Red Snow

Oleh MementoKore

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Der Boden dieses Landes wird seit Jahrhunderten vom Blut eines endlosen Krieges getränkt. Zwei Fraktionen, As... Lebih Banyak

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Nachwort

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Oleh MementoKore

Beim Frühstück herrschte eine merkwürdige Stimmung. Es gab das Gerücht, dass Vaughn über Nacht zu Bewusstsein gekommen war, doch Genaueres war noch nicht bekannt. Der Großmeister war nun schon lang fort und niemand wusste, was ihn und die Meisterassassinen, die ihn begleitet hatten, so lange aufhielt. Momentan hatte Eadgyth die Leitung des Ordens übernommen, womit viele nicht einverstanden waren. Manche wollten sich von einer Frau keine Befehle geben lassen, andere plädierten darauf, dass sie ja kein richtiger Assassine sei. Gyth hatte gestern eine Rede gehalten und darauf beharrt, dass sie nur vorübergehend diese Stellung übernahm und dass Kadir sicher wieder zurückkehren würde. Über Vaughn wollte sie wohl nichts preisgeben, denn viele Novizen erzählten am Tisch, dass sie sie bereits darauf angesprochen oder es bei jemandem gesehen hatten. Faith saß mit Elora, Asha und einem Novizen, der anscheinend gehört hatte, dass Gyth mit jemandem über Vaughns Erwachen gesprochen hatte, an einem der Tische. Der Novize hieß Bélac, hatte dunkle, zerzauste Haare und einen aufmerksamen, beinahe nervösen Blick. Trotzdem war er sehr freundlich. Er hatte sich bis jetzt an jeden Tisch gesetzt und die Geschichte erzählt. Denn Vaughn war sein Mentor gewesen - nun wurde er von einem anderen trainiert. "Ich sah die Schwester des Meisters mit der Ärztin reden, sie standen in einer dunklen Ecke im Gang und flüsterten. Ich habe den Namen meines Meisters deutlich gehört und mich etwas herangeschlichen. Sie sagten, er sei wach, und dass er unbedingt Ruhe brauche." Die drei Novizen lauschten gespannt. Neues über den verletzten Meisterassassinen zu erfahren war keine schlechte Art, sich die Zeit zu vertreiben. "Dass er wach ist heißt gar nichts, vielleicht ist er gleich wieder weggetreten oder das Fieber ist wieder gestiegen, wer weiß", bedachte Elora mit einem skeptischen Blick und schob sich eine der getrockneten Früchte in den Mund. Faith hatte längst fertig gegessen und sah Bélac neugierig an. "Und? Denkst du er wird dich bald wieder trainieren können?" Bélacs Blick wurde traurig. "Ich hoffe es. Er war kein schlechter Mentor. Der jetzt ist mir viel zu streng." Faith hob überrascht ihre Augenbrauen. "Vaughn war nicht streng?" Bélac schüttelte sofort kräftig den Kopf. Er dachte etwas an die Trainingsstunden zurück. "Er war weise und erfahren, und vor allem war er zurückhaltend gegenüber Persönlichem, aber er war nicht streng", erklärte der junge Novize mit einem wehmütigen Lächeln. "Bélac, wie lang bist du schon Novize?", wollte dann Asha wissen, die den Jungen nur stirnrunzelnd gemustert hatte. "Seit einigen Jahren, wieso?" Asha zuckte mit den Schultern. "Nur so." Faith wurde nachdenklich. Für viele Assassinen waren ihre Mentoren wie ein Vater oder so etwas, da sie als junge Kinder zu den Assassinen geholt wurden und der Mentor oder die Mentorin dann eine Vorbildrolle einnahm. Bei Faith und Asha war das nicht so gewesen. Sie waren als Jugendliche dazugekommen. Bei