Das gekaperte Herz

By Bobby_Andrews

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⭐️ HONOURABLE MENTION ONC 2024 ⭐️ |ABENTEUER| Hannah Morgan ist clever, furchtlos und die wahrscheinlich jüng... More

Was hier entsteht
Widmung
Prolog
1 | Mahaifa - Zuflucht der Free
2 | An Board der Wavedancer
3 | Doppelter Verrat auf der Sturmwind
4 | Aarochelle - Insel der Vesthalien
5 | Celestiale Couture
6 | Der erste Hinweis
7 | Aufbruch
8 | Grünwald
10 | Der geheime Tempel
11 | In der Bucht
12 | Serenity Bay
13 | Ein Sturm zieht auf
14 | Kampf der Titanen
15 | Der Bienenkönig
16 | Die wandelnde Insel
17 | Der Schatz
Epilog
Nachwort

9 | Im Dschungel

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By Bobby_Andrews

Es war bereits tiefste Nacht, als die Wavedancer schließlich vor einem Sandstrand in flachem Gewässer vor Anker ging. Unter der Beleuchtung der beiden Monde und mit Diyannes Hilfe aus der Luft hatte Hannah den Weg durch die gefährlichen Klippen erfolgreich gemeistert. Die Wendigkeit des Schiffes hatte sich hier definitiv bezahlt gemacht. Auch wenn Darrel mit seinem Schiff schneller gewesen war, hatten sie dennoch an der falschen Seite der Insel angelegt. Hannah hoffte, dadurch einen Vorsprung erlangt zu haben.

Sie ließ das kleine Beiboot klar machen und bat Yan, sie zur Insel zu begleiten. Doch Yan schüttelte den Kopf. »Willst du wirklich mitten in der Nacht durch den Dschungel laufen? Hier gibt es sicherlich gefährliche Tiere und giftige Pflanzen. Du könntest in eine Falle geraten oder dich verirren«, warnte die Wandlerin.

Hannah stemmte die Hände in die Hüften. »Wir müssen den Vorteil nutzen und vor Darrel und Ronan am Tempel sein! Wir haben sicherlich einen Vorsprung!«, beharrte sie.

»Glaubst du wirklich, dass die beiden so unklug sind und sich in der Nacht auf den Weg machen werden?«, entgegnete Yan. »Sie werden sicherlich ebenfalls warten, bis die Sonne aufgeht. Es sind nur noch ein paar Stunden, Hannah. Ruhe dich aus und dann gehen wir frisch und wach los. Du hast gestern schon kein Auge zugetan. Du brauchst Schlaf!« Die letzten Worte flüsterte Yan verschwörerisch. Als einzige in ihrer Gruppe wusste sie, dass Hannah selten schlief, wenn sie auf hoher See waren, und dass ihre Freundin unkluge Entscheidungen traf, wenn sie müde war.

Hannahs Augen zuckte kurz angespannt. Sie wusste, dass Yan recht hatte. Obwohl sie von der Fahrt durch das Riff voller Adrenalin war, hatte die Müdigkeit sie bereits mehrmals fast übermannt. Eine kurze Pause würde ihr guttun.

»Drei Stunden«, gab sie schließlich nach. »Kurz vor Sonnenaufgang machen wir uns auf den Weg!«

Mit einem erleichternden Nicken von Yan machte sich Hannah auf den Weg zu ihrem Schlafplatz, um etwas Ruhe zu finden. Diyanne blieb an Deck und überwachte die Umgebung, während die Wavedancer ruhig in den Gewässern vor Anker lag. Die Stille der Nacht wurde nur vom sanften Plätschern der Wellen und dem leisen Knarren der Segel unterbrochen. Ein kurzer Moment der Ruhe und Erwartung breitete sich über das Schiff aus, bevor die bevorstehende Herausforderung sie wieder in ihren Bann ziehen würde.

