufgepasst hast.«
Der Dämonenjäger nickte und brummte: »Gern geschehen.«
Sie löste sich von ihm und stellte endlich die Frage, die ihr wie Säure auf der Zunge brannte. »Was ist mit Falk?«
Hänsel drehte den Kopf und blickte über seine Schulter zurück in den Flur, dann machte er einen Schritt zur Seite und gab die Sicht auf den Hutmacher frei.
Jeremy Topper war mit seinen eins neunzig ziemlich gross. Nur war Sabrina nie aufgefallen, wie ungewohnt klein er wirken konnte, wenn er seinen Zylinder nicht trug. Vor allem gerade jetzt. Er sah total geschafft aus. Auch er war ziemlich verschwitzt und seine Arme waren bis zu den Ellbogen voller Blut. Er hatte sichtlich versucht, es abzurubbeln, aber das schien nicht recht geklappt zu haben.
»Du bist noch du? Oder bis du jemand? Jemand anderes. Und wenn ja, bist du jemand anderes geworden oder bist du jemand fremdes?«, murmelte er und musterte Sabrina gründlich. »Ich konnte das noch nicht prüfen...«
»Ja, ich bin ich, Hutmacher«, antwortete Sabrina mit einem Lächeln.
Jeremy hob einen Finger und brummte: »Ich muss dir vertrauen...«
Sie schüttelte belustigt den Kopf, trat an ihn heran, stellte sich auf die Zehenspitzen und umarmte ihn fest. »Keine Angst«, flüsterte sie. »Ich bin's. Ich weiss nämlich, wer Mondkind ist.«
»Kleiner Rabe!«, rief der Hutmacher, drückte sie an sich und hob sie hoch. »Du bist es, du Wunderkind, wie hast du das nur angestellt?«
Sie lachte, doch als er sie absetzte, wurde sie wieder ernst. »Lange Geschichte. Aber bevor ich sie euch auch noch erzähle, muss ich endlich zu Falk!«

Jeremy hatte sie gewarnt, aber als sie ihn dann so daliegen sah, erschrak sie trotzdem.
Sie hatten ihn zugedeckt, nur sein Kopf war zu sehen. Weiss wie ein Laken war er, seine Haut glänzte, das tintenschwarze Haar klebte ihm an der Stirn und seine Augen zuckten unter den Lidern.
Ihre Hand zitterte, als sie die Decke hob. Er war übersäht mit Schrammen, Schürfwunden und Schnitten. Kleine Wunden, mehr als ihr in der Dunkelheit des Waldes aufgefallen waren.
Sie hatten ihm Weste und Hemd zerrissen, selbst die Hose hatten sie ihm ausgezogen, um besseren Zugang an die Wunden zu haben. Vor allem jene grosse; seine zerschmetterte rechte Seite der Hüfte. Wie eine rote Schlucht in dem hellen Fleisch. Das alleine wäre ja schon schockierend genug gewesen, wäre da nicht auch noch der Knochen, der aus der Wunde ragte. Ganz offensichtlich war es nicht Falks, denn es handelte sich um eine Rippe und so geschunden der Pirat auch aussah - alle Rippen schien er noch zu haben. Ausserdem war diese von Runen und Symbolen übersäht, die eine schaurige Ähnlichkeit zu denen über dem Eingang des Flurs hatten. Die Ausstrahlung war auf jeden Fall genauso scheusslich.
»Beckenfraktur. Hohe Wahrscheinlichkeit einer Blutvergiftung - das Schwert war rostig. Kreislaufkollaps. Gebrochene Rippen. Verletzung einer Arterie und hoher Blutverlust. Die einzig gute Nachricht ist, dass kein Organ perforiert oder sonstartig verletzt zu sein scheint«, zählte der Hutmacher auf. Er deutete auf eines der Regale. »Die Rippe fand ich in der Sammlung der Hexe. Ein ziemlich übler Zauber. Schwärzeste Magie. Aber ohne sie wäre er mit absoluter Sicherheit gestorben. Das zweite Mal...«
»Ist okay«, murmelte Sabrina. Sie liess die Decke wieder sinken.
»Du wirst dich leider noch etwas gedulden müssen, Sabrina. Ich hielt es für das Beste, ihn ruhig zu stellen.«
»Schlummertulpe«, stellte sie fest.
Er nickte.
»Wird er... wird er wieder gesund?«
Der Hutmacher pikste ihr in den Bauch: »Da?«, und tippte ihr gegen die Stirn: »Oder Da?«
»Sag so was bitte nicht, Hutmacher«, flüsterte sie und rieb sich das Gesicht. »Beschränken wir uns erst auf sein physisches Wohlbefinden, okay? Den Rest lass meine Sorge sein.«
Der Hutmacher nickte, lief um den Tisch herum und hob seinen Zylinder vom Boden auf. Er musste ihn während der ‚Operation' verloren haben. Liebevoll befreite er den Hut vom Staub, während er erklärte: »Der Zauber wird ihm nicht schaden, solange er nicht länger als vierundzwanzig Stunden aktiviert ist. Er darf sich aber nicht bewegen. Die Rippe darf nicht rausfallen.«
»Und was tun wir, damit er nach vierundzwanzig Stunden weiterlebt?«
»Wir müssen zurück«, antwortete Jeremy und überprüfte, ob seine wertvollen Nadeln noch immer im Hutband steckten. »Jetzt können ihm nur noch die Hellelfen retten.«
Sabrina nickte. Ein Kloss hatte sich in ihrem Hals gebildet. Sie schaffte nicht, ihn runterzuschlucken. Sie hatte heute schon so viel geweint, ihre Augen brannten schon.
»Und das werden sie auch!«, rief Jeremy, als er das verräterische Glitzern in ihren Auge sah. »Die haben sogar deinen risikobesessenen Bruder gerettet und der hatte die Lungen voller Sand und er hatte eine perforierte Lunge!«
Sabrina nickte, griff unter die Decke, nahm Falk an der Hand... und stutzte. Sie sah auf ihre Finger und erschrak, als sie ganz blutig waren. »Das kann doch nicht sein!«, zischte sie, als sie sich Falks Hand besah und den Fuchsbiss entdeckte. Sie sah es wieder vor sich, wie der Fuchs den bewusstlosen Falk in der Starre angefallen hatte. Falks Seele. Nicht seinen Körper!
»Ein Tierbiss«, erkannte der Hutmacher. »Hund, junger Wolf oder...«
»Ein Fuchs.« Sie legte seine Hand wieder unter die Decke. »Hol die anderen, ich muss euch alles erzählen...«

