???, ENGLAND
Es war eine Hütte mitten im Wald. Klein und unscheinbar, niemand würde auch nur ahnen, dass dort jemand lebte. Vermutlich würde so oder so niemand hier unterwegs sein, außer vielleicht mal alle paar Wochen ein Förster.
RM erzählte, dass Jackson eine Weile ebenfalls hier untergetaucht war und ihn keiner fand.
Jeongguk öffnete den kleinen Kasten neben dem Haus, den man vermutlich als stinknormalen Briefkasten verdächtigen würde. Jedoch war er alles andere als nur ein normaler Briefkasten.
Es war ein Sensor.
Gespannt sah Taehyung zu ihm, hoffentlich funktionierte es auch. Wobei Jackson ihre Fingerabdrücke hatte scannen lassen und er meinte es würde somit automatisch genehmigt werden.
Jeongguk hielt den Daumen an den Sensor und sie warteten ab. Doch nichts besonderes geschah - zumindest circa fünf Sekunden lang. Dann ertönte ein leises Piepen und ein Mechanismus der Tür öffnete sich.
Die beiden schauten sich an, bevor sie eintraten.
Jeongguk hielt den Jungen an seinem Ärmel zurück, bevor er ihn beschützend hinter sich schob.
"Vorsicht. ", wisperte er dem Jüngeren noch über der Schulter zu, obwohl Taehyung durch seinen breiten, trainierten Rücken mehr als bloß geschützt war.
Dicht gefolgt von Taehyung trat Jeongguk hinein und inspizierte alles. "Ich überprüfe das Schlaf - und Wohnzimmer, kannst du in Bad und Küche nachschauen?", hakte Jeongguk nach, obwohl er sich bereits sicher war, dass niemand in die Hütte hätte eintreten können.
Taehyung nickte und zweigte dort von Jeongguk ab. Sein erstes Ziel war die Küche, die er erst inspizierte. Frustriert stellte er fest, dass er anders als Gguk keine Waffe oder so zur Verteidigung hatte. Kurzerhand griff er nach einer Bratpfanne und hielt diese fest umschlossen mit beidem Händen angewinkelt, um immer ausholen zu können.
Dann prüfte er jeden Winkel, sowie den kleinen Balkon dort, bevor er ins Bad ging. Und noch während er sich im großen, geräumigen Bad staunend umblickte, hörte er ein Knarzen.
Erschrocken schoss sein Kopf in die Höhe, während das Herz in seiner Brust auf einmal immens zu pochen begann.
Das leise Knarzen, als würde jemand über die Diele schleichen, kam immer näher.
Taehyung schob innerlich Panik und wollte am liebsten nach Jeongguk schreien, doch das wäre mit Sicherheit nicht taktisch.
Somit versteckte er sich intuitiv hinter der Tür und hielt seine Pfanne in Ausgangsstellung so wie Jeongguk es ihm demonstriert hatte - nicht mit einer Bratpfanne, sondern einem Baseball Schläger.
Und tatsächlich, leise knarend öffnete sich die Tür. Taehyung hielt für einen kurzen Moment die Luft an, bevor er sich innerlich wappnete.
Und als die Person die Tür wieder schloss, holte er aus und warf sich in die Richtung. Blind holte er aus und wollte dem Eindringling einen Schlag verpassen -
Doch viel schneller als gedacht wurde seine Hand aufgefangen, bevor er mit voller Wucht gegen die Wand gedrückt wurde, eine Hand an seinem Hals.
"Was zur Hölle? Taehyung!"
Jeongguk!?
Hastig blinzelnd öffnete er die Augen und ein Stein fiel ihm vom Herzen, als er seinen festen Freund entdeckte.
Dieser nahm - genau so überrascht und perplex - ruckartig seine Hand von dessen Kehle und entriss ihm die Bratpfanne.
"Was machst du denn bitte hinter der Türe? Ich dachte du wärst ein Eindringling!"
"Ich dachte du wärst ein Eindringling!", erwiderte Taehyung hastig und blinzelte.
"Wie-wieso bist du so herumgeschlichen?!
"Im Falle, dass jemand hier ist, wollte ich nicht wie ein Elefant stampfen?", Jeongguks Worte klangen wie eine Frage.
Taehyung blinzelte einige Male unschlüssig, bis sich seine Lippen langsam nach oben krümmten.
