Uralte Fassung (1): Twos - Di...

By MaraPaulie

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Achtung: Alte Fassung. Neue ebenfalls auf Account zu lesen. Nicht jedes Märchen beginnt mit »Es war einmal... More

Vorwort
Prolog
Kapitel 1 - Ticket der Freiheit
Kapitel 2 - Home Sweet Home
Kapitel 3 - Die Tallos
Kapitel 4 - Die verrückte Tanja
Kapitel 5 - Tränen aus Eis
Kapitel 6 - Verräter und Bruder
Kapitel 7 - Das Wintermädchen
Kapitel 8 - Die Herrscher der Gezeiten
Kapitel 9 - Grosser, böser Wolf
Kapitel 10 - Vom Märchen in rot
Kapitel 11 - Von Schnee im Haus und Rosen aus Feuer
Kapitel 12 - Erbe der Toten
Kapitel 13 - Von Verrückten und dem Labyrinth
Kapitel 14 - Der Bruder mit dem Schuppenkleid
Kapitel 15 - Des Winters Blut
Kapitel 16 - Der Junge, der mit der Sonne tanzt
Kapitel 17 - Augen ohne Liebe
Kapitel 18 - Die Völker aus den Büchern
Kapitel 19 - Trauriger Mörder, lass mich gehen
Kapitel 20 - Feuerraben
Kapitel 21 - Der Löwe und der Wolf
Kapitel 22 - Der Traum von Familie
Kapitel 23 - Der Pirat und die Prinzessin
Kapitel 24 - Von Barbaren und Märchen aus der Besenkammer
Kapitel 25 - Von toten Jungen und Mädchen aus Licht
Kapitel 26 - Der Lichterlord und die Antwort zum Hass
Kapitel 27 - Rote Raben und Bücher voller Schicksal
Kapitel 28 - Wer lauert in der Dunkelheit?
Kapitel 30 - Geheimnis ohne Zeit
Kapitel 31 - Namen von Macht
Kapitel 32 - Zum Lied des irren Geigers der Dämon mit dem Teufel tanzt
Kapitel 33 - Vom Meer zu den Wolken
Kapitel 34 - Geschichten, die ein Vöglein zwitschert
Kapitel 35 - Sturmgläser, tanzende Piraten und Jungen, die vom Himmel fallen
Kapitel 36 - Klyuss' Kinder
Kapitel 37 - Blau wie der Mohn, grün wie die Hoffnung und rot wie Blut
Kapitel 38 - Das Schicksal der Verfluchten
Kapitel 39 - Gejagte der Vergangenheit
Kapitel 40 - Blut fremder Brüder
Kapitel 41 - Spiel der Könige
Kapitel 42 - Es jagt und tanzt der Geistesblitzt
Kapitel 43 - Die Wahrheit wurde von einem Lügner erschaffen
Kapitel 44 - Vom Mörder, der die schwarze Orchidee fand
Kapitel 45 - Von Herrschern mit dem Flammenhass und Helden kleiner Klingen
Kapitel 46 - Wer wir sind und was wir tun
Kapitel 47 - Einmal Monster, immer Monster
Kapitel 48 - Das Versprechen von niemals und immer
Kapitel 49 - Das Wort 'böse'
Kapitel 50 - Der Herzkasper
Kapitel 51 - Freund oder Feind, alt oder neu, beide bleiben ewig treu
Kapitel 52 - Das Gedicht des Todes
Kapitel 53 - Die Reise der Wahrheit und des Sinns hinter allem
Kapitel 54 - Von Geschwisterbanden und letzten Zeilen
Kapitel 55 - Der Tempel der Orakel
Kapitel 56 - Mondkind
Kapitel 57 - Die erste aller Schöpfungen
Kapitel 58 - Vom Intrigieren, Dechiffrieren, Konferieren und fiesen Viren
Kapitel 59 - Glücksjagd und Königsmord
Kapitel 60 - Schattenlicht und Bernsteingold
Kapitel 61 - In der Schwebe
Kapitel 62 - Patron und Paladin
Kapitel 63 - Von Luftschlössern und Monstern unterm Bett
Kapitel 64 - Deine wunderschönen Lügen
Kapitel 65 - Von Namen und Masken
Kapitel 66 - Das blinde Recht
Kapitel 67 - Das blinde Herz
Kapitel 68 - Das blinde Glück
Kapitel 69 - Verfluchtes Kind mit Gold gekürt
Kapitel 70 - Als niemand schlief
Kapitel 71 - Der Gewissenlose
Kapitel 72 - Phönix
Kapitel 73 - Ein Goldstück für deine Gedanken
Kapitel 74 - Kriegsherr Regen
Kapitel 75 - Der Herrscher über alle Macht
Kapitel 76 - Alles ist gut
Kapitel 77 - Die Feinde des Schicksals
Kapitel 78 - Und wenn sie nicht gestorben sind...
Kapitel 79 - Lucky Strike
Kapitel 80 - ...dann leben sie noch heute
Epilog
Authornotes
Charakterverzeichnis
Illustrationen