»Feuer«, knurrte Hänsel und nahm eines der Einmachgläser aus dem Regal. Der Alkohol gluckerte und der darin schwimmende Unterkiefer stiess dumpf gegen das Glas. »Ich kenne diese Art von Magie. Typisch Hedwig. Grausamer wie es kaum sein könnte. Aber mit Feuer können wir sie ihr nehmen, sie schwächen und diese armen Seelen von ihrem Leid befreien.«
»Wie funktionier sie?«, fragte Red und besah sich die Gläser im Regal genauer.
»Magie besteht aus Emotion, Willenskraft und Energie. Die Willenskraft kommt vom Magier oder den Magiern selbst. Was schwarze Magie von der weissen unterscheidet, ist Absicht und Herkunft der Emotionen und der Energie. Emotionen verleihen Zaubern Kraft. Je stärker ist, was man fühlt, desto mehr. So ist das bei der weissen Magie. Wer jedoch fremde Emotionen nutzt, der macht sich strafbar. Am besten eignet sich dafür Schmerz, Trauer, Angst und Verzweiflung. Hedwig hat diese Kinder leiden lassen. Zudem hat sie sie umgebracht, hat ihnen ihr Leben genommen und Leben ist Energie. Darum ist ihre Zauberei praktisch schwarze Magie wie aus dem Lehrbuch. Hedwig zieht ihre Macht aus dem Leid und dem geraubten Leben dieser Kinder, sie besitzt diese Geister«, erklärte der Dämonenjäger grimmig.
»Darum also auch dieser Setzkasten des Grauens«, ergänzte Jeremy. »Indem Hedwig bewusst... Teile ihrer Opfer aufbewahrt, kann sie Kraft aus ihnen ziehen.«
Hänsel musterte den Hutmacher. »Ihr kennt euch aus.«
Jeremy Topper lächelte zuckersüss. »Genau wie Ihr.«
»Und mit Feuer können wir die Kinder befreien?«, hakte Sabrina nach.
Der Dämonenjäger nickte. »Wir müssen alles verbrennen. Und wenn wir fertig sind, fackeln wir den Rest dieser Hölle am besten gleich mit ab.«
»Können wir, aber vorher müssen wir hier noch alles durchsuchen«, erinnerte sie ihre Freunde. »Wir müssen rausfinden, wie Hedwig sich in den Waldgärten von Wyr zurechtgefunden hat.«
Die anderen nickten. Alle waren einverstanden.
»Wenn es niemandem etwas ausmacht, würde ich gerne die Geister befreien. Ich... habe noch etwas wieder gut zu machen«, brummte Hänsel und sein Blick sprang suchend zwischen den Regalen umher. Nach was hielt er Ausschau? Auge? Finger?
Jeremy liess die Knöchel knacken. »Na dann los...«

Die Flammen schlugen hoch und frassen das Haus wie ein gieriges Tier. Dicke, schwarze Rauchsäulen drehten sich in den Himmel. Es roch nach Karamell.
Sie senkte den Blick auf das Stück Stoff in ihren Händen und grinste. Was für eine wundervolle Ironie, dass ausgerechnet Hedwig den Rebellen dabei half, aus den Waldgärten von Wyr zu gelangen.
Sie stopfte das Stoffband in ihre Tasche und drehte sich zu ihren Freunden um. Langsam und regelmässig hob und senkte sich Falks Brust. Er lag auf einer notdürftig, aus zusammengeknoteten Laken und zwei herausgerissenen Türrahmen zusammengebastelten Trage, die von Hänsel und Jeremy transportiert wurde.
»Die Geister sind frei.«
»Und die Hexe bald tot.
»Falk wird leben.«
»Und das Glück wird uns hold sein.«


~Mile~

»Jetzt reicht es!«, brüllte er und sprang auf. »Es ist jetzt schon Mittag und noch immer keine Spur von ihnen! Wir müssen sie suchen!«, brüllte Mile. Er hatte Mühe, sich zu beherrschen. Er spürte den Flammenhass in sich. Wie seine innere Flamme gefährlich hoch zu tanzen begann, wie sie an seinen Schutzmauern leckte und drohte, ihn zu entzünden.
»Jetzt beruhigt Euch, Mylord. Wir haben das doch schon besprochen«, entgegnete Löwenherz, der trotzdem vorsichtshalber in Richtung Zeltausgang tigerte. »Wir haben bereits einige Wolkenvölkler losgeschickt.«
»Unsinn. Unser leicht entflammbarer Freund hat Recht. Wir sollten alle Geschütze auffahren, sie suchen!«, rief Ikarus und schlug mit der Hand auf den Tisch.
Fast so, als müsse er sein Revier zurückerobern, knallte auch Azzarros geballte Faust auf das Holz nieder und brachte die darauf stehenden Karaffen und Gläser zum Klirren. »Nein! Das könnt ihr vergessen! Das wäre Selbstmord! Brechen wir einfach auf! Dieses Gericht ist geplatzt, es gibt keinen Schuldigen. Das heisst, der Attentäter, der Drosselbart auf dem Gewissen hat, läuft hier frei rum. Wenn wir hierbleiben, wird es noch mehr Anschläge geben. Wir brauchen diese Herrscherin nicht, wir werden die Dunklen auch so vernichten!«
»Pha! Viel Spass damit...«, brummte Nimmertiger und verdrehte die Augen.
»Das halte ja sogar ich für Leichtsinnig«, fauchte der Geflügelte und hob die Schwingen, was reichte, um einen kräftigen Windstoss auszulösen. »Wir brauchen beide Herrscher und so lange können wir hier nicht weg!«
»Na bitte, ihr braucht sie doch«, rief er. »Ihr braucht Sabrina und mich, nur deshalb sind wir doch hier! Ihr wollt, dass wir euch retten? Dann rettet zuerst meine Schwester!«
Das hatte gesessen. Und es fühlte sich gut an.
»Junger Lord«, versuchte es Amiéle, »wenn wir Soldaten in den Wald schicken, werden wir der Öffentlichkeit erklären müssen, was los ist. Und wenn rauskommt, dass die Eisprinzessin verschwunden ist, dann... würde die Moral in den Keller fallen. Panik würde ausbrechen.« Sie beugte sich vor und betonte jedes ihrer Worte mit einem Tippen des Zeigefingers auf die Tischplatte: »Wir befinden uns nicht mehr in LaRuh oder Aramesia. Wir sind hier in den Waldgärten von Wyr. Vor uns liegt der Ezelwald und dahinter das Tal der Ewigkeit. Tempus ist nicht mehr weit entfernt, wir sind viel zu nah bei den Dunklen.«
»Diese ganze Sache ist ein Desaster!«, stöhnte Orion und genehmigte sich einen Schluck Zwergenschnaps. »Die Leute stellen jetzt schon Fragen. Die merken doch, dass was nicht stimmt. Wir sitzen hier fest und können unserer Armee nicht verraten wieso!«
»Dann gehe ich sie suchen«, knurrte Mile. »Wenn Sabrina nicht mehr da ist, werden wir sowieso alle sterben.« Mit diesen Worten wirbelte er herum und stapfte wild entschlossen auf den Ausgang zu, da hörte er auf einmal Guenio, der während der gesamten Sitzung seltsam still gewesen war, leise sagen: »Oh, junger Lichterlord, das scheint mir gar nicht mehr nötig zu sein. Sie ist zurück...«

