Timeless

By Emaayy

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Nachdem Damian und Ever getrennt waren, kam nun endlich raus weshalb er sich von ihr distanziert hatte. Eine... More

Teil 1
Teil 2
Teil 3
Teil 4
Teil 5
Teil 6
Teil 7
Teil 8
Teil 9
Teil 10
Teil 11
Playlist
Teil 12
Teil 13
Teil 14
Teil 16
Teil 17
Teil 18
Teil 19
Teil 20
Teil 21
Teil 22
Epilog
Danksagung
Werde mein nächster Hauptcharakter!
Kurze Anmerkung
SAVE HUNTER

Teil 15

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By Emaayy



Teil 15

Ever

Ich war seit zwei Tagen in diesem Bett gefangen. Der Arzt kam einmal am Tag vorbei und untersuchte meine Werte. Er hatte gesagt, ich dürfte heute gehen, müsste jedoch noch Medikamente gegen meinen Kreislauf nehmen. Blake hatte mir frische Kleidung aus dem Wohnheim vorbei gebracht. Er war der erste gewesen, denn ich beim aufwachen gesehen hatte. Danach folgten Tea, Cole und natürlich Damian's Eltern, die sich nach mir erkundigt hatten. Ich hatte ihnen mein Beileid zugesprochen, war jedoch froh, dass sie nur kurz geblieben waren. Nando's Tod geht mir noch immer unter die Haut und ich kann nicht aufhören daran zu denken. Es zerstört mich und noch mehr zerstört mich, dass ich Damian seit Tagen nicht gesehen habe. Das letzte mal war im Badezimmer, als ich zusammengebrochen bin.

Eine Krankenschwester half mir auf die Beine und führte mich zum Bad. Als sie mit mir über die Türschwelle trat, blieb ich abrupt stehen.

"Ich glaube ich kann mich alleine umziehen." sagte ich und versuchte dabei so ruhig wie möglich zu klingen, was mir echt schwer fiel, denn sie behandelten mich alle hier, also ob ich nicht fähig wäre alleine zu laufen.

"Aber ich sollte sie..."

"Ist schon okay. Wirklich." schnitt ich der dunkelhaarigen Krankenschwester das Wort ab und schloss die Tür schnell hinter mir. Ein dünnes langärmliges Oberteil und eine dunkele Jeans lagen auf dem Waschbecken. Ich war froh, dass Blake mir nichts kurzes mitgebracht hatte. Die Kleidung saß etwas locker an meinem Körper, doch das störte mich weiter nicht. Ich war einfach nur froh hier raus zu kommen. Zwar war das Loch in meinem Herz nicht zu und würde es wahrscheinlich auch nie wieder werden, doch ich musste Damian suchen. Ich machte mir verdammte Sorgen um ihn. Die Krankenschwester wechselte gerade die Bettwäsche, als ich aus dem Badezimmer tratt. Die lächelte mich mitleidig an, wahrscheinlich weil niemand da war. Ich hatte Blake gesagt er solle unten auf dem Parkplatz warten. Ich nahm meine Handtasche vom Tisch und unterschrieb das Formular darauf. Meine Tabletten befanden sich in einer kleiner Box neben dem Nachttisch. Ich steckte sie in meine Tasche, verabschiedete mich von der Krankenschwester und nahm den Fahrstuhl ins Erdgeschoss. Blake wartete bereits unten im Empfang. Seine hellbraunen Augen wirkten müde, als er mich erblickte. Er lief zu mir rüber und nahm mir meine Tasche ab.

"Wie geht es dir shawty?"

Ich zuckte mit den Schultern, weil ich es ernsthaft nicht wusste. Die Sonne schien über uns, war jedoch nicht bedrückend.

"Hast du was von Damian gehört?" fragte ich, weil ich nur an ihn denken konnte. Blake schüttelte den Kopf und saugte seine Unterlippe ein. Stumm liefen wir nebeneinander her und ich hatte mich noch nie in meinem gesamten Leben so schrecklich gefühlt. Ich hatte das Gefühl jeden Moment wieder zusammenzubrechen, jedoch wollte ich nicht länger Zeit in diesem Krankenhaus verbringen. Damian's verschwinden bereitete mir Sorgen. Er war verletzt, nein er war zerstört und zwar so sehr, dass nichtmal ich ihn heilen konnte.