Darrel stand derweil auf der anderen Seite der Insel am Bug seines Schiffes und blickte konzentriert in Richtung der dunklen Silhouette der Insel Grünwald. Die beiden Monde warfen ihr silbriges Licht auf das Wasser, das sanft gegen den Rumpf der Sturmwind plätscherte. Er drehte sich zu Ronan um, der neben ihm stand und ebenfalls die Insel beobachtete.

»Ich denke, wir sollten sofort los«, sagte Darrel, seine Stimme klang entschlossen. »Wir dürfen Hannah und ihrer Crew nicht zu viel Vorsprung lassen.«

Ronan runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Glaubst du wirklich, dass es klug ist, mitten in der Nacht durch den Dschungel zu streifen? Dort gibt es sicherlich gefährliche Tiere und giftige Pflanzen. Wir könnten in eine Falle geraten oder uns verlaufen«, warnte er.

Darrel verschränkte die Arme vor der Brust. »Wir müssen unseren Vorteil nutzen und vor ihnen auf der Insel sein! Wir haben sicherlich einen Vorsprung!«, beharrte er.

»Ich bezweifle, dass Hannah so unklug ist und sich in der Nacht auf den Weg macht«, entgegnete Ronan. »Sie werden wahrscheinlich warten, bis die Sonne aufgeht. Es sind nur noch ein paar Stunden, Darrel. Wir ruhen uns kurz aus und machen uns gleich morgen früh auf den Weg. Du hast gestern schon kein Auge zugetan und auch du brauchst Schlaf!« Die letzten Worte flüsterte Ronan verschwörerisch. Als enger Vertrauter wusste er um Darrels Neigung, unüberlegte Entscheidungen zu treffen, wenn er übermüdet war.

Darrels Augen verengten sich kurz. Er hasste es, wenn jemand ihm seine Schwächen aufzeigte. Doch er wusste auch, wenn er auf seinen Freund hören sollte. Trotz seines Ehrgeizes, Hannah in diesem Wettlauf zu schlagen, hatte die Müdigkeit ihn bereits mehrmals beinahe überwältigt und es wäre fahrlässig diesen Zustand weiter aufrechtzuerhalten. Er seufzte schwer und nickte schließlich.

»Drei Stunden«, sagte er widerwillig. »Kurz vor Sonnenaufgang machen wir uns auf den Weg.«

Ronan nickte erleichtert und beide gingen in ihre Kajüten, um sich etwas Schlaf zu gönnen, bevor das Abenteuer in den frühen Morgenstunden weitergehen würde.

Noch vor der Morgendämmerung bahnten sich Hannah und Yan ihren Weg durch den Dschungel. Das schwache Licht der aufgehenden Sonne drang durch das dichte Blätterdach, und der Tau auf den Blättern glitzerte wie tausend Diamanten. Mit ihren Macheten räumten sie das dichte Buschwerk und die Lianen beiseite, die sich wie natürliche Barrieren vor ihnen aufbauten. Plötzlich hörten sie ein raschelndes Geräusch und stolperten fast über das Netz einer riesigen Spinne, die in der Morgendämmerung lauerte. Hannah zog Yan am Arm zurück, gerade noch rechtzeitig, um den bissigen Angriff einer Schlange zu entkommen, die aus dem Unterholz schoss. Mit einem gezielten Hieb schlug sie die Schlange zurück und sie setzten ihren Weg Richtung Norden fort.

Die Luft war noch frisch und erfüllt mit dem Duft von feuchter Erde und dem süßen Nektar der Blüten, die im Dschungel blühten. Doch je länger sie durch das Labyrinth von Blättern und tierischen Gefahren irrten, desto schwüler und stickiger wurde die Luft um sie herum. Hannah wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Sie mussten dringend einen Fluss finden, um ihre Wasserflaschen aufzufüllen, wenn sie noch länger hier herumirren sollten.

