Liha & Dánirah - Der Drache u...

By jinnis

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Liha würde alles tun, seine Familie zurückzubekommen. Aber ihm bleibt nur die Rache. Deshalb will er dem Heer... More

Vorwort
1 - Der Sohn des Schmieds
2 - Fluch oder Segen?
3 - Der Prinz
4 - Die goldene Stadt
5 - Verletzt
6 - Kreaturen der Nacht
7 - Getrennte Wege
8 - Mehr als ein Schwert
9 - Begegnung am Keli
10 - Wie ein Sohn
11 - Rat der Hrankaedí
12 - Der ungekrönte König
13 - Melishs Trupp
14 - Kriegsrat
15 - Gefangen
16 - Kein Spiel
17 - Flucht
18 - Kommunikation
19 - Wiedersehen
20 - Nächtliche Mission
21 - Aufbruch
22 - Folgt den Drachen
23 - Feuerspur
24 - In den Kampf
26 - Der Bogenschütze
27 - Der König
28 - Die Träumerin
29 - Der Drache von Kelen
30 - Noaks Epilog

25 - Hilfe

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By jinnis

Von ihrem hochgelegenen Aussichtspunkt aus beobachtete Dánirah, wie sich die beiden Heere einander annäherten und in der Flussebene aufeinanderprallten. Die kühle Morgenluft trug keine Geräusche bis zu ihr hinauf, aber sie glaubte trotzdem, das Scheppern von Schwertern zu hören, die auf Schilde und Rüstungen schlugen. Ein bitterer Kloß bildete sich in ihrem Hals und sie wendete sich ab, um das kleine Plateau zu erkunden, auf dem sie stand. Ihre Stute graste friedlich neben einer verwitterten, überlebensgroßen Steinstele, die eine Gruppe von überwachsenen Grabhügeln markierte. Dieser Ort musste vor langer Zeit als Begräbnisstätte von Königen gedient haben.

Sie fröstelte und schlang die Arme um sich, während sie wieder vom Rand des Plateaus aus den Fortschritt von Melishs Trupp verfolgte. Weit im Westen konnte sie nun auf der Uferstraße eine Bewegung erkennen — Katim's Nachhut. Die Männer waren gut vorangekommen und hatten wohl ebenfalls einen Nachtritt hinter sich. Aber sie konnten das Schlachtfeld unmöglich vor dem Mittag erreichen. Nein, im Moment war Melishs Sturmtrupp die einzige Hoffnung auf Verstärkung für das königliche Heer, das bereits von zwei Seiten umklammert wurde und sich deutlich in Bedrängnis befand.

Die Reiter des kleinen Trupps erreichten nun eine Stelle, wo sie durch eine Bodenerhebung vor Dánirah verborgen waren. Sie konzentrierte sich deshalb auf die Schlacht, die hin und her wogte. Es war schwierig, die beiden Seiten auseinander zu halten, aber sie erkannte das Sonnenbanner des Königs an der Stelle, wo der Kampf am heftigsten tobte. Fielen die Keleni dort zurück? Nein, die Truppen des Königs stemmten sich gegen den Angriff. Alles würde sich zum Guten wenden — hoffentlich.

In diesem Moment entdeckte sie die Reiter, die sich zwischen den Hügeln auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses sammelten. Sie strengte ihre Augen an, aber es bestand kein Zweifel. Dort traf ein weiteres Heer ein, auch wenn das unordentliche Gewusel gegen eine reguläre Armee sprach. Die Söldner würden lange vor Katims Verstärkung auf dem Schlachtfeld eintreffen. Wenn es Melish und seinen Männern nicht gelang, einen raschen Sieg zu erringen, würde wohl alles verloren sein.

„Das ist nicht richtig." Dánirah stampfte mit dem Fuß auf und wandte sich an ihre Stute, die mit den Ohren zuckte und an den trockenen Gräsern neben dem Steinmonument knabberte. „Gibt es etwas, was ich tun könnte?"

Sie querte das Plateau, um auf den größten der Grabhügel zu klettern. Eine Bewegung in dem tiefen Einschitt im Nordwesten erweckte ihre Aufmerksamkeit. Noch ein Heer? Dánirah beschattete ihre Augen.

