How to publish love

By HeyGuys77

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Er ist ihr neuer Chef und eine Beziehung zwischen ihnen scheint unmöglich. Aber im Spiel und in der Liebe ist... More

Buchveröffentlichung und Wattpad Originals-Story
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Epilog
Danksagung
Infokapitel - Originalversion
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Epilog
Danksagung
Fortsetzung folgt...
Der lang vergessene Ralph Simmons

Kapitel 2

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By HeyGuys77

»Hey! Endlich bist du da!« Sophia hielt mir die Tür zu ihrer Wohnung auf, und ich umarmte sie zur Begrüßung.

»Mhm, hier riecht's köstlich. Bitte sag, es ist noch was übrig!« Es war im Büro viel später geworden als befürchtet. Müde und hungrig stand ich jetzt endlich in Sophias Flur und freute mich einfach tierisch auf einen schönen Abend.

»Hier.« Plötzlich erschien ein gut gefülltes Glas Wein in meinem Blickfeld, und ich hätte Lucas aus Dankbarkeit abknutschen können. Als ich zu ihm sah, grinste er mich vielsagend an.

»Ich habe dir eine Flasche versprochen.«

Ich schnappte mir das Glas und genoss den ersten Schluck.

»Komm doch erst mal ins Wohnzimmer, bevor du gleich zu saufen anfängst«, neckte mich Sophia und schubste mich durch den Flur. Brav folgte ich ihr also ins Wohnzimmer und hätte beinahe mein Weinglas fallen lassen.

Vor lauter Freude fing ich an zu quietschen und drückte mein Glas Sophia in die Hand, damit ich beide Hände frei hatte, um Jesse um den Hals zu fallen. Ich drückte ihn an mich und wollte mich kaum wieder lösen.

»Was machst du denn hier?« Ich hörte Jesses Lachen an meinem Ohr.

»Ich glaube, die Überraschung ist gelungen«, meinte er und löste mich sanft von sich.

Jesse. Mein Ex-Freund aus der Schule. Der nach dem Abschluss ein Auslandsjahr machen wollte und einfach nie wieder gekommen ist.

Zu dem Zeitpunkt waren wir schon nicht mehr zusammen. Unsere Trennung war einvernehmlich gewesen, wir waren einfach erwachsen geworden. Und wahrscheinlich konnten wir deshalb auch heute noch so gut befreundet sein.

Nur sahen wir uns leider nicht oft, weil Australien nicht gerade um die Ecke lag.

»Ich dachte mir, es wird mal wieder Zeit, in heimatliche Gefilde zu kommen«, erklärte er mir zwinkernd. Ich hatte ihn bestimmt eineinhalb Jahre nicht mehr gesehen.

»Wurde echt Zeit, dass du dich mal wieder blicken lässt!« Ich strahlte ihn an und freute mich einfach, dass er da war. »Ich hatte keine Ahnung, die anderen haben kein Wort darüber verloren!«

Jesse hatte meine Freunde alle schon kennengelernt und ebenfalls ins Herz geschlossen. Jetzt nahm er Sophia mein Glas wieder aus der Hand und gab es mir zurück. Er schnappte sich seine Bierflasche – Jesse rührte keinen Wein an – und stellte sich, mit einem Arm um meine Taille gelegt, neben mich. Wir standen nun im Kreis und waren einfach glücklich darüber, alle gemeinsam hier sein zu können.

Jesse hob seine Bierflasche. »Also dann – auf mich!«, meinte er ohne jegliches Schamgefühl und prostete uns zu, was wir mit einstimmigem Lachen erwiderten.

»Hayley, ist der neue Chef so heiß, wie Sophia behauptet?«, rief Tess mir zu, und ich verdrehte die Augen.

»Er ist mehr als nur heiß!«, warf da Sophia auch schon wieder ein.

»Er ist wirklich nicht von schlechten Eltern, aber bis jetzt benimmt er sich wie ein ziemlicher Mistkerl. Immer wenn er seinen Mund aufmacht, meckert er oder redet überheblich. Er will, dass wir ihn Mr Hunter nennen!«, empörte ich mich und schnaubte.

»Der scheint's dir ja wirklich angetan zu haben«, ärgerte mich Jesse und wackelte mit den Augenbrauen. Ich ging auf das Spiel ein und hielt mir theatralisch eine Hand aufs Herz.

»Ich verzehre mich nach ihm! Ich weiß schon nicht mehr, wie ich ohne ihn leben soll!« Ich schauspielerte ein wenig zum Amüsement meiner Freunde.

»Das ist meine Hayley.« Ich zog eine Augenbraue nach oben und sah Jesse verschmitzt an.