ihnen funktionierte das mit dieser Vaterrolle nicht wirklich. Denn ihre Mentoren, Cade und Viola, konnten kaum viel älter sein als sie. Hätten sie ihre Ausbildung früher begonnen, wenn ihr Vater überlebt hätte? Hätte Ríona es zugelassen, dass ihre Töchter demselben Orden beitraten wie ihr Vater es getan hatte? Oder hätte sie sie abgehalten? Ganz in Gedanken versunken bemerkte Faith nicht, wie Bélac sich wegsetzte und dort erneut die Geschichte erzählte. Er würde noch etwas zu tun haben. Sie wandte sich nun an Asha, während Elora nach und nach die Schüssel mit den getrockneten Früchten leerte. "Asha, wir sollten endlich jemandem unseren Fund zeigen. Wir können nicht länger auf Kadir warten." Sie sprach etwas leiser, damit es niemand hörte. Asha nickte langsam. "Du meinst, Gyth weiß Bescheid über das Amulett?" Faith zuckte nur mit den Schultern. "Einen Versuch ist es wert, oder?" Sie spielte nebenbei mit dem stumpfen Messer herum, das sie zum Aufstreichen von Butter benutzt hatte. "Okay, und wann sagen wir es ihr?" Faith legte das Messer auf ihren Teller und schob den Teller zum Tischende. "Hast du heute Vormittag Zeit?" Ashas Miene zeigte Unsicherheit. "Ich weiß es nicht, wenn ich Viola überreden kann... Ich denke, dann schon." Faith nickte und sah kurz zu Elora, die aber mehr oder weniger mit gleichgültiger Miene hinüber zu einem anderen Tisch sah. Dann blickte sie wieder ihre Schwester an. "Okay, dann heute vor dem Mittagessen?" Asha nickte schnell und stellte ihren Teller ebenfalls weg. "Ich muss jetzt los, bis nachher." Faith sah der rothaarigen Novizin kurz nach, dann wandte sie sich an Elora und begann ein Gespräch. Beide hatten heute nichts zu tun, da ihre Mentoren und einige andere Meisterassassinen losgeschickt worden waren, um sich auf die Suche nach dem Meister und den anderen zu machen. Manche befürchteten bereits, dass der Großmeister und seine Gefährten getötet oder gefangen genommen wurden. Faith hoffte, dass dem nicht so war. Sie wusste nicht, wieso - denn sie sah Kadir selten - aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass er ein guter Freund war. Immerhin war er losgezogen um sie herzubringen, und er hatte ihr auch immer viel Freiheit gelassen, was die Ordnung im Orden anging.

Elora hatte Faith dazu überredet, sich trotz oder gerade wegen der Abwesenheit ihrer Mentoren auf den Kampfplatz der Nox Pugnat zu schleichen und etwas zu trainieren. Beide hatten sich gut geschlagen, stellten sie am Ende fest. Keiner hatte sich verletzt obwohl beide mit ihrem ganzen Können gekämpft hatten. Und das war bei einem Trainingsunterschied von ein, zwei Jahren nicht wirklich üblich. Doch nun musste Faith sich aufmachen zu Kadirs Gemach, das Eadgyth übernommen hatte, seit ihr Bruder abwesend war. Hoffentlich hatte Asha ihre Mentorin überreden können, sie früher vom Training zu entlassen. Als sie vor der Tür stand und sich umsah, bekam sie Zweifel. Ihre Schwester war nirgendwo zu sehen. Nachdem sie einige Zeit gewartet hatte klopfte sie einfach. Sie könnte es Asha ja später erzählen. "Herein!" Faith drückte die Tür auf und sah sich kurz fragend um. Dann neigte sie den Kopf. "Ich wollte Euch etwas fragen", erklärte die Novizin sachlich und mit dem nötigen Respekt in der Stimme. Ein betrübtes Lachen erklang aus der Richtung des Schreibtisches, sodass Faith