Gerade wollte Hannah Yan vorschlagen, die Umgebung genauer zu inspizieren, als ein unerwartetes Geräusch sie aufschreckte. Ein lautes Knacken und das Rascheln von Blättern ließen beide Frauen sofort in Alarmbereitschaft versetzen. Mit einem schnellen Blick tauschten sie beunruhigte Blicke aus, während sie ihre Macheten fest umklammerten. Das Knacken wurde lauter, und das Geräusch von raschelndem Laub näherte sich ihnen bedrohlich schnell. Ihre Sinne waren geschärft, die Anspannung war greifbar. Die Frauen positionierten sich so, dass sie die potenzielle Gefahr aus dem Dickicht im Blick hatten, und hoben ihre Macheten drohend, bereit, sich zu verteidigen.

Zwei Gestalten, die sich durch das Unterholz kämpften, waren durch die dichten Pflanzen zunächst nur schemenhaft zu erkennen. In dem Augenblick, als die Fremden beinahe aus dem Dickicht hervorbrachen, bereiteten sich Hannah und Yan darauf vor, ihre Angreifer abzuwehren. Hannah hob ihre Waffe und war bereit zuzuschlagen. Erst im letzten Moment erkannte sie die beiden Männer, die wie ausgehungerte Tiere auf die Frauen zu taumelten. Darrels Blick war rastlos und Hannah erkannte gleich, welchen fatalen Fehler Darrel gemacht hatte.

»Wasser, ich brauche Wasser!«, keuchte Darrel, als er Hannah und Yan erkannte.

»Was du brauchst, ist Hirn!«, entgegnete Hannah wütend und zog ihre Wasserflasche zurück, als Darrel danach griff. »Wie kann man nur so dumm sein und ohne Wasser in einen unbekannten Dschungel gehen?«

»Nicht dumm«, keuchte Ronan, der mit Yan eine großzügigere Spenderin gefunden hatte. Gierig trank er zwei Schlucke, ließ aber noch genug für Diyanne übrig. »Eine Schlange hat uns angegriffen und ihre giftigen Zähne in Darrels ledernen Wasserflasche versenkt. Somit blieb uns nur eine Flasche für zwei.«

»Ich wollte ohnehin mal nachsehen, wo wir sind und ob ich eine Quelle finde, in der wir unsere Wasservorräte auffüllen können«, sagte Yan beschwichtigend und sah zu Hannah. Die nickte und reichte Darrel nun etwas widerwillig ihre Flasche. Während Yan sich verwandelte und sich in die Lüfte erhob, trank Darrel gierig das feuchte Nass, bis Hannah ihm die Flasche aus der Hand riss.

»Du spinnst wohl, soll ich etwa auch verdursten?«, fauchte sie empört.

»Nicht, dass mich das groß tangieren würde«, wagte Darrel zu sagen. Sein Gesicht sah dabei merkwürdig verzerrt aus.

»Eines Tages wirst du noch mit einem Säbel im Rücken aufwachen«, prophezeite Hannah und hielt ihre Machete nur zurück, weil Ronan ihr einen warnenden Blick zuwarf.

»Was ist los, Sturmkind? Hast du etwa Angst, wirklich gegen mich zu kämpfen?« Darrel schien schon dehydriert zu sein, sonst hätte er sicherlich nicht so ein großes Mundwerk gehabt, fand Hannah. Dennoch amüsierte sie ihr kleines Wortgefecht durchaus.

»Ich hasse dich nur so sehr, dass ich mich nicht einmal dazu durchringen kann, dich umzubringen«, sagte sie selbstbewusst.

»Und ich hasse dich so sehr, dass ich mich nicht einmal dazu durchringen kann, dich zu...«

»Hey, ich glaube ihr solltet euch mal zusammenreißen und etwas trinken«, verhinderte Ronan, dass Darrel etwas unüberlegtes sagte. »Ich sehe Yan schon wiederkommen.«

Hannah hob den Blick und entdeckte über sich den feuerroten Vogel, der seine Kreise zog. Sein Pfiff wies ihr den Weg. »Hier lang!«, rief sie und führte den Trupp an, bis sie nach kurzer Zeit das Plätschern des Flusses hörten.

