Feis (I) - Feuer und Eis

By sam_pak

403K 28.2K 9.1K

Best Ranking in Fantasy: #3 "Ihr wisst nicht wer ich bin oder woher ich komme" , sagte sie mit einer sanften... More

Who is Xa?
Arrival
Who is he?
My first day
Who does he think he is?
Partytime
Red eyes tell the truth
Strange dreams
2. Part
Confusion
You have a problem? Search for a solution.
Your thoughts should remain yours
Time goes on
Welcome back
Happy X-Mas
Who am I ?
Being Human
Finintis
Tell me
But why?
Kidnapped
3. Part
Train me
Time is running out
I only told her the truth
No options
Who said that thoughts are not real?
Another place
Scotland
Mysteries
What if dreams come true?
You owe me answers
The Dagger
Bryan
The countdown is on
Nothing but training
Danke <3
I wish
Three days left
The last two days
They are coming
4. Part
Forgive me, my love
Danksagung
Info
Wörterbuch
Feis 2 - Info
Feis 2 - Veröffentlichung
Feis-Xas Rückkehr
Wattys 2016

You don't like to talk?

13.4K 804 289
By sam_pak

Sie betrachtete ihn lange. Er erwiderte ihren Blick nicht, sondern sah in die Ferne.
Sie verfolgte seinen Blick und sah die Sonne untergehen. Die vor ihnen liegende Wüste schien rot zu leuchten.
Sie öffnete ihren Mund um ihm ihr Vorhaben zu gestehen, doch er unterbrach sie.
>> Ich weiß was Ihr denkt <<, sagte er und blickte weiter in die Ferne.
>> Könnt Ihr  das? <<, fragte sie ihn.
>>Ihr kennt die Antwort darauf.<<, antwortete er bitter. >> Und trotzdem. Ich weiß was Ihr denkt. <<
>> Dann muss ich es nicht aussprechen, nicht wahr? <<
>>Ihr müsst nichts. <<, erwiderte er ernst.

>> Ihr auch nicht. <<

>> Da irrt Ihr euch. << Endlich sah er sie an.

Der Blick in seinen dunklen Augen verriet ihr seine Trauer und seinen bevorstehenden Verlust und es tat ihr in der Seele weh ihn leiden zu sehen. Es war als würde ihr jemand einen Dolch in ihr Herz jagen.

>>Ihr spürt es. <<, stellte er fest.

>> Das tue ich. <<

>> Meinen Schmerz. <<

>> Ja. <<, sagte sie.

Einen Moment lang sah es so aus als würde er ihre Hand in seine nehmen wollen, doch dann hielt er inne und zog seine Hand wieder zurück. Wieder blickte er in die Ferne.

>>Euer Blick wandert immerzu auf die gleiche Stelle. Dürfte ich den Grund dafür erfahren? <<, fragte sie.

>> Weil ich meine Zukunft darin sehe. <<, antwortete er.

>> Aber dort ist nur roter Sand. <<

>> Rot wie Blut. <<, erwiderte er.

>> Wie Blut? <<

>> Ja. <<, sagte er ernst. >> Wie das Blut, das aus einem herausquillt wenn einem das Herz herausgerissen wird. <<

Ich erschrak als der Wecker klingelte und mich dazu zwang die Augen zu öffnen. Ich schaltete ihn aus und stieg langsam aus dem Bett. Ein weiterer Nachteil an dieser Schule war, dass man so früh aufstehen musste. Ich lief ins Badezimmer und erledigte alles. Ich bemerkte, dass ich im Schlaf geweint hatte, doch ich konnte mich kaum an den Traum erinnern. Als ich versuchte ihn mir ins Gedächtnis zu rufen, sah ich nur eine rote Landschaft und den Sonnenuntergang vor mir.

Seit ich in Deutschland war, konnte ich mich an keines meiner Träume richtig erinnern. Was seltsam war, da ich mich eigentlich immer an meine Träume erinnern konnte.

Ich lief wieder zurück in mein Zimmer und zog mich um. Danach überlegte ich kurz, ob ich meine Haare zusammenbinden sollte oder nicht. Ich entschied mich dagegen. Meine Schulsachen hatte ich schon gestern Abend eingepackt. Also nahm ich meine Tasche und lief herunter in die Küche. Ich packte noch eine Wasserflasche mit ein, damit ich später nicht verdurstete und zog dann meine Schuhe an. Ich schlüpfte in meine Jacke und ging schließlich hinaus.

Leider hatte ich keine Mütze auf dem Kopf, da ich Mützen nicht mochte weil sie mir, meiner Meinung nach, nicht standen weshalb meine Ohren jetzt zu Eiszapfen erfroren.
Ich lief ziemlich schnell, damit ich mich so bald wie möglich an der Wärme des Schulgebäudes erfreuen konnte.

Ich ging direkt ins Klassenzimmer und setzte mich auf meinen Platz. Laura und die anderen Mädels waren noch nicht da wie mir auffiel. Kein Wunder, wir haben noch fünfzehn Minuten, dachte ich mir.

Es waren nur ein paar Jungs da, die sich miteinander unterhielten und lachten.

>> Hey! <<, rief einer. Ich fühlte mich angesprochen und drehte mich deshalb um.

>> Sorry, ich habe deinen Namen vergessen. <<, erklärte ein Junge von mittlerer Größe und hellbraunen Haaren.

>> Keine große Sache. <<, antwortete ich betont lässig.

Die Jungs kamen zu mir herüber.

>> Ich heiße Tim. Der hier heißt Robert und der da neben ihm<<, er zeigte auf den dritten Jungen.

>> heißt Julian. <<, stellte er sich und die anderen Jungs vor.

>> Sehr erfreut. <<, antwortete ich grinsend. >> Ich bin Kim. <<

>> Die Freude liegt ganz auf unserer Seite. <<, erwiderte Julian.

>> Weißt du. Eigentlich habe ich deinen Namen gar nicht vergessen. Ich wollte nur einen Grund haben um dich anzusprechen. <<, gab Tim grinsend zu.

>> Ach ja? Warum denn das? <<, fragte ich.

Ich sah ihm an, dass diese Frage ihn etwas quälte und wie er überlegte etwas Cooles zu sagen bevor die Zeit um war. >> Damit er dich auch mit uns bekanntmachen kann. <<, antwortete stattdessen Robert.

Er war ein hübscher Junge, wie mir auffiel. Er hatte ein längliches Gesicht und hervorstechende Wangenknochen. Seine Haare waren nussbraun, genauso wie seine Augen. Er hatte eine gerade Nase und einen Dreitagebart.

