Liebe stirbt nicht!

By ElliElzbett

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-Wird überarbeitet- Wie viel würdest du aufgeben um deine Familie zu beschützen? Vor dieser Frage steht der... More

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2. Kapitel
3. Kapitel
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5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
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36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
Epilog
Danke!

39. Kapitel

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By ElliElzbett

Luke's P.o.V.

Ein Zimmer bestand bloß aus einem Boden, einer Decke, meist vier Wänden und ausgewählten Möbelstücken. Alles Dinge materieller Art. Wieso gelang es mir also nicht, das Schlafzimmer meiner Mutter zu betreten? Wahrscheinlich aus Angst ich würde zusammen brechen. Bis jetzt hatte ich mich gut gehalten, ich bemühte mich stark zu sein und die Seifenblase intakt zu halten. Trotz allem fühlte es sich komisch an, dass ich noch nicht geweint hatte, ich fühlte mich als würde ich sie verraten indem ich nicht richtig um sie trauerte. Dabei hatte ich doch einfach nur Angst, dass ich nicht mehr aufhören könnte, wenn ich erst einmal damit angefangen hätte. Ich hatte Angst, dass ich zusammen brechen und nicht mehr aufstehen würde.

Es war Mittwoch. Ich hatte nichts mehr von Zack oder meinen Freunden gehört. Ob sie mich wohl hassten? Ich wusste nicht einmal, ob sie wussten dass meine Mutter gestorben war. Ich vermutete jedoch schon. Was Neuigkeiten anging war Neuendorf ein absolutes Kaff. Ich hatte Angst was passieren würde, wenn ich sie alle morgen wiedersehen würde. Ich hatte beschlossen morgen wieder in die Schule zu gehen, ich durfte mir nicht meine Noten versauen, außerdem brachte es nichts zuhause herum zu sitzen und Löcher in die Luft zu starren. Auch Mia und Caro hatten zugestimmt morgen wieder den Alltag in Angriff zu nehmen. Es fiel uns allen schwer und es war ein komisches Gefühl einfach ohne sie weiter zumachen, als hätte sie nie existiert, aber wir wussten auch, dass sie gewollte hätte, das wir weiter machten.

Heute würde ein Angestellter des Bestattungsunternehmens kommen um alles für die bevorstehende Beerdigung zu regeln. Ich hatte keine Ahnung wie man eine Beerdigung plante, geschweige denn wie ich sie bezahlen sollte. Meine Mutter hatte kein Erspartes oder irgendwelche Notgroschen. Das Einzige das sie in ihrem Testament erwähnte war, dass sowohl unser kleines Häuschen als auch das Sorgerecht meiner Geschwister an mich übergehen sollte. Ihre Lebensversicherung hatte gerade gereicht um die ausstehende Hypothek die auf unser Haus liefen, zu bezahlen. Meine Mutter hatte die Hypothek damals aufgenommen, da sie dringend das Geld für die Behandlung des Krebses benötigt hatte. Die Krankenkasse hatte sich geweigert zu bezahlen, plädierten das es sich um eine neuere und kostspieligere Methode handelte deren Wirksamkeit noch nicht eindeutig bewiesen wäre. Die Dreistigkeit die diese Menschen teilweise an den Tag legten war nicht mehr zu toppen.

Doch was brachte es mich darüber jetzt noch aufzuregen? Jetzt wo doch alles zu spät war.

Ich wusste nicht viel mit mir anzufangen, so schlenderte ich durch unsere Wohnung, mied dabei diesen einen Raum, dessen Tür seit knapp einer Woche nicht mehr geöffnet wurde. Eigentlich war ich auf der Suche nach Caro, ich wollte sie frage, ob sie später bei dem Gespräch mit dem Bestatter mit dabei sein wollte, jedoch fand ich sie nirgendwo. Lediglich Mia fand ich. Sie saß im Wohnzimmer, kniete vor dem Couchtisch und malte. Dutzende Buntstifte und Blätter hatte sie auf dem kleinen Tisch verteilt. Sie war vertieft in ihr Kunstwerk.

„Was hast du denn da Süße?" fragte ich sie mit rauer belegter Stimme. Sie drehte sich zu mir um, lächelte und hielt mir ihr selbstgemaltes Bild hin. Darauf konnte ich vier gleich große Strichmännchen erkennen. Zwei davon trugen ein Kleid, die anderen Hose und Shirt. Auf der linken Seite war noch ein kleineres Strichmännchen gemalt, auch dieses trug ein Kleid. Doch anders als die Anderen, stand es nicht auf der grünen Fläche am Boden, sondern schwebte in der Luft. In den Händen hielt es einen überdimensional großen Schmetterling, der es anscheinen in die Lüfte trug. In der rechten oberen Ecke hatte sie eine lachende Sonne gezeichnet.

„Das hab ich für Mama gemalt. Guck mal, das bist Du, Caro, Mama und Marco." Sie deutete auf die vier Männchen die nebeneinander in der Mitte des Bildes standen. „Und das hier, das bin ich." Wie vermutete zeigt die auf das kleine fliegende Strichmännchen. „Das ist auf der hübschen Blumenwiese am See. Da wo wir mit Mama waren und ich hingefallen bin, weil der Schmetterling zu schnell war."