Kapitel 29 - Von Schläfern und Schlüsseln

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By MaraPaulie

Kapitel 29

Von Schläfern und Schlüsseln


~Sabrina~

Sie blickte hinauf in den Himmel. Der Rauch waberte immer weiter in die Höhe. Gab es in dieser Welt auch ein Universum? Andere Planeten? Andere Welten? War diese Welt auch nur einfach ein anderer Planet? Anders als die Erde? Die Erde, ihre sterbliche Welt?
»Komm Sabrina. Wir müssen weiterziehen...«
Sie nickte langsam und drehte sich um.
Hook stand hinter ihr, nahm sie am Arm und half ihr auf eines der Pferde. Er selbst führte das Tier nur.
Die Karawane der Verstossenen setzte sich in Bewegung.
Da die Drachen nun weg waren, mussten nun die Tiere das Gepäck tragen. Waffen, Kleider, Essen, all das war in den Satteltaschen und Säcken verstaut, die die Pferde schleppten.
Mondkind, Wendy und die Verletzten sassen ebenfalls auf Pferden.
»Hook, ich habe Beine. Ich bin nicht verletzt und es geht mir gut, also kann ich laufen!«
Als der Pirat ihr nicht antwortete und das Pferd stur weiterführte, sprang sie kurzerhand vom Sattel. Dumpf landete sie auf dem Boden und der Schmerz schoss ihr von den Füssen, zu den Knöcheln in die Knie.
»Heiliger Klabautermann! Sabrina!«, knurrte er.
»Du wolltest nicht hören!«, fauchte sie und klopfte sich den Staub und den Dreck von ihrer Lederhose.
Es war natürlich eine neue Hose. Auf der Alten hatte ja noch das ganze Blut dieser Bestien, die Arillis getötet hatten, geklebt...
Arillis...
Wieder überrollten die Schuldgefühle, doch Sabrina versuchte sie zu verbergen und strich sich über die Stirn.
»Es geht dir so gut wie dem armen Kerl von Kaufmann, den ich vor dreissig Jahren den Krokodilen vorgeworfen hatte!«, schnaubte Hook und hielt ihr seine Hand hin, um ihr auf zu helfen. Sabrina ignorierte die Hand und richtete sich vollständig auf.
»Es geht mir gut. Ich bin kein Kaufmann und das einzige Krokodil, das ich jemals gesehen habe, gammelt hinter einer Panzerglasscheibe im Berliner Zoo rum!«
Und während Hook noch darüber nachdachte, was ein Berliner Zoo war, stapfte sie an ihm vorbei. Sie hörte wie der Pirat hinter ihr wütend schnaubte, dann das leise „Plopp" seiner Feldflasche, als er den Korken heraus zog.
Rum. Davon hätte sie jetzt irgendwie auch gerne etwas.
Sie drehte sich um und sah ein letztes Mal zurück zu dem Scheiterhaufen, auf dem die Leichen der Moracks brannten.
»Das wird nicht wieder geschehen!«, piepste es neben ihr.
Sabrina blickte auf und sah in Mondkinds Gesicht.
Sie lächelte die Kleine an. »Mondkind, woher willst du wissen, was geschieht und was geschehen wird?«
Mondkind klimperte mit ihrem Whisper. »Hast du vergessen, dass ich träume? Wie du?«
»Wie meinst du das?«, fragte sie ein wenig angespannt. Irgendetwas stimmte nicht mit Mondkinds Tonfall.
»Ich kann es spüren, wenn jemand so tief in die Starre eindringt. Du hast nicht deinen Bruder getroffen, sondern den Geist deines Vaters, der erst zur Ruhe kommen kann, wenn ein neuer Herrscher seinen Platz einnimmt.«
Sabrinas Augen weiteten sich.
»Das stimmt! Aber das war keine Absicht. Ich wollte ja Mile treffen, aber dann fand ich mich plötzlich in der Starre wieder und dann war da mein Dad!«, flüsterte sie aufgebracht.
Mondkind nickte.
»Du bist noch ungeübt im Träumen. Das Wichtigste ist, dass du dich dabei ganz alleine von deinen Gefühlen leiten zu lassen. Aber wenn du nichts Bestimmtes suchst, dann musst du an das denken, was du suchst. So wie du es mit dem Schlüssel getan hast«, erklärte ihr das Mädchen leise.
»Der Schlüssel?«, fragte Sabrina verwirrt. Dann kam es ihr wieder in den Sinn. »Du meinst diesen Schlüssel aus Mondstein?«, fragte sie und kramte in ihrer Tasche, um den wertvollen Schlüssel heraus zu holen.
»Nein, der andere Schlüssel!«
»Welcher andere Schlüssel?« Sie liess von ihrer liess von ihrer Tasche ab und wandte sich ihrer Cousine zu.
Die Kleine lächelte. »Na, der da!«, säuselte Mondkind, rollte mit den Augen und nickte in Richtung Falk, der gerade dem erschöpftem Nebelfinger auf das Pferd half, das er noch immer am Zügel führte.
»Du meinst... Hook?«, fragte sie belustigt. Mondkind schien beinahe beleidigt zu sein und behauptete steif und fest, wie es nun mal nur ein kleines Kind tun konnte: »Doch. Er ist der richtige Schlüssel. Naja... noch nicht ganz... Er wird erst noch geschmiedet werden...« Dann schwieg sie nachdenklich. Sie schwieg und liess sich nicht nochmal zu bewegen, den Mund auf zu machen.
Stattdessen suchte nun jemand anderes ihre Gesellschaft.
»Cousine.«
Sie wandte sich zu ihm um. »Nimmertiger.«
Er nickte ihr zu. Weder in seiner Stimme noch in seinem Blick fand sie die Feindseligkeit, die er ihr sonst immer entgegen gebracht hatte.
»Ich habe vor, Aschenauge und Regenjäger vor zu schicken. Sie sind alleine schneller, als wenn wir hier alle zusammen durch den Wald trampeln. Ausserdem werden die beiden in der Nacht weiterfliegen können. Ich wollte nur sicher gehen, dass du dieses Handeln ebenfalls gutheisst«, meinte der Älteste der sieben Raben.
