Das Monster Emeralds ✔️

By AllanRexword

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[Empfehlung der Wattpad-Botschafter] "Ihre Körper waren entstellt, ihre Seelen zerfressen. Um seine Familie z... More

Vorwort + MUSIKVIDEO
Psycho-Wüste
Warmes Grauen
Verräterische Kameradschaft
Künstlicher Galgenhumor
Staubige Patrioten
Rasende Glühwürmchen
Kraftvoller Strom
Körperliche Geschäfte
Normale Extravaganz
Fehlerhafte Einschätzungen
Zerlegte Schweine
Mobile Artillerie
Zerrissener Hoffnungsschimmer
Schützende Sphären
Dreckige Katzenöhrchen
Heißkaltes Donnern
Epilog
Nachwort

Gnadenlose Wahrheit

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By AllanRexword

Dröhnendes Schweigen antwortete ihm. Sein stoßweiser Atem, das leise Zischen und Surren seines Körpers sowie das tiefe Brummen und metallische Klappern der aufmarschierenden Sicherheitsmannschaft waren die einzigen wahrnehmbaren Geräusche. Selbst seine KI hielt endlich mal die Klappe und ließ ihn im Saft seiner unsteten Gedanken schmoren.

Vermutlich war das hier eh mal wieder nur ein Fake. Eine Lüge, mit der ihn Red und Aiko ausnutzten, genauso wie alle anderen seiner Wegbegleiter. Lena – auch wenn sie damals fest hinter dem Regime der Bunkerführung stand und sie viele Diskussionen deswegen hatten – war die Einzige, die immer offen zu ihm war. Die Einzige, die ihn nicht ausgenutzt und belogen hatte. Trotz der bescheidenen Verhältnisse im Bunker waren sie ehrlich zueinander gewesen und hatten versucht, ihrem Sohn Kim ein möglichst normales Leben zu ermöglichen.

»Lena?«, wiederholte er und schlug mit der Faust auf den massiven Stahl. »Bitte. Falls du hier bist, sagt was. Ich will nur wissen, dass es dir und Kim gut geht.«

Das war albern. Vermutlich sprach er zu einer fremden Familie, die ihn für einen bekloppten Psychopathen hielt, genau wie seine KI. Red hatte ihn belogen und einfach nur loswerden wollen. Mehr nicht. Sie war nicht mehr seine frühere Kameradin, bei der er zwischenzeitlich unsicher gewesen war, ob zwischen ihnen mehr existiert hatte als nur Freundschaft.

Aber das war egal. Er hatte sich erneut verladen lassen und das Spiel verloren. Lena und Kim würden in wenigen Stunden filetiert und ihm fehlte die Möglichkeit, einzugreifen. Weder wusste er, wo sie sich tatsächlich aufhielten, noch wie er es verhindern konnte. Langsam sackte er auf die Knie und drückte seine Stirn auf das kalte Metall. Tränen brannten in seinen Augenwinkeln und liefen in heißen Bahnen die Wangen hinab. Wenigstens zu dieser menschlichen Reaktion war er noch fähig, wenn ihm schon alles andere genommen worden war.

»Lena ... bitte ...«, flüsterte er erneut, aber die Stimme versagte ihm.

»Das Haus ist umstellt«, erscholl die unvermeidliche, blecherne Ansage, auf die er die ganze Zeit gewartet hatte. »Kommen Sie mit erhobenen Händen raus.«

Langsam richtete er sich wieder auf und warf einen letzten Blick auf die Stahltür, die diesem ungerührt standhielt. Am Ende drehte er sich um und schlurfte in Richtung Ausgang.

Gab es eine Chance Lena und Kim zu retten? Könnte er rechtzeitig zu Violette gelangen, um das Schlimmste zu verhindern? Er wusste nicht, wo er sie finden konnte. Selbst wenn, wie sollte er dort hinkommen? Sie waren hier ewig von den Shadows entfernt. Zu weit, um zu laufen. Sollte er versuchen, Red nochmals aufzuspüren? Oder hatte er sie wirklich in seinem Wahn umgebracht, wie seine KI behauptete? Langsam kamen ihm ernsthafte Zweifel. Bis vor wenigen Minuten hatte ein glasklarer Weg vor ihm gelegen: Immer vorwärts gegen alle Widerstände, bis er Lena und Kim rettete. Dieser Pfad war ein Irrweg. Eine Sackgasse.