„Das hast du wirklich schön gemalt, Kleines." Meine Augen brannten bei der schmerzlich süßen Erinnerung.

„Das war so ein schöner Tag. Mama hat ganz viel gelacht und war glücklich."

„Ja es war wirklich schön." Ein trauriges Lächeln umspielt meine Mundwinkel.

„Luki, ich möchte das Mami dieses Bild bekommt, dann kann sie es sich immer angucken, wenn sie im Himmel ist und wird nie vergessen wie glücklich sie war. Vielleicht zeigt sie es ja auch ihren Freunden, wenn sie im Himmel welche gefunden hat."

„Sie wird es ganz bestimmt nicht vergessen, mein Schatz. Aber wenn du möchtest dann legen wir es zu Mama in den Sarg. Ist das ok?" Sie nickte.

_________

„So Herr West, dann hätten wir es fast geschafft. Nur eine Sache noch. Haben sie schon eine Todesanzeige geschaltet?" Der Mann fortgeschrittenen Alters sah mich fragend an. Eine graue Strähne seines schütteren Haares fiel ihm ins Gesicht, seine Augen waren umrandet von kleinen Fältchen, seine Augen trugen einen ruhigen Braunton. Er war überraschen sympathisch für einen Bestatter, hatte mir alles erklärt und war auf jede meiner Fragen eingegangen.

„Nein, daran habe ich noch gar nicht gedacht." Ebenso wie an fast alle Dinge die rund um den Tod eines Menschen noch anfielen. Zum Beispiel das ich einen Totenschein brauchte damit das Testament in Kraft treten konnte, an die ganzen Verwaltungskosten die zusätzlich noch auf mich zukommen würden, oder daran, dass ich für jeden Tag indem meine Mutter im Leichenschauhaus lag Geld bezahlen musste.

„Das macht überhaupt nichts, Herr West. Wenn sie wünschen dann würde unsere Bestattungsunternehmen auch die Traueranzeige übernehmen." Er lächelte. Sein Lächeln war warm und ehrlich.

„Das wäre mir Recht." Ich nickte dankbar. Ich war so überfordert mit allem. Es gab hunderte von Dingen die ich erledigen musste und alle wuchsen mir über den Kopf. Erst einmal würde ich mich darum bemühen die Beerdigung über die Bühne zu bringen, danach musste ich zum Jugendamt um die Sache mit dem Sorgerecht ein für allemal zu klären und anschließend sollte ich mich nach einem neue Job umschauen. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich meinen Job als Barkeeper los war, nachdem ich am Wochenende ohne Absage einfach nicht erschienen war. Mein Chef war nicht wirklich der verständnisvollste Typ, so wusste ich, dass es nichts bringen würde es ihm zu erklären.

„Gut. Ich würde eine schlichte Anzeige empfehlen. Vor- und Nachname, Geburts- und Strebedatum und wann die Beerdigung stattfindet. Die Daten habe ich ja alle in meinen Unterlagen. Die Anzeige würde sie dann 20 Euro kosten."

Ich schluckte. Es schmerzte das ich meiner Mutter nicht die Beerdigung organisieren konnte die sie verdiente. Sie hatte so viel mehr verdient als in einem schäbigen zwei Hundert Euro Sarg zu liegen. Sie hätte es verdient dass man sie in einem Schloss aus Gold und Marmor beerdigte, gebettet in teuerster Seide.

„Und wie viel würde das eigentlich alles zusammen kosten? Also mit allem Drum und Dran." Mein Atem stockte, ich hatte Angst vor seine Antwort. Was würde ich tun wenn es immer noch zu viel wäre? Wir hatten von allem das Preisgünstigste genommen, so wenig Unkosten wie möglich.

„Die Gesamtkosten belaufen sich auf gut 1400 Euro. Und damit habe ich ihnen einen wirklich guten Preis gemacht, ich hoffe das wissen sie, Herr West."

„Das weiß ich zu schätzen, Herr Maier. Danke."

Es war immer noch zu viel. Alleine würde ich die Kosten nicht bewältigen können. Dann musste ich wohl das tun was ich unter keinen Umständen hatte tun wollen. Ich musste jemanden um Hilfe bitten. Und da kamen nur zwei Personen in Frage. Mein Vater oder meine Großmutter. Jetzt hieß es abwiegen wer das kleinere Übel war.

___________

Das monotone Tuten klang dumpf in meinem Ohr wieder. Ich hoffte innerlich, dass niemand rangehen würde, auch wenn ich wusste, dass dies keine Lösung für mein Problem wäre. Meine Herz schlug einen unregelmäßig schnellen Tackt gegen meine Rippen. Vielleicht reagierte ich über, doch diese Anruf kostete mich viel Überwindung, und noch mehr Stolz. Es dauerte eine halbe Ewigkeit bis sich eine heisere Stimme meldete. „Sie wünschen?"

„Hallo... Großmutter. Ich bin's Luke." Meine Stimme klang nicht halb so sicher wie sie klingen sollte.