den Kopf hob, nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. "Du hast das Recht, mich mit 'du' anzusprechen, Faith." Die stellvertretende Großmeisterin lächelte ihr entgegen, auch wenn in ihren Augen ein trauernder Glanz lag. Es war sicher nicht schön, wenn Ungewissheit darüber herrschte, ob der Bruder noch lebte oder sogar von den Templern zu Tode gefoltert wurde. Sie deutete auf den Stuhl gegenüber des Schreibtischs. Faith setzte sich langsam. Ihre Kapuze trug sie im Hauptquartier nicht. "Was ist denn los, wieso wolltest du mich sprechen?" Nun verschwand der traurige Ausdruck endgültig aus ihren Augen und sie faltete die Hände auf der Tischplatte. Faith warf keinen Blick auf die Papiere dort, sondern sah Gyth halb besorgt, halb nachdenklich an. "Ich weiß nicht ob Ihr davon wisst, was Euer Bruder mir aufgetragen hat..." Sie biss sich kurz auf die Lippe, da sie schon wieder die gewohnte höfliche Anrede benutzt hatte. Eadgyth überging das und lauschte Faith nur konzentriert. Dann schüttelte sie den Kopf. "Tut mir Leid. Wenn ich von deiner Mission wüsste, hätte ich sie dich längst fortführen lassen..." Faiths Mundwinkel zuckten kurz. Verdammt, sie wusste nichts über das Amulett, und Kadir war vielleicht tot... Was sollte sie nun tun? "Wisst Ihr dann vielleicht, wo Benjis Wohnung lag bevor... er getötet wurde?", hakte Faith dann weiter nach, mit einem kleinen Hoffnungschimmer, dass noch nicht alles verloren war. Dieses Mal überlegte Gyth länger. "An den Namen erinnere ich mich, aber ich habe keine Ahnung, wo er gelebt hat, geschweige denn wann er gestorben ist." Sie sah der Novizin entschuldigend in die Augen. Faith seufzte und ließ den Kopf etwas hängen. Konnte sie irgendwie anders herausfinden, wo er gewohnt hatte? War so etwas vielleicht im Archiv verzeichnet? Oder wusste es einer der älteren Meisterassassinen? "Aber ich habe eine andere Neuigkeit für dich und deine Schwester. Ich bin mir nur nicht sicher, ob es eine gute oder eine schlechte ist..." Faith hob den Kopf wieder. Sehr viel schlimmer konnte es gar nicht mehr werden. Oder? "Ein Assassine, der in Synva gewesen ist, hat erzählt, dass er deine Mutter und ihre Schwester im Gefängnis ausmachen konnte. Sie scheinen also noch am Leben zu sein..." Faiths Gedanken rasten. Welcher Assassine war das gewesen? Vaughn, der endlich über eine Mission berichten konnte? "Wer hat es Euch gesagt? Vaughn?" Kurz schien Eadgyth aus dem Konzept gebracht worden zu sein, doch dann schüttelte sie zaghaft den Kopf. "Nein, es war nicht Vaughn, es war Aed. Warum denkst du, dass er es war?" Sie musterte die Novizin mit einer kühlen Vorsicht. Waren die Gerüchte also wahr und Gyth war erschrocken darüber, dass es jemand mitbekommen hatte? "Bélac hat erzählt, er hätte Euch und Heath belauscht, wie ihr darüber spracht, dass sein Mentor wieder aufgewacht sei", erzählte Faith zögernd. "Stimmt es denn?" Gyth schwieg eine lange Zeit, sodass man vereinzelte Schritte draußen im Gang hören konnten, die lauter und dann wieder leiser wurden. "Ja, es stimmt. Vaughn ist wach. Aber er scheint nicht in bester Verfassung zu sein... Sein Gedächtnis wurde sehr in Mitleidenschaft gezogen. Er erinnert sich an nichts." Faith sah Gyth kurz mit großen Augen an, dann wurde ihr Blick wieder düsterer. Gyths Gesichtszüge waren hart. Sie schien innerlich gegen