Blake öffnete die Tür eines roten Trucks. Verblüfft blieb ich kurz stehen und betrachtete das heruntergekommene Fahrzeug. Ich wusste zwar dass Blake einen Führerschein hatte, jedoch war ich mir sicher, er hatte kein eigenes Auto. Ohne Fragen zu stellen stieg ich ein, hauptsache wir kamen so schnell wie möglich weg von diesem Ort.

"Wohin fahren wir?" fragte ich, als wir schon eine Weile unterwegs waren. Blake fuhr sich durch sein blondes Haar und schien selbst nicht zu wissen wohin er fuhr.

"Cole ist ziemlich depressiv seit Nando's Tod. Er kannte den kleinen schon sein ganzes Leben lang..." Blake schluckte sichtlich schwer und holte zitternd Luft.

"Er ist mit Tea irgendwohin abgetaucht. Niemand weiß wo sie sind. Im Allgemeinen, sind alle spurlos verschwunden. Damian's Bruder wurde seit Tagen nicht gesichtet, genau wie Damian."

Meine Brust zog sich eng zusammen und nahm mir beinahe die Luft zum atmen.

"Fahr mich zu Damian." sagte ich entschlossen.

Blake zog die Augenbrauen zusammen.

"Ever ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee..."

"Blake." unterbrach ich scharf und sah ihn kalt an. Er bemerkte, dass diskutieren sinnlos war und hakte nicht weiter nach. Ich sah aus dem Fenster und ließ die verschwommene Welt an mir vorbei ziehen, während gleichzeitig alles stehen zu blieben schien. In meine bevorstehende Zukunft zu blicken, war genauso wie auf ein weißes Blatt Papier zu starren, Leer und unberechenbar. Ich hatte kein Ziel und verlor meinen einzigen halt. Wohlmöglich hatte ich ihn schon verloren, jedoch stand ich noch auf der Spitze der Klippe. Ich würde Damian nicht einfach so im Stich lassen. Das konnte ich nicht und würde ich auch nie können. Wir fuhren in die Einfahrt des großen Hauses. Es wirkte so fremd und leer, ehe ich es betrat. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals, so dass ich schwer schlucken musste.

"Soll ich dich bis zur Tür begleiten?" fragte Blake und legte seine Hand auf meine. Ich sah zu ihm rüber und schüttelte den Kopf.

"Ich schaffe das schon." antwortete ich und sah eine weitere Sekunde in seine Augen.

"Ich muss mich bei dir bedanken Blake und zwar für alles. Du warst immer für mich da und ich kann dir nicht sagen wie froh ich bin dich zu haben."

Ich schlang meine Arme um seinen Hals und umarmte ihn. Er erwiderte meine Umarmung und strich mir tröstend über den Rücken.

"Ist doch selbstverständlich shawty. Ich werde dich nicht alleine lassen und vor allem jetzt nicht. Wenn ich dich abholen soll, dann ruf mich einfach an."

"Mach ich." bestätigte ich und ließ von ihm ab. Ich wusste nicht womit ich meine Freunde verdient hatte und vor allem Blake war einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben geworden. Schuldgefühle überkamen mich. Ich hatte das Gefühl, dass jeder in meinem Umfeld für mich da sein musste und ich nichts zurück geben konnte. Jeder wurde in meine Probleme mit einbezogen, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte.

Ich hörte Blake wegfahren, als ich bereits vor der Haustür stand. Nachdem ich tief eingeatmet hatte drückte ich auf die Klingel. Ich hielt mich an der Wand fest um nicht erneuert umzufallen. Meine Beine wirkten, als ob sie sich in Pudding verwandelt hätten. Mindestens drei Minuten wartete ich, als ich mich auf den Treppenansatz setzten wollte um dort zu warten, als die Tür aufging. Eine große Gestalt tauchte vor meinen Augen auf und beinahe hätte ich Damian's Vater nicht erkannt. Unter seinen Augen lagen große dunkle Schatten. Er musterte mich und öffnete die Tür noch ein Stück. Hinter ihm waren alle Lichter aus, so dass es wirkte, als ob er in einem schwarzen Loch stehen würde.

