Spanisches Temperament und an...

By Ansgel97

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Teil 2 der Hohnstein-Reihe Man möchte fast annehmen, auf Hohnstein wäre Ruhe eingekehrt. Nach einem halben Ja... More

Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6

Kapitel 3

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By Ansgel97

Kapitel 3

Gelassen schritt mein Brauner am langen Zügel durch den Sand des Reitplatzes. Einige Hindernisse standen hier herum und wirkten ein wenig verlassen, denn die beiden einzigen Reiter auf dem Platz schenkten ihnen keine Beachtung. Nur soweit, dass sich niemand das Knie an einem der Pfosten anstieß.

Evas Schimmelchen lief neben Casi her, beäugte ab und an die "Trainingslandschaft" um uns herum. Entsprechend der Zahl der Schüler und Pferde gab es natürlich mehr als einen Außenplatz und auch mehr als eine Reithalle. Zusätzlich noch ein paar Longierplätze und zuguterletzt die Führanlage die leise vor auch hin ratterte.
Die beiden Pferde verstanden sich immer besser je öfter wir zusammen trainierten. Und da Luke nun weniger Zeit hatte und Flo beim Springen immer Chaos verursachte, war Eva zu meiner Lieblingstrainingspartnerin in diesem Gebiet geworden. Auch weil sie und Cas ein deutlich eingespielteres Team im Parcours waren. Castello gab sich immer wirklich Mühe, genauso wie ich mich auch anstrengte, doch zuweilen gab es noch Uneinigkeiten, ob der Sprung nun passte oder ob nicht noch ein Galoppsprung mehr hätte zwischen die Sprünge hätte passen können. Wir hatten uns schon verbessert und ich musste zugeben, dass mein Wallach ein recht gutes Gespür für seine eigenen Fähigkeiten besaß. Ich musste nur noch genau verstehen, wann ich ihm seinen Willen geben sollte und wann er meine Hilfe brauchte. 

In einem entspannten Galopp ritt ich an der langen Seite herunter und visierte einen Sprung auf dem dritten Hufschlag der gegenüberliegenden Seite an. Ein netter kleiner Steil zum Einspringen. Wir hatten bereits ein wenig über Stangen und einem Kreuzchen gearbeitet, jetzt ging es an die "richtigen" Sprünge mit ein wenig mehr Anspruch. 

Mit einer halben Parade holte ich mir Casis Aufmerksamkeit. Er spielte mit den Ohren nach hinten und lauschte auf meine Hilfen. An der kurzen Seite wandte ich ihn ab und gab ihm zu verstehen, was ich von ihm wollte. Seine Ohren spitzten sich als er die blau-weiß-gestreiften Stangen vor uns sah. Ich merkte deutlich, dass ich ein wenig dagegen halten sollte, sonst würde mir mein springwütiges Pferdchen vermutlich einfach in einem riesen Satz über den Sprung stürmen - oder hindurch. Also saß ich ein, fasste ein wenig die Zügel nach. Meine Atmung ging ruhig, ich spürte jeden Galoppsprung als wäre es mein Herzschlag. Einige wenige Sprünge vor dem Hindernis ließ ich ihm dann Platz. Eins, Zwei - und mein Brauner setzte über den A-Steil als wäre es nichts. 

Hinter dem Sprung hatte ich kurz Mühe seinen Galopp wieder ruhiger zu bekommen, dann steuerte ich den nächsten Sprung an. 

"Ihr werdet definitiv besser. Auch der Schritt, den ihr über den Sommer gemacht habt, war sehr gut. Nächstes Mal springst du mit uns L-Höhe. Das packt ihr ganz locker.", zog Eva ein zufriedenes Fazit und schenkte mir eines ihrer niedlichen, etwas schüchternen Lächeln. Dabei zeichneten sich kleine Grübchen auf ihrer hellen Haut ab, die wohl bei zu viel Sonne nur zu schnell verbrannte. Ich war froh, dass ich dieses Problem, trotz Blondchendaseins, nicht hatte. 