ihre Emotionen anzukämpfen. "Aber Ihr bestraft Bélac doch nicht dafür, oder?" Gyth schüttelte den Kopf. "Nein, mein Kind, er hat das größte Recht darauf, es zu erfahren. Trotzdem sollte er es nicht an alle weitererzählen..." Faith war sich nicht ganz sicher, was das hieß. "Und wie lang dauert es, bis Vaughn wieder sein Mentor werden kann?" Gyth seufzte tief. "Das kommt darauf an, wie schnell das Fieber verschwindet und an wieviel er sich erinnert." Wieder herrschte einige Zeit Stille. Faith durchdachte ihr Gespräch erneut. Wann sprach man schonmal mit Gyth, und dann so lang? Ob die Nachricht gut oder schlecht war, das wusste sie selbst noch nicht. Wenn sie es Asha erzählte wollte die sofort wieder los und Ríona und Esida retten. Faiths Gedanken durchliefen eim mögliches Gespräch und dessen Ausgang. Vermutlich würde sie lieber mit Asha gehen als dass sie allein versuchte, sie zu retten. "Denkt Ihr, es wäre eine gute Idee, zu versuchen, meine Mutter und meine Tante zu befreien?", fragte Faith dann zögernd und sah Eadgyth mit unschuldigen Augen an. Eine Reihe Emotionen durchlief Eadgyths Augen - Überraschung, Schock, Zweifel, Befürchtung - während ihre Miene hart blieb. "Ich halte es für keine gute Idee. Das Gefängnis ist der sicherste und am meisten bewachte Ort dieses Landes, die Wände sind dick und die Zellen undurchdringlich. Das wäre das reinste Himmelfahrtskommando." Sie sprach mit einer präzisen Sachlichkeit in der Stimme, während ihre blaugrauen Augen aufmerksam schimmerten. Sie beobachtete Faiths Reaktion genau. "Und wenn wir etwas Unterstützung bekämen? Ihr könntet mitgehen und an unserer Seite kämpfen..."
"Nein!", rief Gyth sofort, sodass Faith erschrocken zusammenzuckte. Eben noch hatte die Frau sie mit aufgerissenen Augen und einem wachsamen wie gleichermaßen ängstlichen Blick angestarrt und die Hände krampfhaft zu Fäusten geballt, da verließ sie diese Anspannung auch schon wieder, als leere man einen Sack, sodass er in sich zusammenfiel. Faith schwieg erschrocken und sah Gyth nur schockiert an. Was war denn los? Was hatte sie so aufgeschreckt? "Tut mir Leid, ich... Nein, ich werde nicht mit Euch gehen und kämpfen..." Faith durchzuckte eine alte Erinnerung. Damals, als sie Gyth gefragt hatte, ob sie einmal eine Assassine gewesen war. Sie hatte diese Frage einfach ignoriert. Es schien damit zusammenzuhängen. Aber... was war passiert, dass sie sich so davor fürchtete? "Können wir dann vielleicht andere Unterstützung bekommen?", lenkte Faith mit dünner Stimme ab. Eadgyth starrte auf die Papiere vor sich, während sie erschöpft im Stuhl hing. "Ich kann das nicht, Faith. Jeder, der nach Synva gegangen ist, ist nun tot. Und die waren noch nicht einmal in der Nähe des Gefängnisses." Gyths Schultern hingen schlaff, ihre Arme baumelten neben den Stuhllehnen. Sie wirkte auf einmal so ausgelaugt, als hätte sie kaum geschlafen. Vielleicht war dem ja so. "Ich weiß nicht ob es mir zusteht, das zu fragen...", begann Faith dann mit unsicherer Stimme und wartete auf Gyths Reaktion. Die winkte nur müde ab. "Frag nur." Faith nickte und lehnte sich etwas vor. "Wenn Ihr schon nicht die Rettungsmission genehmigt, könntet Ihr mir nicht wenigstens erzählen, was passiert ist?" Gyth runzelte die Stirn. "Was meinst du?" Faith holte kurz tief Luft. "Wieso Ihr kein Assassine mehr seid..."