"Hallo." begrüßte ich ihn monoton. Seine braunen Augen sahen gespenstig, sogar beinahe farblos aus.

"Hallo Ever. Geht es dir wieder besser? Komm doch rein."

Ich nahm seine Einladung ein und betrat das Fremde Haus. Beim übertreten der Türschwelle, überkam mich die einsame Stille. Nando's Lachen fehlte. Das Geräusch seiner kleiner Füße, die umher rannten fehlte. Ich schluckte die Tränen runter, die in meinen Augen hochkamen. Wir liefen ins Wohnzimmer, auf dessen großen Tisch hunderte von Blätter ausgebreitet waren.

"Ich organisiere gerade die Beerdigung." erklärte mir Diego, als er meinen neugierigen Blick bemerkte. Ich erwiderte nichts und sah stattdessen zwischen ihm und den Papierhaufen hin und her. Ich konnte einfach nicht fassen, dass das Real war. Es fühlte sich so verdammt falsch an.

"Setz dich doch." bot er mir an und zeigte auf die Beige Couch. Erinnerungen kamen in meinem Kopf hoch. Auf dieser Couch hatten Nando, Damian, Lorenzo und ich Tage lang gesessen, gespielt, geredet und filme geschaut. Ich zuckte zusammen, als Nando's grinsendes Gesicht vor meine Augen trat. Schweigend sah ich auf meine Hände, während Damian's Vater gegenüber von mir saß. Das ticken der Uhr wurde mit jeder Sekunde lauter und ich fing an zu zählen, wie oft sie von einer Sekunde auf die andere wechselte.

"Lorena ist seit Tagen nicht aus unserem Zimmer rausgekommen. Sie sitzt nur auf dem Stuhl und sieht aus dem Fenster. Seit Tagen hat sie nichts gegessen und ich muss sie regelrecht zum trinken zwingen."

Ich konnte mir vorstellen, dass Lorena wie gelähmt aus dem Fenster blickte und sich nicht regte. Alle Menschen die ich kannte, schienen verändert seit Nando's Tod. Ich selbst war auch eine andere Person geworden. Ich fragte mich wo sich Damian befand und was er in dieser Sekunde tat.

"Es muss schwer für sie sein, zu verarbeiten was passiert ist. Ich meine, es ist schwer für uns alle."

Mit jedem Wort das ich sprach, schmerzte mein Rachen. Ich wusste nicht genau was ich sagen sollte. Mein Körper begann zu zittern und ich klammerte mich an die Armlehne, um einen festen Halt zu haben. Diego fuhr sich mit den Händen übers Gesicht und atmete hörbar aus.

"Ja ich weiß, es ist sehr schwer sogar. Ich bin völlig hin und her gerissen. Einerseits will ich auch trauern und meine Ruhe haben, aber andererseits muss ich meine Familie aufrecht erhalten. Meine Frau fällt in Depressionen und meine beiden anderen Söhne sind verschwunden."

Mir lief es eiskalt den Rücken runter.

"Sie meinen, dass Damian verschwunden ist? Seit wann?" hakte ich nach und setzte mich kerzengerade auf.

"Seit er dich ins Krankenhaus gebracht hat, haben wir ihn nicht mehr gesehen. Lorenzo ist schon länger weg." antwortete er, wobei seine Augen so traurig wirkten, als müsste er jeden Moment anfangen zu weinen.

"Du darfst auch schwach sein, ich meine ich weiß wie man sich fühlt, wenn man stark bleiben will. Doch jede harte Schale beginnt irgendwann zu bröckeln."

Er zuckte kaum merkbar mit den Schultern.

"Ich will jetzt nur noch für meine Frau da sein."

"Ja, das verstehe ich. Vielleicht sollte ich lieber nicht in ihr Zimmer gehen."