>> Tja. Das ist ihm wohl gelungen. <<, entgegnete ich schließlich und sah dabei Robert direkt in die Augen. Beschämt sah er zu Boden und Tim musterte ihn mit einem komischen Blick, bevor er sich räusperte. >> Woher genau kommst du eigentlich? Also aus Amerika meine ich. <<, fragte er.

>> Aus San Francisco. <<

>> Ach so. Cool. Das ist bestimmt ein riesen Unterschied, oder?. <<

>> Ja, da hast du recht. <<, sagte ich und lächelte ihn an. >>Kennt ihr euch schon lange? <<

>> Ja, wir sind zu dritt aufgewachsen. Also, wir kennen uns schon seit dem Kindergarten. <<, erklärte Tim.

>> Cool. <<, sagte ich. Ein paar andere Mitschüler kamen ins Klassenzimmer und begrüßten uns lautstark. Mir lächelten sie noch mal extra zu. Meine Unterhaltung mit den Dreien wurde dadurch unterbrochen, was ich nicht weiter schlimm fand, doch Tim sah das anders. Die anderen setzten sich zu uns und fragten mich woher ich genau kam, wie alt ich war, ob ich Geschwister hatte und das Übliche eben.

Irgendwann kam Herr Schmidt, was bedeutete dass der Unterricht nun begann. Laura war immer noch nicht da, obwohl die anderen Mädels schon auf ihren Plätzen saßen. Sie hatten sich zu uns gesetzt, bevor Herr Schmidt hereingekommen war und hatten mich informiert, dass Laura verschlafen hätte. Aber ich hatte gedacht, dass sie spätestens jetzt auftauchen würde.

***

Nun saß ich im Mathe Unterricht und langweilte mich zu Tode. Hier gab es wirklich nichts Interessantes. Unterhalten konnte ich mich auch nicht, da Laura neben mir saß und schlief. Sie war erst zur dritten Stunde aufgetaucht und hatte versucht sich vergeblich auf den Unterricht zu konzentrieren, doch da es ihr nicht gelungen war, hatte sie beschlossen in den letzten beiden Stunden zu schlafen. Wieso auch nicht? Wenn es doch so langweilig war. Ich wusste nicht einmal worum es gerade ging. Das Einzige was ich wusste war, dass ich wieder Kopfschmerzen hatte.

Ich sah mich in der Klasse um. Es gab nur drei Schüler die sich meldeten.

Weiter hinten sah ich den blondhaarigen Jungen mit den leuchtend blauen Augen, über den ich gestern erfahren hatte, dass er Bryan hieß. Er starrte mich an als hätte er noch nie zuvor einen Menschen gesehen. Ich tat so als hätte ich seinen Blick nicht bemerkt und schaute mich weiter um. Ich sah, dass Kevin unauffällig über sein Head- Set mit jemandem telefonierte.

Neben ihm saß der Junge namens Jack. Ich betrachtete zuerst sein hübsches Gesicht, bevor mir auffiel, dass er jemanden mit finsterer Miene beobachtete. Ich folgte seinem Blick und merkte, dass er Bryan anstarrte, der wiederum immer noch mich anstarrte.

Glotz woanders hin!, dachte ich mir wütend und sah ihm stur in die hellblauen Augen. Er zeigte keine Regung. Keine einzige Emotion sah ich in seinen Augen. Während ich ihn ebenfalls anstarrte, spürte ich wie mein Nacken langsam wehtat, weil ich fortwährend nach hinten blickte. Ich muss zugeben, er hat wirklich schöne Augen, dachte ich mir. Es war so als ob man in einen tiefen, nie enden wollenden Tunnel blicken würde, der aber nicht finster war, sondern voller Energie und ein wenig Düsternis. Es war so als würde sein Blick mich wie ein Magnet anziehen, weshalb ich Herr Zöll nicht antworten konnte, als er mich etwas fragte. Ich konnte meinen Blick nicht von Bryan abwenden. Ich würde nicht als Erste nachgeben.

>> 2x-5 ist das Ergebnis. <<, sagte Bryan plötzlich und starrte mich weiterhin an.

>> Sehr schön. <<, antwortete Herr Zöll und erst da verstand ich, dass er von Anfang an Bryan und nicht mich angesprochen hatte. Plötzlich klingelte es und mir wurde bewusst, dass wir jetzt aus hatten.

Bryan sah mich immer noch an, doch ich wandte mich einfach ab, weil es mir zu blöd wurde und ich meine Sachen zusammenpacken wollte. Herr Zöll rief noch irgendetwas, doch niemand hörte ihm mehr zu.

>> Laura, wach auf! <<, sagte ich und rüttelte an ihrem Arm.

>> Hä? Was?...<<, fragte sie verwirrt.

>> Der Unterricht ist beendet. Wir haben aus. <<

>> Ach?... <<

>> Ja. Komm beweg' dich. <<

Während sie versuchte ihr kleines Nickerchen von sich abzuschütteln, packte ich ihre Sachen in ihren Ranzen und stellte ihn auf den Tisch.

>> Danke. <<, sagte sie verschlafen. >>Hab ich was verpasst? <<

>> Glaub mir. Du hast überhaupt nichts verpasst. <<, versicherte ich ihr während sie ihre Jacke anzog.

>> Na dann...hat sich der Schlaf ja gelohnt. <<,

>> Kann man wohl sagen. <<, erwiderte ich grinsend.

Sie hakte sich bei mir unter und wir liefen aus dem Klassenzimmer. Die anderen kamen paarweise raus, bis auf Bryan. Als er an mir vorbeiging, sah er mich beunruhigend intensiv an. Doch ich tat so als würde ich ihn ignorieren. Der Junge ging mir echt auf die Nerven. Als Tim und seine Freunde rauskamen, verabschiedeten sie sich von mir. Doch Jack, der ebenfalls mit ihnen abhing, würdigte mich nicht mal eines Blickes und hielt so viel Abstand von mir wie es nur ging, als er an mir vorbeilief.

Arroganter Penner, dachte ich mir. Klar, ich meinte der kannte mich nicht und ich kannte ihn nicht. Doch dafür, dass er mich nicht kannte benahm er sich zu merkwürdig. So als würde er meinen Anblick nicht ertragen können. Pah!

>> Wir gehen wieder bisschen was trinken, kommst du mit? <<, fragte mich Michelle, die eines der Mädchen war mit denen ich gestern in der Kantine was gegessen hatte. Ich versuchte mir schnell eine Ausrede einfallen zu lassen.

>> Tut mir leid. Ich muss heute noch Sachen für mein Zimmer kaufen, damit ich' s endlich mal hinter mir habe. <<, log ich. Naja, obwohl. Ich musste wirklich ein paar Besorgungen machen.