Das verhasste Sanitätszelt hob sich in seinem langweiligen Grau von dem kunterbunten Hintergrund ab. Es war nicht dasselbe, in dem er gelegen hatte, aber die nervige Farbe allein genügte, um ihn zu reizen. Trotzdem raste er auf das Zelt zu, die Stürmerelfen, die ihn eigentlich bewachen sollten, hatte er längst abgehängt, sie hatten nicht mithalten können. Keinen Augenblick später, stand er auch schon im Zelt.
»Mile?« Sabrina hob den Kopf aus den Händen und blinzelte ihn an. Sie sah völlig zerstört aus. Ihre Haare waren ein Nest, sie war von Schmutz bedeckt, hatte überall schrammen und die Ringe unter ihren Augen waren rekordverdächtig dunkel.
Dann fiel sein Blick auf Red, die zusammengerollt auf einer der Pritschen schlief. Sie teilte den Look seiner Schwester.
»Was ist denn passiert?«
»Ist das der Lichterlord?« Hänsel schob sich hinter einer Trennwand hervor und nickte ihm zu. Seine linke Hand war verbunden. Jeremy Topper, der gleich hinter ihm hersprang, hatte noch einen weiteren Verband in den Händen. »Hallo Mile. Wir verarzten uns gerade.«
»Heilige Scheisse, wo wart ihr alle?«
Sabrina seufzte. »Wir sind deinen Geistern gefolgt, Falk ist gestorben, ich habe ihn zurückgeholt, wir waren im Haus einer Hexe voller gepeinigter Seelen, haben es abgefackelt und jetzt sind wir hier, Falk wird verarztet und ich weiss, wie wir aus den Waldgärten von Wyr rauskommen.«
Ihm klappte das Kinn runter.
Sie hob abwehrend die Hände. »Bitte, ich werde den Rat über das informieren, was er wissen muss. Du kriegst später die lange Version der Geschichte. Aber jetzt will ich die Sache hinter mich bringen...« Mühselig stützte sie sich auf. »Los, ab zum Rat.«
»Was... ich... Was ist mit Hook?«
»Er wird gerade behandelt«, erklärte der Hutmacher und deutete durch die Zeltwand. »Gleich nebenan. Die wollten uns nicht da drin haben, sind sowieso genug Leute drin.«
»Hellelfen«, seufzte Sabrina. »Er hat schlimme Wunden. Ich hätte ihn beinahe verloren...« Ihr Blick wurde für einen Moment etwas glasig, dann fing sie sich wieder. »Los jetzt!« Mit einem langen Schritt war sie bei Red, stupste ihr in die Schulter und weckte sie.
Mile kam zu ihr, drückte die beiden jungen Frauen an sich und brummte: »Ihr könnt mir doch so was nicht antun. Ich hatte so eine Angst um euch. Ich wusste gar nichts, bin schier durchgedreht!«
»Siehst du mal, wie das ist«, brummte Red und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. »Du leichtsinniger Idiot.«

Sabrina stellte es ziemlich schlau an, ihre Geschichte zu erzählen. Hätte Mile nicht gewusst, das hinter all dem noch viel mehr stecken würde, hätte auch er ihr alles abgekauft. Aber er kannte seine Schwester zu gut. So wie sie ihn bei jeder seiner Lügen ertappen konnte, sah er jeden Hauch von Sorge in ihren Augen.
»Dass Hedwig geschwächt ist, sind sehr gute Neuigkeiten. Unseren Namianern zufolge ist es zum grössten Teil ihr Zauber, der die Barriere lenkt. Es wird ihre Abwehr erheblich schwächen. Somit haben wir jetzt die beste Gelegenheit, in den Palast einzudringen«, erklärte Amiéle freudig und spielte mit ihrer Blattkrone.
»Das nutzt uns aber gar nichts, so lange wir nicht aus diesem verfluchten Wald raus sind. Wie soll es nun weitergehen?«, brummte Orion, der noch immer etwas beduselt von seinem Schnaps war.
Sabrina lächelte. »Auch dafür habe ich eine Lösung.« Sie vergrub die Hand in ihrer Hosentasche und zog einen langen, dunkelblauen Stofffetzen, auf den zwei Augen gemalt waren, heraus.
»Und was soll das sein?«, nörgelte Rosanna genervt.
»Nun, von den Geistern wussten wir, dass Hedwig sich nie in den Waldgärten von Wyr verlaufen hat. Wir haben versucht, einen Hinweis zu finden, was ihr Geheimnis ist und haben es gefunden!«
Azzarro schnaubte. »Der... Stofffetzen?«
Sabrinas Grinsen wurde noch breiter. »Eine Augenbinde!«
»Was meinst du damit?«, fragte Mile, der sich selbst eingestehen musste, skeptisch zu sein.
Jeremy Topper lieferte die Antwort: »Wir haben das Haus der Hexe auf den Kopf gestellt. Haben alles durchsucht. Aber da war nichts. Wir wollten uns schon auf den Rückweg machen, da fiel mir etwas ins Auge.«
»Die Garderobe!«, rief Sabrina und gab die Augenbinde an die Rote weiter. »Da hing einzig und allein diese Augenbinde.«
»Ungewöhnlich, wie wir fanden«, fuhr Red fort. »Ich habe mir diesen Stoff daraufhin genauer angesehen und habe das hier entdeckt.« Red kehrte den Stoff auf links und gab so den Blick auf einen feinen, verschnörkelten Schriftzug frei.
Synchron lehnten sich die Rebellenführer über den Tisch, um die feine Schrift entziffern zu können.
»Was ist das?«, knurrte Löwenherz. »Ich kann es nicht lesen.«
»Ein Zauber!«, zischte Guenio.
Jeremy Topper schüttelte den Kopf. »Das dachten wir auch erst, aber das stimmt nicht.«
»Sondern?«
Red schluckte und antwortete: »Ein Gebet.«
Azzarro sprang auf. »Ich kenne das! Das sind Worte an...«
»Die Götter«, vervollständigte die Rote seinen Satz. »Aus den Predigten des Martialischen Enigmanums.« Sie kehrte den Schriftzug zu sich und las laut vor: »Cecily, erhöre unsere Bitten, nimm deine Augenbinde ab und drehe das Schicksalsrad zu unseren Gunsten!« Sie liess den Stofffetzen sinken. »Das ist ein gängiges Gebet, das die Martialischen Ramos an Predigen benutzen. Diese Augenbinde ist gesegnet.«
»Versteht ihr?«, rief Sabrina. »Das ist es! Das ist das Geheimnis! So kommen wir aus den Waldgärten von Wyr raus!«
»Wenn das kein Beweis ist, dass das Martialische Enigmanum der einzigwahre Glaube ist!«, donnerte Azzarro, sobald auch sein Hirn Reds Worte verarbeitet hatte.
»Okay, und was bedeutet das für uns?«, hakte Amiéle nach.
»Ganz einfach«, antwortete Jeremy Topper mit einem Augenzwinkern. »Hans wird diese Augenbinde tragen. Wie gehabt wird er die Rebellen leiten. Nur wird er es jetzt blind tun.«


