Der Geschmack von Asche

بواسطة Irres_Irrlicht

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ABGESCHLOSSEN. "Berlin, 15. Juni 1927 - Verstecke einen Ortungszauber in einer illegalen magischen Lieferung... المزيد

Vorwort
Prolog
1: Charleston
2: Ein kompetenter Auftragsstart
03: Wenn einer etwas wissen will
04: Es war einmal im Mai - 1
Zwischenspiel: Ein Hauch von Aura
05: Es war einmal im Mai - 2
Zwischenspiel: Ein Hauch von Tot
06: Es war einmal im Mai - 3
08: Gassenwissen
09: In gebotener Eile
10: Lillians kleines Geheimnis
11: Ankerpunkte
12: Der Geschmack von Asche
Epilog
Nachwort

07: Feuer und Flamme

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بواسطة Irres_Irrlicht


Deutschland, Berlin – 15. Juni 1927

„Lass mich gehen", ächzte Siegfried und das Kratzen in seinem Hals verriet ihm, dass er die Worte nicht nur gedacht hatte. Oder waren das Lillians Schmerzen, die er nun begann, selbst zu spüren? Siegfried wusste es nicht. Es interessierte ihn nicht. Er wollte nur, dass es aufhörte.

Doch Lillian kannte keine Gnade. Stattdessen zog sie ihn tiefer in ihren Geist, bis die Bilder an ihm vorbeischwirrten und sein Selbst völlig in ihrer Vergangenheit zu ertrinken drohte. Angst, Hass, Freude, Wut und ein plötzlich taumelndes Hoch an Emotionen, wechselten genauso schnell wie Sorge, Trauer, Lust und abgrundtiefe Verzweiflung ohne, dass er sagen könnte, welche Gefühle zu welchen der vorbeirasenden Bilder gehörten. Unendlich viele fremde Gesichter zogen an ihm vorbei. Nicht nur ein Leben, sondern viele Leben – mehr, als sein Geist je auf einen Schlag verarbeiten könnte. Und Raik. Immer wieder Raik.

„Bitte", flüsterte der Hexer. Er wollte das alles nicht länger sehen. Konnte die Nähe zu diesem Chaos nicht mehr ertragen.

Schlagartig hörte es auf. Er war allein mit seinen eigenen Gedanken.

Dann schnitt Lillians Stimme kalt durch seinen Geist: „Nie wieder." Nichts hatte ihm je zuvor so viel Angst eingejagt wie diese Stimme in diesem Augenblick. „Nie wieder wirst du mich oder die meinen bedrängen. Das nächste Mal brenne ich dir deinen kleinen, unbedeutenden Verstand aus." Stille, in der er nicht wagte, irgendetwas zu sagen. „Hast du das verstanden?"

Siegfried zitterte und nickte. Dann wurde ihm bewusst, dass sie das nicht sehen konnte. „Ja", murmelte er leise.

Raik neben ihm schnaubte und der Hauch seines Atems streifte Siegfrieds Wange. So dicht neben dem großen Werwolf, fühlte Siegfried sich winzig. Auch wenn sie gerade mal ein halber Kopf Größenunterschied trennte - der Hexer wäre am liebsten einen Schritt bei Seite gegangen und endlich hinter dem Vorhang hervorgetreten. Nur weg, so viel Abstand wie möglich. Doch die Hand auf seiner Schulter war unerbittlich, mahnte ihn zum Stillhalten. Also hielt er still, wie ein Kaninchen, das sich tot stellte, weil es einen Wolf witterte.

Dann wurde die Tür geöffnet. Siegfried zuckte zusammen.

Raik neben ihm atmete tief ein.

„Ein Mensch", hauchte der Werwolf fast lautlos an seinem Ohr und Gänsehaut rieselte Siegfrieds Rücken herab. Nicht wegen Raik, nicht nur, sondern, weil die Person vor ihnen ein Mensch war. Das bedeutete, dass der Hexenzirkel, den sie suchten, mindestens mit normalen Menschen zusammenarbeitete. Das erhöhte die Aufdeckung der übernatürlichen Gemeinschaft immens. Vor allem warf es unangenehme Fragen auf, die den ganzen Auftrag um einiges komplizierter machten, als ursprünglich angenommen.