Gyth hatte sie einige Zeit entgeistert angestarrt, dann fuhr sie sich müde übers Gesicht und rappelte sich wieder auf. "Wenn Kadir wirklich tot ist, und ich die Letzte dieser Familie bin, dann wird es wohl nichts schaden wenn ich jemandem diese Geschichte erzähle... Ich bin es ihm schuldig." Gyths Blick war abwesend und hatte jeden Glanz verloren. "Wem? Kadir?" Gyth schüttelte den Kopf. "Meinem Vater. Er war ein Assassine, er kämpfte für den Orden - meine Mutter war früh gestorben, und mein Vater konnte dadurch nicht die ganze Zeit auf uns aufpassen. Er hat uns früh zu den Assassinen mitgenommen. Wir wurden zusammen trainiert, gelehrt und zu Assassinen ernannt. Natürlich wussten wir, dass dadurch jeder von uns früh sterben konnte. Doch wir alle drei besaßen kein höheres Ziel als der Bruderschaft zu dienen. Und dieses Ereignis - das fand statt kurz nachdem Kadir und dein Vater Freunde geworden waren. Wir fanden bei einer Mission heraus, dass unser Vater gar nicht so loyal war wie er sich gab - zumindest nicht mehr. In einem Brief der Templer hieß es, dass er ein Spion war. Ein Templerspion. Und eines Tages konfrontierte Kadir ihn damit, während ich anwesend war. Unser Vater gestand es und bat um Verzeihung, aber mein Bruder war außer sich und griff ihn an. Du glaubst nicht, wie ich mich in diesem Moment gefühlt habe..." Faith nickte mit verständnisvollem Blick, obwohl sie sich sicher war, dass sie es nicht einmal ansatzweise verstand. Sie war nie in einer solchen Situation gewesen. "Jedenfalls hatte mein Vater mehr Kampferfahrung und drängte meinen Bruder zurück. Er wollte ihn nicht verletzen, aber Kadir wollte es bei ihm. Ich wusste nicht, auf welche Seite ich mich schlagen sollte. Ich sah nur, dass mein Vater Kadir den Todesstoß versetzen wollte, weil er einfach nicht aufgeben wollte. Und da habe ich gehandelt." Bei diesen Erinnerungen stiegen Gyth Tränen in die Augen. Sie glänzten wie Diamanten, aber sie liefen nicht hinunter. Die Stimme der Frau wurde belegter. "Ich habe ihn getötet weil er sonst Kadir getötet hätte. Trotzdem war ich mir nicht mehr sicher, ob ich richtig gehandelt hatte, denn mein Vater sah mich nur entsetzt an, bevor er starb. Sein Gesicht... es verfolgte mich in den Träumen. Es erschien vor meinem inneren Auge bei jedem darauffolgenden Kampf. Ich habe es irgendwann nicht mehr ausgehalten und geschworen, nie mehr für die Assassinen zu kämpfen..." Faith sah Gyth mitfühlend an. Sie las Trauer und Schmerz genauso wie Entschlossenheit in ihrem Blick. Schließlich liefen ihr die Tränen doch die Wangen hinab und sie zog ein Taschentuch hervor, mit dem sie sie wegtupfen konnte. "Aber Ihr wolltet die Bruderschaft trotzdem nicht verlassen, nicht wahr? Deshalb seid Ihr geblieben, um die Organisation zu übernehmen...", sprach Faith ihre Gedanken laut aus. Gyth nickte, während sie tief durchatmete um ihre Trauer unter Kontrolle zu bringen. "Ich hoffe, dass Kadir zurückkehrt. Ich kann ihn nicht ersetzen, ein Großmeister muss kämpfen können...", meinte Gyth dann, während in ihren Augen erneut Tränen glänzten, die sie dieses Mal aber energisch wegblinzelte. Es herrschte wieder Schweigen im Raum. Nun wusste Faith, was passiert war. Und sie fühlte sich nun, als hätte sie die Fähigkeit, mehr im Nebel zu erkennen, der alle Tatsachen bedeckte. Doch dem war nicht so. Es war nur ein Bruchteil, der nichtmal ansatzweise etwas damit zu tun hatte, was sie suchte. Plötzlich nahmen Gyths Gedanken eine Wendung. "Faith?" Die Novizin