Jetzt blieb für ihn nur die Frage, ob er widerstandslos aufgab oder sich mit einem großen Knall verabschieden sollte. Alternativ könnte er nochmals probieren zu entkommen. Einen neuen Anlauf wagen. Aber wenn er ehrlich war, fehlte ihm dafür die Kraft. Im wahrsten Sinne des Wortes. Seine Batterie würde nicht mehr ewig halten. Und sein Ziel war genauso unerreichbar geworden, wie der Versuch, den Mond mit bloßen Händen vom Himmel zu holen.

»... Nein! Was tust du? Du kannst doch nicht ...«, rief eine männliche Stimme hinter ihm.

Irritiert drehte er sich um. Die Tür des Schutzraumes war schulterbreit geöffnet und dort stand sie: Lena. Sein Schatz, so, wie er sie in Erinnerung hatte. Es schien schon ein Menschenleben her zu sein, dass sie sich das letzte Mal gegenübergestanden hatten. Lena, mit ihren glatten blonden Haaren und kornblumenblauen Augen. Sie hatte ihre Arme vor der Brust verschränkt und trug kurze Satinshorts mit passendem T-Shirt und weißem Morgenmantel.

In seiner Fantasie hatte er sich ihr Wiedersehen ausgemalt: Wie sie auf ihn zustürmte, ihn küsste und gemeinsam mit Kim umarmte. Nichts davon passierte in dieser Realität. Keine Freude zeigte sich ihn ihrem Gesicht. Nicht einmal Erleichterung. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen und kleine Fältchen bildeten sich auf ihrer Stirn. Die Lippen waren zusammengepresst zu einem Strich. So wie immer, als ihr damals etwas missfiel.

»Lena!«, entfuhr es ihm und er machte einen Schritt auf sie zu. »Was ...?«

Sie hob ihre Hand und ließ ihn innehalten. »Stopp, Melvin. Bitte. Ansonsten mache ich die Tür wieder zu.«

»Aber ...«

»Tut mir leid«, sie schüttelte ihren Kopf. »Ich verstehe ja, dass du viel ...« Sie zögerte. Hob hilflos ihre Arme und deutete auf seinen Körper. »... durchgemacht hast. Du bist umsonst gekommen. Wie du siehst, geht es mir gut. Niemand muss mich retten.«

Erst jetzt wurde ihm bewusst, welchen Anblick er ihr bot. Nicht nur, dass er eine gruselige Kampfmaschine mit Menschenkopf war. Mit dem zerfetzten Ledermantel und blutbesudelten Armen musste er wahrhaft monströs wirken. Eigentlich war es ein Wunder, dass sie überhaupt die Tür geöffnet hatte.

»Lena, ich weiß, du denkst, dass du hier in einer perfekten Welt wohnst. Aber so ist es nicht. Dein – eure – Körper sind nichts als Ersatzteillager. Und wenn wir hier nicht schnellstens verschwinden, wird man dich und Kim töten.« Er versuchte, ihr die Wahrheit nahezubringen, denn ihre Zeit lief ab.

Ihr Gesichtsausdruck wandelte sich in eine eindeutig mitleidige Mine und sie schüttelte den Kopf. »Nein, Melvin. Uns droht hier keine Gefahr. Wirklich nicht. Im Gegenteil. Was auch immer man dir erzählt hat, das war Blödsinn. Ich bin nur rausgekommen, damit du dich nicht mehr quälen musst. Weil ich es nicht aushalten konnte, dich im Ungewissen zu lassen. Nun hast du mich gesehen und weißt, dass alles gut ist. Es ... Es tut mir leid, dass du das nicht schon früher erfahren hast. Bitte, mach dir keine Sorgen. Kim und mir geht es gut. Und jetzt – geh in Frieden und komm nicht wieder zurück.« Damit senkte sie ihren Blick und griff nach dem Türblatt.

»NEIN!« Er trat einen weiteren halben Schritt vor und hob seine Hände. Was sollte er sagen? Natürlich glaubte sie ihm nicht, aber er hatte es bei Violette Schwarz-auf-Weiß gesehen. Die Gefahr war real. Wie konnte er sie überzeugen mitzukommen? »Lass mich wenigstens mit Kim reden. Dann ... ich verspreche, wenn ich sehe, dass es ihm gut geht, gehe ich sofort.« Mist. Was Besseres, außer Zeit zu schinden, fiel ihm nicht ein. Aber was sonst konnte er nur tun?

»Melvin ...«

»Bitte. Nur für eine Sekunde. Ich habe so lange nach euch beiden gesucht.« Dabei trat er einen weiteren halben Schritt vor.