>> Oh Mann! Ich vergesse dauernd, dass du neu hier her gezogen bist. <<, sagte sie grinsend. >> Echt, sorry! Wenn du mal Zeit hast kommst du einfach mit, okay? <<

>> Klar. Danke. <<, erwiderte ich. >> Was geht ihr eigentlich um die Uhrzeit trinken? Bier? <<, fragte ich ironisch.

Die Mädels fingen an zu lachen.

>> Was für ein Klischee. <<, warf mir Vanessa lachend vor. Ich wusste, dass sie es nicht böse meinte.

>> Ach was. Wir meinen mit „etwas trinken" in Starbucks bisschen chillen oder so. Vielleicht einen Kaffee. <<, erklärte  Michelle.

>> Leute. Das war nur' n Witz, das mit dem Bier. <<, versuchte ich zu erklären.

>> Das würde ich jetzt auch sagen. <<, neckte mich Vanessa lachend. Es klang so als würde sie versuchen mich indirekt fertig zu machen. Das war etwas das ich amüsant fand.

Naja, ehrlich gesagt gingen mir ihre Sprüche bisschen auf die Nerven. Trotzdem lächelte ich sie freundlich an.

>> Leute ihr labert zu viel. Bewegt mal eure Ärsche! <<, meckerte Laura und lief in Richtung Ausgang davon, während sie mich mit sich zog. Ich grinste über ihre gelassene Reaktion und passte mich ihrem Tempo an. Als ich bemerkte auf welche Ausgangstür sie zusteuerte, sagte ich ihr dass ich die andere nehmen wollte, weil ich dadurch schneller nach Hause kam. Was auch stimmte.

Als sie weg waren, ging ich auf die andere Ausgangstür zu, doch gerade als ich die Tür aufstoßen wollte, griff eine Hand von hinten nach der Türklinke, drückte sie herunter und hielt mir die Tür auf.

>> Ähm... Danke... <<, murmelte ich laut genug, sodass der- oder diejenige mich hören konnte. Doch es waren eindeutig Männerhände.

>> Immer wieder gern. <<, antwortete eine ruhige, tiefe, schöne Stimme. Es klang jedoch so als würde er grinsen.

Ich drehte mich nach ihm um und sah in sein Gesicht. Wieder in seine Augen. Doch diesmal sah sein makelloses Gesicht weder ernst, noch emotionslos aus. Ein paar Strähnen aus seinen hellblonden Haaren fielen ihm ins Gesicht. Er lächelte mich verschmitzt an und seine hellblauen Augen funkelten voller Energie.

Ich kehrte ihm sofort den Rücken zu und ging schnell hinaus in die Kälte. Ich klemmte meinen blöden Ordner, den ich übrigens erst heute bekommen hatte, unter meinen linken Arm und zog den Reißverschluss meiner Lederjacke ganz zu.

>> Ist dir kalt? <<, fragte er mich. Ne, was denkst du denn?, dachte ich mir.

Ich antwortete ihm nicht.

>> Ist dir kalt? <<, wiederholte er.

>> Ja. <<, antwortete ich trocken.

>> Mir ist nicht kalt. <<

Ich hab auch nicht danach gefragt, dachte ich mir und lief weiter. Ich sah ihn skeptisch von der Seite an. Ich meinte der Junge hatte nur einen dünnen Pulli mit einem V- Ausschnitt an. Wieso ist dem nicht kalt? Aber typisch Jungs. Die rennen in der Pause draußen wie Verrückte herum, obwohl es draußen scheißkalt ist und sie nur T-Shirts anhaben. Dann ist' s ja klar warum sie nicht so frieren wie wir Mädchen.

>> Wieso ist dir nicht kalt? <<, fragte ich schließlich. >> Ich meine, für dieses Wetter läufst du ja fast schon halbnackt rum. <<

Überraschenderweise gab er ein Lachen von sich und lächelte mich dann wieder verschmitzt an.

>> Ich bin eben der Wintertyp. <<, erwiderte er amüsiert.

>> Aha. <<

>> Magst du den Winter nicht? <<

>> Nein. Nicht besonders. <<, antwortete ich wahrheitsgemäß. >>Ich find' s nur dann schön, wenn ich vor dem Kamin sitze und eine heiße Tasse Schokolade trinke, während ich die eiskalte, wunderschöne, schneebedeckte Landschaft betrachten kann. <<

>> Wow. <<, sagte er in einem Ton den ich nicht zuordnen konnte. Ich merkte wie er mich ununterbrochen ansah.

>> Was wow? <<, fragte ich.

>> Bist du schlecht drauf heute? <<, fragte er mich und ging gar nicht erst auf meine Frage ein.

>> Nein, aber mich stört mein blöder Ordner. <<, gab ich schlechtgelaunt zu.

>> Soll ich ihn für dich tragen? <<, fragte er nett. Zu nett.

Zuerst starrt der Junge mich so komisch an und jetzt versucht er mit mir eine Konversation zu starten und als ob das nicht schon genug wäre, behandelt er mich so nett, dass ich glauben könnte er will was von mir, dachte ich mir grimmig.

>> Nein, danke. Passt schon. <<

>> Wie du willst. <<, sagte er freundlich und blieb dann still. Was nicht hieß, dass er auch aufhörte mich anzusehen. Er lief neben mir her und ich bemerkte, dass er den Abstand zwischen uns verringert hatte. Ich sagte nichts dazu und blickte immer noch stur geradeaus.

Ein paar Minuten später brach er sein Schweigen.

>> Kann es sein, dass du jemand bist der lieber still ist? <<, fragte er interessiert.

>> Nein...keine Ahnung. <<

>> Ist dir aufgefallen, dass bis jetzt fast all deine Sätze mit einem „nein" begonnen haben? <<

Diesmal sah ich ihn an. >> Nein. <<, antwortete ich etwas gereizt. Was will der Typ von mir? Ist der psychisch gestört oder so?

Er lachte kurz auf und ich merkte erst im Nachhinein, dass ich wieder mit „nein" geantwortet hatte.

Ein paar Sekunden lang blieb er still.
>> Du kommst also aus San Francisco? <<, fragte er dann, aber es klang eher wie eine Feststellung als eine Frage.

War er wirklich daran interessiert oder tat er bloß so?

>> Ja. Aber ich glaube, dass weißt du bereits. <<

Er lächelte mich wieder mit seiner verschmitzten frechen Art an und als ich ihn ansah spürte ich, dass er irgendetwas vor mir verbarg. Denn sein Lächeln erreichte nicht seine Augen.