~Sabrina~

Verzweiflung trieben einen dazu, die unmöglichsten Dinge zu versuchen. Die Verzweiflung war es schliesslich auch, die den Rat überzeugte. Was hatten sie zu verlieren? Dies war vielleicht ihre einzige Hoffnung, diesem Wald zu entkommen. So willigte man ein und beschloss, keine Zeit mehr zu verlieren und aufzubrechen.
Sabrina wollte gerade aus dem Zelt eilen, um zu Falk zurück zu können, den sie unter Hänsels Obhut gelassen hatte, da wurde sie gerufen. In ihrem Kopf...
»Junge Herrscherin«, hallte Guenios unheimliche Stimme durch ihre Gedanken.
»Verschwinde aus meinem Hirn, Geist!« Sie warf dem abtrünnigen Patron den finstersten Blick zu, den sie im Petto hatte und kehrte ihm den Rücken.
»Sofort«, erwiderte er, »doch vorher will ich Euch noch gratulieren.«
Ihre Hand hatte sich bereits um den Stoff des Zeltausgangs geschlossen, doch sie hielt inne. »Für was?«
»Ihr tragt diesen lästigen Anhänger nicht mehr. Wie mir scheint, habt Ihr endlich gelernt, mit Euren Gaben zu leben?«
Automatisch griff sie sich an die Brust, doch da war nichts mehr, das sie halten konnte. Sie schluckte. »Der Traumfänger ist nicht mehr als ein Häuflein Asche.«
»Sehr schön zu hören«, lachte der Geist in ihrem Kopf. »Und nun verzeiht mein Eindringen in Eure Gedanken. Gehabt Euch wohl, junge Eisprinzessin.«
Ohne sich noch einmal umzudrehen verliess Sabrina das Ratszelt.


~Mile~

Es war ein gutes Gefühl, wieder Astrars Muskeln unter sich zu fühlen. Der gewaltige Löwe hielt gemächlich Schritttempo zu den Pferden seiner Mitreiter.
Schon nach vier Stunden waren die Rebellen wieder aufbruchsbereit gewesen und jetzt waren sie schon weitere drei unterwegs.
Wie beschlossen ritt Hans an der Spitze, die vom Martialischen Enigmanum gesegnete Augenbinde um den Kopf gewickelt. Er machte wie immer einen selbstsicheren Eindruck, typisch für einen Mann, der sich ein Leben lang auf sein Glück hatte verlassen können.
Mile hatte sich ebenfalls an die Spitze der Rebellen stationiert. Rumpelstilzchens Worte hatten ihm zu denken gegeben. Feivel hielt hier nichts mehr und da der Richter die Verhandlungen eingestellt hatte, war er wieder auf freiem Fuss. Sobald er konnte, würde er fliehen, doch so lange sie sich in den Waldgärten von Wyr befanden, würde er es nicht wagen. Der Wald machte ihm mehr Angst, als das Risiko, von seinen Feinden geschnappt zu werden. Da es nun jedoch Hoffnung gab, dass sie die Waldgären von Wyr bald verlassen würden, wurde es auch wahrscheinlicher, dass Feivels Flucht gelingen würde. Und das wollte Mile um jeden Preis verhindern. Sollte es Hans also gelingen, sie hier raus zu führen, wollte er zur Kontrolle an der Brücke über die Kaouthar - denn es gab nur jene eine Brücke, die in im Norden aus den Waldgärten führte - stehen. So würde er Feivel, so hoffte er, aus der Menge rauspicken können.
»Und, Mylord? Was sind Eure Pläne, wenn Ihr die Dunklen bezwungen habt?«, erkundigte sich Hans neben ihm.
Wenn... Mile zog die Nase kraus. War sein eigener Optimismus auch so unsympathisch? »Ihr meint wohl falls...«, verbesserte er den Glückspilz etwas mürrisch. Er hatte keine Lust, sich zu unterhalten. Viel lieber würde er sich von Red erzählen lassen, was in der letzten Nacht alles geschehen war, aber seine rote Gefährtin lag zusammengesunken über Oskars Hals. Sie schlief auf ihrem Hybridenbruder und Mile liess sie. Sabrina war leider auch keine verfügbare Gesprächspartnerin, denn sie befand sich ein ganzes Stück weiter hinten in der Karawane in einer der Sänften, in denen die Hellelfen und Medici die Kranken und Verletzten transportierten.
Sie hatten ganze Arbeit mit Falk geleistet. Seine Wunden waren mit Hilfe von Magie geheilt, doch er war noch immer nicht aufgewacht. Die Schlummertulpe, die Jeremy Topper ihm im Hexenhaus verabreicht hatte, war sehr wirksam. Gern hätte er Sabrina getröstet und sie aufgeheitert, doch seine Schwester hatte ihn gebeten, sie erstmal in Ruhe zu lassen. Sie war genauso wenn nicht noch erschöpfter als Red. Und aufmuntern konnte sie im Moment vermutlich sowieso niemand ausser Falk.
»Ach was«, rief Hans unangenehm laut. »Ihr packt das schon.«
Mile sagte nichts. Bei dem Gedanken, schon bald in die Schlacht ziehen zu müssen, machte ihm Angst. Ja, er war vorbereitet, sie hatten einen... relativ soliden Plan, aber was wenn sie scheiterten? Was, wenn sie versagten?
»Nun redet schon mit mir! Ich versuche, eine Unterhaltung mit Euch zu führen, Mylord«, forderte Hans ihn auf.
»Deshalb bin ich nicht hier.«
»Sondern?«
Mile sah widerwillig zu Hans, der auf seiner Fuchsstute einen halben Meter unter ihm ritt, hinab. »Ich... suche jemanden...«
»Lasst mich raten?«, rief Hans voll anstrengender Euphorie. Er kratzte sich unter seiner Augenbinde. »Feivel den Rattenfänger von Hameln?«
Der junge Lichterlord machte grosse Augen. »Woher...?«
»Ich habe halt einfach Glück!«
»Ach... wirklich?«, knurrte Mile leise, was Astrar nicht entging. Der Löwe schnurrte amüsiert und schlug mit seiner Bassstimme vor: »Warum wettet Ihr nicht, ihr beiden?«
Oh nein... Mile stiess dem Lösen eine Ferse in die Flanke. »Lass das!«, zischte er.
»Ich liebe Wetten!«, verkündete Hänsel und riss sein Pferd nach rechts. »Hier durch!«, befahl er und ritt auf einen etwas schmaleren Pfad zu.
»Moment, wie kann der wissen, dass da ein Weg ist?«, knurrte Oskar links von ihm. »Er sieht doch nicht einmal was!«
Mile verdrehte die Augen. »Das Glück ist mit den Dummen...«
Wieder lachte Astrar. »Ich finde, ihr solltet wetten. Der Lichterlord sucht nach dem Rattenfänger. Wettet doch darum, ob Hans genug Glück hat, um zu erraten, wo Feivel sich versteckt?«
»Astrar! Du Genie!«, zischte Mile und strich dem Animanoren über den Rücken.
Der Löwe drehte den Kopf und knurrte: »Hört auf mich zu streicheln, Mylord. Ihr beleidigt mich, ich bin schliesslich keine Katze.«
»Finde ich gut!«, antwortete Hans, der sich genau im richtigen Moment streckte, um einem Ast auszuweichen. Der Typ hatte echt ein wahnsinniges Glück... »Wenn Ihr gewinnt, schenke ich Euch meinen liebsten Glücksbringer. Die Hasenpfote um meinen Hals.«
»Wenn Ihr gewinnt, dürft Ihr mir so viele politische Fragen stellen, wie Ihr wollt. Abgemacht?«
Hans nickte. »Die Einsätze stehen fest. Die Wette gilt!«
»Okay, dann sag mal, Hans. Wo steckt Feivel der Rattenfänger von Hameln.«
»Hmm...«, machte Hans und fuhr sich durch das hellblonde Haar.
Sie kamen an eine Kreuzung, wo der Weg sich in drei Richtungen gabelte. Hans wählte den rechten. »Okay, passt auf, Mylord. Folgt dem nächsten Vogel, den Ihr seht und er wird euch zu Feivel führen.«
»Pff«, machte Mile enttäuscht. »Bullshit.«
»Ihr werdet schon sehen«, rief der Glückspilz vergnügt.

