Liha & Dánirah - Der Drache u...

By jinnis

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Liha würde alles tun, seine Familie zurückzubekommen. Aber ihm bleibt nur die Rache. Deshalb will er dem Heer... More

Vorwort
1 - Der Sohn des Schmieds
2 - Fluch oder Segen?
3 - Der Prinz
4 - Die goldene Stadt
5 - Verletzt
6 - Kreaturen der Nacht
7 - Getrennte Wege
8 - Mehr als ein Schwert
9 - Begegnung am Keli
10 - Wie ein Sohn
11 - Rat der Hrankaedí
12 - Der ungekrönte König
13 - Melishs Trupp
14 - Kriegsrat
16 - Kein Spiel
17 - Flucht
18 - Kommunikation
19 - Wiedersehen
20 - Nächtliche Mission
21 - Aufbruch
22 - Folgt den Drachen
23 - Feuerspur
24 - In den Kampf
25 - Hilfe
26 - Der Bogenschütze
27 - Der König
28 - Die Träumerin
29 - Der Drache von Kelen
30 - Noaks Epilog

15 - Gefangen

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By jinnis


Während der nächsten Wochen stieg die Temperatur an und verwandelte den Schnee in Matsch. Morgens schlüpfte Dánirahs in ihre feuchten Schuhe, die während der Nacht nicht mehr trocken geworden waren, obwohl sie für einmal einen Unterschlupf in einem leerstehenden Stall gefunden hatte. Aber sie hatte kein Feuer entfachen können, und ihre Körperwärme und das Stroh, in dem sie sich zusammengerollt hatte, genügten nicht, sie über Nacht warm zu halten. Sie biss die Zähne zusammen und schnürte die feuchten Schuhe trotzdem — innert kürzester Zeit würden sie sowieso wieder durchweicht und von Schlamm verkrustet sein.

Das Vorankommen unter diesen Verhältnissen wurde zur Qual. Getrieben vom Wunsch, sobald als möglich die Gegend zu erreichen, wo sie ihre Mutter treffen sollte, setzte Dánirah dennoch eisern einen Fuß vor den anderen. Dabei fragte sie sich, ob sie wohl besser ein Stück nach Osten ziehen sollte. Die Hauptstraße in den Niederungen würde das Reisen bestimmt leichter machen. Zudem lagen dort die Siedlungen dichter beieinander und es wäre einfacher, für die Nacht ein Dach über dem Kopf zu finden. Hier draußen gab es nur wenige weit verstreute Gehöfte und sie waren oft nur klein. Aber sie wollte möglichst keine Zeit mit einem Umweg verlieren. In dieser abgelegenen Gegend war es vielleicht sogar sicherer für eine einsame Reisende als in den dichter besiedelten Gebieten näher am Fluss Haon.

Den ganzen Tag wechselten sich Regen und Schnee ab bis sie gegen Abend völlig erschöpft an der Weisheit ihres Entschlusses zweifelte. Ihre Kleidung war immer noch klamm und feucht und ihr Magen knurrte. Im Gehen aß sie die letzten Vorräte aus ihrer Tasche, weil sie nirgends einen trockenen Platz für eine Pause fand.

Als sie bei Einbruch der Dämmerung die Kuppe eines Hügels erreichte, blieb sie enttäuscht stehen. Vor ihr erstreckte sich ein weiterer Wald schier endlos zum Horizont. Nirgends konnte sie auch nur die Spur einer menschlichen Siedlung entdecken. Ihre Stimmung sank. Einmal mehr wusste sie nicht, wo sie die Nacht verbringen sollte. Diese sanften Hügel boten nur wenig Hoffnung, eine Höhle oder einen überhängenden Felsblock zu finden, unter dem sie sich verkriechen konnte.

Mit einem tiefen Seufzer begann sie den Abstieg. Im dichten Wald hatte die Dämmerung bereits eingesetzt und die Luft war erfüllt vom Geruch nach vermodertem Holz. Dass das tote Holz hier ungenutzt Ligen blieb, bestätigte ihr, dass es in der Nähe kein Dorf mit einem hohen Bedarf an Feuerholz gab.

Dánirah zog ihre feuchte Jacke enger um sich. Sie sehnte sich nach der Geborgenheit und Wärme von Senais Lager. Selbst ein lärmiges Gasthaus wäre ihr nun willkommen gewesen. Diese einsamen Tage und Nächte zehrten an ihrer Kraft. Als ein Anflug von Panik sie über eine Wurzel stolpern ließ, hielt sie inne.

