Nemesis - Kronen und Götter

By veracrystall31

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>>Ich weiß, dass ich sterbe, wenn ich den Deal nicht erfülle!>Du weißt gar nichts.<< *2. Teil* Der Handel, de... More

Prolog
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By veracrystall31

Nemesis
Zu nah.
Zu nah zu nah zu nah.

Mein Herz schlug in meinen Brustkorb, als wollte es genauso sehr aus König Allstairs Umklammerung ausbrechen wie ich. Seine Hände waren ein Schraubstock um meine Handgelenke. Ein eiskalter Griff, der mir so vertrau war, dass mir speiübel wurde.
Genauso kannte ich die Schwere seines Körpers, der meinen runterdrückte und den widerlichen Geruch nach Blut, der immer an ihm haftete.

Der König neigte sich von meinem Ohr runter zu meinem Hals, wo er mir einen schmierigen Kuss auf den schmalen Streifen drückte, der vom Kampfanzug nicht bedeckt war.

Bis jetzt war immer der Stoff meines Anzuges oder meiner Handschuhe zwischen uns gewesen. Als ich ihn jetzt aber Haut auf Haut spürte, brannte die Panik in mir endgültig durch.

Mein Sturm entglitt mir wie Sand zwischen den Fingern. Die Wut wurde hinweggespült von dem Grauen, das seine Berührungen in mir auslösten.
Mein Atem war schwach und unregelmäßig.

Ich spürte das kaum merkliche Lächeln an seinen Lippen, als er mit seinem Kuss meinen Hals hinauf über meine Wange wanderte. Knapp über meinen Lippen blieb er stehen. Nur noch Millimeter von ihnen entfernt.

„Du hast versucht etwas anderes zu sein, als du bist. Du hast versucht mehr zu sein, als mein Besitz. Mehr, als nur zum Töten gemacht."
Seine Finger fuhren die Linien meines Kinnes nach. Als ich reflexartig versuchte mich der Berührung zu entziehen, packte er es fest und drehte es zu sich zurück. Fast wäre ein Wimmern aus meinem Mund gedrungen.
„Aber keine Sorge. Ich werde dich in aller Ruhe daran erinnern, wenn wir wieder in Leymalien sind."

Jetzt küsse er mich und mein Magen wurde zu einem eisigen, harten Klumpen. Panik ließ mich erzittern und als er immer fordernder wurde, rann eine einzelne Träne aus meinem Augenwinkel.

Nein. Nein. Nein.

Ich versuchte mich aufzubäumen, auch wenn es vergebens war oder irgendwie meinen Kopf wegzudrehen. Einfach nur irgendwie aus diesem Kuss raus zu kommen, der nichts war, als sein Besitzanspruch auf mich.

„Hör auf dich zu wehren", knurrte der König an meinen Mund und richtete sich auf, um mir eine schallende Ohrfeige mit dem Handrücken zu geben. Dabei bohrte sich sein Siegelring mit dem Wappen von Leymalien in meiner Haut und hinterließ eine blutige Schramme.

Mein Kopf flog zu Seite und Schmerz explodierte an meiner Wange. Willkürlich schnappte ich nach Luft, atmete durch den Schmerz bis ich ihn ausblenden konnte, wie ich es auch mit meinem Bein tat, das den Tentakel abbekommen hatte.

Doch der Schmerz lichtete meine Panik. Riss mich aus dem Nebel. Zumindest für einen Moment.
Ein Moment, der lang genug war, dass mit einfiel, weswegen ich hier war.

Den König berühren. In seinen Geist eindringen. Die Infizierten vernichten.

Langsam drehte ich den Kopf zurück. Zurück zu König Allstairs harten Zügen, den noch immer violett leuchtenden Augen und der Gewalt hinter ihnen.
Ich hatte ihn genau da, wo er sein musste. In meiner Nähe. Da, wo wir uns berühren konnten.

Mein Sturm stieg aus meinem Inneren auf wie ein Phönix aus seiner Asche.
Und mit allem was ich hatte, tastete ich nach der dunklen Magie, die ich in ihn spürte und warf mich ohne nachzudenken gegen sie.

Plötzlich waren wir nicht mehr in der Schlucht. Innerhalb eines Blinzelns hatte sich meine Umgebung verändert, sodass ich eine Sekunde brauchte, um den Wechsel zu realisieren.
Ich war in der Burg.

„Töricht von dir den Kampf in meinen Geist auszulagern"

Ich fuhr herum, wo Allstairs vor den großen Türen des Thronsaals stand, in dem wir uns befanden. Seine Augen leuchteten nicht mehr und sein Mantel war verschwunden. Das hieß, er hatte nur den Kampfanzug und Schwert an sich. Zusammen mit dem goldenen Dolch.

„Wenn ich doch derjenige bin, der über ihn gebietet."

Während ich noch krampfhaft am überlegen war, wie ich von dieser Situation aus seine Infizierten kontrollieren konnte und was zum Teufel hier genau passierte, verformte sich der Thronsaal.