Mittlerweile war es spät geworden und die Sonne schickte ihre letzten Sonnenstrahlen über die bunten Wipfel der Waldgärten von Wyr, Dunkelheit verschluckte die Farben und tauschte sie in Grau.
Da Mile nicht wie Hans auf sein Glück vertrauen wollte, liess er ein paar Flammen ihren Weg erleuchten.
Die Nacht kehrte ein, doch sie ritten jeder Gefahr und der von der Dunkelheit zu Gast gebetenen Kälte zum Trotz weiter. Der Wald würde sie ohnehin irgendwann umbringen, diesem Schicksal konnten sie nur entrinnen, wenn sie die Brücke über die Kaouthar finden würden.
Mile war mittlerweile in seinen Gedanken versunken, selbst Hans hielt endlich die Klappe, als ein lautes Krähen das Zirpen der Grillen störte. Ein grosser, schwarzer Rabe flatterte aufgeregt über ihren Köpfen.
»Nimmertiger?«, erkannte Mile seinen Cousin, der unverwechselbar der grösste der sieben war und streckte einen Arm aus, damit der Rabe darauf landen konnte. Doch Nimmertiger hatte andere Pläne. Er setzte zu einem Sturzflug an, sauste auf Mile zu, breitete im letzten Moment die Schwingen aus, um nicht gegen ihn zu prallen und öffnete seine Krallen. Etwas Kleines, Weiches und Warmes landete in Miles schoss.
Eine tote Ratte.
»Feivel!«, zischte Mile und hob den Nager an seinem Schwanz hoch, um ihn in die Büsche zu werfen.
»Ihr solltet dem Vogel folgen, junger Lord«, lachte Hans und drückte den Rücken durch.
Das liess sich Mile nicht zweimal sagen. Mit einem Satz sprang er von Astrars Rücken und rannte Nimmertiger hinterher, der bereits vorrausgeflogen war...

Nimmertiger landete auf dem Dach eines Waffentransporters. Mit seinem Schnabel deutete er auf ein Loch in der Wand, aus der, hörte man genau hin, leise Fiepser vernehmen konnte.
»Danke«, flüsterte Mile und streckte dem Raben die Hand hin, die dieser mit einem Stupser seines Schnabels abklatschte.
Mile schlich um den Wagen herum, der im gemächlichen Tempo von zwei Pferden gezogen über den Weg holperte. Er sprang auf dem Trittbrett auf und drückte sein Ohr an die Tür, aktivierte seine Sinne und lauschte. Ein gleichmässiges, metallisches Klirren drang durch das Holz, was vermutlich durch die dahinter aufbewahrten Waffen verursacht wurde, das Fiepen der Ratten und... ein Husten.
Feivel! Er musste es sein! Was sonst würde eine Schar Ratten in einen Waffentransporter locken?
Mile holte tief Luft, riss mit einem Ruck das Schloss von der Tür, trat diese ein und sprang in den Wagen mitten in ein haariges, wogendes Meer aus Ratten.
Feivel schrie auf, riss die Hände hoch, steckte sich eine Flöte in den Mund und begann zu spielen wie ein Irrer. Schon nach dem ersten Ton quietschten die Nagetiere zu Miles Füssen und begannen, sich an seinen Beinen festzubeissen und hochzukrabbeln.
»Lass das!«, rief Mile, der wild um sich zu treten begann.
Aber Feivel dachte gar nicht daran, er schien an Mut zu gewinnen, spielte immer schneller.
»Scheisse«, knurrte Mile. Die erste Ratte hatte es geschafft, in sein Hosenbein zu krabbeln. Sie biss zu, krallte sich an ihm fest, zog sich hoch. Mile schlug um sich, kippte, fiel um und wurde sofort unter einem Berg von Ratten begraben. Sie bisse ihn überall wo sie hinkamen und Mile schrie.
Die Panik war wie Benzin für sein Feuer. Mit einem Mal schossen Flammen aus seinen Poren, die sich sofort auf das Fell der Ratten stürzten.
Die Tiere piepsten jämmerlich und die, die noch nicht zu brennen angefangen hatten, retteten sich mit einem Sprung aus dem Wagen.
Feivel begann zu heulen, flüchtete sich in die hinterste Ecke des Wagens, um den Flammen zu entkommen.
Sobald die Ratten weg waren, eroberte Mile die Kontrolle über sich und sein Feuer zurück. Er erstickte es und nur der Gestank nach verbranntem Fleisch, ein grosser, schwarzer Fleck auf dem Fussboden und das leichte Glimmen der erhitzten Waffen erinnerten an das Feuer.
Er richtete sich auf und sah auf den Rattenfänger herab. »Feivel, du verfluchter Mistkerl!« Er hob eine Hand und mit einem Zischen wurde sie zur Fackel.
»Nein!«, wimmerte der Rattenmann, als das Feuer Konturen auf sein Gesicht warf. »Nicht, kein Feuer! Ich gestehe, ich gestehe alles. Und ich kann helfen, ich weiss Dinge, ich...«
Es knallte, der Wagen wurde zur Seite geschleudert.
Ein weiterer Schub Adrenalin flutete seinen Körper und seine Gedanken wurden schneller als ein Blitz. Alles um ihn herum begann in Zeitlupe zu geschehen. Er sah, wie die Waffen um ihn herum gegen ihre Halterungen knallten und alles, was nicht gesichert worden war, quer durch den Raum zu fliegen begann. Geistesgegenwärtig brach Mile ein Schild aus seiner Halterung und hielt es vor sich, während er sprang, flog, Feivel am Kragen packte und ihn zu Boden schleuderte.
Die Messer, Pfeile, Dolche und Pistolen knallten gegen die Wände und rutschten zu Boden. Mile gelang es, mit dem Schild seinen Kopf und Torso zu schützen, doch seine Beine waren ungeschützt und drei Wurfmesser bohrten sich in seinen Oberschenkel und ritzten seine Waden auf. Er schnaubte, als ihm das kochend heisse Blut über die Haut rann.
Feivel zu seinen Füssen stöhnte und schob eine Keule, die ihn mit voller Wucht an der Hüfte getroffen hatte, von seinem Bauch.
»Ruhe«, knurrte Mile und die Nacht, die so kalt war wie jede in den Waldgärten von Wyr, liess seine Worte in der Luft gefrieren. Er atmete schwer, war erschöpft. So schnell zu sein war unglaublich kraftraubend.
Er hielt den Atem an und lauschte. Über ihnen, was früher eine Wand gewesen und nun eine Decke war, war ein Scharren zu hören. Es erklang ein leichtes Klicken, ein dumpfes Pochen, als würde etwas Metallenes abgesetzt werden. Stille.
»Sie kommen mich holen«, wimmerte Feivel. »Sie töten mich!«
»Schnauze habe ich gesagt!«
Es Knallte, irgendwas explodierte, Splitter barsten in alle Richtungen. Feivel heulte. Ein Schuss... und Feivel war still.