Siegfrieds Gedanken drehten sich im Kreis, ohne dass er einen davon zu fassen bekam. Obwohl Lillian seinen Geist freigegeben hatte, ließen ihn ihre Erinnerungen noch immer nicht los. Er wünschte, er könnte sich hinsetzen. Wenigstens bis dieses andauernde Zittern seiner Händen endlich aufhörte und seine Beine sich nicht mehr anfühlten, als würden sie jeden Moment unter ihm wegknicken.

Aber das ging nicht.

Das war ein Auftrag des Ordens. Und er konnte und durfte sich nicht noch mehr Blöße vor Lillian und Raik geben. Also drehte er seinen Kopf ein winziges Stückchen nach rechts und schaffte es, durch den Spalt zwischen den Vorhängen hindurchzulinsen.

In der Tür stand ein Mann im schwarzen Anzug.

Konzentriert versuchte Siegfried sich daran zu erinnern, ob er ihn schon einmal gesehen hatte. Irgendwie kam er ihm bekannt vor. Doch das Gehirn des Hexers streikte noch immer – und Raiks bedrohliche Nähe neben ihm, tat ihr Übriges dazu. Nicht zuletzt, weil der Werwolf eine regelrecht unangenehme Hitze abstrahlte. Trotzdem versuchte Siegfried, sich nicht ablenken zu lassen und beobachtete weiter.

Der fremde Mann sah sich aufmerksam im Raum um und bewegte sich auf die Sitze der Loge zu. Siegfried starrte auf den Nacken des Kerls. Es lief alles nach Plan. Jetzt müsste er nur die Schachtel nehmen und-

Der Mann im Anzug stoppte.

Siegfried hielt die Luft an, als der Mann tief die Luft einzog und ein Hauch von Ekel über seine Mimik glitt. Langsam drehte er sich um die eigene Achse, ließ den Blick schweifen. Einen Augenblick verharrte er reglos. Dann ging er zu dem Pflanzenkübel, der kürzlich Bekanntschaft mit Siegfrieds Mageninhalt gemacht hatte. Als er hineinsah, verzog sich sein Gesicht angewidert.

„Verdammt", wisperte der Werwolf dicht neben ihm tonlos. „Er ahnt die Falle."

Wegen ihm. Wegen seinen Überresten. Das sagte Raik nicht, aber der Vorwurf stand unausgesprochen zwischen ihnen und Siegfried fühlte einmal mehr unendlich große Scham in sich aufkochen.

Plötzlich drehte sich der Anzugträger um und verließ den Raum ebenso leise, wie er gekommen war – ohne die Talismane auch nur angerührt zu haben. Siegfried starrte auf die sich langsam schließende Tür.

Nein. Nein. Verdammter Dreck. Das durfte nicht passieren. Er durfte diesen Auftrag nicht in den Sand setzen. Das war die Chance gewesen. Seine Chance, sich zu beweisen. Vor seinen Mentoren, seinen Vorgesetzten und sogar vor Lillian und Raik, denen er zeigen wollte, dass er nicht so nutzlos war, wie sie es ihn die ganze Zeit spüren ließen. Er durfte nicht mit Nichts nach Hause gehen.

Ohne weiter nachzudenken, rannte er hinter dem Mann her.

„Stopp!" Raiks Stimme, leise, aber scharf.

Siegfried ignorierte das und stürmte auf die Tür zu.


„Ars magica. Unum." Der Talisman an seinem Armband gab ein hohes, kaum hörbares Klingen von sich, als die Siegelworte die gespeicherte Aura in ihm freisetzte. Aura, die der Hexer zu nutzen gedachte, um nicht von seinen eigenen Körperreserven zehren zu müssen.