Und dann brach er leise in einem Lachen aus, genau wie Jeongguk kurz später.
"Ich schätze, dann ist wohl keiner hier.", grummelte er amüsiert.
Dann ließ er seinen Blick besorgt über Taehyung wandern. "Habe ich dir wehgetan?"
Der Jüngere schüttelte den Kopf.
"Aber hätte ich deinen Kopf getroffen, wäre es schlimmer ausgegangen... tut mir leid ich habe Panik geschoben."
Jeongguk küsste nur grinsend seine Schläfe.
"Alles gut... umso besser dass du nicht zielen oder treffen kannst.", scherzte er.
•♟️•♟️•
"Darling. Willst du nicht schlafen gehen?"
Taehyung schüttelte den Kopf, welchen er an Jeongguks Brust gebettet hatte.
Er und Jeongguk saßen vor dem Kamin und wurden erwärmt. Genau genommen saß Tae zwischen den Beinen des Älteren und hatte seinen Kopf an der Brust des anderen abgelegt.
"Ich möchte nicht schlafen."
Jeongguk hatte seine Arme um den Bauch des Jüngeren geschlungen.
"Wieso?", raunte der Ältere ihm ins Ohr. Tae spielte mit den tätowierten Fingern des Mannes herum.
Er zuckte mit den Schultern und ihm entkam nur ein Seufzen.
Jeongguks Lippen geisterten an seinem Hals entlang.
"Erzähl mir wieso, Liebling."
"I-ich hab Angst. Ich möchte nicht schlafen."
Jeongguks Hand legte sich an seine Wange, bevor er dessen Gesicht zu sich drehte.
"Hast du wieder Alpträume?"
Ein schwaches Nicken folgte.
"Es ist schlimmer geworden. U-und ich glaube hier wird e-es noch schlimmer ...", gab er zu.
Seitdem sie wussten, dass Jeon aktiv hinter ihnen her war, hatte er hin und wieder Alpträume gehabt. Nun mit Außnahme der paar male, wo er neben Jeongguk ruhig geschlafen hatte.
Aber da wusste er, dass er in Sicherheit war. Auf einem anderen Kontinent, weit entfernt Jeon. Und beschützt von seinem Onkel und Jeongguk.
Nun war er wieder zurück. Zurück an dem verdammten Ort. Vielleicht nur ein oder zwei Stunden von Jeon mit dem Auto entfernt. In dem verflixten Land, wo man ihm sein scheiss Leben, seine Würde und Ehre genommen hatte. Alle Erinnerungen wurden wieder lebendig, quälend real spielte es sich vor seinem inneren Auge ab.
"Er wird dich nicht finden. Niemand wird dich hier finden.", versprach er dem Jüngeren.
"Nicht solange ich lebe."
Unsicher nickte Tae.
"Lehn dich an mich und schließ einfach die Augen. Du musst nicht schlafen, aber wenn du einschlafen solltest, bin ich hier."
Taehyung schloss die Augen, während er sich an Jeongguks Händen klammerte, die nach wie vor auf seinem Bauch ruhten.
Der Daumen des Älteren strich zärtlich über seinen Handrücken, bis Taehyung irgendwann schläfrig wurde.
♟️•♟️•♟️
"Gguk, wo willst du hin?"
Leise fluchte der Verbrecher vor sich hin als Taehyungs Stimme ertönte.
Mist, er hatte eigentlich gehen wollen, bevor der Jüngere wach wurde.
Die Bettdecke raschelte als sich der Jüngere aufsetzte.
Jeongguk ging auf ihn zu, setzte sich auf das Bett - in welches er Taehyung gegen morgengrauen gelegt hatte, als dieser endlich einschlief.
Sachte umrandete er sein Gesicht mit den großen Händen.
"Ich muss etwas erledigen, Kim Namjoon bleibt solange bei dir. Er ist im Wohnzimmer."
Unsicher huschten Taehyungs Pupillen umher bevor er die Hände hastig auf die des Älteren legte.
"Geh nicht!", krächzte er panisch.
"Liebling, ich muss etwas erledigen. Ich bin zurück, bevor es abends wird. Ich beeile mich, in Ordnung?"
Taehyungs Unterlippe bebte.
"Gguk...", wimmerte er, woraufhin der Andere ihn ohne zu zögern in eine Umarmung zog.