In der Zwischenzeit hatte es wieder angefangen zu schneien und meine Finger waren blaugefroren.

>> Warum bist du hierher gezogen? << Er sah mir direkt in die Augen. Irgendetwas in mir sagte mir ich solle stehen bleiben und ihm weiter in die Augen sehen, doch ich zwang mich dazu weiterzulaufen. Ich senkte meinen Blick.

>> Meine Mutter wohnt hier. <<, erwiderte ich und fühlte mich dabei irgendwie komisch. Meine starken Kopfschmerzen machten es auch nicht besser. Lag es daran, dass er mich ständig anstarrte? Ich wusste es nicht.
Bryan nickte um mir zu zeigen, dass er verstand. Ich sah die Verandatreppe unseres Hauses auftauchen, während ich weiter lief.

>> Hast du Angst vor mir? <<, fragte er mich plötzlich und zeigte mir dabei seine wunderschönen weißen Zähne, was mich an den Tag erinnerte an dem er auf meiner Veranda gestanden und mich wegen dieser komischen Umfrage angesprochen hatte.

Ich sah ihn verwirrt an.

>> Nein, warum? <<

>> Du gibst mir das Gefühl. <<, antwortete er. >>Und du siehst mich nicht gerne an. <<

>>Ähm?...<<, stotterte ich und sah zu Boden. Dann sah ich ihn wieder an.

>> Wie kommst du darauf? <<, fragte ich.

>> Du gibst mir das Gefühl. <<

>> Schon klar. Das Gefühl. <<, wiederholte ich ironisch und verdrehte dabei die Augen.

Er grinste mich an.

>> Es ist nur so... <<, fing ich an. >> Du starrst mich schon die ganze Zeit über an und damit meine ich nicht nur jetzt gerade, sondern auch schon gestern und heute. Und du starrst mich nicht an wie ein normaler starren würde, sondern eher wie ein Verrückter Starrer der irgendwie zu intensiv starrt, meiner Meinung nach. <<, gab ich zu und versuchte ihn einigermaßen wahrheitsgemäß anzulächeln, doch ich hatte das Gefühl, dass es mir nicht wirklich gelang.

Plötzlich fing er an zu lachen und sah weg. Ich konnte nicht anders und musste leicht grinsen.

>> Was ist? <<, fragte ich irritiert. Ich hatte angenommen, dass er beleidigt sein würde.

Er holte tief Luft und sah mich an. Doch diesmal erreichte sein Grinsen auch seine Augen. Sie strahlten förmlich.

>> Das ist also wirklich das was du von mir hältst? <<, sagte er grinsend. >> Zu viele Starrer und starrst und starren in deinem Satz, findest du nicht? <<

Dann fing er wieder an leise vor sich hin zu lachen und strich sich dabei die hellblonden Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ich betrachtete ihn dabei und dachte mir Idiot, während ich weiterhin lächelte.

>> Jetzt hältst du mich wahrscheinlich für einen stalkenden Psychopathen. <<, sagte er lachend und sah mir dabei in die Augen. Einen Augenblick lang glaubte ich etwas Ernstes in seinen Augen zu sehen, doch ich war mir nicht ganz sicher.

>> Nein. <<, erwiderte ich schließlich. >> Aber für einen komischen Typen, der mich die ganze Zeit über beobachtet. <<

>> Auf jeden Fall besser als ein stalkender Psychopath. <<, gab er grinsend zurück.

Ich nickte und lächelte ihn an.
>> Das Lächeln steht dir. <<, sagte er plötzlich und sah mir dabei direkt in die Augen. Ich stutze und sah ihn verwundert an.

>> Keine Sorge, das sollte keine Anmache sein. Ich sage doch nur die Wahrheit. <<, erklärte er. Ich sah ihn trotzdem weiterhin so komisch an.

>> Wir sind da. <<, sagte er schließlich und blieb stehen.

Ich sah mich um. Tatsächlich. Wir standen vor meiner Haustür.

>> Na dann...ähm..danke..<<

>> Wofür? <<, fragte er.

>> Wegen dem Kompliment. << Er ging gar nicht darauf ein.

>> Wieso denkst du eigentlich, dass ich ein Idiot bin? <<

>> Das habe ich nie behauptet. <<, antwortete ich verwundert.

>> Nicht? <<

>> Nein. <<

>> Ich könnte schwören, du hast mich Idiot genannt. <<, sagte er nachdenklich und grinste dabei schief.

>> Und ich könnte schwören, dass ich das nie behauptet habe. <<, gab ich zurück. Aber gedacht habe ich' s, dachte ich mir und grinste dabei innerlich. >> Ich geh dann mal rein. <<

>> Klar. Sorry. Wollte dich nicht aufhalten. <<

>> Nein...ich... Nein. <<, stotterte ich. >> Wir sehen uns dann... <<

>> Ja...morgen. <<, erinnerte er mich.

>> Gut. Dann...bis dann. <<, verabschiedete ich mich und schloss die Tür auf, damit ich endlich rein konnte. >> Ciao. <<, hörte ich ihn sagen, doch ich drehte mich nicht noch mal zu ihm um, sondern ging ins Haus.

>> War schön dich kennenzulernen. <<, hörte ich ihn noch flüstern. Und bevor die Tür ins Schloss fiel, machte ich sie wieder auf um etwas zu erwidern, aber er war nicht mehr da. Ich sah kurz auf die Straßen, doch er war nirgends zu sehen. Komisch, dachte ich mir und schloss dann die Tür.
***

>> Kim?! Bist du noch nicht wach? Du kommst zu spät zur Schule! <<, schrie meine Mom durch meine abgeschlossene Tür und hämmerte dagegen.

>> Schon gut! <<, rief ich schläfrig und fragte mich ob ich zur Schule gehen sollte oder nicht.
Ich hatte mich noch nicht daran gewöhnen können so früh aufzuwachen. Das war der reinste Horror!

Soll ich zur Schule gehen oder nicht?, dachte ich mir und zog die Decke bis zu meinem Kinn...

>> Kim! Verdammt noch mal! Wach jetzt auf! Ich fahre gleich zur Arbeit! <<

Ich schreckte auf und fiel halb aus meinem Bett. Ich rappelte mich auf und sah auf die Uhr.

Verdammt, dachte ich mir und rannte ins Bad. Ich wusch mir schnell das Gesicht und überlegte immer noch, ob ich lieber zu Haus bleiben sollte oder nicht. Plötzlich tauchten zwei hellblaue Augen in meinen Gedanken auf... Ich würde Bryan sehen...

Ich schüttelte den Kopf um die Bilder die auftauchten, aus meinen Gedanken zu verbannen und überlegte mir gleichzeitig was ich anziehen sollte.