Die Wände rückten auf uns zu, die Decke sank herab und der Boden wurde schmutziger. Es gab keine Fenster, keine Einrichtung. Nur Stein.
Die Kammer, in der er mich folterte.

Allstair stand jetzt nur noch zwei Meter entfernt, als er kalt lächelnd sagte:
„Ich kann deine Erinnerungen hier drin lebendig werden lassen."

Aus dem nichts schossen rechts und links rasselnde Fesseln herbei und rissen meine Arme zur Seite. Die gleichen schlossen sich um meine Füße.

Meine Gedanken rasten und ich überlegte hektisch, während sich die Bilder meiner Vergangenheit mit der Realität überschnitten. Ich sah das, woran ich mich erinnerte. Was war die Erinnerung, was war real?

Lächelnd kam er näher, den goldenen Dolch kreisend in der Hand. Ein Funkeln in den Augen, das ich gehofft hatte, nie wieder zu sehen.

Die Ketten hielten mich an Ort und Stelle und egal wie sehr ich riss, es änderte nichts. Ich war wieder gefangen. Ihm ausgeliefert.
Mit jeden Zentimeter, den er sich mir näherte, schlug mein Herz schneller.

Nein. Ich hatte die ganze Reise bis hierhin nicht ausgehalten, war wiederholt vor ihm weggerannt und hatte mich ihm jetzt gestellt, um verängstigt in Ketten gelegt zu werden.
Das akzeptierte und verdiente ich nicht.

Was auch immer in mir in diesem Moment frei wurde oder was ich gedanklich tat, der Boden unter unseren Füßen brach krachend auf und wir fielen in die Schwärze darunter.

Die Steine der Wände und des Bodens folgten uns, rasten mit uns durch das schwarze nichts.

Allstair fiel ein Stück tiefer als ich und sah mit wutverzerrten Gesicht zu mir auf. Im ersten Moment wollte ich mich ducken oder klein machen, aber ich ignorierte die Stimme seiner Erziehung.

Auch wenn es das letzte war, was ich wollte, neigte ich mich so, dass ich senkrecht auf ihn zuschoss. Sobald ich in seiner Reichweite war, zielte ich mit einem kräftigen tritt gegen seine Rippen. Er fing ihn ab, wodurch wir ins Schleudern gerieten.

Während wir uns drehten, entstand ein wilder Nahkampf, in dem jeder Fäuste ins Gesicht und Rippen einsteckte. Die Orientierung hatten wir beide komplett verloren, aber das war uns egal. Hauptsache der jeweils andere musste leiden.

Irgendwie gelang es mir die Kraft seines rechten Schwingers umzuleiten, um ihn gegen einen der umfliegenden Steine zu schleudern.

Er knallte mit dem Rücken gegen den schweren Brocken, der unter ihm zersplittere. Das Geräusch wurde sofort vom Nichts verschluckt.

Der König knurrte und sah fäusteballend zu mir.
„Das ist mein Geist. Ich entscheide was passiert!"

Schlagartig wurden wir nach unten gezogen und ich knallte hart auf Stein. Noch bevor ich ganz die Orientierung wieder gefunden hatte, rappelte ich mich auf, da wurde ich um die Hüfte gepackt und an eine harte Brust gezogen.

„Du vergisst dich. Es gibt nur einen Platz, der dir zusteht."
Allstairs Atem blies über mein Ohr und sorgte dafür dass meine Muskeln sich anspannten. Ich erstarrte und mein Kopf wurde wieder leer, als erneute Panik in mir empor kletterte.

Die Szenerie um uns bildete sich neu, sodass Leymalier um uns herum tanzten. Die wilde Musik der Bälle hallte durch den belebten Thronsaal, der von hunderten von Fackeln erstrahlte.

Der König wirbelte mich herum und führte mich in die ersten Schritte des Tanzes. Seine Hände eiskalt an meiner Hüfte, die andere um meine Hand drückte gerade so fest zu, dass es meinen Fingern wehtat.

Er hielt mich so eng, dass meine Brust seine berührte. Zwar fanden meine Füße ihren Weg über die Tanzfläche ohne einen einzigen Fehltritt, aber mein Herz raste.

Mein Muskelgedächtnis übernahm das Tanzen, denn genau so hatte er mich bei jeder Feier gehalten. Hatte jedem gezeigt, dass ich ihm gehörte und man nur mit mir spielen konnte, weil er es so erlaubte.

Der König schubste mich in eine Drehung und riss mich wieder zu ihm zurück. Durch den Schwung stolperte ich und fiel regelrecht gegen seine Brust. Kaum hatte ich mich gefangen, zog er meinen Kopf an den Haaren nach hinten und presste seine Lippen auf meine. Gewaltsam drang seine Zunge in meinen Mund und seine kalten Finger gruben sich in meine Hüfte.

Ich konnte nichts gegen die Tränen machen, die seine Hände auf mir auslösten. Nicht, wenn ich das nie wieder hatte erleben wollen.

Er löste sich von mir, Zorn glitzerte immer noch hinter seinen Augen, als er mich gewaltsam nach hinten schubste.

Der König hatte hart genug gestoßen, dass ich fiel. Gleichzeitig veränderte sich unsere Umgebung.