"Wie du meinst. Ich denke auch, das wir das schaffen. Casi hat jedenfalls unglaublich Spaß am Springen. Fast noch mehr als früher seitdem wir eingespielter sind." Ich klopfte ihm den kräftigen Hals und ließ ihn dann am langen Zügel vom Platz gehen. Eva und Cas folgten uns, dann setzten sie sich wieder neben uns. 

"Ich glaube fast, nächstes Jahr musst du mich nach Föhr mitnehmen. Das muss ja wie Trainingslager sein da." Sie lachte, hell und glockenklar. 

"Trainingslager und besser. Ich durfte schließlich auch mal das ein oder andere Privatpferd der Besitzer reiten - und diese Pferde sind wirklich purer Zucker." Da geriet ich wieder ins Schwärmen. Als ich zwei Wochen mein Können unter Beweis gestellt hatte, hatte mich Lissas Vater auf sein Dressurpferd Rivergold gesetzt. Der fuchsfarbene Wallach war ein Traum von einem Dressurpferd und hatte mich auf die Probe gestellt. Doch schließlich hatte er mich als Reiter akzeptiert und war gerade so durch die Bahn geschwebt. Lissa hatte davon sogar noch ein Video gemacht und ich liebte sie unglaublich dafür. Es sah einfach unglaublich aus, ohne dass ich mich selbst wirklich loben wollte. 

"Haben die ein paar feine Hottas da, ja? Nur für euch Dressurcracks oder auch was zum Springen?", hakte Eva neugierig nach. 

"Für dich hätten sie bestimmt auch was da. Aber würdest du deinen Dicken wirklich eintauschen wollen?"

"Nur für einen Tag - länger niemals!" Grinsend warf sie sich auf den Hals ihres Schimmels und verschränkte die Hände vor seiner Brust. Dabei brummelte sie noch irgendwelche Liebesbeschwörungen an ihr Pferd in seine Mähne, die er bestimmt hörte. Nur ich nicht, vielleicht war ich auch froh darum. 

Es war gerade einmal 16 Uhr als ich in mein Zimmer trottete, duschen ging und mich dann in meine bequemsten Sportshorts und Gammelshirt auf mein Bett warf. Ich hatte gerade mein Smartphone gezückt als es an der Tür klopfte und ein schwarzer Haarschopf auf ein "Herein" durch die Tür lugte. 

"Hallöchen, Isabel, meine Sahneschnitte.", begrüßte er mich grinsend und trat in den Raum. 

"Hi, Flo.", brachte ich grinsend hervor und richtete mich auf meinem Bett auf. Einladend klopfte ich neben mich auf die Decke. "Was treibt dich in mein bescheidenes Heim?"

"Ach, dies und das."

Ich zog eine Augenbraue fragend in die Höhe. 

"Also eigentlich wollte ich mich auskotzen." Er fuhr sich verlegen durch die Haare und fletzte sich neben mich. "Weißt du, dieser Matteo ist wirklich furchtbar. Ganz ab vom spanischen Akzent. Dieser Hochnäsigkeit, diese Arroganz - einfach eklig. Ich bin ja gespannt, was da noch bei raus kommt. Und dann zieht er auch noch über andere Leute her. Kontinuierlich und zu jeder Zeit. Egal, über was. Ich versuche ihm mittlerweile schon aus dem Weg zu gehen."

Ich wusste wirklich nicht, ob Lachen so angebracht war. Aber ich konnte mich auch nicht zurückhalten. "Du Ärmstes. Armes Florilein...", bemitleidete ich ihn lachend und drückte ihn einmal - natürlich, um ihm Kraft zu geben, was nicht sehr überzeugend rüber kam, so wie ich kicherte. 

"Danke, auf deine Hilfe kann ich auch verzichten, du Nudel...", brummelte er und schüttelte mich gespielt beleidigt ab. 

"Stets zu Diensten!"