»Deine Hayley also, hm?«

»Du wirst immer meine Hayley sein«, meinte er zwinkernd. Ich machte es mir endlich auf der Couch gemütlich, nahm einen weiteren Schluck von meinem Wein und stellte fest, dass das Glas schon fast leer war. Ups.

»Noch ein bisschen was?«, fragte mich da Lucas auch schon neckisch, und ich nickte, woraufhin er mir nachschenkte. Gemütlich zog ich die Beine an und kuschelte mich auf die Couch, während ich den Gesprächen meiner Freunde lauschte. Sophia erzählte Tess gerade ausführlich, wie gut Caleb, also Mr Hunter aussah und was genau er alles gesagt hatte.

Ich musste mir wirklich abgewöhnen, ihn in Gedanken mit Caleb anzusprechen. Das konnte noch böse ausgehen und mich in ein riesiges Fettnäpfchen treten lassen. Ich konnte mir nämlich nicht vorstellen, dass er einen Ausrutscher diesbezüglich unbeachtet lassen würde.

»Oh, verdammt!« Sophia sprang quietschend auf und lief in die Küche. Fragend sah ich die anderen an.

»Der Auflauf ist im Ofen«, erklärte mir Tess. Ein glücklicher Seufzer entfuhr mir.

»Ach, ich bin gerade rundum zufrieden.« Ich hatte schon befürchtet, die anderen hätten das ganze Essen verputzt. Lucas setzte sich neben mich und fragte mich, wie die Meetings gelaufen waren. Er saß im Lektorat und war immer sehr daran interessiert, was auf der Managementebene besprochen wurde.

»Ich glaube, dass mit Mr Hunter auch jede Menge Änderungen kommen werden«, spekulierte ich. »Er redet die ganze Zeit von Effektivierung und so. Und man hat deutlich gemerkt, dass er viele Arbeitsabläufe und Geschäftspläne als veraltet ansieht. Ganz ehrlich? Ich weiß noch nicht wirklich, was ich von dem Ganzen halten soll.« Ich hatte wirklich das Gefühl, dass das entspannte und trotzdem meiner Meinung nach effektive Arbeiten unter Charles' Leitung vorbei war. Bald würde ein anderer Wind wehen, und ich war mir noch nicht sicher, ob mir das gefallen würde. Das Problem war nur, dass ich daran kaum etwas ändern konnte, sondern aus der Situation wohl oder übel würde das Beste machen müssen.

Noch war es nicht so weit, und ich wollte den Teufel auch nicht an die Wand malen und mich und die anderen vielleicht unnötig verrückt machen.

»Essen ist fertig!«, rief Sophia von der Küche aus, und ich stand von der Couch auf.

»Mach dir mal nicht zu viele Gedanken, das wird bestimmt nicht so schlimm«, sagte Lucas noch aufmunternd zu mir und legte einen Arm um mich. Er kannte mich.

Während des Essens machte ich mir tatsächlich keine Gedanken, sondern genoss es einfach, Zeit mit meinen Freunden zu verbringen und von Jesse auf den neuesten Stand gebracht zu werden. Er vermisste sein Zuhause, doch wie sich herausstellte, würde er wohl Australien vorläufig nicht verlassen.

»Sie heißt Jenny, und ich habe sie beim Tauchen getroffen«, schloss er seinen Bericht darüber, wie er ein ganz besonderes Mädchen kennengelernt hatte, und auf einmal fiel mir auf, dass er dieses Strahlen im Gesicht trug, das nur Verliebten vorbehalten war.

»Jesse und Jenny? Dein Ernst?«, fragte Carl amüsiert, während Sophia schon weitere Details einforderte.

»Ich weiß, ein wenig klischeehaft, aber hey, wenn du deiner Traumfrau begegnest, lässt du sie doch auch nicht nur wegen ihres Namens abblitzen.« Jesse wandte sich wieder mir zu. »Du würdest sie mögen. Du musst unbedingt bald mal wieder kommen und sie kennenlernen.«

Vielleicht würde ich das ja tatsächlich.

***

Glücklich und ein wenig beschwipst machte ich mich mit Jesse auf den Heimweg. Er hatte darauf bestanden, dass er mich noch begleiten würde, und jetzt liefen wir die dunklen Straßen entlang und genossen die Stille. Jesse hatte einen Arm um meine Schultern gelegt, wie er es schon immer getan hatte, und ich fühlte mich fast wieder wie die Siebzehnjährige, die damals den jungen Jesse kennengelernt hatte.

Nur mit dem Unterschied, dass uns beiden heute nie wieder in den Sinn kommen würde, so etwas wie eine Beziehung miteinander einzugehen.

Mit siebzehn konnte man manchmal einfach noch nicht zwischen tiefer Freundschaft und Liebe unterscheiden. Ich war froh, dass Jesse und ich heute noch befreundet waren.