"Es wird nichts passieren, RM ist einer der besten. Er wird dich beschützen."
"I-ich will nicht, dass du gehst... Was denn dein Vater dich findet."
Wenn du nur wüsstest, was ich vorhabe... ich werde ihn eventuell dadurch überhaupt anlocken.
"Wird er nicht. Deswegen müssen wir eilen. Wir finden ihn und seine Schwachstellen, bevor er uns findet. Das ist der Plan, vergessen?"
Sachte schüttelte er den Kopf.
"Er - was wenn dich jemand sieht."
"Ich gehe mit Jhope. Erinnerst du dich noch? Der Polizist, er hat seine Methoden."
Es dauerte noch mehrere Minuten mit vielen Beschwichtigungen und Versprechen, bis Taehyung endlich nickte, auch wenn er den anderen ungern gehen lassen wollte.
Zum Abschied küsste Jeongguk die Stirn des Jungen, bevor er ihn alleine ließ.
RM drückte ihm ein paar Schlüssel und ein Zettel mit einer Adresse drauf in die Hand.
"Jhope wird dort auf dich warten. Er ist geblieben, um über ihn zu wachen."
Gut. Das ist sehr gut.
"Hast du es dabei. Wo ist -?", Jeongguk sprach es nicht aus, bevor Tae es hörte und sich Sorgen machte.
"Hope hat alles."
Der Schwarzhaarige nickte, doch er stolzierte nicht sofort davon, wie man es von ihm kannte. Stattdessen wanderte sein Blick besorgt zum Schlafzimmer.
Kim Namjoon bemerkte dies und lächelte leicht.
"Keine Sorge JK. Nur deinetwegen sind meine Frau und Kinder sicher. Sie... sie hat letztens entbunden.
Das verdanke ich dir.
Ich werde ihn mit meinem Leben beschützen. Dem Kleinen wird nichts zustoßen, sei dir sicher.
Er klopfte Namjoon aufrichtig auf die Schulter.
"Danke."
Das waren ganz neue Töne, die der junge Jeon von sich gab. Doch er meinte es völlig ernst.
Doch nun musste er fortgehen, bevor er noch die große Show verpasste...
Vor der Tür stand das Motorrad mit welchem Namjoon gekommen war und dessen Schlüssel er in der Hand hielt.
Er setzte kurzerhand den Helm auf und schwang sich auf dieses.
Der Motor brüllte auf, als er davon fuhr.
Eine halbe Stunde später kam er an der Adresse an. Ironischer Weise war es das alte Quartier der Polizei, welches am Rand eines Vorortes lag. Es war viel zu abgelegen und nachdem das Revier sozusagen dann zentraler umzog, blieb dieser Ort leer und unaufgekauft.
Oder, vermutete Jeongguk jetzt, ein bestimmter Polizist hatte es annonym aufgekauft, um seine Drecksarbeit und dem hackerarbeit hier auszuführen...
Seine Mundwinkel zuckten hoch.
Jung Hoseok, dieses gerissene Genie.
Er hatte schon immer gewusst, einen Hüter des Gesetzes an Bord zu holen, würde ihm etliche Türen und Möglichkeiten eröffnen.
Er entriegelte das Schloss und trat ins leer stehenden Gebäude.
Hoseok erwartete ihn in der fünften Etage und empfing ihn mit einem breiten Grinsen.
"Jeonie, mein Lieber! Schön dich wieder zu sehen."
Der Schwarzhaarige verdrehte die Augen und deutete auf die Figur neben ihm.
Auf einem Stuhl sitzend, mit eisernen Ketten gefesselt und einem Sack auf dem Kopf.
Sein Körper hing schlaf, vermutlich noch nicht zum Bewusstsein gekommen.
"Unser Dornröschen schläft noch.", kicherte Hope wie ein Wahnsinniger.
"Er ist ein paar Minuten zu früh aufgewacht, also habe ich ihn ausgeknockt. Aber er sollte die nächsten minuten erwachen."
Hope deutete auf den freien Klappstuhl gegenüber des Gefangenen, damit Jeongguk in Position gehen sollte.
Gut., dachte sich Jeongguk.
Und dann werde ich es ihn bereuen lassen, auf diese Welt gekommen zu sein.
Nun wurde es Zeit, dass Jeongguk endlich sein krankes Spiel eröffnete.
Möge der Bessere gewinnen.
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