Verblüfft lächelte Sabrina und fragte amüsiert: »Seit wann interessiert es dich, was ich von irgendwas denke?«
Nimmertiger zuckte mit den Schultern und grinste. »Na ja, ich würde sagen, seit ich gesehen habe, wie du einem Morack auf dem Rücken geklettert und von einem Drachenreiter ewige Rache geschworen bekommen hast«, fasste er zusammen.
»Das hast du gesehen?«
»Ich bin zur Hälfte ein Vogel. Ausserdem hab ich Augen wie ein Tiger. So ist das.«
Sabrina nickte nachdenklich. »Ja, natürlich. Ich finde es eine gute Idee. Dann können Regenjäger und Aschenauge die Elfen zu uns führen. Dadurch würden wir viel schneller in Virid'agru ankommen und unsere Reise wäre auch viel sicherer!«, stellte sie fest. Nimmertiger nickte und gab seinen Brüdern ein Zeichen.
»Entschuldigung, dass ich dich...«
»Kein Problem«, fiel sie ihm ins Wort. »Ist schon vergessen!«
Ihr Cousin nickte grimmig. Sich zu entschuldigen war wohl neu für ihn... Nimmertiger stapfte wieder nach vorne, zum Anfang ihrer kleinen Karawane.
Sie wanderte eine ganze Weile alleine weiter, bis der Nachtmahr mal wieder vorbei schaute, doch der verzog sich nach einiger Zeit auch wieder und liess sie zurück. Ab und zu löste sie jemanden beim Führen der Pferde ab und gönnte sich nach mehreren Stunden Laufen sogar eine kurze Auszeit auf einem der Pferde.
»Jetzt sitzt du also doch auf einem drauf. War das denn so schwer Prinzesschen?«
»Glückwunsch Falk, du hast Augen in deinem Piratenschädel!«, meinte sie sarkastisch. Sie wollte eigentlich nicht so gemein zu ihm sein. Aber seit... Seit Arillis tot war, war es, als wäre ihre Welt irgendwie stehen geblieben...
Er zog eine Schnute, trabte jedoch weiter rechts neben ihr her.
»Es tut mir leid, ich denke, es war doch etwas zu viel in der letzten Zeit...«, murmelte sie.
Hook schüttelte den Kopf. »Du weisst, dass es nicht deine Schuld war. Die Sache mit Arillis, meine ich...«
Sabrina biss sich auf die Lippe, bis sie Blut schmeckte.
»Ich habe sie nicht getötet, aber ich habe sie ganz alleine auf Patrouille geschickt. Ich habe eine falsche Entscheidung getroffen, Falk. Ich bin die Eisprinzessin und damit habe ich mehr Verantwortung zu tragen, als Obama, Busch und all die anderen Präsidenten der sterblichen Welt zusammen!«, widersprach sie traurig.
»Ihr habt einen Busch als Präsidenten?«, fragte Hook verwirrt.
Nun musste Sabrina doch schmunzeln.
»So ähnlich«, meinte sie amüsiert. Dann kamen ihr wieder die Worte ihrer Cousine in den Sinn. »Falk?«
»Ja?«
»Was weisst du über... über Schlüssel?«
Der Pirat sah stirnrunzelnd zu ihr auf. »Schlüssel?«
»Ja. Schlüssel.«
Hook schüttelte schmunzelnd den Kopf. »Der Schlüssel«, erklärte er mit verstellter Stimme, »maskulin. Plural: die Schlüssel. Instrument zum Öffnen von Schlössern. Meist aus Metallen, wie Messing...«
»Oder auch aus Mondstein?«, fragte sie zögernd.
Hooks Kopf fuhr zu ihr herum. »Der Mondstein Schlüssel?«, fragte er gehetzt. Vorsichtig nickte sie und fühlte sich, wie ein kleines Kind, das etwas angestellt hatte.
Falks Gesicht wurde zu einem Spiegel seiner Gefühle. Angst glänzte für einen kurzen Moment in seinen Augen. Schnell verbarg er das verräterische Gefühl hinter einem neutralen Gesichtsausdruck. Und dann kroch etwas anderes über seine Lippen. Langsam zog er die Mundwinkel nach oben und er begann immer breiter zu grinsen. Seine Augen begannen zu funkeln. »Sabrina Beltran... Hast du mich etwa beklaut?«, fragte er langsam und lauernd.
Sabrina zuckte lässig mit den Schultern.
»Du bist ja eine richtige kleine Gaunerprinzessin!«, lachte Hook.
»Welche Ironie. Eine Prinzessin beklaut einen Piraten!«, murmelte Sabrina.
»Ironie? Ich würde es Schicksal nennen...«, säuselte es auf einmal links neben ihr. Der Hutmacher ritt, verkehrt herum auf den Pferd sitzend, neben ihr her. Er hatte sich an den Hals des Pferdes gelehnt, die Füsse auf dem Hintern balancierend und trank seelenruhig eine Tasse Tee.
»Schicksal?«, fragte Falk amüsiert.
»Natürlich. Oder glaubst du, es war Zufall, dass Miss Beltran plötzlich auf deinem Schiff gelandet ist?«, rief Jeremy Topper energisch und klapperte mit seiner Teetasse. »Und glaubst du etwa auch, dass es Zufall ist, dass Miss Beltran ein romantisches Interesse an...«, er holte weit aus und verschüttete dabei seinen Tee, »selbstverliebten Piraten hat?!«
»Jeremy!«, rief Sabrina energisch.
»Selbstverliebt?!«, knurrte Hook grimmig und klimperte drohend mit seinem Haken.
»Hutmacher!«, rief eine Stimme. Ein Katzenkopf tauchte in der Luft auf. Grinser tat seinem Namen alle Ehre und verpuffte wieder.
»Was zum...«, knurrte Falk.
»Oh. Die Grinsekatze. Auch einen Tee?«, fragte der Hutmacher und warf seine mittlerweile leere Tasse in die Luft.
»Wie hast du das gemeint?«, fragte Sabrina den Hutmacher. »Das mit dem... Schicksal und Falk und mir...«