Ich hatte meine Jogginghose und meinen Lieblingspulli an und zum Umziehen blieb mir keine Zeit. Was soll' s, dachte ich mir, packte meine Tasche und rannte die Treppen herunter. Schnell zog ich meine Chucks an und schlüpfte in meine Jacke, während ich versuchte meine Haare zusammenzuknoten und die Tür zu öffnen. Ich hatte noch fünf Minuten bis der Unterricht anfing.

Erst als mir die kalte und frische Luft entgegen wehte, wurde ich so richtig wach. Ich band mir die Haare zu einem Zopf und fing an in einem schnellen Tempo zu laufen, als plötzlich er neben mir auftauchte. >> Guten Morgen. <<, begrüßte er mich verschmitzt lächelnd.

Ich starrte ihn kurz unfreundlich an und sah dann wieder weg.

>> Dann also schlechter Morgen? <<, fragte er grinsend.

>> Ich habe meine Meinung geändert. <<, sagte ich grimmig. >> Du bist ein stalkender Psychopath. <<

>> Das tut weh zu hören. <<, sagte er mit gespielter Trauer und verkniff sich ein Lächeln, während er traurig drein blickte.

>> Ist doch super. <<

>> Ich finde das Leben ist zu kurz um so griesgrämig zu sein. <<, sagte er plötzlich.

Wie weise, dachte ich mir. Ich wusste gar nicht warum ich ihn so unfreundlich behandelte. Vielleicht lag es daran, dass ich mich von ihm verarscht fühlte oder es mich störte, dass er mich im Klassenzimmer dauernd anstarrte anstatt mich darauf anzusprechen, dass er mich schon durch diese komische Umfrageaktion kannte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich seit drei Tagen unter starken Kopfschmerzen litt. Mir kam es sogar so vor als würden sie in seiner Anwesenheit noch schlimmer werden.

>> Ich finde das Leben ist zu lang. Es dehnt sich übertrieben aus. <<, erwiderte ich um ihn zu provozieren.

>> Soll ich darunter verstehen, dass du so schnell wie möglich sterben möchtest? <<

>> Warum denn auch nicht? <<, murmelte ich während ich meine Schläfen massierte. Vielleicht hätte ich doch lieber zu Hause bleiben sollen.

>> Schade, du bist so jung und doch schon so pessimistisch. <<, sagte er dramatisch und sah schauspielerisch in die Ferne.

>> Interessante Antwort, wenn man bedenkt, dass du ungefähr genauso alt bist wie ich. <<, gab ich bissig zurück. Diese verdammten Kopfschmerzen!

Er antwortete nicht, sondern grinste mich nur wissend an. Er grinste so als hätte ich etwas Wichtiges übersehen. Als ob ich etwas völlig Absurdes gesagt hätte.

>> Wieso grinst du mich so an? <<, fragte ich ihn etwas gereizt. Was war los mit mir? Ich war doch sonst nie so...aggressiv. >>Stimmt doch was ich sage. <<

>> Wenn du meinst. <<, antwortete er und sah geradeaus. Das Lächeln auf seinen Lippen blieb.

Ehrlich gesagt fühlte ich mich ziemlich verarscht von ihm.

Ach scheiß drauf, dachte ich mir und sah ebenfalls stur geradeaus. Wir waren nur ein paar Schritte von der Eingangstür der Schule entfernt. Mir war gar nicht aufgefallen, dass er im selben Tempo wie ich lief ohne außer Atem zu bleiben. Denn ich war ziemlich schnell gelaufen. Ich merkte wie er mich von der Seite ansah.

>> Diesmal keine Röhrenjeans? <<, stellte er fest. >> Und deine Haare sind zusammengebunden? Was ist passiert Britney? Bist du auf den Kopf gefallen? <<, fuhr er amüsiert weiter.

>> Nein, ich habe verschlafen. <<, antwortete ich gereizt und sah ihn grimmig an. Er grinste mich schief an. >> Dafür siehst du aber ziemlich gut aus heute. <<, sagte er.

Ich sah ihn skeptisch an. Seine hellblauen Augen funkelten erwartungsvoll.

>> Ähm... Danke. <<, brachte ich mühsam heraus und streckte meine Hand nach der Türklinke aus, um das Schulgebäude zu betreten. Doch bevor es mir gelang, sprang Bryan eilig vor und hielt mir dir Tür auf. >> Danke du wanna be Gentleman. <<, sagte ich böse grinsend und betrat das Schulgebäude.

>> Immer wieder gern, Euer Hoheit. <<, erwiderte er ebenso grinsend. Ich funkelte ihn drohend an, er jedoch grinste mich bloß schief an und verbeugte sich vor mir, als wäre ich eine Königin.

>> Lass den Blödsinn. <<, sagte ich.

>> Jawohl, Euer Hoheit. <<, erwiderte er und lief neben mir her.

Genau in dem Moment als wir das Klassenzimmer betraten, klingelte es.

>> Wo ist denn dein Ordner? <<, fragte mich Byran grinsend.

Erst da wurde mir klar, dass er noch zu Hause irgendwo herumlag. >> Verdammt! Ich hab ihn zu Hause vergessen. <<

>> Setzt euch bitte alle hin liebe Leute, der Unterricht fängt jetzt an. <<, verkündete unsere Englischlehrerin, als sie sich auf ihren Lehrerstuhl setzte.

Nachdenklich lief ich an meinen Platz. Als ich aufblickte sah ich, dass Bryan mir zuzwinkerte und sich an seinen Platz setzte. Hoffentlich starrt er mich wenigstens heute nicht so an, dachte ich mir und setzte mich schließlich hin.

>> Diesmal bist du diejenige die zu spät kommt. <<, begrüßte mich Laura grinsend. Sie sah immer noch müde aus. Was trieb das Mädchen bloß?

>> Sieht so aus. <<, erwiderte ich und packte meine Englischsachen aus.

Nach 90-minütiger Langeweile, klingelte es endlich zur Pause. Schnell packte ich meine Sachen ein und machte mich auf den Weg nach draußen. Ich öffnete die Tür und verließ das Schulgebäude, um nach Hause zu marschieren und meinen Ordner zu holen, den ich für die letzten beiden Stunden brauchte. Ich würde garantiert noch einen Schal und Handschuhe mitnehmen.

>> Was dagegen wenn ich mitkomme? <<, ertönte Bryans Stimme hinter mir.

