Codeworld

By heartdefect

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Ich versuchte mich zu beeilen, doch nichts tat sich. "Fuck!" fluchte ich, als mir plötzlich die zweckentfremd... More

Prolog
Kapitel #001
Kapitel #002
Kapitel #003
Kapitel #004
Kapitel #005
Kapitel #006
Kapitel #007
Kapitel #008
Kapitel #009
Kapitel #010
Kapitel #011
Kapitel #012
Kapitel #013
Kapitel #014
Kapitel #015
Kapitel #016
Kapitel #017
Kapitel #018
Kapitel #019
Kapitel #020
Kapitel #021
Kapitel #022
Kapitel #023
Kapitel #024
Kapitel #025
Kapitel #026
Kapitel #027
Kapitel #028
Kapitel #029
Kapitel #030
Kapitel #031
Kapitel #032
Kapitel #033
Kapitel #034
Kapitel #035
Kapitel #036
Kapitel #037
Kapitel #038
Kapitel #039
Kapitel #040
Kapitel #041
Kapitel #042
Kapitel #043
Kapitel #044
Kapitel #045
Kapitel #046
Kapitel #047
Kapitel #048
Kapitel #049
Kapitel #050
Kapitel #051
Kapitel #052
Kapitel #053
Kapitel #054
Kapitel #055
Kapitel #056
Kapitel #057
Kapitel #058
Kapitel #059
Kapitel #060
Kapitel #061
Kapitel #062
Kapitel #063
Kapitel #064
Kapitel #065
Kapitel #067
Kapitel #068
Kapitel #069
Kapitel #070
Epilog
Danksagung
Überarbeitung

Kapitel #066

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By heartdefect

Der Sprengstoffgürtel drückte etwas unangenehm gegen meine Hüfte. Der Rest der schwarzen Hightech-Klamotten saß wie schon bei den vorherigen Missionen perfekt. Alles super bequem und super leicht. Nur der schwere Gürtel zog mich nach unten. Vielleicht war er auch gar nicht so schwer. Nur die Tatsache, dass Sprengstoff daran befestigt war, lastete schwer auf mir. Aber ich wusste, im tiefsten inneren, dass das das Richtige war. Diese Unterdrückung muss ein für alle mal aufhören. Und inzwischen fühlte ich mich mehr oder weniger bereit. Nichtmal müde, obwohl es 3:30 Uhr morgens war. Da ich die letzten zwei Tage ausgiebig trainiert habe, fühlte ich mich auch körperlich inzwischen einigermaßen imstande, diese Mission zu meistern. Nach einer langen Stecke tat mein Oberschenkel zwar wieder weh, aber das schaffe ich schon. Auch der Weg, den ich laufen musste, zeichnete sich deutlich vor meinem inneren Auge ab. Jede Ecke, jeder Gang. Und wie ich nachher zu Alex' Zelle komme. Das war mein eigentliches Ziel. Den blöden Sprengstoff anbringen war nur Nebensache. Nick hatte mir gestern erklärt, wie ich Apperat, der fast so groß war wie eine kleine Handtasche, an der Wand befestige und wie ich die Zeit dann auf zwanzig Minuten einstelle und den Sprengstoff scharf mache. Auch das hatte ich mir genau eingeprägt, schließlich konnte eine falsche Bewegung und das drücken einer falschen Taste dazu führen, dass ich mich selbst in die Luft jage. Keine schöne Vorstellung. Aber ich wusste alle Wege, war fit, wach und motiviert. Ich werde Alex da raus holen. Als ich mich vom Spiegel weg drehte, zuckte ich erschrocken zusammen. Mitten im Zimmer stand Nick und betrachtete mich "Du siehst gut aus". "Danke" lächelte ich, trat zu ihm und zog ihn in eine Umarmung "Für alles Nick. Dass du immer so auf mich aufgepasst hast. Dass du mich immer verteidigt hast. Dass du für mich gekämpft hast. Du wurdest für mich der Bruder, den ich verloren habe. Ich hab dich wirklich lieb". Er erwiederte die Umarmung seufzend "Ich würde alles auf der Stelle nochmal für dich tun, Lu. Du bist ein ganz besonderes Mädchen. Aber bitte sag sowas nicht, als würdest du dich verabschieden. Wir sehen und wieder, nach dieser Mission. Das musst du mir versprechen". "Ich kann nichts versprechen, was ich vielleicht nicht halten kann..." murmelte ich in sein Oberteil. Er zog mich enger an sich "Versprich es mir. Wenn du es nicht verspricht, lass ich dich nicht gehen". Ich lachte leicht "Okay. Ich verspreche es". "Pass einfach auf dich auf, Kleine" murmelte er, drückte mich noch einen Kuss auf den Scheitel und löste sich dann von mir "Aber jetzt komm, die anderen warten sicher schon".