Der Hutmacher lachte leicht hysterisch. »Wer hätte gedacht, dass Herzen für die Diebe schlagen? Das Schicksal! Das Schicksal!«, kreischte er, beugte sich vor und gab seinem Pferd einen Klaps auf den Hintern. Dieses stürmte erschreckt wiehernd, den kreischenden, lachenden und mit Teetassen nach der unsichtbaren Katze werfenden Jeremy auf dem Rücken, drauf los.
»Da bin ich aber froh, auf Nimmerland gelandet zu sein. Ich will mir nicht ausmalen, was aus mir geworden wäre, wenn ich im Wunderland gestrandet wäre«, flüsterte er ihr zu.
»Er mag zwar... etwas irre sein, aber er ist deshalb nicht gleich dumm. Jeremy Topper ist ein Genie und was er gesagt hat, klingt beinahe so, als hätte er gewusst, dass wir...«
»... Uns begegnen...«, vollendete der Pirat ihren Satz.
Sabrina nickte.
»Ach, es klingt trotzdem nach Seemannsgarn«, schnaubte Hook und schüttelte sich, als wolle er damit das Gerede des Hutmachers über das Schicksal einfach abschütteln.
Sabrina runzelte die Stirn. Hatte sie Captain Hook getroffen, weil es ihr Schicksal war? Fühlte sie sich deshalb so von ihm angezogen?
Falk hatte Recht. Das klang wie Seemannsgarn.
Aber was war dann der Grund? Was zog sie so zu diesem Piraten hin?
»Wie willst du dir es sonst erklären? Hook, obwohl ich davon überzeugt bin, dass du wirklich die Absicht hast, ein besserer Mensch zu werden, kann ich irgendwie nicht begreifen, dass du... Deine Mannschaft, dein Schiff... Dass du einfach alles aufgegeben hast... Nur um ein besserer Mensch zu werden? Da muss doch noch mehr dahinter stecken!«, stellte sie fest.
Hook rümpfte die Nase. »Prinzessin. Ihr meinst also, das Schicksal hätte mich dazu bewogen, mich einer traumreisenden Prinzessin an den Hals zu schmeissen, weil es mir vorherbestimmt ist?«, fragte er.
Sabrina zuckte die Schultern.
»Schicksal. Schicksal! Sabrina, ich finde, wir sollten und nicht den Kopf über Dinge zerbrechen, die wir überhaupt nicht begreifen können. Ob Schicksal oder nicht, wir sind hier, beieinander und damit basta!«, brummte er grimmig.
Sabrina lächelte. »Dir ist gar nicht bewusst, wie kitschig das jetzt klang, oder?«, neckte sie ihn.
»Wer sagt denn, dass ich kein Romantiker bin?«, fragte er mit seinem frech-spöttischem Lächeln.
»Na ja, Piraten gelten nicht als die Sanftmütigsten.«
»Sagte das Mädchen, das mich bestohlen hatte.«
»Was hat sie dir den genau gestohlen?«, fragte sie nachdenklich.
»Mein Herz!«, rief er, fasste sich an die Brust und grinste blöd.
»Ha. Ha«, murrte sie und streckte ihm die Zunge raus. »Nein, im Ernst, was habe ich dir geklaut. Was ist dieser Schlüssel für ein Ding? Was öffnet er, falls er überhaupt etwas öffnet.«
Hook zuckte mit den Schultern. »Ich weiss es nicht.«
»Wie, du weisst es nicht?«, fragte Sabrina.
»Eines Tages, damals war ich schon Captain, stand Medusa in meiner Kajüte und gab mir diesen Schlüssel. Medusa ist so was wie das Mädchen für alles der Dunklen. Sie erledigt immer wieder die ein oder andere Gräueltat für sie. Jedenfalls wollte sie, dass ich diesen Schlüssel aufbewahre, sodass niemand ihn finden kann. Ich denke, sie wollte damit vermeiden, dass ihn jemand in die Finger bekommt, der den Dunklen schaden könnte. Jemand wie Ihr, Prinzessin.«
»Aber, ist sie nicht schuld an Arielles Tod?«, fragte Sabrina vorsichtig. Zwar war Hooks Romanze zu seiner Ziehschwester nie weiter gegangen, als das Austauschen sehnsüchtiger Blicke, ausserdem war das ganze schon lange her, doch es war einer der wenigen Menschen gewesen, die der Pirat jemals geliebt hatte.
Falk nickte grimmig. »Das ist ein weiterer Grund, wieso es sehr schwer war, irgendeine Art der Sympathie für die Dunklen aufzubringen. Ich habe es jedenfalls nicht geschafft... Aber weisst du, was das Schlimmste daran war, diese hässliche Seehexe wieder zu sehen?«
Sabrina schüttelte den Kopf. »Nein, was denn?«
»Ich habe dir doch erzählt, was Medusa als Gegenleistung für den Trank wollte, der Arielle in eine Meerjungfrau verwandeln sollte.«
Sabrina schwieg und wartete, dass er fortfuhr.
»Sie wollte ihre Augen. Wie du sicher weisst, versteinert Medusas Blick jeden, der sie ansieht. Darum braucht sie immer wieder neue Augen, Augen, die nicht ihr gehören, Augen, die sie anderen stielt. Und als Medusa an diesem Tag aufgetaucht ist, trug sie Arielles Augen in ihrem verfluchten Schädel. Ich habe den Deal mit dem Mondsteinschlüssel angenommen, weil Medusa mir versprach, mich niemals wieder zu belästigen. Ausserdem hätten die Dunklen mich ansonsten in ihre Folterkammern geschleppt.«
»Sie haben dich also gezwungen, diesen Schlüssel auf zu bewahren...«, brummte Sabrina nachdenklich vor sich hin.
Hook konnte nicht lange ernst bleiben, so schnurrte er: »Aye. Ansonsten würde ich jetzt in ihren Kerkern vergammeln. Und darauf bin ich nun wirklich nicht scharf. Wobei... Versteh mich nicht falsch, aber es gibt durchaus Momente, in denen ich Handschellen sehr zu schätzen weiss...«
»Blödmann!«, rief sie grinsend.