Eine Reihe von Menschen bewegte sich dort unten entlang des Bachs Richtung Norden. Aber etwas weiter bog das enge Tal gegen Westen ab und eine steile Rippe lag zwischen den Kriegern — wenn es denn Krieger waren — und dem Schlachtfeld. Sie würden daran vorbeiziehen und weit nach Katims Nachhut ins Geschehen eingreifen können. War das gut oder schlecht?

Sie kniff die Augen zusammen, um mehr Details zu erkennen. Jetzt erreichten die Neuankömmlinge eine Stelle, wo der Pfad den gebüschumsäumten Bach querte. Eine Person kletterte auf einen sonnenbeschienenen Felsen, um die Gegend zu betrachten und winkte die anderen voran. Dánirah zog tief die Luft ein. Dunkle Kleidung — und ein dunkles Tannagesicht. Ihr Volk war eingetroffen.

Sie schlitterte den Grabhügel hinunter lief zurück zu der Stute, raffte ihren Rock zusammen und schwang sich in den Sattel. Ohne zu zögern treib sie das Tier an, über den Rand des Plateaus hinaus. Als Lai den steilen Hang betrat, stützte sie beinahe vornüber aus dem Sattel. Instinktiv warf sie ihr Gewicht nach hinten und klammerte sich mit den Beinen fest, während die Stute den felsigen Abhang hinunter stürmte.

Jeder Schritt sandte einen Ruck durch Dánirahs Körper, aber sie wagte nicht, an den Zügeln zu ziehen, aus Angst, das Pferd von dem schwierigen Weg abzulenken. Wenn sie fiel, brach sie sich bestimmt das Genick. Lai wusste aber genau was sie zu tun hatte und leistete sich keinen Fehltritt. Geschickt setzte sie ihre Hufe auf geeignete Stellen und übersprang nach einer kleinen Unendlichkeit ein Bachbett. Dánirah unterdrückte einen Schrei, aber die tapfere Stute landete sicher auf fast ebenem Grund und hielt schnaubend und mit zitternden Flanken an.

Dánirah ließ sich nach vorne sinken und tätschelte den Hals des Pferdes. „Das war unglaublich. Von hier weg gehen wir die Sache aber wieder langsamer an, wenn es dir nichts ausmacht."

Sieh sah sich um. Den Bach zu finden konnte nicht allzu schwer sein, wenn sie immer talabwärts ritt. Je weiter sie vordrangen, desto dichter wurde aber das Gebüsch. Sie hielt die Richtung, indem sie sich nach der Sonne richtete und fand schließlich einen schmalen Uferpfad. „Nun sind wir fast am Ziel, meine Liebe."

Die Stute schnaubte, als ob sie alles verstanden hätte, und trottete den Pfad entlang talabwärts, auf der Suche nach den Tannarí.

„Halt." Die scharfe Stimme duldete keine Widerrede.

Dánirah zügelte ihr Pferd und Lai stampfte ungeduldig. Zwei Tannarí-Jäger traten aus dem Gebüsch, ihre langen Jagdbogen gespannt. „Wer bist du, Tochter der Dämmerung, und was tust du hier?"

Erleichterung durchströmte Dánirah beim Anblick ihrer dunklen Gesichter. „Ich bin Dánirah-àna-Shonai. Ist He'sha bei euch?"

Die Männer senkten ihre Bogen. „Willkommen daheim, Tochter der Träumerin. Mein Name ist Taliten. He'sha hat erwähnt, dass du ihm die Botschaft des Keleni-Königs gebracht hast. Er leitet unsere Unternehmung."

„Gut. Die Schlacht hat schon heute Morgen begonnen, nördlich von hier im Tal des Geai. Das Heer der Keleni steht unter Druck. Wenn wir ihnen helfen wollen, müssen wir uns beeilen."

„Wir haben keine Pferde und bewegen uns langsamer als die Reiterheere." Taliten schob seinen Pfeil zurück in den Köcher. „Außer, du kennst eine Abkürzung ."

Dánirah rief sich die Aussicht von dem Hochplateau in Erinnerung. „Es könnte einen Pfad geben, der für entschlossene Krieger zu Fuß taugt."

„Dann sollten wir keine Zeit verlieren. Reite voraus und zeig He'sha diesen Weg." Taliten holte ein schlankes Horn aus seiner Tasche. „Worauf wartest du noch? Ich sage ihm Bescheid, dass du kommst."