Letztendlich stand ich wieder an der unterirdischen Eisenbahnstrecke, wo auch das Gleiskettenfahrzeug stand. Es waren mehr Rebellen da, als ich dachte. Der Vorraum vor den Schienen war mit Leuten bevölkert. Zusammen mit Nick quetschte ich mich durch die Menschenmasse. Alle schienen durcheinander zu reden, trotzdem merkte man die Spannung im Raum deutlich. Keiner wagte es, zu laut zu sprechen. Das Flüstern, dass den ganzen Raum zu erfüllen schien, wirkte jedoch beruhigend. Es zeigte nochmal, dass ich nicht alleine war. So viele Leute, die mit mir kämpfen werden. Mit denen ich kämpfen werde, als eine Einheit. Das Gefühl, das mich erfüllte, machte mir Mut. Zusammen waren wir stark, eine unaufhaltsame Gewalt, eine feste Einheit. Es machte mich stolz, dass so viele Leute gegen die Unterdrückung kämpfen. Ich war so in meinen Gedanken versunken, dass ich erst jetzt bemerkte, dass wir inzwischen bei unseren Leuten angekommen waren. Astrid zog mich in eine kurze Umarmung und murmelte "Wir bleiben immer zusammen, okay?". Ich nickte nur, als sich auch schon ein Arm um meine Schultern legte und mich ein Stück Weg von Astrid zog. Es war Bastian, der mir jetzt ins Ohr flüsterte "Ich bin woanders stationiert als ihr, Lu. Pass bitte gut auf mein Mädchen auf". "Versprochen" sagte ich wie aus der Pistole geschossen. Er nickte, drückte mir noch einen Kuss auf die Stirn. Dann ging er zu Astrid, zog sie besitzergreifend und beschützerisch in seine Arme und küsste sie intensiv. Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken und erwiederte den Kuss leidenschaftlich. Das war der Moment, in dem ich mich weg drehte, aus vielerlei Gründen. Ich wollte natürlich nicht so ein kranker Stalker sein, der Leute beim küssen anstarrt. Außerdem war der Kuss so intim, dass man nur weg gucken konnte. Und dann war da auch noch das etwas neidische Stechen in meiner Brust. Was würde ich jetzt dafür geben, Alex so küssen zu können, mich einfach an seine Brust zu schmiegen und seinen Duft einzuatmen. Die Antwort war einfach. Alles. 'Bald' rief ich mich zur Ordnung 'Heute werde ich ihn wieder sehen und genau so küssen. Mit der gleichen Leidenschaft und Intensität'. Schon bei dem Gedanken kribbelte mein Bauch. Wie sehr ich ihn vermisse... Erst jetzt bemerkte ich, dass es um mich herum inzwischen ganz Still geworden war. Auch als ich zu Astrid sah, runzelte ich verwirrt die Stirn. Diese deutete mit der Hand nur nach vorne. Ich folgte ihrem Blick und dann sah ich Nick, der auf dem Gleiskettenfahrzeug stand. Alle sahen erwartend zu ihm. Nick sah lächelnd auf uns runter und wartete, bis es wirklich ganz ruhig war. Dann sagte er "Da ich nicht mit euch mitkommen werde, müsst ihr euch ab jetzt an meinen Kameraden Bastian wenden. Er weiß die genaue Uhrzeit, wann die Mission startet und wird euch an euren Startpunkt führen. Vom dort an hat jeder persönlich Anweisungen erhalten, was er zu tun hat. Ihr wisst bescheid. Ich will auch gar nicht lange quatschen, ihr müsst los, aber eins noch". Inzwischen war es so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören.