Dort angekommen, füllten sie ihre Flaschen und tranken genug, um ihre Vorräte wieder aufzustocken. Auch Darrel schien allmählich wieder klarer im Kopf zu werden. »Es tut mir leid«, sagte er, als Hannah neben ihm ihr Gesicht im kalten Wasser wusch. »Es ist mir natürlich nicht egal, was mit dir passiert. Ich glaube, ich war gerade nicht ganz ich selbst.«

Hannah zögerte mit ihrer Antwort. Gerne hätte sie gesagt, dass es ihr egal war, was er von ihr dachte. Doch sie glaubte ihm, dass er nicht er selbst gewesen war. »Kann es sein, dass du auf dem Weg hierher von etwas gebissen worden bist? Oder auf etwas getreten bist?«

»Das kann schon sein«, gab Darrel zu. Er prüfte seine Beine; dann erst fiel ihm die kleine rote Stelle oberhalb des Knöchels auf. Hannah erkannte die Wunde sofort.

»Trötkröten«, sagte sie nickend, so als sei damit alles klar. Doch Darrel hatte keine Ahnung, wovon sie da sprach. »Trötwas?«

»Trötkröten«, wiederholte Hannah und band ihre Haare in einen Pferdeschwanz zusammen. Ein Wunder, dass sie vorher noch nicht auf diese Idee gekommen war. »Das sind diese lästigen kleinen Viecher, die im hohen Gras lauern und deren Biss die seltsamsten Auswirkungen haben kann. Ich kenne jemanden, der nach dem Biss einer solchen Kröter mal alle Kleidung von sich geworfen hat, weil er kurzzeitig dachte, er wäre ein Wasserlurch.«

Hannahs Blick wanderte amüsiert zu Ronan, der Diyanne mit ihrer Flasche half. Zum Glück war er dabei so abgelenkt, dass er Hannahs Spitze nicht hörte.

Darrel atmete erleichtert aus. Er hatte sich wirklich komisch gefühlt und als Hannah ihm gesagt hatte, dass sie ihn nicht umbringen würde, wäre er fast so törisch gewesen ihr zu sagen, dass er sie nicht küssen würde. Was er auch nie vorgehabt hatte. Diese blöde Krötentröte hatte ihm die Worte in den Mund legen wollen. Denn er war noch immer wütend, dass Hannah ihn mit dem Amulett hereingelegt hatte.

»Wohin müssen wir jetzt gehen?«, fragte er betont lässig.

»Wollt ihr uns etwa wieder verfolgen?«, erwiderte Hannah spöttisch.

»Wir würden euch unsere Unterstützung anbieten«, korrigierte Darrel.

»Als ob wir die bräuchten«, entgegnete Hannah lachend.

»Es könnte nicht schaden, uns dabei zu haben. Wir sind groß und stark.«

»Ronan ist groß und stark«, verbesserte Hannah. »Du bist nur...« Sie kniff die Augen zusammen und schien nach einem passenden Wort zu suchen. Doch je länger sie nachdachte, desto schwerer fiel es ihr, etwas Geeignetes zu finden. Darrel wurde langsam ungeduldig.

»Sag schon, Hannah! Fällt dir denn gar nichts ein? Es gibt doch so viele treffende Beschreibungen: Gutaussehend. Charmant. Unwiderstehlich...« Mit einem anzüglichen Augenbrauenwackeln versuchte Darrel, sie aufzuziehen. Hannah rollte die Augen.

»Wie wäre es stattdessen mit: Arrogant. Unhöflich. Und kurz davor, von einer Schlange gebissen zu werden«, konterte sie und ließ ihre Machete neben Darrel im hohen Gras niedersausen. »Die fand dich wohl auch unwiderstehlich«, schmunzelte Hannah, als sie den leblosen Schlangenkörper mit der Klinge aufhob und Darrel zeigte. Er erschauderte. Schlangen waren nicht gerade seine Lieblingstiere.

»Okay, kommt mit«, gab Hannah schließlich nach. »Irgendjemand muss ja auf euch aufpassen.«

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