sah sie fragend an. "Ja?" Eadgyth hatte sich nun endgültig wieder beruhigt und sah Faith entschlossen an. "Ich denke, ich werde die Mission genehmigen. Ihr dürft nicht auch noch eure beiden Eltern verlieren, du und Asha, einer ist schon zu viel." Faiths Augen leuchteten dankbar auf. "Wirklich? Und... werdet Ihr mit uns kommen?" Gyth schüttelte den Kopf, sodass ihre nussbraunen Haare hin- und herschwangen. "Nein. Aber ich kann Euch ein paar Begleiter mit auf den Weg geben. Erfahrene Assassinen. Kein Gebäude ist für uns unüberwindbar, das ist unsere Kunst. Ihr sollt gleich heute Mittag los. Und bringt die beiden dann hierher, hier sind sie sicher." Überwältigt von Gyths plötzlichem Stimmungswandel brauchte Faith einige Sekunden, bis sie realisierte, was sie gehört hatte. Sofort sprang sie auf. "Danke! Wir werden erfolgreich sein, das verspreche ich!" Gyth lächelte nur halbherzig. "Optimismus. Das mag ich. Aber seid auf der Hut und hört auf die Assassinen, ja? Ihr trefft euch nachher am Stall. Ich werde alle benachrichtigen." Faith nickte, verabschiedete sich kurz mit einem respektvollen Kopfneigen und verschwand dann aus dem Zimmer. Sie lief sofort zum Speisesaal, in dem es inzwischen Mittagessen gab. Hier musste Asha ja irgendwo sein. Als sie sie fand erzählte sie ihr, dass sie heute noch eine große Mission erwartete. Und Asha schien sich sehr zu freuen, doch an Faith nagten inzwischen Zweifel. Gerade hatte sie sich noch vor Glück kaum retten können und jetzt bezweifelte sie, dass sie das wirklich schaffen würden.

Als Faith nach draußen trat bemerkte sie sofort, was für ein mieses Wetter in letzter Zeit herrschte. Dicke, dunkelgraue Wolken hingen am Himmel, es war eiskalt und teilweise lag immer noch Schnee auf dem Boden, auf den Bäumen und an jedem anderen Ort, der nicht geschützt war. Es fiel etwas aus den Wolken, was wohl so etwas wie Schneeregen war. Sofort zitterte Faith. Als sie herumlief und einen Blick auf die Ställe erhaschte, verschlug es ihr den Atem. Gyth hatte ihr Wort gehalten und einige Assassinen besorgt, die Asha und sie begleiten würden. Es waren sicher sieben oder mehr. Gyth stand bei einem von ihnen. Einem großgewachsenen Meisterassassinen mit dunkleren, blonden Haaren und einer dunkelgrauen Montur. Er hob den Kopf als Faith auf Gyth zulief, und musterte sie kurz interessiert. "Du bist also Faith?" Sie nickte. Dann sah sie zu Gyth. "Ist Asha schon da?" Die braunhaarige Frau nickte lächelnd und deutete nach hinten in eine der Boxen, wo ihre Schwester gerade einem Pferd das Zaumzeug anlegte. "Das hier ist Ace. Er war schonmal im Gefängnis in Synva, deshalb sollte er die Mission anführen. Es wird euch sehr helfen." Der Mann nickte ernst. "Ist nicht gerade der schönste Ort. Sie nennen es die Sharra, das Übel. Und das ist noch untertrieben." Wenn auch sein Blick ernst und finster war, so strahlte er Gutmütigkeit und Weisheit aus. Er war bestimmt ein erfahrener Assassine, und Gyth hatte vermutlich nicht lang gebraucht um einen Missionsleiter zu finden. "Ich verabschiede mich dann mal. Bringt sie sicher zurück. Und sterbt nicht." Gyth verschwand wieder ins wärmere Hauptquartier. Ace zog sich seine graue, grob geschnittene Kapuze über und sah Faith abwartend an. "Na, los, sattel dein Pferd. Das wird keine einfache Mission, und bei der Kälte in der Dunkelheit sind wir zum Scheitern verurteilt. Wir müssen vor dem Abend fertig sein." Faith nickte und lief auf eines der Pferde zu, das noch nicht gesattelt war.