>> Da du auch wenn ich ja sage, mitkommen wirst bleibt mir ja wohl keine andere Wahl oder? <<

>>Stimmt. <<, sagte er selbstsicher und lächelte mich verschmitzt an. >> Da ich ja jetzt weiß wo du wohnst...hast du da keine Angst, dass ich dich dauernd heimsuchen könnte, weil ich ja ein stalkender Psychopath bin? <<

>> Nein. Und weißt du auch warum? << Er sah mich fragend an. >> Weil du schon vorher wusstest wo ich wohne. Wegen der dummen Umfrage die du machen musstest. <<

Seine Gesichtsmuskeln spannten sich ein wenig an und sein Blick wurde härter, doch das Lächeln auf seinen Lippen blieb. Plötzlich grinste er. >> Ach das hast du dir gemerkt ja? <<, fragte er als wäre er überrascht. Trotz des Grinsens war sein ernster Blick nicht verschwunden.

>> Ich bin keine Fliege die jede Sekunde alles vergisst. <<, antwortete ich. Meine Kopfschmerzen hatten ein wenig nachgelassen, vielleicht benahm ich mich deshalb etwas freundlicher ihm gegenüber.

>> Stimmt. <<, sagte er trocken. >> Und die Umfrage war nicht dumm! Sie war etwas ganz Wichtiges für unsere Gesellschaft! <<, fügte er sarkastisch hinzu und grinste wieder.

Ich erwiderte sein Grinsen und hasste mich dafür. Er sollte nicht denken, dass ich interessiert an ihm war. Ganz im Gegenteil. Er nervte mich zu Tode...irgendwie...

>> Wow! Du kannst ja grinsen! <<, rief er lauthals.

>> Aber nicht so falsch wie du. <<, konterte ich.

>> Au! Das hat jetzt weh getan. <<, erwiderte er gespielt traurig und legte seine Hand mit einer übertriebenen Geste auf seine Brust.

>>Yuhu!<<, freute ich mich gespielt.

>> Warum so gemein, Euer Hoheit? <<

>>Nicht schon wieder...<<

>> Wir sind nun an Eurem Palast angekommen, Euer Hoheit. Mein Dienst endet hier. Brauchet Ihr mich noch? <<, fragte er grinsend.

>> Ganz sicher nicht. <<, giftete ich. >> Und lass das mit dem Euer- Hoheit-Quatsch. <<

>> Jawohl Euer Majestät. <<, erwiderte er grinsend.

Ich kramte meinen Schlüssel heraus und ignorierte ihn dabei. Als ich die Tür aufschloss stand er immer noch hinter mir, aber sagte nichts. Ich wollte mich eigentlich nicht zu ihm umdrehen, doch ich tat es. Aus welchem Grund auch immer.

>> Warum? <<, fragte ich schließlich. Er sah mich etwas verwirrt an.

>> Warum du in der Schule nicht auf mich zugekommen bist wie ein normaler Mensch das tun würde und gesagt hast, dass du mich von der Umfrageaktion kennst? <<, erklärte ich.

Sein Gesichtsausdruck wurde ernst. Er senkte seinen Blick ein wenig und blieb still.

Ich wartete auf eine Antwort und zwar ziemlich lange meiner Meinung nach, doch als es mir zu blöd wurde drehte ich mich um, um ins Haus hereinzugehen als er plötzlich doch was sagte.

>> Ich hätte nicht gedacht, dass du dich an mich erinnern würdest. Deshalb. <<, antwortete er.

Irgendwie spürte ich, dass es die Wahrheit war.

>> Und warum hast du mich dauernd so komisch angestarrt? <<

>> Weil ich damit erzeugen wollte, dass du dich an mich erinnerst. <<, erklärte er. Seine Mundwinkel hoben sich zu einem leichten Lächeln.

>> Wie wär' s damit, dass du zu mir gekommen wärst und mich darauf angesprochen hättest? <<

>> Ging nicht. <<

>> Wie? - Ging nicht? <<

>> Also Euer Majestät, die Pflicht ruft. Ihr müsst nun in die Schlacht ziehen um Euren geliebten Ordner zu finden. Ich werde hier über Euch wachen damit Euch niemand angreift. <<

Ich funkelte ihn grimmig an und ging ins Haus, auch wenn mir bewusst war, dass er von meiner Frage ablenken wollte.

Ich rannte die Treppen hoch, schnappte mir meinen Ordner, der auf dem Tisch lag und zog dann meine cremefarbenen Handschuhe an. Kurz bevor ich das Haus wieder verließ, nahm ich meinen Schal vom Kleiderhaken und band ihn mir um den Hals.

>> Wenn Ihr Euch wärmen wolltet, warum habt Ihr Euch nicht umgezogen? <<, fragte Bryan als ich die Verandatreppen herunter lief.

>> Weil ich keine Lust habe und ich mir völlig sicher bin, dass mir mein Schal und meine Handschuhe reichen werden. <<, antwortete ich.

>> Lass mich das tragen. <<, bat er und meinte damit den Ordner.

>> Danke, aber es geht schon. Das Ding ist ja nicht schwer. Was denkst du warum ich meine Handschuhe angezogen habe? <<

>> Ist doch egal. Deine Hände werden sich mit deinen Handschuhen zusammen noch wohler in deiner Jackentasche fühlen. <<

>> Bryan. Wirklich. Danke. Aber es passt schon. <<

Er sah mich herausfordernd an und ich hielt seinem Blick stand, bis er anfing zu lachen und seine hellblonden Strähnen wieder in sein Gesicht fielen. Er wandte den Blick von mir ab und sah geradeaus, während er sich durch die Haare fuhr und lächelte.

>> Weißt du...nicht viele können das. <<, sagte er lächelnd.

>> Was denn? <<, fragte ich.

>> Das mit dem Augenkontakt. <<, antwortete er und sah mir dabei in die Augen. >> Viele wenden ihren Blick wieder ab und zwar ziemlich schnell. <<

>> Ach echt? Warum denn? <<

>> Weil sie finden, dass meine Blicke sie durchbohren würden. <<

>> Es stimmt schon, dass du Leuten mit einer sehr starken Intensität in die Augen siehst, doch so schlimm find ich das auch wieder nicht. <<, meinte ich ganz gelassen.

>>Dann bist du wohl die Einzige. <<, sagte er grinsend. Ich lächelte ihn an.

>> Woher willst du überhaupt wissen, was die Leute über deine Blicke denken? Fragst du sie im Nachhinein? <<, fragte ich grinsend.

>> Nein. Sie sagen' s mir im Nachhinein. <<, antwortete er schief grinsend.

>> Sicher? Nicht dass du es dir einbildest. <<, neckte ich ihn.

Er sah mich lächelnd an und fuhr sich wieder durch die Haare.