"Brüder und Schwestern" fing er an "Heute schreiben wir Geschichte!"

Alle streckten die Fäuste in den Himmel, grölten und jubelten Nicks Worten zu. Einige stampfen oder klatschen. Der Boden schien unter den Rufen und Klatschen zu beben. Im Gegensatz zu der Stille eben oder dem bedrückenden Flüstern vorhin, war das wie das Brüllen eines Löwen. Wie die Kampfansage eines Wolfrudels. Aber es war genau das, was wir alle gebraucht hatten. Die ganze Anspannung und Nervosität wurde jetzt zu Kraft, Energie und Adrenalin. Unsere Angst wurde zu Wut. Und es war ein unglaubliches Gefühl, Teil dieser Gruppe zu sein. Ich fühlte mich so stark wie noch nie. Deswegen konnte ich nicht anders, als ebenfalls meine Faust nach oben zu strecken und mit zu jubeln. Mit einem Lächeln im Gesicht. Mein Herz schlug wie verrückt, heute werde ich kämpfen, mit all diesen wunderbaren Leuten an meiner Seite. Wie Nick so schön gesagt hat, unseren "Brüdern und Schwestern". Zusammen werden wir der Unterdrückung ein Ende setzten, davon war ich in diesem Moment fest überzeugt. Es dauerte eine Weile, bis sich alle wieder beruhigt hatten und auch der letzte seine Faust wieder gesenkt hatte. Dann herrschte eine seltsame Stille. Als ich zum Gleiskettenfahrzeug blickte, sah ich, dass Nick inzwischen verschwunden war. Stattdessen stand Bastian oben und wirkte mit seinen muskulösen, vor der Brust verschränkten Armen und dem breitbeinigen Stand unglaublich einschüchternd. Seine Züge zierte ein siegessicheres Grinsen "Ab jetzt leise. Sonst hört man euch Trampeltiere in der ganzen Stadt. Folgt mir und baut bitte keinen Mist". Mit diesen Worten kletterte er vom Gleiskettenfahrzeug und verschwand damit aus meinem Blickfeld, da ich zu klein war und zu viele große Leute zwischen mir und Bastian standen. Allerdings merkte ich, wie sich die Masse langsam in Bewegung setzte. Ich spürte, wie Astrid nach meinem Arm griff, um mich im Gedränge nicht zu verlieren. Zusammen ließen wir uns langsam von der Masse mit treiben. Einige hatten wohl Taschenlampen bekommen, um den Weg zu erleuchten, denn als wir in den nachtschwarzen Tunnel traten, leuchtete nur hier und da der Strahl einer Taschenlampen. Astrid und ich hatten das Glück, genau vor einer Gruppe Jungs zu laufen, in der einer eine Taschenlampe bekommen hat. Und dieser beleuchtete im Grunde genau unsere Füße, so dass wir den Weg immer mehr oder weniger sahen und nicht über die alten Eisenbahnschienen stolperten. Andere hatten da weniger Glück, immer wieder ertönten kurze Schmerzschreie, erschrockene Rufe oder ein "Pass doch auf!". Wir blieben davon verschont. Trotzdem kam mir die Prozession durch den dunklen Tunnel unendlich lang vor. Ab und zu bogen wir ab, doch das Gängesystem schien kein Ende zu nehmen. Dann blieben endlich alle stehen, irgendwo schien es sich zu stauen. Ich stellte mich auf Zehenspitzen und versuchte zu erspähen, was los war. Astrid tat es mir gleich und obwohl sie mich um einige Zentimeter überragte, hatte sie genau so viel Erfolg wie ich: gar keinen. Freundlicher Weise beugte sich der Junge mit der Taschenlampe hinter uns zu uns herunter und erklärte "Da vorne ist eine Leiter, an der wir raus klettern, allerdings können höchstens drei Leute auf die Leiter, kann also noch etwas dauern". "Danke" sagte ich, bevor er sich wieder zurück lehnte. Eine Leiter also. Ich war wirklich gespannt, wo wir raus kommen.

