Nemesis - Kronen und Götter

By veracrystall31

122K 13.5K 2K

>>Ich weiß, dass ich sterbe, wenn ich den Deal nicht erfülle!>Du weißt gar nichts.<< *2. Teil* Der Handel, de... More

Prolog
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
Lesenacht
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
67
~Special-
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83

66

1.3K 161 47
By veracrystall31

Nemesis
Mir stockte der Atem und ich wurde still. Traute mich nicht, mich zu bewegen. Wartete, dass er die Worte zurückzog. Dass ich es mir nur einbildete.
Aber das tat er nicht.

Nein, Naevan stand zu seinem Wort und sah mich entschlossen an. In seinen Augen wirbelten die Gefühle, die er nicht aussprach.

„Aber ich werde sowas nie von dir verlangen", sagte er mir einem gequälten Lächeln, „So egoistisch bin ich nicht."

Es gab so vieles, was ich antworten wollte, aber ich hatte Angst. Statt der Antwort, die mir auf der Zunge lag, fragte ich:
„Ich dachte, wir hassen uns?"
Naevan schnaubte und fuhr sich durch das nasse Haar.
„Ich glaube, darüber bin ich schon lange hinaus."

Er ließ den Arm wieder sinken und die Strähnen fielen ihm zurück in die Stirn. Erneut lag sein Blick auf mir und mein ganzer Körper kribbelte, als stünde er unter Strom.

Vielleicht war es dumm. Vielleicht hätte mich die Burg und die Menschen, die mich dort verraten hatten, etwas besseres lehren sollen, aber ich machte einen Schritt vor. Und noch einen.

Ich hatte meine Hand dabei nicht von seinem Herzen genommen und spürte es schneller schlagen, als ich Stück für Stück den Abstand verringerte. Stück für Stück auf eine Klippe zusteuerte. Ein möglicher Sprung, den man nicht rückgängig machen konnte.

Naevan ließ mich nicht aus den Augen, war komplett regungslos, wie eine Statue. Er wagte kaum zu atmen.

„Was wenn ich will, dass du mich küsst?", wollte ich so leise wissen, dass es kaum zu hören war.
Aber Naevan verstand es klar und deutlich und ein Feuer loderte in seinen Augen auf.
„Nemesis...", hauchte er, als ich mittlerweile so nahe getreten war, dass unsere Fußspitzen sich beinahe berührten.

Langsam sah ich zu ihm hoch. Ich spürte seinen Sturm, der im Einklang mit meinen in seiner Brust wirbelte. Ich hörte sein schneller schlagendes Herz, spürte die Stärke seine Muskeln, seine Präsenz, die jegliche Bilder vertrieb. Mich abschirmte vor der Vergangenheit, der ich versuchte zu entfliehen.

„Was ist, wenn ich dich will, Naevan?"

Denn das tat ich. Genau hier und ihm so nah, fühlte sich so richtig an, wie schon lange nicht mehr. Die Hitze seines Körpers schmolz das Eis in mir und ließ einen Funken Wärme in mir entstehen.
Ich wollte ihm nah sein. Ich wollte ihn.

Zusammen mit diesem Gefühl, mischte sich die Angst. Ich erwartete den Verrat, die Zurückweisung. Wappnete mich innerlich gegen den Schlag, aber er kam nicht.

Stattdessen beugte Naevan sich langsam zu mir runter ohne mich aus den Augen zu lassen. Ein Zurückziehen von mir und er würde es sein lassen. Er bedrängte mich nicht, ließ mir die Wahl zum letzten Schritt, als unsere Lippen nur Zentimeter voreinander schwebten. Der Rest seines Körper bewegte sich nicht, seine Arme hingen vergessen an ihm herab.
Er würde mich nicht berühren, so lange ich es nicht erlaubte.

Ich spürte seinen Atem, hielt seinen Blick eine Sekunde fest und beschloss, dass ich alles riskieren wollte.

Also überbrückte ich den letzten Abstand zwischen und und legte meine Lippen auf seine.

Der Kuss war sanft, vorsichtig. Ohne Drängen, ohne Gewalt. Und doch zerfloss ich im Inneren, als Wärme mein ganzes Sein erfüllte.
Der Kuss war so zart, so liebevoll, wie ich es noch nie erlebt hatte.