Von draußen kamen weitere Lautsprecherdurchsagen, dass er sich endlich ergeben solle oder man ansonsten stürmen würde.

Sie atmete tief durch. »Tut mir leid.« Damit griff Lena nach dem Türblatt, um es zuzuziehen.

»Nein!« Selbst wenn sie ihm nicht glaubte, musste er sie und Kim retten. Dafür war er hier. Mit einem übermenschlich langen Satz sprang er sie an. Kreischend schreckte Lena in den Raum zurück und zerrte am Türgriff. Die schwere Masse der Panzertür verhinderte, dass man sie zuknallen konnte, als wäre sie aus Sperrholz. Im letzten Moment blockiert er mit seiner ausgestreckten Hand die zufallende Tür. Als Mensch wären seine Finger zerquetscht worden, aber so merkte er nicht mehr als einen schmerzhaften Druck, der andeutete, dass er das nicht öfters machen sollte.

»Nein! Ihr seid in Gefahr!«, rief er, trat heran und öffnete seinerseits den Schutzraum.

An der hinteren Wand der Kammer hatte ein rothaariger, schlanker Mann Ende zwanzig die Arme schützend um Lena – und Kim – gelegt. Sein Sohn hatte sich stark verändert. Der Junge war inzwischen vier oder fünf und somit mindestens zwei Jahre älter als bei ihrer Trennung. Doch das war es nicht, weshalb ihm der Atem stockte. Es war der Kerl, der ihn schockstarr im Türrahmen innehalten ließ. Er war kein Unbekannter. Im Gegenteil. Sie kannten sich nur allzu gut: Harris. Michael Harris. Das war der Inspektor, der ihn damals im Bunker verhaftet hatte und zum Militärdienst pressen wollte. Das Ekel, das seine Macht ausnutzte, um die anderen Bunkerbewohner zu schikanieren.

Was zum Teufel machte der Verräter hier? Und warum tat er so, als wolle er seine Familie beschützen?

»Melvin ...«, fing Lena an.

Harris ging dazwischen: »Verflucht. Ich habe dir gleich gesagt, du darfst die Tür nicht aufmachen«, und an Melvin gerichtet: »Verschwinde. Sie hat es dir doch bestätigt: Uns geht es gut und droht keine Gefahr – außer von dir.«

»Was ...?« Noch immer wollte es nicht in seinen Kopf. Michael Harris? Hier? Mit Lena und Kim? Mit seinem Sohn, der sich ängstlich an die Beine des Verräters krallte, als ob er, sein Vater, eine Bedrohung wäre?

»Papaaa!«, rief Kim in diesem Moment. Es war der gleiche Kosename, den Melvin so lange vermisst hatte. Mit seiner süßen Kinderstimme genauso ausgesprochen wie früher. »Ich hab Angst. Mach, dass das böse Monster weggeht.«

Dabei blickte sein Sohn nach oben zu Harris – nicht zu ihm –, während Tränen seine Wangen herunterkullerten.

Erneut war es Lena, die sich mit zitternder Stimme an ihn wendete: »Melvin. Jetzt verschwinde endlich. Lass los. Du machst es nur noch schlimmer. Wir brauchen keine Hilfe. Wirklich nicht. Und dein Anblick macht Kim Angst.«

»Ich habe gesehen, wie Kims und dein Körper auf einer Bestellung bei CUBA zu sehen war. Als lebendige Organspender. Das alles hier ist Fake! So wie damals im Bunker. Bitte! Du weißt nicht, wo du hier bist.«

»Doch Melvin«, es war Harris, der sich mit kalter Stimme einmischte, »das wissen wir ganz genau. Wir befinden uns im Corporate Urban Bio Asylum. Dabei handelt es sich um ein gesichertes Stadtviertel am Rande von Emerald. Und natürlich sind wir hier nicht gefangen. Wir kommen und gehen, wie es uns beliebt. Um zu arbeiten, um Essen zugehen oder um mit Kim den Zoo zu besuchen. Das hier ist weder ein Gefängnis noch irgendein Fake.«

»Aber ...« Melvin fehlten die Worte.

»Du willst die ganze Wahrheit?«, fragte Harris und sah ihm direkt in die Augen. Da war sie wieder, die Arroganz des Inspektors. Das Wissen, am längeren Hebel zu sitzen. Und dass, obwohl ihm eine zwei Meter große Kampfmaschine gegenüberstand.

Lena griff nach Harris Arm. »Nein, Michael. Nicht.«

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