Der nächste Tag hatte entspannt begonnen. Doch nun stand ich am Rande des Reitplatzes und konnte kaum den Geschehen zugucken, das sich dort zu trug. Zugestehen musste ich Ellie, dass sie im Umgang mit Pferden recht sicher schien. Ich hatte ihr den Sattel noch kurz zurecht rücken können, bevor Liam etwas bemerkt hatte - ansonsten war sie sehr ordentlich und gewissenhaft. Und ihre Stute, die aussah als hätte man sich in ein Schokoladenbad getaucht, hatte alles auch brav mitgemacht. Nach kurzen Überlegungen hatten wir uns auch heute auf den Spitznamen Dawn für sie geeinigt, da sie mit vollem Namen "Dawnbreaker" hieß. 

Was sich allerdings auf diesem Platz abspielte... Sowohl Dawn als auch ihre Reiterin waren vollkommen mit dieser Situation überfordert. Ellie war diesem Pferd und den Ansprüchen, den es an seinen Reiter hatte, nicht gewachsen. Und die braune Stute hatte keine Ahnung, was sie mit einem unerfahrenen Reiter anfangen sollte. Liam raufte sich die roten Haare und ordnete nach zwanzig Minuten Trockenreiten an. 

Kopfschüttelnd stapfte er zur Bande und ließ sich neben mir auf der Bank nieder. 

"Das geht so nicht. Ich hab in meinem Leben noch nie so ein unpassendes Paar gesehen.", wandte er sich an mich. Seine Miene wirkte fast etwas verzweifelt. 

"Ihr Vater hat keine Ahnung von Pferden. Sie auch nicht wirklich. Was teuer ist, muss gut sein - danach ist dieses Pferd ausgesucht.", erläuterte ich die Lage und seufzte tief. Wenn bei dieser Aufgabe bloß jemand Vernünftiges hinzugezogen worden wäre. Dann hätte Ellie jetzt ein gutes Lehrpferd, das mit einer unerfahrenen Reiterin umzugehen wusste.

"Damit wirst du wohl recht haben. Ich werde mit ihrem Vater reden. Entweder verkauft er die Stute wieder..."

Mein Blick fiel auf das dunkelhaarige Mädchen auf ihrem Pferd. Sie hatte vertrauensvoll die Zügel lang gelassen und auch Dawn schien das deutlich besser zu gefallen. Zufrieden trottete sie über den Platz, ohne gänzlich ihre Eleganz zu verlieren. Nun wirkte das Bild rund, im Gegensatz zu der ganzen Zeit, in der keiner gewusst hatte, was der andere von einem wollte. 

"Meinst du nicht, dass es nicht eine andere Option gibt? Ellie ist schon so sehr unsicher. Wenn ihr Dawn nun sofort wieder weggenommen wird..."

"Würde sie das noch mehr verunsichern?" Ich nickte. "Wir müssen sie jedenfalls auf ein Schulpferd setzen, daran führt kein Weg vorbei."

"Dann muss Dawn eben so bewegt werden. Ich kann ihr zeigen, wie man richtig longiert. Und Spazierengehen und Bodenarbeit kann sie auch mit ihr machen.", schlug ich ergänzend vor. Liam wirkte nachdenklich. 

"Aber ein solches Pferd braucht zweimal die Woche auch vernünftiges Dressurtraining. Sonst würde sie einiges einbüßen. Das müsste einer vom Personal übernehmen und dafür fehlen uns die Kapazitäten." Liam seufzte und ließ seinen Blick über den Platz schweifen. "Wenn sich jemand von unseren Schülern fände, der sie vernünftig reiten könnte. Elizabeth fehlt es ja leider an der Zeit..." 

"Wie wäre es, wenn ich es versuche? Vielleicht kann Elli sich an den Tagen um Casi kümmern und ich reite dann Dawn."

Erst viel später wurde mir bewusst, wo ich mich gerade reingeritten hatte. Jetzt war es aber eh zu spät. Aber seit wann besaß ich eigentlich so eine soziale Ader? Ich war doch sonst nicht so. Normalerweise versuchte ich, mein eigenes Leben auf die Reihe zu bekommen - und gut war's. Jetzt versuchte ich, einem Mädchen bei ihren unzähligen Problemem zu helfen, das ich gerademal seit zwei Tagen kannte. Das war einfach nur verrückt und es würde noch ziemlich anstrengend werden. 