~Sabrina~

»What shall we do with the sleeping sailor,
What shall we do with the sleeping sailor,
What shall we do with the sleeping sailor,
Early in the night«, sang sie leise und breitete eine wollene Decke über ihm aus und stopfte den überschüssigen Stoff zwischen Trage und Körper, damit sie nicht am Boden schleifte.
Die Medici hatten ihr geraten, Falk nicht in einer der Sänften oder Wagen zu transportieren, die für die Kranken und Verletzten zur Verfügung standen. Die Frischluft könne ihm nur gut tun.
Doch die Nächte in Cecily Waldgärten waren so kalt, wie die Tage heiss waren und Sabrina begann sich Sorgen zu machen, sich falsch entschieden zu haben, auf die Heiler zu hören.
»Give him dreams of the sea and the sky,
Give him dreams of the sea and the sky,
Give him dreams of the sea and the sky,
Early in the night.«
Sie widerstand dem Drang, ihm die Decke wieder runter zu reissen und sich zu vergewissern, dass seine Wunden wirklich geheilt waren. Sie krallte sich an das Bild der langen silbernen Narbe, die sich über die rechte Seite seiner Hüfte zog. Sie hatte keine Ahnung, wie die Hellelfen das angestellt hatten. Sein Becken, das völlig zertrümmert gewesen war, die entzündeten Wunden und die daraus hervorgegangenen Anfänge einer Blutvergiftung - weg. Nur die Wunde an seiner Hand war aus irgendeinem Grund nicht mit Hilfe von Magie heilbar gewesen. Sie schien sogar schlimmer geworden zu sein. Der Biss hatte sich an den Rändern schwarz verfärbt wie ein hässliches Mal. Sie hatten ihn verbunden, doch aus dem Kopf bekam Sabrina ihn trotzdem nicht. Was, wenn Falk deshalb nicht aufwachte. Was, wenn dieses Wesen ihn im Schlaf gefangen hielt und nicht die Schlummertulpe?
Sie biss sich auf die Lippe. Sie könnte es so einfach herausfinden, müsste nur in seine Träume tauchen, es wäre so einfach... Aber sie tat es nicht. Sie hatte es ihm versprochen.
Bis zum Morgengrauen, dachte sie und seufzte. Jeremy Topper hatte gemeint, dass anhand der Dosis, die er Falk verabreicht hatte, er innerhalb einer Zeitspanne zwischen Abenddämmerung und Morgengrauen erwachen würde. Und während dieser Zeit würde sie auf Kohlen sitzen müssen.
»Alles in Ordnung da hinten?«, fragte Hänsel, der sich freiwillig bereiterklärt hatte, die ersten Schichten als Träger von Falks Liege zu übernehmen.
»Was soll sein?«, brummte Gretel, die sich nicht freiwillig, aber durch Einfluss von Hänsel gefügt hatte. »Der Pirat zählt noch immer Seepferdchen und die Herrscherin sing. Du schleppst, ich schleppe und die Welt geht noch immer unter.«
»Was ist denn los, Gretel?«, brummte Hänsel mit versöhnlicher Stimme.
»Ich werde dir das niemals verzeihen, dass du mich nicht mitgenommen hast. Warten hättest du können. Oder mich holen kommen.«
»Wie denn? Hätte ich die Eisprinzessin und den Wächter der Prophezeiungen etwa zurücklassen sollen?«
Gretel schnaubte. »Die Vergeltung hätte auch mir zugestanden. Ganz zu schweigen, dass ich meine Schuld nun niemals bei Aljona und Iwan begleichen kann.« Etwas leiser fügte sie hinzu: »Ohne den Tipp mit dem Feuer und den trüben Augen der Hexe wären wir verbrannt wie all die anderen...«
Hänsel seufzte. »Als ich ihre Überreste verbrannt habe, tat ich das im Namen von uns beiden, das weisst du und das wissen auch Aljona und Iwan.«
»Hast du es gesagt?«
»Ja.«
»Hast du es laut ausgesprochen, während du das Zeug ins Feuer geworfen hast?«
»Ja!«
Sabrina schmunzelte. Geschwister...
Vor ihnen krachte und Holz brach. Der Lärm schien nicht weit weg zu sein, vielleicht zweihundert Meter in der Karawane vor ihnen.
»Was war das?«, fragte sie aufgeschreckt und sprang ein paar Schritte vor.
»Ach, bestimmt ist nur irgendeine Kiste von einem der Transportwagen gefallen«, meinte Gretel und liess ihre Halswirbel knacken.
»Nein, das war doch viel zu laut«, murmelte sie, liess sich jedoch wieder zu den beiden und Falk zurückfallen.
»Wir werden sicher gleich daran vorbeilaufen«, meinte Hänsel und lächelte warm.
»Ja, das...«
Es knallte. In der Ferne war ein Licht zu sehen. Gleich darauf hallte ein Schuss durch die Waldgärten und sein Echo hinterher.
»Okay, das ist garantiert keine Kiste«, zischte Sabrina und zog sich Ellon'da sowie einen Pfeil vom Rücken und aus dem Köcher.
Die Armee war stehen geblieben. Getuschel hing in der Luft. Keiner wusste, was los war.
Leise, aber noch immer laut genug, dass sie es verstehen konnten, schallte ein Ruf durch das Geäst: »Verräter!« Das »Haltet ihn!« wurde schon von aufgeregtem Gerede der Krieger und Heiler übertönt.
Noch ein Schuss. Ein Schrei.
»Ist das Mile?«, rief Sabrina, die Temperatur ihres Blutes sank in den Minusbereich. Sie legte den Pfeil an.
Hänsel zuckte mit den Schultern. »Kann sein, Ihr kennt ihn besser!«
Sie liess ihre Reisetasche zu Boden fallen und verkündete an Hänsel und Gretel gewandt: »Ich sehe nach, was los ist. Passt auf ihn und mein Zeug auf, ich...«
Etwas berührte ihre Finger. Ihr Blick senkte sich auf ihre Hand, folgte dem verbundenen Arm und prallte auf den wogenden Ozean.
»Aye, Prinzessin.«