Nach schir unendlichen Minuten warten war ich auch endlich an der Leiter. Meine Finger um klammerten die kalten, eisernen Sprossen und ich begann nach oben zu klettern. Das Licht, dass durch die Luke von oben fiel, machte die Sache leichter. Es gab nur ein kleines Problem. Der letzte Meter Leiter, bevor man die Oberfläche erreichte, fehlte einfach. Für große Leute war das sicher kein Problem, sie könnten einfach nach oben greifen und sich an der Kante hoch ziehen. Doch ich mit meinen kurzen Armen kam da nicht weit. Freundlicherweise streckten sich mir von oben einige helfende Hände entgegen. Wahllos ergriff ich zwei. Eindeutig Männerhände. Mit Leichtigkeit zogen sie mich nach oben, bis ich meine Knie auf den Boden absetzten konnte. Sie ließen mich los und stand auf. Dann lächelte ich sie dankbar an. Die beiden Jungs nickten mir nur knapp zu und beugten sich dann wieder runter, um auch Astrid, die direkt hinter mir die Leiter erklommen hatte, hoch zu helfen. Ich wandte mich ab und schaute mich um. Wir standen auf dem Mittelstreifen einer Straße und kamen alle aus einem Gully geklettert. Als ich mich umblicke, merkte ich auch, was für eine Straße es war. Auf der einen Seite wurde sie normal von Wohnhäusern begrenzt. Auf der anderen jedoch baute sich groß eine Mauer auf, die dem nächst höheren Codebezirk von diesem hier trennte. Wir befanden uns also auf einer Mauerringstraße. Es war noch ziemlich dunkel, nur die schmale Mondsichel und die Straßenlaternen beleuchteten die Straße. Jedoch sah man im Osten schon, wie der Himmel etwas heller wurde. Als ich mich wieder zu unserer Gruppe umdrehte, sah ich, dass inzwischen fast alle da waren. Bastian stand mit ein paar Jungs und Mädels, unter denen auch Astrid war, abseits und redete auf sie ein. Immer wieder sah er nervös auf seine Armbanduhr. Wann es wohl los ging? Ich wippte ungeduldig auf und ab. Ein schrilles quitschen und knirschen ließ mich zusammen zucken. Als ich herum wirbelte, war es jedoch nur der Gullydeckel, der zurück an seinen Platz gezogen wurde. Trotzdem stellten sich mir alle Haare zu Berge. Kaum war das Geräusch verklungen, hörte ich Bastian leise rufen "Leute! Kommt mal alle her!". Sofort rückte die ganze Truppe näher zusammen um Bastian. Da ich so klein war, schaffte ich es, mich relativ weit nach vorne zu boxen. Als wieder Ruhe eingekehrt war, zischte Bastian so leise es geht, aber so laut, dass es alle verstanden "Ich werde jetzt gleich einen Countdown runter zählen. Dann müsste Nick die Türen öffnen. Haltet euch bereit. Sobald sie offen sind, müssen wir rennen. Wir haben nicht viel Zeit. Die Verteidiger vorne, dahinter die mit Sprengstoff. Ihr habt alle einen oder mehrere Partner. Bleibt zusammen und haltet euch an den Plan. Keine Abweichungen, verstanden? Von den anderen Stützpunkten kommen auch Rebellen, wir dürfen uns auf keinen Fall gegenseitig im Weg stehen. Also los, für die Freiheit!". Die Truppe um Bastian löste sich wieder etwas auf. Die Leute verteilten sich, gingen zu ihren Gruppenmitgliedern oder gingen auf die Tür in der Mauer zu, die in den nächsten Codebezirk führte. Ein angespanntes Schweigen herrschte, alle verinnerlichten nochmals ihren Plan. Dann durchschnitt Bastians Stimme die Stille "Zehn, neuen, acht...". Ich sah zu ihm, sein Blick klebte auf seiner Armbanduhr. "Sieben, sechs, fünf..." zählte er mit ruhiger Stimme weiter. Ich sah mich hektisch nach Astrid um, bemerkte jedoch schnell, dass diese direkt hinter mir stand und mir aufmunternd zu lächelte. "Vier, drei...". Jetzt bemerkte ich meine Angst. Meine schwitzigen Hände konnte ich an meiner Hose abwischen, aber gegen mein viel zu schnell schlagendes Herz konnte ich nichts tun. "Zwei...". Bumm bumm. "Eins...". Bumm bumm. "Null".


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