Dánirah drückte ihre Fersen in die Seiten des Pferdes und beugte sich vornüber, während Lai dem schmalen Pfad entlang galoppierte, als hätte sie nicht gerade einen mörderischen Ritt hinter sich. Über ihnen hallten die langgezogenen Töne von Talitens Horn durch das Tal und kündigten dem Anführer ihre Ankunft an. Eilig drückten sich die Tannarí Krieger zur Seite, um sie durchzulassen, manche riefen ihr auch aufmunternde Worte zu. Sie erkannte mehrere Frauen unter ihnen, wie alle mit langen Bogen bewaffnet. Ein flammender Stolz auf ihr Volk flackerte in Dánirahs Herz auf.

Die Kolonne der Krieger der Dämmerung war lang, aber an ihrer Spitze zügelte sie Lai in einem Kreis von Ältesten. He'sha trat vor und legte dem Pferd eine Hand auf die Stirn.

„Willkommen zuhause, Tochter der Träumerin. Ein glücklicher Stern führt uns wieder zueinander."

„Das ist wirklich ein glückliches Zusammentreffen in dunklen Zeiten, He'sha." Sie glitt vom Pferd und musste sich einen Moment außer Atem festhalten. „Die Schlacht zwischen den Truppen des Sonnenkönigs und den Söldnern hat im Tal des Geai bei Sonnenaufgang begonnen."

„Sind wir zu spät?"

„Nicht wenn wir diesen Hang hochklettern, um den Weg abzukürzen."

He'sha und die Ältesten studierten die Felsbänder, die durch den steilen Hang über ihnen schnitten. Eine stämmige Frau kratzte sich im Nacken. „Diese Seite ist leicht zu erklimmen. Aber was ist, wenn auf der anderen Seite eine unbezwingbare Felswand liegt?

„Die andere Seite ist viel flacher als diese. Ich kam von da oben." Dánirah zeigte auf die Kuppe hoch über dem Tal. Beim Anblick des Hangs, den sie hinuntergeritten war, wurde ihr beinahe übel. Von hier aus sah sie erst die Gefahr, in die sie sich begeben hatte.

He'sha klatschte in die Hände. „Wir kamen her, um zu helfen. Wenn uns Dánirahs Weg zum Erfolg führen kann, sollten wir hier nicht länger verweilen."

Eine Gruppe junger Tannarí klettere voran, um gangbare Routen zu erkunden. Die anderen folgten ohne zu zögern nach. Sie kamen rasch voran, und Dánirah überlegte, ob sie die Stute zurücklassen und sich ihrem Volk anschließen sollte. Lai war ihr in diesem Tagen aber Herz gewachsen — und besonders, nachdem sie zusammen diesen Hang bewältigt hatten.

„Was denkst du, schaffen wir auch den Aufstieg? Nach all unseren gemeinsamen Abenteuern möchte ich dich nicht hier zurücklassen. Du hast mich hinunter getragen, also müsste es hoch doch auch gehen, wenn wir die Felsbänder umgehen? Da rechts hat es eine Stelle, die etwas flacher aussieht, und wir müssen ja nicht wieder bis zum Gipfel, bloß über die Kante dort."

Lai schnaubte und Dánirah stieg zurück in den Sattel. Ihr Hintern schmerzte von all dem ungewohnten reiten und ihr Rücken fühlte sich an wie ein Schilfhalm, der von einem starken Wind gebeutelt wird, bis er bricht. Aber sie konnte nun nicht aufgeben, nicht wenn He'sha und die Krieger der Tannarí, Liha und Berim alle in diesen Kampf ritten.

Nach der Erfahrung vom Abstieg ließ sie die Stute den Weg suchen und hoffte, dass sie so nicht wieder ganz auf das Plateau aufsteigen mussten und die Rippe an einer möglichst tiefen Stelle queren konnten. Für die Passage eines schmalen Felsbands stieg sie ab und folgte Lai, die trittsicher einen Pfad fand. So erreichten sie sicher den Kamm, aber He'sha und die anderen waren bereits weitergezogen.

Dánirah suchte sich eine Stelle, von der aus sie das Schlachtfeld einsehen konnte. Sie konnte Melishs Gruppe nicht mehr ausmachen. Vermutlich waren sie längst in den Kampf verwickelt. Von den Hügeln im Norden strömten nun die Söldner ans gegenüberliegende Flussufer. Katims Nachhut war immer noch zu weit entfernt flussabwärts, um einzugreifen. Sie seufzte und ließ Lai den Spuren von He'shas Kriegern folgen. Was immer sie Liha versprochen hatte, sie konnte nicht beiseite stehen, während ihr Volk in den Krieg zog.