~Mile~

Sie lagen alle da. Ihre Oberkörper waren an die kalten, glatten und nassen Wände gelehnt. Kinder, Männer, Frauen, Alte, Junge, Babys... Das ganze Tunnelsystem war voll von den scheinbar leblosen Körpern.
»Sie sehen alle so friedlich aus...«, murmelte er. Red nickte.
Nachdem Rosanna ihnen von den Schlafenden Bewohnern erzählt hatte, waren Mile und Red sofort hinabgestiegen, um sich selbst von diesem Desaster zu überzeugen. Die Katakomben lagen unter dem Tempel, ausserdem kam man nur von dort in die Kellergewölbe. Der einzige Zugang zu den Katakomben war in diesem Tempel.
Als sie dann also die endlosen Stufen hinabgestiegen waren, war ihnen Drosselbart entgegengekommen. Er hatte sich die Schläfer bereits angesehen und erklärte sich einverstanden, sich um die anderen Truppen zu kümmern, die sich um den Tempel versammelt hatten.
»Friedlich sehen sie schon irgendwie aus. Aber auch ein Bisschen tot, findest du nicht?«, fragte Red leise, als wollte sie die Schlafenden nicht stören.
»Und sie werden für immer so aussehen, wenn wir die Königin nicht dazu bringen, den Zauber aufzuheben!«, rief jemand hinter ihnen.
»Doc!«, rief Mile erfreut.
Der Anführer der sieben Zwerge nickte ihm grüssend zu. Doch gleich darauf bückte er sich wieder hinab und zog das Augenlied eines Schlafenden hoch, um ihm in die Augen blicken zu können. Resigniert schüttelte er den Kopf.
»Wir können nichts für diese armen Leute tun.«
Mile klopfte nervös an seiner Armschiene herum.
»Können wir sie nicht einfach... Na ja... Wachküssen?«, fragte er beklommen.
Der Zwerg schüttelte den Kopf. Er erklärte: »Wenn du einen Prinzen und eine Prinzessin auftreiben kannst, die für all diese Leute wahre Liebe empfinden kann, dann schon. Aber da das nicht möglich ist, müssen wir die Person, die diesen Schlafzauber gewirkt hat, dazu bringen, ihn auch wieder aufzuheben.«
Schritte hallten von den Wänden wieder und wurden lauter.
»Ist da wer?«, rief Red.
»Das sind nur meine Jungs. Wenn es darum geht, Tunnel zu erkunden, sind wir Zwerge nun mal unabdingbar...«, murmelte Doc.
Tatsächlich kamen sechs weitere Zwerge aus einem Tunnel und winkten ihnen fröhlich zu.
»Und wie finden wir heraus, wer diesen Zauber gewirkt hat?«, fragte Mile, während er zurückwinkte.
»Da gibt es nur ein Wesen in dieser Welt!«, grölte eine raue Stimme. Grumpy, der stehst missgelaunte Zwerg grinste den jungen Herrscher an.
»Und wer?«, fragte Mile gedehnt.
»Die Herrin der Flüche«, schnaubte er. »Königin Damaris Malefizius.«
»Damaris«, erklärte Dopey, der beim Aussprechen des Namens der Königin zusammenzuckte, »ist die böse Königin aus dem Märchen Schneewittchen, Dornrösschen, dem Froschkönig... Sie ist die Schwester der Hexe Hedwig, einer Kinderfresserin. Beide besitzen Zauberkräfte. Königin Damaris ist Herrin der Flüche und das personifizierte Böse. Schlafflüche sind total ihr Ding. In der Dorne von Ardie'tall, dem einstmaligen Schloss im Königreich Basilon, schläft der Hofstaat noch heute, begraben unter den Dornenranken, die ihre Schwester dort pflanzte. Diese dagegen kennt sich besser mit Magie und Hexerei aus wie keine andere.«
»Wieso einfach, wenn es auch kompliziert geht...«, seufzte Mile.
»W-was machen wir jetzt mit ihnen?«, fragte Bashful, der schüchterne Zwerg.
»Mit den ganzen Pennsocken?«, fragte Happy grinsend.
»Nein, mit der Herde rosa Zuckereinhörner, die durch diese Tunnel galoppieren. Was denkst du denn, von wem wir reden, Happy?«, brummte Grumpy und zwirbelte seinen Bart.
Mile zuckte mit den Schultern. Er sah zu den Verzauberten hinab. Sein Blick blieb bei einer Frau hängen, die ihr Baby im Arm hielt. Obwohl sie tief und fest schlief, hatte sie ihr Kind an sich gedrückt, als wolle sie es schützen.
»Kann ihnen in diesem Zustand etwas zustossen? Abgesehen von äusseren Einflüssen. Ich meine, können sie verdursten oder verhungern?«, fragte Mile besorgt.
Der Doc räusperte sich. »Ich glaube, das ist nicht der Fall. Ihr Stoffwechsel ist abgeschaltet. So war es auch bei Dornröschen. Sie lag lange Zeit schlafend in diesem Turm. Als sie erwachte, hatte sie zwar grossen Hunger und Durst, aber es ging ihr dementsprechend gut«, erklärte er.
Mile biss sich auf die Wange. »Ich denke, wir müssen sie hier... liegen lassen. Aber wir werden in diesen Kellergewölben so was wie... Pfleger stationieren.«
»Pfleger?«, fragte Grumpy skeptisch.
»Pfleger!«, antwortete Mile.
»Also Leute, die wir hier lassen, damit sie auf einen Haufen Schlafender aufpassen?«, vergewisserte sich Happy.
»Genau«, nickte Mile.
Die Zwerge sahen sich an. Dann zuckten sie die Schultern. »Gute Idee!«