„Ach, was für eine Überraschung! Nach Jahren des Schweigens hast du dann doch mal beschlossen dich bei deiner alten Großmutter zu melden. Doch bestimmt nicht ohne Grund. Also spuck schon aus, was willst du?" Ihre Stimme klang wie die aufbrausenden Wellen, die in einer stürmischen Nacht gegen die scharfen und kantigen Klippen donnerten und an ihnen zerbarst. Aufbrausen, Schroff und Kalt. Es fiel mir schwer mich bei dem abweisenden Klang ihrer Stimme an all die schönen Abende zu erinnert in denen mich ihre sanfte, liebevolle Stimme in den Schlaf gesungen hatte.

„Ich wollte wissen wie es dir geht." Es war die Wahrheit. Ich machte mir wirklich Sorgen um sie, immerhin war sie nicht mehr die Jüngste und den Tod des eigenen Kindes steckte niemand so schnell weg. Caro hatte sowohl unseren Erzeuger, als auch unsere Großmutter über den Zustand unserer Mutter am Laufen gehalten und auch über ihren Tod in Kenntnis gesetzt.

Sie schnaubte empört. „Mein einziges Kind ist gestorben. Wie soll es einem da schon gehen?"

„Tut mir Leid. Das war eine dumme Frage." Gab ich kleinlaut zurück.

"Da hast du ausnahmsweise mal Recht." Es herrschte kurze Stille, dann setzte sie erneut an etwas zusagen. „Jetzt aber mal Butter bei die Fische! Nach vier Jahren absoluter Funkstille, während der dich deine gebrechliche Großmutter nicht die Bohne interessiert hatte, meldest du dich urplötzlich nur um dich nach einem Wohlbefinden zu erkundigen? Das kannst du jemand anderem weis machen. Also sag endlich was du wirklich willst, ich hab nicht ewig Zeit." Da ich es war, der etwas von ihr wollte, ließ ich es, sie darauf hinzuweisen, dass sie diejenige gewesen war die keinen Kontakt mehr haben wollte.

„Naja, also wegen der Beerdigung... Der Bestatter war heute da und wir haben alles organisiert, jedoch gibt es ein Problem mit der Bezahlung. Ich habe hoch und runter gerechnet, aber mit meinen noch ausstehenden Lohn und dem bisschen gesparten komme ich nur auf knapp 620 Euro, die Beerdigung würde aber 1400 kosten." Ich wartete gespannt was sie antworten würde.

„Du fragst mich also ernsthaft, ob ich die Beerdigung meiner einzigen Tochter bezahlen würde. Was für eine Frechheit! Ich werde es mir bestimmt nicht nehmen lassen meiner Tochter die letzte Ehre zu erweise. So viel Geld werde ich wohl gerade noch auftreiben können. Immerhin ist es das Einzige, das ich noch für sie tun kann." Ihre Stimme donnerte nur so über mich hinweg. Eingeschüchtert konnte ich nur leise erwidern: „Okay."

„Ich werde das Geld noch heute überweisen, damit du das Bestattungsunternehmen bezahlen kannst." Sie hatte sich wieder ein wenig beruhigt, ihre Stimme für ihre Verhältnisse normalisiert.

„Gut. Bevor ich es vergesse, die Beerdigung findet Sonntag statt. Wenn du willst kann ich Jemanden organisieren der dich holt."

„Nein, nicht nötig." Antwortet sie bloß, dann herrschte wieder Stille. Unbehagliche Stille.

„Bist du eigentlich noch in dieser Phase?" fragten sie überraschend und ich wusste nicht worüber sie sprach.

„Phase? Was meinst du?"

„Na, du weißt schon. Diese ganze Ich-stehe-plötzlich-auf-Männer-Phase."

„Ja." Es würde nichts bringen ihr zu erklären, dass es keine Phase war in der ich mich befand und in welcher ich einfach nur ein wenig mit meiner Sexualität experimentieren wollte. Sie verstand nicht, dass ich schon immer schwul gewesen war und auch immer sein würde. Ich wurde so geboren und ich würde so sterben.

Es wäre leicht ihr Unverständnis auf ihr Alter zuschieben und zu sagen ‚das war nun mal eine andere Generation früher', aber das stimmte nicht. Ich kannte genug ältere Menschen die kein Problem mit Homosexualität hatten.

„Oh." Sagte sie bloß und ich hätte sie am liebsten durch das Telefon gepackt und solange geschüttelt bis sie mich wieder so liebte, wie sie es früher getan hatte. Bedingungslos und einfach weil ich so war wie ich war.

„Gut dann wäre ja alles geklärt."

„Mhm." Stimmte ich ihr zu. „Bis Sonntag."

„Genau."

Ich wollte schon mein Handy vom Ohr nehmen um den Anruf zu beenden, da erhob sie noch einmal das Wort.

„Ach und Luke? Alles Gute nachträglich." Dann war nur noch das konstante Tuten zu vernehmen. Sie hatte aufgelegt.

Ist doch gar nicht so schlecht gelaufen! Sagte mir mein Kopf. Mein Herz sagte gar nichts, es weinte nur stumm vor sich hin.

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