Sie hätte Melish um einem Bogen oder einen leichten Speer bitten sollen. Ihr Messer war im Lager der Söldner liegengeblieben und ihre bloßen Hände bestimmt schlechte Waffen im Kampf gegen kriegserprobte Männer. Entschlossen, trotzdem irgendwie ihr bestes zu geben, trieb sie Lai an. Vielleicht konnte sie von He'shas Leuten eine Waffe bekommen. Aber die Tannarí hatten inzwischen das Schlachtfeld bereits fast erreicht und rannten durch das trockene Gras auf die Kämpfenden zu.

„Dánirah!"

Der Ruf ließ sie aufhorchen und sie zog scharf an den Zügeln. Lai wieherte und tänzelte auf ihren Hinterläufen, eine solch raue Behandlung nicht gewohnt. Dánirah ließ die Zügel los und beugte sich nach vorn. „Bitte verzeih. Ich wollte dir nicht wehtun." Lai grunzte, als würde sie Menschen niemals verstehen.

„Dáni, bist du das wirklich?"

Shonai ließ ihre Tasche zu Boden fallen und lief mit flatterndem Schal und Rock auf sie zu.

Dánirah glitt aus dem Sattel und umarmte sie. Tränen stiegen in ihre Augen als Shonais vertrauter Duft nach Kräutertee und Lagerfeuer ihre Nase kitzelte. „Mutter, es ist so gut, dich zu sehen. Und ich fürchtete schon, wir hätten einander verpasst."

„Wie hätten wir uns verpassen sollen? Der Traum hat mir gesagt, dass wir uns im Grasland treffen, und hier treffen wir uns. Lass mich dich ansehen." Die Träumerin fasste sie an den Schultern und studierte sie von Kopf bis Fuß. „Du bist gewachsen, Dáni, wenn nicht dein Körper, so doch deine Seele."

„Danke, Mutter. Ich habe eine interessante Zeit hinter mir. Aber wie ist es dir ergangen, was ist mit deinem Husten?"

„Wir haben das Möglichste getan, den Husten zu heilen." In ihrer Freude hatte Dánirah die Begleiterin ihrer Mutter noch gar nicht angesehen, die nun zu ihnen trat. Ihre Stimme weckte längst vergessene Erinnerungen an einen Sommerlager an einem Fluss, an summende Bienen über den Blüten und Bündel von Kräutern, die an der Sonne trockneten.

„Dánan."

Als die Schattenwandlerin sie in die Arme schloss, umfing sie der Geruch von Fichtenharz und Nashikraut. „Es ist gut, dich zu sehen, meine Patentochter. Ich bin gespannt auf deine Geschichte, aber zunächst müssen wir noch in einen Krieg ziehen."

„Aber ihr könnt nicht aufs Schlachtfeld ziehen." Mit der Gegenwart ihrer Mutter und Patentante schien die Idee, den Kriegern zu folgen, plötzlich völlig unangebracht. „Ihr könntet verletzt werden."

„Das ist ein Krieg, Dáni. Viele Menschen werden heute verletzt." Shonais trauriges Lächeln weckte eine warme Flamme der Liebe in Dánirahs Herz. „Aber nach jeder Schlacht benötigen die Überlebenden Hilfe und Heilkraft. Das ist der Grund, weshalb wir uns vor einigen Tagen He'shas Zug anschlossen."

Dánan befreite ihren langen, schwarzen Zopf aus den Falten ihres Schals und blinzelte. „Unsere Aufgabe ist nicht, uns in den Kampf zu stürzen, aber alles für die Zeit danach vorzubereiten. Wirst du uns dabei helfen?"

„Ja, natürlich."

Dánan lächelte und rückte die Träger ihres Packs zurecht. „Dann los."

Mit einem Kopfschütteln nahm Dánirah Lais Zügel und folgte den beiden Frauen zu einem kleinen Gehölz über der Flussebene. Sie hatte nicht mit dieser Begegnung gerechnet, aber zum ersten Mal seit Tagen spürte sie so etwas wie Zuversicht.

Aber schon bald erreichte sie das Getöse von Waffen und die Schrei der Krieger. Der Kampf war noch in vollem Gang.

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