Das war nicht ihre eigene Furcht. Inzwischen erkannte sie die projizierte Angst eines Kae, wie sie sie auf ihrer Reise ab und zu verspürte hatte. Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Früher hätte sie diesen Ort so rasch als möglich verlassen. Heute erfüllte es sie mit Freude, dass zumindest noch andere Wesen ihre Einsamkeit teilten. Sie rappelte sich auf und ging behutsam weiter, bis sich das beklemmende Gefühl wieder legte. „Auf Wiedersehen, kleines Kae. Lass dich von mir nicht stören."

Natürlich bekam sie keine Antwort, aber beinahe vermisste sie die Ausstrahlung der kleinen Dunkelheit, sobald sie weg war — ganz anders als die Ängste, die sie heimsuchten, wenn sie die ganze Nacht alleine war.

Immerhin hatte der Regen nun aufgehört. In der zunehmenden Dunkelheit hielt sie nach einer großen Tanne Ausschau, deren ausladenden Äste ihr vielleicht eine trockene Schlafstelle bieten würden. Sie war so konzentriert auf diese Suche, dass es einen Moment brauchte, bis sie den schwachen Geruch von Rauch registrierte.

Sobald sie des Dufts gewahr wurde, blieb Dánirah stehen, und sah sich mit weit aufgerissenen Augen nach dem Schein eines Feuers um. Gab es in der Nähe vielleicht ein Lager einer Tannarí-Sippe, die sie nicht kannte? Hoffnung beschleunigte ihren Herzschlag und sie drehte sich um ihre Achse, um , woher der Geruch kam.

Da, der Wind trug den Rauch von Osten her zu ihr. Im schwindenden Licht erkannte sie einen schmalen Pfad im Unterholz, der sie in diese Richtung bringen würde. Dánirah zögerte nicht, dem Wildwechsel zu folgen. Zweige streiften ihre feuchten Kleider und durchnässten sie. Aber wenn es hier tatsächlich ein Lager gab, konnte sie sich hoffentlich bald an einem Feuer trocknen.

Unsicher, ob sie sich noch auf dem richtigen Weg befand, blieb sie stehen. Der Rauchgeruch hatte sich verflüchtigt, aber etwas zu ihrer Linken erkannte sie einen rötlichen Schein zwischen den Bäumen. Dort musste es sein. Warum hatte sie den Rauvh nicht schon vorher, von dem Aussichtspunkt auf dem Hügel her erkannt?

Sie verließ den Wildwechsel an einer Stelle, wo das Unterholz ihr erlaubte, tiefer in den Wald einzudringen. Mit jedem Schritt rückte das Feuer näher. Waren das Stimmen? Zum Glück erreichte sie nun eine Stelle, wo mächtige Tannen den Boden beschatteten. Hier gab es kaum Unterholz und das Vorankommen wurde einfacher. Eilig hastete Dánirah auf die Lichtung zu, wo ein Feuer sie flackernd willkommen hieß.

Erleichtert verlangsamte Dánirah ihre Schritte. Nun hatte sie keine Eile mehr. Ein Rascheln etwas hinter ihr ließ sie innehalten. Das letzte, was sie hörte, war das Brechen eines toten Asts unter einem schweren Fußtritt. Dann raubte ihr ein harter Schlag gegen den Kopf die Besinnung.

~ ~ ~

Der kräftige Geruch nach Fichtenharz stieg Dánirah in die Nase, noch bevor sie die Augen öffnen konnte. Der Boden unter ihr war kalt, nass und uneben, und ihr Kopf schmerzte als ob sie gegen einen Felsen gerannt wäre. Sie blinzelte und versuchte sich zu orientieren, aber etwas stimmte mit ihren Augen nicht. Erst als sie versuchte, den Schmutz von ihren Lidern zu wischen, stellte sie fest, dass ihre Hände hinter ihrem Rücken zusammengebunden waren.

Panik flutete ihre Gedanken wie eine schwarze Welle und sie riss an ihren Fesseln. Aber wer auch immer die Riemen verknotet und sie unter diesen Baum geworfen hatte, hatte ganze Arbeit geleistet. Verzweifelt versuchte sie, ihre Beine zu bewegen, und stellte fest, dass ihre Knöchel ebenfalls gefesselt waren.

Das war übel. Dánirah presste ihr Gesicht gegen eine Wurzel des Baums, unter dem sie lag, und atmete tief den harzigen Duft ein. Sie musste sich beruhigen und sich ein besseres Bild ihrer Situation verschaffen. Scharfkantige Steine und Wurzeln pressten sich in ihre Rippen, aber das Hämmern in ihrem Kopf ließ keinen Raum für andere Schmerzen. Nach einigen tiefen Atemzügen gelang es ihr, sich etwas zu entspannen und die Geräusche ihrer Umgebung aufzunehmen.