Endlich hatten sie den Kampf mit der Treppe gewonnen. Schnaufend standen Red, Mile und die sieben Zwerge am Treppenabsatz. Grumpy sprach aus, was alle dachten: »Scheiss Treppe!«
Mile richtete sich auf und sah sich in dem Tempel um. Er war leer. Gebetsbänke waren Reihe für Reihe vor ihnen aufgestellt. Ein gigantisches Buntglasfenster, ähnlich dem der Kuppel, warf sein Licht über den grossen Saal. Unter dem Fenster stand ein Altar. Darauf lagen weder Blumen, noch eine dicke Kerze aus Bienenwachs. Auch die fette Bibel fehlte.
»Für welche... Gottheit wurde dieser Tempel erbaut?«, fragte er, noch immer schwer atmend.
»Wen interessiert's...«, brummte Grumpy, schulterte seine geliebte Spitzhacke und stampfte Richtung Eingangs-Flügeltür.
Doc verdrehte die Augen.
Die anderen folgten dem Zwerg.
Mile trat aus dem Tempel. Aus allen Gassen und Strassen trudelten die Rebellen auf den Platz vor dem Tempel. Auf einem selbstgebauten Podium, aus Fässern und Obstkisten stand Drosselbart und lotste die Wesen mit weit ausholenden Handbewegungen über den Platz.
Mile bahnte sich einen Weg durch die Massen. Bei jedem Schritt knackten Knochen unter seinen Füssen. Als sie den Zauber des Hexenmeisters gebrochen hatten, mussten die Grabestänzer zusammengefallen sein, wie ein Kartenhaus.
»Drosselbart!«, rief Mile.
Der König sah zu ihm hinab.
»Hallo mein Junge. Ihr habt gesehen, wie es den Bewohnern dieser Stadt ergangen ist? Schlimme Sache. Ein Grunde mehr, die Dunklen von ihrem gestohlenem Thron zu stürzen, nicht wahr?«, rief er zu ihm herab.
Bevor Mile ihm antworten konnte, packte ihn etwas an den Schultern und riss ihn hoch.
»Soll ich euch auf das Podest helfen, mein Herrscher der Glühwürmchen?«, brummte ihm Azzarro, der Barbarenhäuptling ins Ohr.
»Oh, nein. Es geht schon! Ich...«
Doch im nächsten Moment flog er durch die Luft und landete vor Drosselbarts Füssen. Dieser half ihm auf und klopfte ihm auf den Rückenpanzer. Besorgt stellte Mile fest, dass das Podest bei jeder Bewegung schwankte wie ein Kaplaturm, aus dem man zu viele Steine gezogen hatte...
»Rebellen!«, rief der König mit dem eigenartigen Bärtchen, doch die Krieger waren noch viel zu aufgeregt von dem Sieg und dem Kampf.
»Hey Leute!«, rief Mile.
Auch das half nichts. Erst als der Barbarenhäuptling unter seinen Fellmantel griff, um ein Horn herauszuziehen, kräftig hineinblies und einen ohrenbetäubend lauten und tiefen Ton über die Stadt schallen liess, schwiegen endlich alle. Das war kein Wunder, denn jedem klingelte es nun in den Ohren.
»Würdet ihr alle jetzt bitte etwas Respekt zeigen und eurem König und von mir aus auch eurem Herrscher zuhören?«, brüllte er, als hätte ihn der Lärm nicht im Geringsten gestört.
Gemurmel machte sich unter den Rebellen breit, doch sie blieben ruhig.
»Danke...«, rief Drosselbart und zog die Finger aus den Ohren. Er räusperte sich, dann begann er zu reden: »Rebellen. Wir haben uns tapfer geschlagen. Zwölf Truppen haben diesen Sitz der Dunklen ausgeräuchert wie ein Hornissennest. Wir haben ihre Schergen ausgetrieben und können einen Sieg feiern!«
Laute Jubelrufe. Schwerter, Äxte und andere Waffen donnerten gegen Schilder, um möglichst viel Lärm zu machen.
Um die Massen zu beruhigen reckte Mile seine rechte Hand in die Luft, liess sie brennen, legte den Kopf in den Nacken und hauchte das Feuer an. Eine Stichflamme schoss gen Himmel.
Laute „Oooh"-und „Aaah"-Rufe kommentierten Miles Gabe. Als die Flammen erloschen, schwiegen wieder alle.
»Rebellen«, begann nun Mile seine Rede. »Zwar haben wir diese erste grosse Schlacht gewonnen, doch uns erwarten noch viele weitere, bis wir die Dunklen endlich erledigt haben. Doch heute wollen wir feiern. Doch zuvor werden Freiwillige die Stadt durchsuchen. Sucht nach überlebenden, unentdeckten Bewohnern, zurückgebliebenen Feinden und nach den Toten. Wir wollen sie ehren und sie begraben. Wenn ihr noch geniessbares Essen oder Waffen findet, so meldet es. Es wird nicht gebrandschatzt oder geraubt. Die Bewohner dieser Stadt sind unschuldig.«
Ein Aquaner, einer der Seeflüsterer, diese Wesen, die aus Wasser zu bestehen schienen, fragte mit lauter, gurgelnder Stimme: »Wo sind die Bewohner dieser Stadt? Hat man sie etwa alle umgebracht?«
Drosselbart setzte die Rebellen in Kenntnis von den Schlafenden. Entrüstung und Wut war in jedem der Gesichter zu sehen.
Die Dunklen würden für dieses Vergehen büssen müssen, so viel stand fest!