Naevans Hände zuckten in meine Richtung, aber er hielt sich zurück, machte keine Anstalten den Kuss zu intensivieren.
Er überließ mir die Führung.

Doch dieser zärtliche Kuss reichte mir nicht.

Ich legte meine Hand an seinen Hinterkopf und zog ihm weiter zu mir runter. Gleichzeitig drängte ich mich gegen ihn, um jeden Zentimeter seines Körpers an meinen zu spüren.
Wir stöhnten beide leise auf, wie Verdurstende, die gerade ihren ersten Tropfen Wasser erhielten.

Ich dachte nicht an die anderen Männer, die sich an mir gelabt hatten. Ich dachte nur an Naevans Duft und seine Lippen auf meinem Mund.

Da er sich noch immer mit jeglichen Berührungen zurückhielt, nahm ich vorsichtig seine angespannten Hände und legte eine davon auf meine Hüfte.
Die andere erlaubte ich ihm, auf meine Wange zu legen.

Für einen Moment lösten wir uns schwer atmend voneinander und sahen den jeweils anderen ungläubig an. Naevans Wangen waren leicht gerötet und sein Gesicht so verwundbar wie noch nie, sein Mund noch leicht geöffnet.

„Das habe ich schon viel länger tun wollen, als ich zugeben will", gestand er rau.
„Dann hör nicht auf."

Als wir diesmal aufeinandertrafen war da nichts unschuldiges mehr an sich. Wir erkundeten den jeweils anderen als gäbe es kein Morgen mehr.

Dabei schmeckte ich das Salz von dem Meerwasser, aus dem er mich gerettet hatte. Wasser tropfte von unserer Kleidung auf den hölzernen Steg und lief an unseren Wangen herab, aber wir bemerkten es kaum. Genauso wenig scherten wir uns um das Blut, das noch an uns beiden klebte.

Naevans Hand ruhte ruhig auf meiner Hüfte, aber er ließ sie nicht weiter wandern. Ebenso sanft strich er über meine Wange, während ich seinen Mund eroberte.
Die Art, wie er mich berührte, ließ mich am ganzen Körper erschauern. Das war nicht die Gier oder der Besitzanspruch, den ich kannte.
Es war Ehrfurcht.

In diesem Moment dachte ich nicht an Allstair. Ich dachte nur an Naevan.

Daran wie perfekt sich sein Körper an meinen schmiegte, wie wundervoll weich seine Lippen waren und wie unfassbar vorsichtig er mich hielt.

Ich wusste, ich fiel, aber es war mir egal. Es war mir egal, dass wir einen Schritt getan hatten, der nicht mehr rückgängig zu machen war. Dass ich sterben würde, weil er lebte und andersrum.

Eine Hand an seinem Hinterkopf, drückte ich die zweite ein wenig stärker gegen seine Brust. Dort, wo sein Herz schneller schlug.
Ein zweites Mal lösten wir uns. Doch die knisternde Energie war nicht verflogen. Die Anziehungskraft blieb da und weckte in mir den Wunsch, ihn erneut heranzuziehen.

„Am liebsten hätte ich dich in dem Moment geküsst, in dem du in die Schlacht gesprungen bist", erzählte er leise und legte seine Stirn an meine, „Du hast die Schwerter gezogen, ohne Angst und mit wilder Entschlossenheit, da wusste ich, ich bin verloren."
Unterhalb meiner Wimpern sah ich ihn an.
„Was hat dich zurück gehalten?"

Ich spürte die Vibration seines Lachens.
„Infizierte?"
„Oh stimmt. Da war ja was."

Wieder lachte er und richtete sich auf, seine Hände lagen noch immer dort wo ich sie hingelegt hatte und wir waren kein Stück zurückgewichen. Es gab kaum einen Zentimeter seines Körpers, den ich nicht an meinem spürte.
Aber ich fühlte mich wohl mit der Wärme, in die ich gehüllt war.

Es war als schirmte er mich vor allem ab. Mit seinen sanften Händen war jede andere Berührung vor ihm vergessen.

„Ich will nicht an etwas anderes als jetzt denken", murmelte ich leise und sein Lächeln verflog.
„Ich auch nicht."
Seufzend sah ich in die Richtung, aus der vorher Drystan und die anderen gekommen waren.
„Aber wir müssen weiter. Morgen wird Arnicus schon angreifen."
Sein ganzer Körper versteifte sich und Schmerz blitzte in seinen Augen auf. Denn wir dachten an das gleiche: meinen Tod.