Der Unterricht hatte noch nicht begonnen als wir ankamen. Wir redeten noch ein bisschen miteinander, bevor wir uns auf unsere Plätze setzten. Ich packte meine Sachen für die nächste Stunde aus. Als ich mich umdrehte, sah ich wie Bryan mir zuzwinkerte während er an mir vorbei schlenderte und das Klassenzimmer verließ. Ich reagierte nicht wirklich darauf, weil ich fand dass ich für heute schon genug nett gewesen war. Ich wollte wirklich nicht, dass er dachte ich würde mich für ihn interessieren.

Ich bemerkte, dass ich mein Buch noch nicht ausgepackt hatte und kramte in meiner Tasche herum. Als ich aufblickte stand ein attraktiver, gebräunter Junge mit pechschwarzen Haaren vor mir, der großgewachsen war und eine schöne reine Haut hatte. Seine exotisch geformten schwarzen  Augen hatten einen finsteren Blick angenommen und seine deutlich herausstechenden Wangenknochen stachen noch mehr heraus als er sie anspannte. Es war Jack.

>> Wenn ich du wäre, würde ich mich nicht mit ihm anfreunden. << sagte er finster und musterte mich...so...wütend? ...Ich konnte seinen Blick nicht deuten. >> Lass dir das gesagt sein. <<, fügte er noch hinzu und lief wieder zurück an seinen Platz.

Verdattert saß ich da und fragte mich, ob ich in einen falschen Film gelandet war.

Was war das denn?, fragte ich mich innerlich und fühlte eine Wut in mir aufkochen, die langsam hochstieg und mich zu ersticken drohte. Ich hätte ihn am liebsten geschlagen. Was ist bloß los mit mir? Ich wurde doch nie so schnell wütend?

Bevor ich zu ihm laufen und ihn zur Rede stellen konnte, kam der Lehrer herein und begann mit dem Unterricht. Bryan kam ein paar Minuten später und entschuldigte sich kurz, dass er auf der Toilette gewesen sei und setzte sich dann wieder auf seinen Platz. Im Vorbeigehen lächelte er mir verschmitzt zu, doch ich tat so als hätte ich es nicht gesehen.

Ich konnte mir schon vorstellen, wie er mich von hinten beobachtete und sich fragte warum ich ihn ignorierte. Er war ja nicht blöd.
***

>> Endlich frei! <<, rief Laura fröhlich als der Gong läutete und wir das Klassenzimmer verließen.
Die letzten vier Schulstunden waren, zu meinem Pech, sehr langsam vergangen. Wahrscheinlich ging es Laura genauso, was der Grund für ihre Freude war.

In der zweiten Pause, war ich Bryan aus dem Weg gegangen. Es war ja sowieso nicht geplant gewesen, dass wir die Pause zusammen verbrachten. Ich war wieder mit den Mädels zusammen gewesen. Das hätte er sich ja wohl denken können. Also kein Grund sich mies zu fühlen.

Ich verließ das Schulgebäude und machte mich auf den Weg nach Hause. Ich war gerade mal paar Schritte gelaufen als ich merkte, dass mein Ordner mir fast aus der Hand rutschte, weshalb ich versuchte ihn unter meinen Arm zu klemmen. Doch plötzlich rutschte ich selber aus, wobei der blöde Ordner mir aus der Hand fiel und es mir so vorkam als würde ich alles in Zeitlupe sehen. Nach einem Bruchteil der Sekunde, in der ich hätte auf dem Boden aufschlagen müssen, fragte ich mich warum ich nicht bereits auf dem Boden lag. Erst da wurde mir bewusst, dass mich jemand von hinten festhielt.

Ich spürte, dass ich mich mit der rechten Hand am schneebedeckten Boden abstützte und mit der anderen, die Finger in den Arm der Person krallte die mich festhielt.

>> Alles in Ordnung? <<, fragte mich eine ernste Stimme.

>> Ähm... Ja. Danke. <<, murmelte ich und versuchte mich wieder aufzurichten.

>> Warte ich helfe dir. <<, sagte der Junge. Er verstärkte seinen Griff an meiner Taille und stützte mich.

Dann, als er sich sicher war dass ich ohne Hilfe stehen konnte, ließ er mich los. Ich drehte mich zu meinem Retter um und sah in sein besorgtes und gleichzeitig ernstes Gesicht. Es war Jack. Er blickte wie immer finster drein, doch diesmal lag etwas anderes in seinem Blick. Ich konnte es aber nicht deuten.

>> Danke...nochmals. <<, murmelte ich wieder. Ich fühlte mich irgendwie peinlich berührt, ich wusste aber nicht warum.

>> Nichts zu danken. <<, erwiderte Jack. Er hatte eine raue, aber gleichzeitig sanfte Stimme. Einer dieser Stimmen denen man stundenlang zuhören konnte, ohne dass es einem auf die Nerven ging.

>> Und die hier <<, sagte er und zeigte dabei auf meine Chucks >> solltest du lieber im Winter nicht anziehen. <<

>> Ich...ähm...ja. Du hast recht... <<, bejahte ich und bemerkte dabei wie er mich mit seinen pechschwarzen Augen fixierte.

>> Ich hoffe du begehst den Fehler nicht nochmal. <<, erwiderte er streng.

Soll das ein Witz sein?, dachte ich mir wütend. Lächeln schadet nicht, weißt du.

>> Klar. Ich kauf mir sofort  Winterstiefel und das nur aus dem Grund, weil du mir gesagt hast ich soll im Winter keine Chucks mehr anziehen.<<, gab ich barsch zurück. >> Danke und so,<<, fuhr ich wütend fort >> weil du mich aufgefangen hast. Bin dir was schuldig, aber hey ich hatte dich nicht darum gebeten. Und deinen dummen Kommentar kannst du wieder einstecken. Erst machst du so 'ne Szene im Klassenzimmer und jetzt das! Sag mal, willst du mich verarschen?! << Ich drehte ihm mit diesen Worten den Rücken zu und stampfte davon. Ich versuchte dabei einen selbstsicheren Abgang hinzulegen, während ich darauf achtete nicht nochmal auszurutschen.

>> Du hast was vergessen. <<, hörte ich Jack nach ein paar Schritten rufen. Ich ging nicht darauf ein und lief einfach weiter, bis ich bemerkte, dass ich meinen Ordner nicht bei mir trug.

Ich schlug mir wütend mit der Hand leicht auf die Stirn und drehte mich um, um ihn zu holen.