Als er den Gang betrat, spürte er die Macht durch seinen Körper fließen. Im Gleichschlag seines Herzens pumpte sie durch seine Venen und Adern, als er mit seinem Geist darauf zugriff, sie neu formte, in Magie umwandelte und in seinen Händen sammelte. Er fühlte sich stark und unverwundbar. Nicht einmal Raiks leises Fluchen konnte daran etwas ändern, als der Werwolf ihm nacheilte. Der Hexer ignorierte das, musste sich beeilen. Bevor der Mann die nächste Ecke erreichte.

Ohne länger zu warten, deutete er auf den Rücken des fliehenden Mannes.

„Rumpere" Er spürte, wie ein Teil der Aura seinen Körper über die rechte Hand verließ und als wirres Flirren auf den anderen zustobte, um den natürlichen Auraschild des Mannes zu durchbrechen. Erst dann konnte er es wagen, einen Fluch in dessen Richtung zu schicken, um ihn wirkungsvoll angreifen zu können. Doch leider hatten Menschen naturgemäß von allen Rassen das stärkste Auraschild, was die meisten nahezu unverwundbar gegenüber alle übernatürliche Angriffe machte – aber auch blind für alles, dass mit Aura und Magie zu tun hatte.

Doch der Fremde war schon herumgewirbelt, ehe das Flirren bei ihm angekommen war. Anscheinend war dieser Mensch nicht blind für die Magie um ihn herum, denn er hechtete gekonnt beiseite, um Siegfrieds Aurastoß auszuweichen.

Trotzdem hatte der Hexer Schaden hinterlassen. Siegfried spürte das in der plötzlich frei werdenden Aura, die jetzt überall um sie herum waberte und ein sanftes Prickeln auf seiner Haut hinterließ. Die Frage war, wieviel Auraschutz der Mann jetzt noch hatte. Lohnte sich ein direkter Angriff? Siegfried zögerte nur einen winzigen Moment.

Zu lang.

Der Mann hatte einen Feueranzünder gezogen.

Klick.

Ein winziges Gas-Flämmchen erschien an der Spitze des Anzünders und züngelte über eine kleine, goldene Münze. Sie sah genauso aus, wie die, die Siegfried bis vor kurzem in seiner Anzugtasche herumgetragen hatte.

„Feuer", keuchte Raik dicht hinter ihm, packte Siegfried am Kragen und zerrte ihn mit einem brutalen Ruck zurück in die Loge.

Etwas knackte. Schmerz durchzuckte Siegfrieds Schulter, als ein Aurastoß wie eine Druckwelle kribbelnd an ihm vorbeifuhr. Dicht gefolgt von sengender Hitze, die dort einschlug, wo er gerade noch gestanden hatte.

Sofort fing die Tapete Feuer, das gierig über den brennfreudigen Leim und das trockene Papier an den Wänden zu leckte.

Noch bevor Siegfried um die Ecke schauen konnte, zog eine weitere Hitzewelle an ihm vorbei und schlug in das dekorative Ölbild der Aphrodite ein. Auch das fing sofort Feuer und innerhalb von Sekunden war die Göttin von gierig flüsternden Flämmchen umgeben.

„Scheiße", fluchte Raik mit einem kurzen, prüfenden Blick auf die schnell größer werdenden Flammen. „Wir müssen hier raus."


_____________________________________

Lichtis Quatschecke:

An dieser Stelle nutzt Siegfried ein paar lateinische Begriffe, weil Latein unter Hexen noch immer sehr gebräuchlich ist (Warum? Hauptsächlich weil Talisamane auf bestimmte Trigger als Auslöser programmiert werden müssen, um aktiviert zuw erden, meist sind das Worte. Da ist es besser, Worte zu verwenden, die man nicht ausversehen in einem Gespräch nutzten wird.). 

Ich selbst kann aber kein Latein ^^''. 

Aber die wundervolle Kaind0 kann das! :D Sie hat mir großzügig bei den Übersetzungen geholfen! :D Und für alle, die wie ich auch komplett verloren sind mit dieser Sprache, hier die Übersetzung der benutzten Worte:

Ars Magica = magische Kunst
Unum = eins
Rumpere = zerstören

Habt noch einen schönen Tag!

Eure Lichti. :)


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