Ähnlichkeiten zwischen den Welten gab es mehr, als Mile sich vorgestellt hatte. Eine dieser Ähnlichkeiten, waren die Feste, die man feierte. Ob in der sterblichen Welt, oder in dieser Welt.
Die Rebellen sahen aus, wie ein Haufen Studenten, die sich an einer Party betranken und daraufhin nackt durch die Stadt rannten und sich irgendwann in einen Mülleimer übergaben.
»Wie viele Freiwillige sind es?«, fragte Red. Natürlich hatte sie es sich nicht nehmen lassen, ihn bei der Durchsuchung der Stadt zu begleiten.
»Genug, damit wir in circa einer Woche damit fertig sind«, murmelte Mile, während er einem fliegendem Bierkrug auswich.
»Das ist gut! Wie lange werden wir in Aramesia bleiben? Seit Robin Hood diese Botschaft überbracht hat, haben wir nichts mehr von deiner Schwester gehört«, meinte seine Freundin.
Das schlug Mile nun doch auf den Magen. Es stimmte, er hatte seine Schwester nun seit Ewigkeiten nichtmehr gesehen. Ging es ihr gut? Ihm wurde beinahe schlecht, als er daran dachte, dass sie dort draussen ganz alleine war. Und die einzigen ihrer Begleiter, die er kannte, waren der Hutmacher, der verrückte Hutmacher, der wirklich verrückte Hutmacher. Zudem noch dieser furchtbare Elf, in den sie sich anscheinend verguckt hatte. Und nun war sie auch noch von einer Horde Verbrecher umgeben. Was war nur los mit dieser Welt? Verdammtes scheissdrecks Schicksal!
»Vorsicht!«, rief Red auf einmal hinter ihm, riss ihn auf seinen düsteren Gedanken und drückte ihn gegen eine Hauswand. Durch das Dickicht ihrer rabenschwarzen Haare sah er, wie ein sehr betrunkener Minitaurus durch die Gasse. Dank Red hatte der Stierkopf Mile nicht zu Brei zerstampft...
»Du hast mir noch nicht geantwortet«, schnurrte sie, küsste ihn auf die Wange und zog ihn von der Wand weg.
»Wenn alle zu Ende gefeiert haben, wird jeder für die Erkundung Aramesias eingeteilt. Die Stadt wird durchforstet und mit etwas Glück werden wir sogar einige Überlebende entdecken. Eigentlich wollten wir ja auf Sabrina treffen, wenn wir auf dem Marsch zum Zeitpalast sind. Aber von den Informationen, die wir von Robin bekommen haben, hinken wir dem Zeitplan doch etwas hinterher. Ich würde sagen, wir werden hier in Aramesia bleiben, bis wir mehr von Sabrina erfahren...«, entschied er.
Vor ihm stapften die sieben Zwerge, die sich ebenfalls als Freiwillige gemeldet hatten. Sie lachten und zankten miteinander, wie sie es immer taten. Mile freute sich über ihre Gesellschaft. Weniger begeistert war er, dass auch Rosanna mit von der Partie war. Sie trottete hinter ihnen her und schärfte im Gehen ihre Messer.
»In welche Richtung gehen wir eigentlich?«, fragte Happy und kicherte.
»Süden«, knurrte Grumpy.
»Norden... Hatschu!«, nieste Sneezy.
»Westen«, schmatzte Sleepy. Und Dopey sprang in die Luft und rief fröhlich: »In die Mitte!«
Red mischte sich ein. »Wir gehen Richtung Stadtzentrum.«
»Hab ich doch gesagt!«, rief Dopey und sprang in eine Pfütze, sodass es nach allen Seiten spritzte.
»Och Mann! Dopey!«, rief Doc und wrang sich seinen Bart aus. »'Schulligung...«
Das Gejohle vom Platz vor dem Tempel wurde mit jedem Schritt leiser und klang bald nur noch dumpf hinter ihnen.
Mile und seine Freunde hatten bald einen Marktplatz entdeckt. Er war vollkommen verwüstet. Schimmliges Gemüse lag überall auf dem Pflasterstein. Zertrümmerte Kisten und Marktstände versperrten den Weg.
Weiter hinten lag die Leiche eines Trolls an eine Hauswand gelehnt. In seiner Brust steckte der abgebrochene Pfosten eines Marktstandes.
Mile wurde leicht übel und er lehnte sich an eine Hauswand.
»Oh, ist unserem allmächtigen Herrscher etwa schlecht? Kannst du keine Toten sehen? Das könnte zu einem Problem werden, denn wie du weisst, befinden wir uns gerade im Krieg!«, meinte Rosanna und rümpfte die Nase.
»Halt den Mund!«, fauchte Red und sah besorgt zu Mile hinüber.
»Geht schon...«, murmelte er und stapfte auf die Trollleiche zu.
»Von wegen, es geht schon! Du siehst aus, als wenn du gleich kotzt!«, grölte Rosanna.
»Da stimmt doch gar nicht!«, knurrte Mile. Er fühlte sich wirklich nichtmehr schlecht. Diese blöde Kuh versuchte auch nur, ihn zu ärgern.
Rosanna schlenderte um einen kaputten Marktstand herum und setzte sich auf den Tresen aus Holz. Der Pfosten, der zuvor ein Dach gehalten hatte.
»Für einen Lichterlord bist du echt ein Weichei«, setzte sie noch einen drauf.
Mile biss sich auf die Lippe, drehte sich wütend um und stellte sich still und leise vor, wie der Balken über Rosannas Kopf zerbrach und ihr den Kopf zertrümmerte.
Ein Schrei. Hinter ihm.
Er drehte sich um und starrte zu Rosanna, die... Die auf dem Boden lag und zitterte?
»Was zum Teufel ist denn mit dir los?«, fragte er und konnte sich sein gehässiges Grinsen kaum verkneifen.
Rosanna krabbelte rückwärts und starrte hinauf zu dem Holzbalken, der - gegen Miles heimlichen Wunsch - noch immer genauso ganz und morsch dalag, wie zuvor.