>> Starker Abgang, aber hat nichts gebracht. <<, sagte Jack während er vor mir stand und mich ernst ansah. Mir fiel auf, dass er eine tiefe etwas helle Narbe hatte, die sich, von knapp über seinem linken Auge, bis zur Augenbraue hochzog. Die Narbe hob sich von seiner braunen Haut ab und bildete somit einen Kontrast. >> Denn ich habe deinen Ordner. <<, fuhr er fort. >> Hier. <<

Er reichte mir meinen Ordner und zog dann von dannen, während ich ihm mit wütendem aber auch schuldigem Blick hinterher sah.

Oh mein Gott, wie dumm bin ich eigentlich?!

Nach einigen Sekunden des hinterher Starrens, setzte ich meinen Weg fort und klemmte mir den blöden Ordner unter den Arm, weil er nicht in die Tasche passte.

Meine Hände waren wiedermal blaugefroren, weil ich meine Handschuhe nicht mehr finden konnte. Ich erhöhte mein Tempo, da ich keine Lust mehr hatte in dieser scheißkälte zu frieren, während ich mir Gedanken darüber machte, ob ich meine Zehen je wieder spüren würde.

Als ich endlich ankam und mit zittrigen Händen versuchte den Schlüssel in das Schloss zu stecken, hörte ich jemanden die Verandatreppen heraufkommen. Abrupt drehte ich mich um.

>> Du... hast die hier liegen lassen. <<, sagte Jack mit einer ernsten Stimme und sah mir dabei direkt in die Augen. Er hielt in der Hand ein Paar cremefarbene Handschuhe.

>> Bist du mir etwa gefolgt? <<, fragte ich schockiert.

>> Was denkst du wie ich jetzt hier vor dir stehe? <<

>> Warum hast du mich nicht auf halbem Wege angesprochen? <<

>>Weil..ich...<<,  stotterte er und sah andauernd weg.

>> Na toll noch so ein Stalker...<<, murmelte ich leise und machte mich wieder am Schloss zu schaffen.

>> Willst du die hier denn nicht? <<, fragte er behutsam.

Wieso war er plötzlich so nett? >> Oh. Ja. Danke. <<, antwortete ich unfreundlich und nahm sie entgegen. >> Starker Abgang, aber hat wohl nichts gebracht. <<, zitierte ich ihn und zog dabei eine Augenbraue hoch. Seine Mundwinkel zuckten als wollte er lächeln, doch in letzter Sekunde entschied er sich wohl anders.

>> Ja. So wie' s aussieht. <<

>> Mmm. <<

Stille breitete sich aus.

>> Hör mal, es tut mir leid was ich vorhin gesagt hab... <<, sagte er schließlich. Jack sah mich immer noch mit seinem ernsten und finsteren Blick an, das sich praktisch fast in meine Seele bohrte. Er sah mich so an, als hoffe er etwas in meinen Augen zu finden.

>> Kein Ding. <<, antwortete ich nach ein paar Sekunden.

Daraufhin nickte er bloß, kehrte mir den Rücken zu und ging. Obwohl er eine feste elegante Jacke anhatte, konnte man von hinten sehen wie sich seine Rückenmuskeln darunter abzeichneten, was zugegeben sehr attraktiv wirkte. Sein aufrechter Gang gab ihm den letzten Schliff.

Ich sah ihm noch ein paar Sekunden hinterher und öffnete dann endlich die Tür.

Im Haus war es schön warm und ich hörte, dass jemand in der Küche war.

>> Mom? <<, rief ich.

>> Ich bin hier. <<, kam es aus der Küche.

Ich lief in die Küche und erkannte meine Mutter nicht wieder. Sie kochte und das auch noch mit einer Schürze.

>> Du kochst? <<, fragte ich. Doch es war eher eine Feststellung.

>> Ja. Wie du siehst. <<, antwortete sie fröhlich. >> Na wie war die Schule so? <<

>> Ganz okay, aber...du kochst? <<

>> Ach Kimmy, ich vergifte uns schon nicht! <<

Kimmy?, dachte ich mir verblüfft. >> Wo ist meine Mom und wer sind Sie? <<, fragte ich in einem ernsten Ton. Sie lachte kurz und rührte das Essen weiter.

>> Wie du weißt war ich ja für fast zwei Tage weg. Ich habe mich an einem Kochkurs angemeldet und wollte dich damit überraschen. <<, erklärte sie.

Ihre plötzliche Fürsorge brachte mich aus dem Konzept, sodass ich einfach nur da stand und nicht wusste was ich sagen sollte.

>> Das...ist toll Mom. <<, brachte ich schließlich heraus.

>> Danke! <<, rief sie grinsend und holte dabei irgendwas aus dem Kühlschrank.

>> Ich geh kurz hoch in mein Zimmer, okay? Ich erledige meine Hausaufgaben, aber wenn du Hilfe brauchst... <<

>> Nein, nein! Geh ruhig. Ich rufe dich dann wenn ich fertig bin. <<, sagte sie fröhlich.

>> Okay. Na dann. <<

Ich lief hoch in mein Zimmer und warf den dummen Ordner, der mir unnötige Ereignisse eingebrockt hatte, auf den Tisch und zog dann meine Schuhe aus. Meine Socken musste ich leider auch wechseln, da sie pitschnass waren. Genervt packte ich meine Tasche aus und erledigte meine Hausaufgaben.

Als ich fertig war, fragte ich meine Mutter wie lange sie noch brauchen würde. Anscheinend würde es noch etwas dauern, weshalb ich entschied unter die Dusche zu gehen.

Ich ging ins Badezimmer und ließ das Wasser laufen bis es warm wurde.

Ich sehe müde aus, dachte ich mir als ich mein Spiegelbild betrachtete. Als ich an den Spiegel näher heranging sah ich, dass das Braun in meinen Augen einem dunklen Rot gewichen war, das meine Pupillen bis jetzt nur ganz dünn umrandet hatte. Meine Augenfarbe hatte also an Rot zugenommen. Aber warum? Und wieso war das bis jetzt keinem aufgefallen?

PS: Voten und kommentieren nicht vergessen, please! :D :*

Continue Reading

You'll Also Like

629K 36.7K 89
"Der dunkle Mond bringt die Wende, sorgt für den Anfang, oder unser Ende" Lillith- ein ganz normales Mädchen... dachte sie jedenfalls. Von einen Tag...
45.7K 3.6K 61
Als die junge Heilerin Rûna von ihrem Dorf als Götteropfer über den Rand einer Klippe gestoßen wird, hat sie bereits mit dem Leben abgeschlossen. Ver...
1.6K 117 17
Aggressiver skandiiii 🥷🏼🎀
415K 35.2K 199
Das Königreich Adaron ist bereits seit geraumer Zeit das Mächtigste der vier Lande. Seine ruhmreiche Ära hat es unter anderem seinen talentierten Mag...