„Wir schaffen es nur rechtzeitig, wenn du uns alle wieder übernatürlich schnell werden lässt", bemerkte Naevan, „Und das ist zu viel."
Ich presste den Kiefer aufeinander. „Ich schaffe das. Ihr müsst mir nur genügend Magie geben."
Er berührte sanft mein Kinn, um es zurück zu ihm zu drehen. Die Berührung so flüchtig, dass ich sie kaum spürte.

„Oh daran habe ich keine Zweifel."
Er sah mich ernst an.
„Aber nur weil du es kannst, heißt es nicht dass du es musst. Nicht wenn du dich selbst auslaugst. Du musst dich ausruhen."

Doch da ließ ich nicht mit mir reden und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Nach morgen werde ich mich für alle Ewigkeit ausruhen."
Naevan zuckte zusammen, als hätte ich ihn geschlagen.
„Nemesis-"
„Wir müssen zurück nach Traddis. Auch wegen dem Brief."

Zwar klappte der Hüter den Mund zu, aber er machte keine Anstalten nachzugeben. Störrisch erwiderte er meinen Blick.

Aber ich würde jetzt nicht schlapp machen. Morgen würde der Tod mich holen, aber ich würde einen Teufel tun, nicht auf dem Schlachtfeld zu sein, wenn Arnicus und Allstair angriffen.

„Arnicus greift morgen an. Wir müssen für die Schlacht bereit sein."
Naevan schnaubte verächtlich.
„Diese Welt ist mir egal. Sollen sie doch verlieren. Ich will nur deine und meine Rache."
Er ahmte meine Haltung nach.

Krachend trafen unsere Blicke aufeinander. Einer unnachgiebiger als der andere.

„Und ich will kämpfen. Bis zu meinem verdammten letzten Atemzug", presste ich hervor, „Und ich will dort sein, wenn Allstair angreift. Ich will seine Marionetten töten, wie ich es heute getan habe. Der Tod mag über mir schweben und diesmal kann ich ihm nicht entkommen, aber den einzigen Weg, in die Hölle, mit dem ich einverstanden bin, ist durch Blut."

Ich ließ ihn sehen, wie ernst ich es meinte. Hielt mich nicht zurück.
Sieh dem Monster ins Gesicht.
Das tat ich. Ich wusste, wer ich dank Allstair geworden war und das würde ich nie wieder begradigen können. Ich war eine Waffe, daran ließ sich nicht rütteln.
Aber ich würde als Waffe untergehen, die keinen Besitzer hatte. Ich führte mich selbst.
Bis zum bitteren Ende.

Naevans Kiefer zuckte, aber er kämpfte auf verlorenen Posten.
„Wie du willst", seufzte er.

Wortlos gingen wir ein paar Schritte auseinander und wandten uns in die Richtung, aus der die anderen gekommen waren.

Mit einer wegwischenden Handbewegung des Hüters verschwand die Illusion der Spiegelebene, sodass wir die anderen sehen konnten und sie uns. Eine Sekunde lang trauerte ich dem Frieden nach, der uns in der Kuppel umgeben hatte, aber es gab Wichtiges zu tun.

Prompt stolperte Drystan nach vorne, einen Arm erhoben, als hätte er auf die Kuppel eingeschlagen, wo die anderen mit unschlüssigen Mienen und verschränkten Armen dahinter standen.

Der Prinz fing sich und riss seinen Kopf zu mir.
„Nemesis! Geht's dir gut?"
Als ich knapp nickte, schoss sein Blick dunkel zu Naevan, der wieder eine gelassen, ausdruckslose Miene aufgesetzt hatte. Auch ich hatte meine Mauern hochgezogen und jegliche Zeichen von Erschöpfung in meinen Zügen vertrieben

„Was habt Ihr gemacht?", wollte er an Naevan gewandt wissen. Dabei hatte es einen erstaunlich feindseligen Unterton.

Der Angesprochene hob nur die Augenbrauen.
„Was soll ich denn getan haben?"
„Ihr habt uns einfach ausgesperrt. Was sollte das?"
Naevan blieb ruhig, aber seine Miene wurde kaum merklich kühler.
„Ich habe Nemesis die Ruhe gegeben, die sie verdient."