"Es ist nutzlos, sie bringt im Moment kein Wort heraus. Aber du kannst hier bleiben, solange du willst. Wenn du auf Damian warten willst, kannst du ruhig in sein Zimmer gehen, aber ich weiß nicht ob er zurück kommen wird." sagte Diego und erhob sich vom Sofa, um sich wieder seinen Unterlagen zu widmen. Ich hatte noch nie so lange mit Damian's Vater gesprochen, da er immer unterwegs war. Die Stimmung war seltsam und erdrückend. So viel Trauer und Kummer, war schwer zu verarbeiten und vor allem zu realisieren. Stumm verließ ich das Wohnzimmer und lief die Treppen zu Damian's Zimmer hoch. Ich überlegte erst, bei Lorena vorbei zu gehen, entschied mich jedoch dagegen. Nando's Zimmertür war geschlossen, als ich an ihr vorbei lief. Im Gegensatz zu Nando, stand Damian's Zimmertür weit offen. Das Bett war ungemacht, die Vorhänge runtergerissen, auf dem Boden lagen Blätter verstreut, die Wand hatte einen Riss und es lagen ein paar Scherben in der Ecke verstreut. Bilder von Damian, wie er das Zimmer verwüstete traten in meinen Kopf und ich musste reflexartig zusammen zucken. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter und betrat das Zimmer.

Vorsichtig ließ ich mich auf Damian's Bett nieder und strich mit meiner Hand über seine dunkelgraue Bettdecke. Ich legte mich hin und kuschelte mich ins Kissen. Meine Knie waren an meine Brust angezogen. Alles roch nach Damian und ich vermisste ihn schrecklich, vorallem, weil ich nicht wusste wo er war und was er trieb. Ich hatte das Gefühl, er würde mir immer mehr entgleiten. Wäre ich nicht zusammengebrochen, könnte ich jetzt bei ihm sein. Doch ich war zu schwach. Damian ist weg und ich hab keine Ahnung ob er je wieder zurück kommen wird.

Damian

Wenn man weiß, dass eine Person einen verlassen wird, malt man sich die unterschiedlichsten Szenerien aus. Man plant voraus, wie man sich fühlen wird und ist sich sicher, dass man daran nicht zerbrechen wird. Dass man weiter machen kann. Doch so ist das nicht. Niemand kann vorhersagen, wie man sich nach dem Tod eines geliebten Menschen fühlt. Erst wenn alles zur Realität wird, beginnt man zu tun, zu denken, zu fühlen.

Nachdem ich Ever im Krankenhaus abgesetzt hatte und zu meiner Mutter gegangen war, wollte ich das verfluchte Gebäude verlassen, doch am Ausgang machte ich halt. Ich konnte einfach nicht gehen, ohne davor bei ihr vorbei geschaut zu haben. Also schlich ich mich in Ever's Zimmer, selbst wenn es verboten war. Se hatte tief und fest geschlafen und sah ziemlich mitgenommen aus. Ich saß eine Weile neben ihr und hielt ihre Hand. In den paar Stunden dachte ich über alles nach. Von unserer ersten Begegnung angefangen bis zum heutigen Tag. Ich dachte darüber nach wie sehr wir uns beide verändert hatten und wie sehr wir uns gegenseitig beeinflusst hatten. Ich drückte ihr einen langen Kuss auf die Stirn, ehe ich das Zimmer verließ und sie hinter mich ließ. Ich ließ alles was wir miteinander hatten hinter mir. Der Dämon kam aus mir heraus, denn alle Menschen haben irgendwo tief in sich einen Dämon. Meiner war besonders schlimm. Ich war nach Hause gefahren, hatte mein Zimmer verwüstet und anschließend all das Bargeld, das ich auftreiben konnte mitgenommen. Nun saß ich hie, in einem heruntergekommenen Hotelzimmer und betrank mich. Das tat ich schon seit zwei Tagen und langsam ging mir das Geld aus. Ich war nur noch betrunken und mein Kopf war so benebelt, dass ich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Das Hotelzimmer war in den letzten Tagen zu meinem Zuhause geworden. Ich ging nur raus um mir neues Betäubungsmittel zu besorgen. Einmal hatte ich überlegt in eine Bar zu gehen und mich dort zu betrinken, um anschließend irgendeine Frau aufzureißen, doch das konnte ich nicht. Mich ekelte es an eine andere als Ever anzufassen. Ich wünschte ich könnte bei ihr sein. Ich wünschte ich könnte sie in meinen Armen halten und ihr sagen, dass alles gut werden würde. Doch nichts würde gut werden.