Hinter ihrem Rücken prasselte ein Feuer. Sie konnte die Wärme, die es ausstrahlte, in ihrem Nacken spüren. Zudem machte sie Stimmen und Gelächter aus. Sie kämpfte die Übelkeit nieder, blinzelte den Schmutz aus ihren Lidern und rollte sich auf die andere Seite, um sich das Lager, das sie so unfreundlich empfangen hatte, näher anzusehen.

Dieser Ort unterschied sich in jeder Beziehung von der friedlichen Idylle von Senais Winterlager. Etwa ein Dutzend bärtiger Männer saßen in der kleinen Lichtung um ein loderndes Feuer. Einer von ihnen röstete Stücke von brutzelndem Fleisch an langen Spießen. Von der gedämpften Unterhaltung konnte Dánirah kaum etwas verstehen, aber sie sah, wie eine Flasche von Hand zu Hand ging. Etwas weiter links stampften mehrere Pferde im Schnee. Ein Mann versorgte sie mit Futtersäcken.

Zwei weitere Männer traten nun in das Licht des Feuers. Die Spitzen ihrer langen Speere glitzerten im Feuerschein und Dánirah erkannte, dass sie auch Schwerter trugen, aber keine Uniformen. Angst umschloss ihr Herz. Dies musste eine der Gruppen von Söldnern sein, von denen Orinai gesprochen hatte. Und berichtete nicht bereits Liha von ihren Gräueltaten, damals in Penira? Noch einmal versuchte sie, die Fesseln abzustreifen — vergebens.

In ihrer Verzweiflung musste sie wohl ein Geräusch gemacht haben, denn einer der Neuankömmlinge wandte sich in ihre Richtung. „Sieht aus, als ob unser kleines Vögelchen erwacht wäre."

„Sieh an, sieh an." Ein breitschultriger Krieger stand auf und näherte sich. Weil er zwischen ihr und dem Feuer stand, konnte Dánirah seine Züge nicht erkennen, aber der scharfe Rauch von Tabak kringelte sich aus der Pfeife, die in seinem Mundwinkel hing, und brachte ihre Augen zum tränen. Eine neue Welle der Übelkeit brandete durch Dánirahs geschundenen Körper. Sie kämpfte mit aller Kraft dagegen an.

Der Mann blieb nur zwei Schritte vor ihr stehen, seine dunkle Silhouette umrahmt von flackernden Feuerlicht.

„Was hast du hier draußen zu suchen, Hexe aus der Tannabrut?" Seine Stimme war rau und etwas keuchend, als ob er unter einem Husten litte.

Dánirah presste die Lippen zusammen. Solange sie nicht wusste, was der Mann von ihr wollte, sagte sie besser nichts.

„Wenn du nicht sprechen willst, kann ich dir gerne helfen, die richtigen Worte zu finden, meine Liebe." Er lachte trocken, nahm die Pfeife aus dem Mund und breitete einladend seine Arme aus. Die glühenden Funken im Pfeifenkopf zeichneten dabei einen feurigen Bogen in die Nacht. Dánirah folgte der Bewegung mit den Augen und versuchte, ihre aufflackernde Angst hinunterzuschlucken.

„Ganesh, du kannst dich später um dein gefangenes Täubchen kümmern. Das Essen ist fertig."

Ihr Peiniger wandte sich mit einem unverständlichen Brummen ab und gab ihr den Blick auf das Feuer frei, wo der Mann mit den Spießen winkte.

„Ich komme ja schon." Ganesh drehte sich zu ihr zurück und steckte sich die Pfeife wieder in den Mund. „Du hast Glück, dass ich gerade hungrig bin. Wir werden unsere nette Unterhaltung deshalb erst nach dem Essen fortsetzten können. Überleg dir gut, was du sagen willst. Bevor ich es aus dir herauspresse."

Er blieb einen Moment lang reglos stehen, als ob er noch etwas hinzufügen wollte, zuckte aber dann die Schultern. Ohne Vorwarnung versetzte er Dánirah einen kräftigen Fußtritt in die Seite, wandte sich ab und ging zum Feuer.

Dánirah schnappte nach Luft und rollte sich reflexartig zusammen. Dort, wo der schwere Stiefel sie getroffen hatte, brannten ihre Rippen wie Feuer. Mit zitternden Lippen kämpfte sie gegen die Tränen. Dieser Mann würde ihr gegenüber keine Gnade zeigen, soviel war klar. Nur zu gut erinnerte sie sich an Lihas Geschichte, an den Schmerz in seinem Gesicht, als er ihr erzählte, wie die Söldner seine Familie gequält und getötet hatten.

Sie würde eine Menge Glück brauchen, sich aus dieser Situation zu befreien und auf Hilfe von außen durfte sie in dieser einsamen Gegend nicht hoffen. So, wie die Dinge standen, musste sie selbst ihr Schicksal in die Hand nehmen. Bloss wie? Ihr Waren buchstäblich die Hände gefunden.

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