Als später alle auf ihren Pferden saßen sah Faith zu ihrer Schwester, und ließ dann ihren Blick über die Anwesenden streifen. Würde die große Gruppe berittener Kapuzenträger unbemerkt bleiben? Faith kannte viele der Assassinen nicht. Außer Ace waren nur zwei Meisterassassinen unter ihnen. Der Rest bestand nur aus Assassinen und einem Novizen, der seinem Meister folgen musste, weil der nicht wollte, dass der Novize nichtstuend im Quartier saß. Er schloss sich Asha und Faith an, während die Assassinen vor und hinter ihnen ritten und Ace die Führung übernahm. Der Junge stellte sich als Tio vor. Er trug eine dunkelblaue Montur, hatte braune, lange Haare und dunkelgrüne Augen. Er redete viel mit Asha und Faith, er schien sich über Gesellschaft sehr zu freuen. Er erzählte sogar etwas über seinen Mentor, Reigh, während dieser etwas weiter weg ritt.
Der Weg zog sich in die Länge, Ace wollte nicht den vorderen Stadteingang benutzen sondern außen herum reiten und von der Seite hineinkommen. Dann würden die Wachen nicht direkt aufmerksam auf die Gruppe werden. Auf dem Weg hatten sie den Plan besprochen, sodass nun jeder wusste, was er zu tun hatte. Den Novizen war keine leichte Aufgabe zugeteilt worden, aber die gefährlichste war es dennoch nicht. Sobald sie in der Stadt ankamen ließen sie ihre Pferde zurück - zumindest alle bis auf drei. Die drei Assassinen ritten weiter, in einen anderen Stadtteil, um dort für etwas Aufruhr unter den Templerwachen zu sorgen. Denn die Anwesenheit dreier Assassinen würde nicht unbemerkt bleiben. Die anderen bewegten sich sofort in Richtung der berüchtigten Sharra. Manche über die Straßen, manche über die Dächer. Sie hatten dasselbe Ziel aber verschiedene Aufgaben. Asha, Faith und Tio folgten Ace über die Dächer der Hauptstadt. Der Meisterassassine hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die drei im Auge zu behalten, während die Mission durchgeführt wurde. Sie liefen einige Zeit, die Stadt war groß und Schneefall hatte eingesetzt. Sie mussten darauf achten, nicht auszurutschen und zu fallen. Faith erwischte sich dabei, wie sie hinauf in die Richtung sah, in der sie vor langer Zeit die Rauchwolke gesehen hatte, die von dem Brand der Villa erzeugt worden war. Bestimmt hatten die Templer auch dort Wachen postiert, falls sie versuchen sollte, dorthin zurückzukehren. Ace suchte sich zielstrebig einen Weg über die Dächer, Bäume und andere hohe Dinge wie Seile, Lastenzüge und Balken. Die drei Novizen folgten ihm geduckt. Niemand durfte sie entdecken. Und das Gefängnis überragte die Stadthäuser bei Weitem. Je näher sie kamen desto mehr raubte ihnen der Anblick den Atem. Es war ein riesiges Gebäude aus dunklen Mauern, das fast einer Festung glich. An einigen, kleinen Stellen durchbrachen vergitterte Fenster die Außenwand. Um das Gefängnis herum hatte man einen Graben ausgehoben, sodass niemand so leicht ungesehen hinein- oder hinauskam. Die Sharra hatte kein Dach sondern Wehrgänge, die von abweisend und scharf wirkenden Zinnen geschützt wurden. Auf einigen Wachtürmen wehte die Fahne mit dem Wappen Synvas. Ace verharrte an einem der letzten Häuser, die hier standen, und sah hinauf. Wachen gingen auf den Wehrgängen auf und ab, ein Erklimmen des trostlos aussehenden Gebäudes schien kaum möglich zu sein. Die Außenwand war gespickt mit schwarzen Stahlkronen und -stacheln. Der einzige Zugang - eine schmale, bewachte Brücke, die über den Graben führte - war aber keine Möglichkeit. Ace sah kurz zu den Novizen, dann wieder nach vorn. Sicher stiegen ihm keine schönen Erinnerungen an diesen Ort hoch. Er wartete. Auf die anderen Assassinen. Faith schwieg. Genauso wie die anderen. Der Schnee dämpfte jedes Geräusch in den Gassen. Es herrschte eine angespannte Stille. Alle vier warteten. Hoffentlich würde der Plan aufgehen.

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