Ich seufzte auf und nippte an der Wodkaflasche, bis sie leer war. Mein Rachen brennte wie Feuer, als die Flüssigkeit in meinen Magen gelangte.

"Fuck." flüsterte ich und fuhr mit beiden Händen über mein Gesicht, um nicht einzupennen. Ich hatte die Wodkaflasche auf den Boden fallen lassen ohne es zu bemerken. Das Zimmer sah aus wie ein Saustall. Ich musste von hier verschwinden. Ich hatte nicht mehr genug Geld, um eine weitere Übernachtung in diesem Zimmer zu bezahlen. Seit zwei Tagen trug ich die selben Klamotten, weswegen ich überhaupt nichts einpacken musste. Ich taumelte zur Tür und stieß dabei ein paar Bierflaschen um, die klirrend zu Boden fielen.

Der Wunsch auf irgendwas oder irgendjemanden einzudreschen überkam mich. Ich wollte meine Wut rauslassen oder irgendwas zerstören. Die Frau an der Rezeption beäugte mich kritisch, als ich die Lobby durchquerte. Am Himmel dämmerte es bereits, als ich das Hotel verließ. Eigentlich war ich gar nicht in der Verfassung Auto zu fahren, doch trotzdem lief ich zu meinem Wagen. Die ganze Autofahrt lang musste ich mich unfassbar konzentrieren, um keinen Unfall zu bauen. Beinahe fuhr ich jemanden rein, konnte jedoch noch rechtzeitig ausweichen. Ich hoffte, dass zuhause niemand war und ich mir einfach Geld nehmen und dann wieder verschwinden konnte. Das Haus wirkte fremd, als ich in die Einfahrt fuhr. Es war ein wunder, dass ich es lebendig hierher geschafft hatte. Ich würde nur kurz reingehen und sofort wieder verschwinden. Die Haustür war offen, was mich ein wenig verwunderte. Ich kickte meine Stiefel von meinen Füßen und schlenderte ins Wohnzimmer. Auf dem Tisch lagen haufenweise Blätter verteilt. Ich sah mir den Papierstappel genau an und mein Atme stockte. Eine Rechnung von dem Kauf eines Sarges sprang mir ins Auge. Ich fühlte wie sich alles in meinem Magen umdrehte und aus mir rauswollte. Mit einem Ruck stieß ich alle Blätter von dem Tisch, so dass sie durcheinander zu Boden fielen. Ich hörte Schritte, die immer näher kamen. Tränen traten in meine Augen, als ich zur Treppe sah, auf der mein Vater herunter kam. Seine Augen weiteten sich, als er mich erblickte. Er sah vollkommen anders aus. Älter und irgendwie schwächer.

"Wo warst du? Ich war krank vor sorge!" sagte er scharf und musterte mich mit seinen braunen Augen. Als ich nicht antwortete kam er näher und verzog angewidert das Gesicht.

"Du stinkst nach Alkohol. Wo zum Teufel warst du?" wiederholte er seine Frage. Ich blickte ihm unbeeindruckt in die Augen und wischte mir mit der Hand über meine feuchten Wangen. Mein Vater blickte zu den Blättern auf den Boden und schloss die Augen, ehe er tief einatmete.

"Damian du brauchst Hilfe. Wir müssen alle zur Familientherapie."

"Ich werde nirgendwo hin gehen." antwortete ich barsch und mein Blick verfinstere sich. Seine Verzweiflung war ihm auf die Stirn geschrieben, auch wenn er versuchte sich nicht anmerken zu lassen.

"Hast du eigentlich mal an Ever gedacht? Sie..."

Sofort verspannte ich und warf meinem Vater einen warnenden Blick zu.

"Erwähne nie wieder ihren Namen!" fauchte ich und ballte die Hände zu Fäusten.

Mein Vater zuckte zusammen und atmete zitternd ein.