Ich hatte gerade Castello noch zwei Karotten in den Trog geworfen und machte mich daran, seinen Sattel und seine Trense mal ordentlich sauber zu machen und einzufetten, da hörte ich schnelle Schritte in der Stallgasse. Mein Blick fuhr hoch und ich entdeckte einen ziemlich gestresst aussehenden Will, der die Boxentür seines Rappen Chernobog auf schob. 

"Will?", fragte ich in die Stille, die lediglich durch das Rascheln der Pferde im Stroh und ein gelegentliches Schnauben unterbrochen wurde. Einige Augenblicke schien von meinem ehemaligen Englischlehrer keine einzige Regung auszugehen. Dann jedoch straffte er die Schultern und drehte sich zu mir um. Sein Gesicht wirkte älter als er war. Er wirkte auf eine gewisse Art ausgelaugt und gestresst. "Was ist los?"

"Nichts..." Seine Stimme war kaum mehr als ein Hauchen. "Nichts, womit ich dich belasten möchte oder könnte. Mach dir keine Sorgen, Isa." 

Seine Worte trugen zwar nicht gerade dazu bei, dass ich mir keine Sorgen machte, doch ich sah ein, dass weiteres Nachfragen zu nichts führen würde. Schließlich war ich auch nur irgendeine Schülerin von ihm - eigentlich. Will war erwachsen. Irgendwas Ende Zwanzig, was wusste ich schon. Er würde schon wissen, was er tat. Hoffte ich wenigstens. Ich würde es wahrscheinlich nicht besser wissen, oder? 

"Keep your head up, Will.", sagte ich nur zu ihm und warf ihm ein kleines Lächeln zu. Kurz zuckten seine Mundwinkel und die Grübchen, die er beim Lächeln bekam, waren auf seinem Gesicht zu erkennen. Doch ein richtiges Lächeln brachte er nicht zustande.

"Thanks, dear. I'll try..."

Ich saß schon in meinem Pyjama auf dem Bett und scrollte mich durch eine Pferdeshopseite als es an der Tür klopfte und kurz darauf Sophie mit zwei riesigen Koffern hereinstolperte. Diese stellte sich knapp hinter der Tür hab und schloss diese. 

"Da bist du ja endlich.", begrüßte ich sie lächelnd, stand auf und umarmte sie. Ich merkte, wie sich meine Freundin leicht in meine Umarmung fallen ließ. Sie wirkte wirklich fertig - körperlich als auch nervlich. 

"Bin ich froh, wieder hier zu sein. Das glaubst du nicht.", seufzte sie und ließ sich auf ihr Bett fallen. 

"Was war denn überhaupt los bei euch?" Ich platzierte mich ihr gegenüber auf meinem Bett und blickte sie erwartend an.

"Ach... Das ist-", geriet sie ins Stocken. 

"Ist wieder was mit deiner Mutter? Ist sie wieder krank?", hakte ich besorgt nach.

"Nein, nein, zum Glück nicht. Nur... die Behandlung und der ganze Kram hat ziemlich viel Geld gekostet und meine Eltern könnten sich eigentlich das Internat nicht mehr leisten. Zumindest nicht für zwei. Es liegt nur an Frau Petersens Zugeständnissen, dass Alina und ich noch hier sein dürfen." Sophie wirkte geknickt als sie das zugab. Ich hatte gewusst, dass es ihren Eltern finanziell nicht so wirklich gut ging, doch ich hatte nicht erwartet, dass es tatsächlich so schlecht stand. Und wieder einmal keimte in mir das leise Gefühl auf, dass unsere Direktorin wohl doch ein Herz hatte. 

"Alles was zählt ist, dass du wieder hier bist und hier bleibst bis zu unserem Abschluss." 

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