»Der Balken ist gerade über meinem Kopf zerbrochen! Er hätte mich beinahe erschlagen! Seid ihr blind? Ihr Idioten!«, kreischte die Barbarentochter.
Mile schüttelte ungläubig den Kopf. Der Balken war, wo er sein musste. Was hatte Rosanna nur?
»Rosanna, spinnst du? Da ist nichts! Ehrlich!«, beteuerte Red und hon die Hände. »Der Balken hat sich kein Stück bewegt, Rosanna!«
Alle Zwerge nickten eilig.
Mile hatte die Barbarin noch nie so verletzlich gesehen.
»Nein. Nein. Nein! Ihr seid doch irre! Der Balken hätte beinahe meine scheiss Birne zermatscht! Seht doch! Da liegt er doch! Der zerbrochene Balken! Ihr seid«, schrie sie, rappelte sich auf und rannte weg.
Verwirrt und ein klein wenig fassungslos starrten ihr die anderen hinterher.
»Was hat die Arme denn?«, fragte Bashful.
»Die hat echt eins an der Klatsche...«, brummte Grumpy.
»Die hat bestimmt was geraucht!«, kreischte Happy und kicherte los wie ein Verrückter.
»Nein«, meinte Mile. »Nein. Ich glaube, das war ich.«
»Häh?«, fragte Dopey und kratzte sich am Kopf.
Red schüttelte den Kopf und stammelte: »W-warte. Du meinst, du hast das mit Rosanna angestellt? Wie das? Drehst du jetzt auch noch durch?!«
Mile schüttelte den Kopf.
»Verdammt!«, rief er.
»Wir müssen ja nicht gleich...«, begann Doc.
»Nein!«, rief Mile und fasste sich an den Kopf. »Ich... ich war so wütend auf Rosanna... Und ich hab darüber... Ich habe mir vorgestellt, wie der Balken auf sie nieder kracht und dann...«
»Und dann ist es geschehen?«, fragte Sleepy verschlafen.
»Nein du Penner! Sonst wär das Mädel doch tot!«, knurrte Grumpy.
»Aber Rosanna hat es gesehen«, stellte Red fest. »Sie dachte, der Balken sei wirklich gebrochen!«
»Wie hab ich so was nur hingekriegt?«, seufzte Mile panisch und fuhr sich durch das Haar.
»Soll das heissen, du hast dieser Zicke deine Gedanken eingepflanzt?«, fragte Dopey.
Mile nickte beklommen.
»Kann das sein? Ist das auch so eine unglaubliche Herrscher Fähigkeit?«, fragte Dopey.
»Ich weiss nicht. Noch nie davon gehört«, antwortete Mile vorsichtig. Er sah fragend zu Red, doch die zuckte nur mit den Schultern.
»Versuch es doch nochmal... Versuch es mit mir!«, versuchte es die Rote. »Aber bitte keine herab brechenden Pfosten, okay?«
Mile nickte und versuchte zu lächeln, sah dabei jedoch vermutlich aus, wie ein Frosch beim Zahnarzt.
»O-okay...«
Mile konzentrierte sich. Was sollte er sich für Red vorstellen. Da kam ihm eine Idee.
Er stellte sich Red vor, wie sie in der Luft schwebte. Nur etwa zwei Meter über dem Boden, doch sie schwebte.
»Ach du lieber Himmel!«, rief Red. Sie starrte zu Boden. Ihre Augen waren geweitet und glänzten voller Begeisterung.
»Was ist? Was siehst du?«, fragte Sneezy.
»Ich fliege! Ich fliege! Mile? Bist das du?«, rief sie glücklich.
Er schaffte es fast, zu lächeln. Doch die Sache war zu unglaublich. Zu verrückt. Schlimmer als damals, als er das Feuer in sich entdeckt hatte.
»Wie ist das nur möglich?«, fragte Red. Noch immer blickte sie zu Boden. Sie flog noch immer.
»Ich hole dich jetzt da... Ääh... Aus der Luft, okay Red?«
Rotkäppchen sah einen Moment aus, als würde sie gleich wie ein trotziges Kind protestieren, doch dann besann sie sich wieder.
Mile sah im Geiste wieder seine Freundin. Wie sie auf den Pflasterstein stand.
»Schade«, seufzte Red, als sie wieder klar sehen konnte.
»Was war das?«, fragte er. »Wie kann das möglich sein?«
Was war mit ihm los?
»Ich habe da so eine Idee, um das raus zu finden...«, platzte es auf einmal aus Doc heraus.
»Spuck es aus!«, rief Mile.
Der Zwerg grinste und zeigte auf eines der Gebäude hinter ihnen. »Das ist eine Bibliothek.«
»Na toll. Willst du jetzt ernsthaft Bücher wälzen, Doc?«, schnaubte Grumpy.
»Die Bibliothek Aramesias ist bekannt für ihre grosse Sammlung an seltenen Schriftwerken. Wenn wir Antworten wollen, dann werden wir sie hier finden!«, gab der Anführer des Zwergentrupps zurück.
Mile betrachtete das Gebäude. Es musste früher einmal prächtig gewesen sein. Es hatte Erker und Steinskulpturen an der Fassade, doch der graue Putz bröckelte an einigen Stellen bereits wieder ab. Jemand hatte zudem die Scheiben eingeschlagen. Ein Schild hing an einer verrosteten Kette. ‚Bibliothek' war in einer verschnörkelten Schrift draufgemalt worden.
»Ach so ein Schwachsinn!«, schnaubte Grumpy.
»Nein, nein. Doc hat Recht. Damals, als Sabrina und ich von unseren Kräften erfuhren, da habe ich auch in Büchern nach Antworten gesucht. Und nun stehe ich hier. Also. Rein in die Bibliothek!«
Entschlossen stapfte er durch die zerschlagene Türe.


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Tut mir leid, dieses Kapitel ist leider kürzer ausgefallen ;)

Ich hoffe, ihr hattet trotzdem Spass beim Lesen!

Liebe Grüsse,

Eure Dreamtravel

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