~Mile~

»Verräter!«, brüllte Mile, als er erkannte, wer da oben stand und Feivels Hirn über den Fussboden verteilt hatte. »Haltet ihn!«
Frederick lachte nur, und lud sein Bajonett nach. Ohne zu zögern schoss er Mile ins Knie.
Schmerz jagte Mile durch den Körper. Er schrie und knallte zu Boden. »Fuck!«, wimmerte er und kniff die Augen zu.
Über ihm krächzte es.
Mile hob den Kopf. Der Staub glitzerte im Licht von Polare und Ignis und malte Mondstrahlen in die Dunkelheit. Nimmertigers Gefieder schimmerte wie Onyx, als er vor auf Miles Arm landete. Er pickte ihm ins Ohrläppchen, krallte sich an seiner Schulter fest und flatterte aufgeregt mit den Flügeln.
Mile biss die Zähne zusammen und zog sich hoch. Der Schmerz liess seine Augen tränen. Mit einem Bein hüpfte er an den Rand des Lochs über ihm und sprang. Knapp erwischte er die Kante und zog sich an ihr hoch. Dem Himmel sei Dank hatte er die Kräfte seines Vaters...
Oben angekommen sah er sich nach Frederick um. »Wo ist er hin?«, brüllte er. Ein paar Elfen, die ihn völlig perplex anstarrten, streckten die Arme aus und deuteten geradeaus in Richtung Spitze der Armee.
»Danke. Ich... ich brauche ein Pferd!«
Sofort sprang einer der Elfen von seinem Ross und führte es neben den umgekippten Transporter, sodass Mile sich auf den Rücken des Tiers hangeln konnte.
»Danke!«, rief er und gab dem Pferd einen ordentlichen Klaps auf den Hintern, sodass es einen Satz machte und lospreschte. Nimmertiger, der ihm bereits wieder von der Schulter gesprungen war, flog lauthals krächzend voraus.

Frederick hatte kein Pferd, doch er war schneller als jeder Mensch. »Scheiss Knie«, zischte Mile, der sogar schneller als ein Pferd sein konnte.
»Platz da! Haltet ihn! Verräter!«, brüllte er so laut er konnte. Manchmal schrie er einfach nur, weil das gegen den grässlichen Schmerz in seinem Bein half.
Er hielt die Nase in die Luft, aktivierte seine Sinne. Oh ja, er kannte Fredericks Geruch. Modrig. Alt. Tot...
Dann sah er Frederick, dessen haselnussbraunen Schopf, wie er zwischen den Birken und Eichen immer wieder verschwand und auftauchte.
»Ich kriege dich, du mieses...«
»Junge«, knurrte es vor ihm. Astrar baute sich vor ihm auf.
Miles Pferd wieherte, scheute, warf ihn ab und machte kehrt.
Der Aufschlag drückte ihm die Luft aus den Lungen, er japste. »F-Frederick«, keuchte er und hustete.
Astrar sprang vor, biss Mile in den Kragen und warf ihn sich auf den Rücken, wo er sich geistesgegenwärtig festklammerte.
»Was ist?«, rief Hans, der sich zu ihnen gesellte.
»F-Frederick de Monto«, japste Mile. »Verräter! Ha-hat Feivel umge-umgebracht...«
»Hinterher!«, brüllte Hans und gab seinem Pferd die Sporen.
»Der spinnt doch«, schnaubte Astrar, der aber nicht zögerte, dem Blinden hinterher zu springen.

»Da!«, schrie Mile gegen den Wind an, der ihm in markerschütternder Lautstärke in den Ohren rauschte.
»Ich sehe ihn«, fauchte Astrar und sprang über einen umgestürzten Baum, der quer über dem Weg lag.
»Ich finde ihn, ich finde ihn«, brüllte Hans, der obwohl er nichts sehen konnte, tatsächlich noch immer auf dem Pferd sass. Der Kerl musste eindeutig komplett eins an der Klatsche haben, an dieser Verfolgungsjagt teilnehmen zu wollen.
»Hans! Dreht um!«, rief Mile ihm zu, doch Hans hörte ihn nicht mehr. Der Glückspilz riss sein Pferd nach links und preschte ins Unterholz.
»Scheisse«, zischte Mile. »Der ist geliefert.«
Astrar sprang weiter und rief irgendetwas, doch Mile verstand ihn nicht. Das Rauschen des Windes war zu laut.
Er stutzte. Entstammte dieses Geräusch überhaupt dem Wind? Es klang eher wie... ein Fluss?
Astrar krachte durch ein Buschwerk und Mile drückte sich auf seinen Rücken. Äste peitschten im über den Rücken und rissen an seinen Kleidern.
Und dann waren sie weg. Die Äste, die Blätter. Und Astrar landete, blieb stehen. Der Löwe fauchte, das fühlte Mile anhand wie der Körper der Raubkatze sich anspannte. Nur hören konnte er es nicht, das Rauschen übertönte alles.
Mile hob den Kopf und blinzelte.
Ein breiter Fluss, dessen Strom so reissend war, dass er jeden Baum, der zu nahm am Ufer gestanden entwurzelt hatte, durchpflügte keine fünf Meter vor ihm die Erde. Das war sie also, die Kaouthar, die natürliche Grenze zwischen den Waldgärten von Wyr und dem Ezelwald.
Frederick stand am Ufer. Ein Schritt weiter und die Wellen würden ihn zermalmen.
Der Vampir drehte sich um. Seine Augen leuchteten wie Sterne. Er hob eine Hand und winkte.
»Nein!«, brüllte Mile und sprang von Astrars Rücken, doch nichts konnte Frederick noch aufhalten. Er kippte bereits rückwärts in den Fluss, der ihn packte, ihn frass, ihn mit sich nahm...
Mile landete im feuchten Gras und vergass für einen Moment, wie man atmete, als sein Knie am Boden aufkam.
Er blieb liegen, bis er die Sonne im Westen aufgehen sah. Er konnte sich noch erinnern, wie ihn das während seiner ersten Tage in Twos verwirrt hatte, doch mittlerweile hatte er sich daran gewöhnt.
Und als die Sonne wie eine rote Blume am Horizont ihre Knospe aus Dunkelheit aufbrach, zog sie mit dicken, schwarzen Linien eine Brücke über die Kaouthar.


------------

Seid gegrüsst, my dearest Fellows!

Endlich habt ihr Antworten. Und noch mehr Fragen. Aber auch viele Antworten.