Es war ein anderer Boden, auf dem ich aufschlug. Dieser war rauer, als der des Thronsaals, wenn auch nicht so feucht wie in der Kammer.

Mit schwitzenden Händen stand ich auf und als ich Allstairs Zimmer erkannte, rutschte mir das Herz in die Hose.
Einen Fluchtinstinkt folgend, wollte ich zur Tür rennen, da trat der König vor mich und hielt mich an den Handgelenken auf.

„Du sollst dich gefälligst fügen!", knurrte er, die Augen zwei tote Abgründe, als er mich nach hinten drängte.
Richtung Bett.

Kurz sah ich über die Schulter, auf die weißen Decken, die mir auf übelkeiterregende Weise vertraut waren.
Nein. NeinNeinNein.

Als ich begann, mich gegen ihn zu stemmen - was von der Masse her natürlich Schwachsinn war - zwang er mich nur noch härter nach hinten.

Mit den Kniekehlen knallte ich gegen das Bett und fiel auf die Matratze. Allstair war sofort über mir und nagelte mich mit seinem Gewicht fest, dass ich ein Stück weit einsank. Jeder von uns hatte noch sein schwarze Montur an, aber ich spürte jeden Zentimeter seines Körpers als wären wir nackt.

Er beugte sich bis ganz zu mir runter, dass unsere Gesichter nur Zentimeter voneinander entfernt waren.
„Mittlerweile solltest du gelernt haben, dass jeder Fluchtversuch Schwachsinn ist. Du bist aus der Burg geflohen und kamst zurück. Du bist ein zweites Mal weggerannt und bist jetzt wieder bei mir."
Mit jedem Wort wurde sein Griff um meine Handgelenke fester, dass ich glaubte, er wolle sie mir brechen. Wäre nichts, was er nicht schonmal getan hätte.

„Sieh es ein. Dein Weg führt zu mir, ob du es willst oder nicht. Du bist als Waffe geboren und mehr wirst du nicht sein."

Ich hasste es. Hasste es, dass seine Worte so tief drangen. Wie Messer bis zu meinem Herzen und meiner Lunge, dass es mir das Atmen schwer machte.

Egal wie sehr ich es versucht hatte der Burg zu entkommen, in meinen Träumen war ich immer dort. Der leymalische König lies mich nicht los, suchte mich oft genug auch tagsüber heim.

„Du bist schwach", zischte Allstair, noch immer besitzergreifend an mich gepresst, „Und zu sehr von mir gebrochen, als dass du dich jemals wehren könntest."

Das Bett unter mir verschwand und wir fielen ein weiteres Mal durch die Schwärze, doch Allstair lockerte seinen Griff nicht. Erneut schlug ich hart auf Stein auf, aber es war kein Raum, indem wir uns befanden.

Eher eine Ebene, die sich irgendwann in der Schwärze verlor. Bestehend aus rauem, steinigen Boden, der selbst durch meinen Anzug scheuerte.

Allstair war nicht mehr auf mir, sondern stand neben mir. Doch noch bevor ich mich aufrichten konnte, hatte er sich mit dem Knie schmerzhaft auf meiner Brust abgekniet.

Grob packte er meinen Arm, riss ihn so, dass er zur Seite ausgesteckt war.

„Du kennst das Spiel."
In seiner Hand erschien der verhasste Dolch, der sofort Grauen in mir auslöste. Diese Waffe war mit Schmerzen verbunden. Nie enden wollenden schmerzen.

„Du musst nur aufgeben", säuselte er, „Und dir eingestehen, dass es für dich kein Entkommen gibt."
Während er redete schnitt er ordentlich den Ärmel meines Anzugs auf, ohne die Haut darunter zu verletzen. Als er den Stoff beiseite geschoben und meinen vernarbten Arm freigelegt hatte, setzte er die spitze Klinge an.

Aalglatt lächelnd sah er zu mir herab. Er drückte mir noch immer einen Teil meiner Luft ab, da er sein ganzes Gewicht auf mich verlagerte. Vielleicht hätte ich einen Weg gefunden, ihn runter zu hebeln, aber mein Kopf war wieder leer.
Ich war wieder sein kleiner, schwacher Besitz.

Mein Gesicht blieb regungslos, als ich zu meinem größten Dämon aufsah. Ein Monster, dass jeden meiner Schritte prägte, meine Worte, mein Handeln und mein Denken.
Durch ihn war ich gegenüber Grausamkeit so weit abgestumpft, dass jeder weiterer Mord keinen Unterschied machte. Er hatte meine Hände in Blut getränkt. Mit jeden Tod durch meine Hand, jeder Folter, die ich ausgeführt hatte und jeden Mann, der mich benutzt hatte, ein Teil meiner Seele verkümmern lassen.

Und was war übrig? Ein Körper voller Narben und ein Geist voller Erinnerungen. Eine gefühllose Seele, die sich um den Tod nicht scherte. Die ihr ganzes Leben gerannt war und es immer noch tat.

Der König legte den Kopf schief, das Messer unbewegt auf meiner Haut.
„Also? Gibst du auf?"

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