„Du hast das Mädchen im Stich gelassen. Du hast sie einfach alleine gelassen, obwohl sie dich braucht und obwohl du sie brauchst."

Ich merkte wie bei seinen Worten wieder Tränen in meinen Augen aufstiegen.

„Halt verdammt nochmal die Fresse!"

Ich wollte meinen Vater schubsen, doch er war schneller und fing meine Hände ab. Wäre ich nicht so verdammt betrunken, hätte ich ihn getroffen.

Nichtsdestotrotz lief ich an ihm vorbei und stampfte die Treppen hoch. Mein Kopf pochte und alles drehte sich. Meine Wangen brannten aufgrund dem Salzwasser. Ich hasste meinen Vater und noch mehr hasste ich, dass er recht hatte. Mit dem Fuß kickte ich meine Zimmertür auf, die ein wenig offen stand. Ich war mir sicher, dass ich sie geschlossen hatte, als ich gegangen war. Alles sah genauso aus, wie vor zwei Tagen, mit einer winzigen Ausnahme. Erst dachte ich, dass ich träumte oder mir Sachen einbildete, doch ihre umrisse waren zu genau. Zu perfekt. Ich lief zu meinem Bett und ließ mich vorsichtig auf die Bettkante fallen, um sie nicht zu wecken. Ever lag zu einer Kugel zusammengerollt auf meinem Bett und schlief. Meine Hand streckte sich wie von alleine nach ihr aus. Ich berührte ihre Wange, worauf sie kurz verspannte, ehe sie sich an meine Hand schmiegte, als wüsste sie, dass ich es bin. Ihre Gesichtszüge waren lange nicht mehr so sanft wie früher, denn etwas angespanntes lag in ihnen. Ich wollte mich zu ihr legen, sie an mich drücken, ihren Duft einatmen und ihre kalte Haut wärmen. Doch ich hatte zu sehr angst sie zu wecken und alles zu zerstören, obwohl es da nicht mehr viel gab, was man hätte zerstören können. Ich stank nach Alkohol und war völlig neben der spur. Wenn sie mich so auffinden würde, würde sie mich noch mehr hassen als ohnehin schon. Alle meine Versprechen konnte ich nicht halten. Ich konnte sie nicht beschützten oder für sie da sein, weil ich ein verdammtes, kaputtes Wrack war.

Ever blinzelte, worauf ich meine Hand von ihrer Wange entnahm. Etwas Licht aus dem Flur schien herein, doch ich war mir sicher, sie war aufgrund meinem Gestank wach geworden. Sie riss die Augen auf, als sie mich erkannte und setzte sich stocksteif auf dem Bett auf. Etwas aus angst und Erleichterung lag in ihren Augen. Fürchtete sie sich vor mir?

„Wo warst du?" flüsterte sie, wobei ihre Stimme und ihr Körper begannen zu zittern.

„Weg." antwortete ich monoton, weil ich nicht wusste was ich mir eigentlich erhoffte. Ich durfte sie nicht weiter in meinem Leben behalten, doch es viel mir so schwer abschied zu nehmen.

Ihre großen braunen Augen musterten mich, als sie in meinem Gesicht verharrte und mich innig anstarrte.

„Wieso warst du weg? Ich meine, wieso bist du nicht bei mir geblieben?" Ihre Stimme war weiterhin leise, doch diesmal war der Schmerz deutlich rauszuhören.

„Weil ich meine Ruhe gebraucht habe."

„Das verstehe ich, aber...aber wieso hast du dich denn überhaupt nicht bei mir gemeldet. Ich habe mir sorgen um dich gemacht."

Sie rutschte näher zu mir und legte ihre kleine Hand vorsichtig auf meine, als wäre sie sich unsicher, ob sie mich anfassen sollte. Regungslos blieb ich in meiner Position und durchdachte jeden meiner nächsten Schritte. Ich durfte mein Pokerface nicht ablegen. Sie sollte nichts von meinen Gefühlen oder Gedanken mitbekommen. Ever musste glauben, was ich ihr als nächstes sagen würde. Ich schloss die Augen und atmete tief ein.

„Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich dich damals aufgefangen habe. Es tut mir leid, dass ich dich in mein Leben gelassen habe. Es tut mir leid, dass du das alles durch machen musstest. Es tut mir wirklich verdammt leid und deswegen soll hier Schluss sein. Ich will das nicht mehr. Weder für dich noch für mich."

Sie starrte mich ungläubig an und ich war mir sicher, dass sie nie und nimmer damit gerechnet hätte. Langsam schüttelte Ever den Kopf.

„Ich weiß was du vor hast, aber das wird nicht funktionieren." Sie rutschte näher zu mir und legte ihre Hände um mein Gesicht, so dass ich gezwungen war sie anzusehen.

„Damian bitte." sagte sie sanft und suchte meinen Blick, doch ich wich ihm gezielt aus.

„Geh jetzt. Ich meine es ernst."

„Du bist betrunken, erschöpft und zerstört. Du weißt nicht was du da redest."

Mein Herz zog sich bei ihren Worten zusammen, so dass ich ein schmerzhaftes stechen verspürte.

„Verdammte Scheiße. Ever verschwinde, wie oft muss ich dir das sagen, bevor du es wirklich tust?"

„Ich werde nicht gehen Damian, egal was du sagst."

Ich starrte in ihre verheulte Augen und biss die Zähne aufeinander. Ich hatte garnicht bemerkt, dass sie angefangen hatte zu weinen.

Ihre Unterlippe zitterte heftig, als sie ihre Finger in mein T-Shirt krallte und ihre Stirn gegen meine Brust lehnte.

„Ich werde dich nicht alleine lassen. Du kannst mich von dir abstoßen und mich schlecht behandeln, aber ich werde bleiben."

Sie weinte in mein T-Shirt hinein und flehte die ganze Zeit vor sich hin. Ich kniff die Augen fest zusammen und unterdrückte die Tränen, die in meinen Augen aufstiegen. Sanft schob ich Ever von mir weg. Sie schluchzte auf und sah mit völlig geröteten Augen zu mir hoch.

„Bitte Damian tu das nicht."

Ich schloss die Augen und atmete tief ein.

„Ich glaube es ist besser für uns beide, wenn wir getrennte Wege gehen. Ich verdiene dich nicht und das war vom ersten Tag an schon so. Ich war nie gut genug für dich und werde es auch nie sein können. Nie werde ich dich behandeln können so wie du es verdienst und erst recht nicht jetzt. Wir sollten an dieser Stelle einen Schlussstrich ziehen."

Sie holte zittrig nach Luft und schüttelte den Kopf.

„Hör auf sowas zu sagen! Hörst du eigentlich was für einen Schwachsinn du da von dir gibst! Ich liebe dich Damian und ich werde nicht zulassen, dass du dich von mir distanzierst!"

Ihre sture Art ging mir das erste mal in meinem Leben auf die nerven. Konnte sie nicht einmal nachgeben?

„Find dich einfach damit ab. Ich will dich nicht mehr. Das zwischen uns beiden hätte sowieso nicht gut geendet. Die Tragödie war von Anfang an vorbestimmt."

Ich wollte ihr wehtun, weil sie anders nicht verstand. Ich musste sie so sehr schwächen, dass sie freiwillig ging. Doch dann tat sie etwas, womit ich nicht gerechnet hätte. Sie schlang ihre zierlichen Arme fest um meinen Oberkörper und drückte ihr Ohr direkt an mein Herz. Ich hob die Arme hoch und riss mich entschlossen zusammen nicht ihre Umarmung zu erwidern. Wenn ich jetzt meine Arme um sie schlang, wäre es vorbei. Ich würde sie nie wieder loslassen und das war gefährlich für sie. Sie drückte mich fester und ich konnte förmlich ihr Verlangen danach, dass ich sie an mich ziehen sollte, spüren. Ever wollte mich dazu bringen schwach zu werden, doch das konnte ich nicht, auch wenn die Versuchung groß war. Ich schloss die Augen und genoss noch ein letztes mal den süßen Duft ihres Haars, ihre Berührung, ihre ganze Gestalt. Das würde das letzte mal sein.

„Bitte Damian..."