Mensch, ich will nicht lügen, es war ziemlich schwierig, all das hier in Worte zu fassen. Es hat auch dementsprechend lange gedauert. Aber jetzt hab ich es endlich geschafft! Ich hoffe, ihr hattet Spass beim Lesen!

OKAY, dann gibt es da natürlich noch einen ganzen Haufen zu erzählen und zu sagen.

Ich habe einen neuen Laptop. Mein alter, den ich heiss und innig geliebt habe, hat (dank meinem Bruder, diese doofe Nuss) einen zerrissenen (Wie nennt man das bei diesen Screens?) Bildschirm.
Das ist auch der Grund, wieso hier manche Wörter, die nicht zusammengehören, zusammengeschrieben sind. (Dieser Fehler ist mir eben erst aufgefallen und wird so schnell wie möglich behoben.) Danke für euer Verständnis.

Ich habe einen Watty gewonnen. Trailblazers <3<3<3<3 #Juhuu #Jippiiii
Ich hatte mich dazu ja schon einmal geäussert, habe mich auf der Tastatur gewälzt und zelebriert, wie es sich gehört. Hatte dem ganzen sogar ein Kapitel gewidmet.
Es ist aber so: Das hier ist Twos. Ein Buch. Und es soll möglichst professionell wirken, da gehört also kein „Dreamy-labert-Zeug" rein. Ausnahmen sind natürlich meine Author-Notes hier.
Jedenfalls hab ich mir dazu was überlegt. Ich habe ja dieses Quatschbuch auf meinem Account. Ein Königreich für eine Irre. Und meine Kommentare zu z.B. den Wattys werde ich später einfach da rein posten weil irgendwie find ich es schade, so was einfach raus zu löschen, dennnnnn da drin steht ja auch eine Dankessage an euch Leserchen und eure Kommentare zu der ganzen Sache und das will ich schliesslich nicht zensieren. Drum kommt ab jetzt die ganze Laberei in „Ein Königreich für eine Irre". Dankeschön und bitteschön!

Ich habe da das ein oder andere gepinselt und gekritzelt. Ein bisschen Mondkind hier ein bisschen Waldhüter da. Wer hat Lust, das zu sehen?

Ja?
Nein?
Vielleicht?

Wo wir bei Zeichnungen sind... (I'm the fucking godess of Überleitungen)
Ich habe Fanart bekommen! Und nichts, nein, nicht mal Schokolade macht mich glücklicher als das. Weil es mir zeigt, wie Ihr meine Welt, die ich mit euch zu teilen versuche, seht. Wie ihr es euch vorstellt und all das. Und dass meine Geschichte es wert ist zu zeichnen.
Das hat mir mindestens eine Woche fantastische Laune beschert! DANKE; @Naturfantasy!

Wenn es der Fall sein sollte, dass ihr mal was über Twos gemalt habt und seien es auch nur Miles Axelhaare oder Faris Lieblingswurst, DANN SCHICKT ES MIR!
Das ist echt das Schönste und Inspirierendste, was - meiner Meinung nach - einem Autor geschenkt werden kann.
(Das soll jetzt nicht als Aufforderung missverstanden werden. Ich freue mich über eure Kunstwerke, ihr dürft aber trotzdem weiterlesen, wenn ihr keine gemacht habt hehe^^)

Was mich auch richtig krass freut ist (yea, still godess of Überleitungen):
Kommentare.

Die sind wichtig. Und schreibt unbedingt auch, was ihr scheisse findet!
Ihr sollt nicht haten oder so xD einfach ehrlich sein, dann kann ich lernen, was ich besser machen kann. :D
Eure Spekulationen sind übrigens auch sehr inspirierend ;P

Dann hier noch dickes Daumendrücken für Katsa, die hat nämlich - jap, jetzt ist es 0:10 - heute ihre erste Abschlussprüfung. VELL GLÜCK, DU SCHAFFSCH DA!

So, dann sind wir auch schon bei der Philosophiefrage des Kapitels:
Ist es fair, jemanden den man liebt, nachdem er gestorben ist, wieder ins Leben zurück zu holen? Also falls das in der Realität möglich wäre. (Nicht auf Falk bezogen!)
Die Frage mag komisch klingen, aber sobald man länger darüber nachdenkt, wird sie ziemlich interessant, findet ihr nicht?
Wir wollen Menschen, die wir lieben vor dem Tod beschützen oder ihn rückgängig machen aus diesem einen simplen Grund: Wir lieben sie.
Aber jeden Tag sterben Leute. Was ist mit all den anderen? Mit all den anderen die gestorben sind und mit denen, die sie zurücklassen.
Ist es dem Toten gegenüber, den wir zurückgeholt haben, fair? Schliesslich wird dem garantiert jede Menge Missgunst und Eiversucht entgegengebracht.
Das sind nur ein paar Beispiele, aber versteht ihr, was mein Punkt ist?

Das Lied für dieses Kapitel wie gehabt oben zu hören.
Dead Man Walking - Nick Saxon
Dieses Lied passt wie der Haken auf den Armstumpf zu Falk! Unbedingt reinhören, ist wunderschön!

Lasst mich wissen, was Ihr denkt. Ist super moralische Recherche für Kapitel 69.
Ja, mann. Plus Prolog sind es ab dem nächsten mal 70 Kapitel! Könnt ihr das fassen?! Das Ergebnis aus viereinhalb Jahren Twos und dreieinhalb Jahren Wattpad.
Und tatsächlich bewegen wir uns mit Band eins auf ein Ende zu. Keine Sorge, weitere Teile sind ja schon in Planung xD
Aber stellt euch das mal vor! So lange tippe ich jetzt schon hier dran. Dieses Buch ist mit mir „erwachsen" geworden. Erwachsen ist zu viel gesagt, erwachsener, das ist es ;P
Aber ich bin schon stolz drauf, dass ich dabeigeblieben bin. Gehört jetzt zu mir. ;P

Jetzt wird ich ganz sentimental, ach herrje. Also gut, dann ist es also wieder an der Zeit, mich zu verabschieden. Bis zum nächsten Mal!

Gehabt euch wohl,
Eure Dreamy

Continue Reading

You'll Also Like

6.4M 188K 60
Ein böses Spiel ohne Regeln mit dem Bruder meiner besten Freundin *** Wenn man die Namen Rina und Mason in einem Satz hört, weiß man sofort, dass das...
29.4K 1K 14
Nichts was von Bedeutung ist. Nichts was mich hier hält. Ich bin müde von diesen Menschen hier. Mit ihren bedeutungslosen offensichtlichen Gedanke...
1.3M 36K 57
"Eine Million! Ich gebe dir eine Million für sie." "Was?" - "Sie ist doch nicht mal so viel wert. Sie ist unerfahren, eine Jungfrau! Sie kann dir n...
65.2K 4.4K 46
Die Versklavung ihrer gesamten Nachkommenschaft. Dies waren die Konsequenzen für Briana Henotellos mitwirken beim Aufbau eines totalitären Regimes. I...