Die Augen des Prinzen wurden schmal und er sah fragend zu mir. Als ich nur knapp nickte, wirkte er nicht unbedingt glücklicher.

Hinter ihm tauschten Aramis und Martell beunruhigte Blicke, wobei Aramis sich immer noch auf seinen Freund stütze. Er wirkte sehr blass, aber er schwieg.

Prinzessin Chara stand mit schwarzen Blut besudelt, wie wir alle, ein Stück hinter Drystan und verfolgte das Gespräch. Ihre Ringe waren wieder an ihrer Hüfte und reflektieren zusammen mit ihrer weißen Rüstung das Sonnenlicht.

„Und was war das für eine Nummer mit den Wellen?", brauste Drystan jetzt auf, „Ihr habt Magie. Und nicht nur irgendwelche, sondern die Magie der Götter, stimmt's? Ich hab es deutlich gespürt."

Naevan bestritt es nicht, aber ich sah ihn von der Seite an. Das erklärte auf jeden Fall seine übernatürliche Stärke. Ähnliches hatte ich mir auch schon gedacht, weswegen mich die Bestätigung nicht unbedingt überraschte.

„.Ich hüte sie, indem ich sie bei mir habe", erklärte Naevan, „Niemand kann an sie ran, außer ich gebe sie freiwillig."
„Wo wir auch direkt beim nächsten Punkt sind."
Drystan machte einen Schritt auf ihn zu, die Hände zu Fäusten geballt.
„Ihr habt gesehen, wie tief wir in der Scheiße stecken bei der Anzahl an Infizierten. Werdet Ihr uns die Magie jetzt geben oder nicht?"

Jetzt wurde Naevans Gesicht steinhart.
„Nein."
Einen Moment lang waren alle still, denn sie hörten die Endgültigkeit in seinen Worten.

Drystan explodierte als erstes.

„Bastard! Wollt Ihr uns etwa alle sterben und versklaven lassen?"
Mittlerweile war der ganze Körper des Prinzen angespannt.
Doch Naevan zeigte sich von dem anklagenden Ton unbeeindruckt.
„Diese Welt interessiert mich nicht."

Deystan bebte regelrecht, aber dann war er eine Sekunde still, ehe er leichenblass wurde. Langsam dreht er den Kopf zu mir.
„Aber... wenn du uns die Magie nicht gibst, kann Nemesis den Deal nicht erfüllen. Und dann..."
Er brach ab, also war es Chara, die es für in aussprach.
„Dann wird Nemesis sterben."

In meinem Gesicht war keine Regung, als ich den Schluss mit knappen Nicken bestätigte. Dennoch tobte die Angst in mir, obwohl ich mein frühzeitiges Ende akzeptiert hatte.

Für einen Moment waren alle geschockt, dann machte Drystan drohend ein paar Schritte auf Naevan zu.
„Wollt Ihr sie einfach dem Tod überlassen?! Denn das werde ich nicht zulassen!"

Dieser presste die Lippen kaum merklich aufeinander.
„Ich werde Euch die Magie nicht geben. Es ist sinnlos zu diskutieren."

Für einen Moment erdolchte Drystan den Hüter mit seinem Blick.
Dann schlug er Naevan mit der Faust ins Gesicht.

~2125 Wörter

Continue Reading

You'll Also Like

2.6M 34.8K 54
TEIL 1. ,,Wir sollten eigentlich damit aufhören..", nuschelte sie schweratmend in den Kuss, während er an ihrer Hose rumfummelte und diese letztendl...
124K 6.7K 85
Amelia, eine Soldatin aus der dritten Kaste, will eigentlich gar nicht an der Selection teilnehmen. Durch eine (un)glückliche Wendung wird sie trotzd...
982K 27K 33
„Ich möchte dir nicht weh tun, doch wenn du mir keine andere Wahl lässt.." Den Rest des Satzes ließ er im Raum stehen.. Ich schluckte schwer und sah...
1.1M 29.4K 102
*wird überarbeitet* Ein Leben an der Seite eines kriminellen Mafiabosses? Als seine Ehefrau? Für Nyx undenkbar. Doch das Schicksal hat andere Pläne...