Ich konnte die Verzweiflung und Angst in ihrer Stimme hören. Jeder meiner Muskeln spannte sich an und ich kämpfte mit meinem inneren Dämon. Ich wollte die Arme um sie legen und sie trösten, weil sie genauso verletzt war wie ich, doch das würde bedeuten, dass ich nur noch mehr wehtun würde. Ich war nicht gut für sie, doch Ever verstand es einfach nicht.

„Lass mich los Ever. Ich rufe Blake an, damit er dich abholt."

Sie schüttelte energisch den Kopf und ließ mich weiterhin nicht los.

„Nein, ich gehe nirgendwo hin. Ich bleibe bei dir, egal was du zu mir sagen wirst."

„Ever bitte..."

„Du hast es versprochen! Du hast..." Sie kam nicht weiter, da sie heftig aufschluchzte und unmenschlich zu zittern begann. Ich fragte mich wie lange sie schon aus der Klinik draußen war und ob sie wieder einen Nervenzusammenbruch bekommen könnte. Sie hatte bestimmt Tabletten verschrieben bekommen. Fuck! Sie brach völlig zusammen, weinte hysterisch und klammerte sich weiterhin an mir fest, als ob ich ihr Rettungsring wäre. Doch das war ich nicht. Mein innerer Dämon entriss mir mein komplettes Herz und ich hatte noch nie einen derartigen Schmerz empfunden. Ich nahm mein Telefon aus der Hosentasche und schrieb Blake, dass er sofort hier her kommen sollte. Meine Sicht war verschwommen und mein Kopf 100 Tonnen schwer, weswegen es länger dauerte die SMS zu schreiben. Ever weinte weiterhin, so dass mein T-Shirt schon komplett durchnässt war. Eigentlich sollte ich sie von mir entfernen, doch ich konnte mich nicht vom Fleck rühren. Sie flehte weiterhin, dass ich bei ihr bleiben und sie nicht wegstoßen sollte. Mich wunderte es, dass Blake innerhalb von drei Minuten in meinem Zimmer stand und mit offnem Mund zwischen Ever und mir hin und her sah.

„Was hast du ihr angetan!?" fragte Blake drohend und zog Ever von mir weg, die sich jedoch wehrte, doch dann in Blake's T-Shirt schluchzte. Er umarmte sie fest und sah dabei mich an.

„Schaff sie hier weg und tu mir bitte einen gefallen. Kümmere dich um sie und sorg dafür, dass sie glücklich wird. Sorg dafür, dass sie zu sich kommt und ein schönes Leben haben wird. Bitte verspreche es mir."

Blake sah mich an, als wäre ich vollkommen übergeschnappt und ich war mir sicher, wäre Ever nicht bei ihm, hätte er mir eine reingehauen. Er schüttelte ungläubig den Kopf und hob Ever hoch. Sie hatte die Schultern und beine angezogen, so dass sie noch kleiner wirkte, als sie ohnehin war.

„Sie war glücklich, bevor du ihr zum zweiten mal das Herz gebrochen hast. Ich werde dafür sorgen, dass sie dich Abgrundtief hassen und vergessen wird. Ich werde dafür sorgen, dass sie einen Jungen findet, der ihre Liebe schätzt."

Blake sprach leise, jedoch so bösartig, dass jedes seiner Worte bei mir ankam. Er verließ das Zimmer. Mit Ever natürlich. Ich blieb alleine in meinem Zimmer zurück, rannte zum Badezimmer, als ich meinen Mageninhalt hochkommen spürte. Ich kotzte mir alles was noch in mir war aus dem Leib. Anschließend lehnte ich mich gegen die Badewanne und ließ meinen Emotionen freien Lauf. Ich heulte die ganze Nacht lang und konnte nicht auhören, da der Schmerz mich zerfraß.

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Eeeennndliichhh hab ich den Teil fertig und bin ebenso mit meinen ganzen Prüfungen fertig. Mir hat das schreiben so gefehlt und verspreche jetzt wieder regelmäßiger was hochzuladen, vor allem weil die Geschichte bald zu ende ist und noch ein paar Dinge passieren werden. Seit gespannt.

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