»Jesse?«, fragte mein leicht angetrunkenes Ich. Wie viel Wein hatte ich getrunken? Ich wusste es nicht mehr genau. Es war noch ein Gläschen geworden und noch eins ... und noch eins ...

»Hm?« Er sah fragend zu mir runter.

»Bist du glücklich?«, wollte ich von ihm wissen und war mehr als froh, als sich ein Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete.

»Ja, Hayley, ich bin glücklich. Sehr sogar.«

Ich nickte zufrieden und sah wieder nach vorn.

»Und du? Bis du glücklich, Hayley?«

War ich glücklich?

Ich hatte keinen Partner, mit dem ich alles teilen konnte. Dafür hatte ich die besten Freunde, die man sich überhaupt vorstellen konnte. Ich hatte einen Job, den ich liebte.

»Ja. Ja, ich bin auch glücklich.« Und es war die Wahrheit. Ich war mit meiner Situation einfach gerade, so wie sie war, rundum zufrieden. Kurz darauf erreichten wir meine Wohnung. Ich gab Jesse eine gefühlt minutenlange Umarmung und wollte ihn am liebsten nicht wieder loslassen, so froh war ich, dass er wieder im Lande war.

»Schlaf gut, ich schreibe dir morgen«, sagte er noch zum Abschied, und ich erklomm die Treppe nach oben zu meiner Dachgeschosswohnung.

Als ich im Flur meine Jacke aufgehängt und die Schuhe ausgezogen hatte, schmiss ich mich auf meine Couch und schloss die Augen. Was für ein Tag ...

Als ich merkte, wie nah ich am Einschlafen war, rappelte ich mich auf und machte mich bettfertig. Ich nahm mein Buch mit ins Bett und checkte am Handy noch schnell meine Mails. Es war zwar Freitagabend, doch die Arbeit ließ mich trotzdem nie wirklich los.

Meine Müdigkeit verflog mit einem Mal, als ich eine Mail von Mr Hunter sah. Meine Augen weiteten sich, und mein Mund klappte mehr und mehr auf, je weiter ich die Mail las. Er verlangte von mir, dass ich bis Montagmorgen einen kompletten Bericht der letzten sechs Monate von der Verwaltung verfasste. In alle Bereiche aufgeteilt. Mit Zukunftsprognosen.

Das konnte er doch unmöglich ernst meinen?

Freitag in meiner Präsentation hatten wir schon eine Analyse der Verwaltung durchgeführt. Mr Hunter hatte eine verdammte Frage dazu gestellt. Für mich und auch für alle anderen war die Sache ja wohl erledigt gewesen.

Für diesen Bericht würde ich das ganze Wochenende brauchen.

Ich stöhnte und schüttelte genervt den Kopf. Ich konnte ja verstehen, dass er die Firma gut kennen wollte. Aber er hatte heute jede Möglichkeit gehabt, Fragen zu stellen oder da schon diesen Bericht zu erwähnen.

Was, wenn ich normalerweise nie meine Arbeitsmail am Wochenende checkte?

Er ging also davon aus, dass ich auch an Wochenenden arbeitete.

Frustriert legte ich mein Handy auf meinen Nachttisch und klappte mein Buch auf. Mr Hunter konnte mich mal. Falls ich den Bericht tatsächlich schreiben würde, ich wiederhole, falls, dann erst morgen.

***

Ich versuchte, so gut wie möglich meine Augenringe mit Schminke zu überdecken. Ich malte ausnahmsweise einen dünnen Lidstrich auf meine Augenlider, meine Wangen bekamen eine Extraportion Rouge und ein braun-rötlicher Lippenstift vollendete mein Erscheinungsbild.

Es war Montagmorgen und ich hatte nur wenige Stunden geschlafen. Ich sah nicht nur komplett gerädert aus, ich fühlte mich auch so.

Seit Samstagfrüh hatte ich wie eine Besessene an dem Bericht für Mr Hunter gearbeitet. Alles in mir schrie danach, ihm zu sagen, dass er seinen Bericht gern selbst schreiben konnte, und ihm zu erklären, wie wir bei Desmond arbeiteten.

Aber ich war nicht ohne Grund Abteilungsleiterin. Und das wollte ich Mr Hunter auch zeigen. Vor allem, da ich wusste, dass, wenn ich es nicht täte, Ralph sofort seine Chance wittern würde, mich vom Thron zu stoßen. Ich ging bei der Bäckerei um die Ecke vorbei, kaufte mir einen Kaffee und ein Croissant und machte mich auf den Weg zur Arbeit.

Beim Haupteingang des Verlags traf ich wie fast jeden Morgen auf Damian, der mir wie immer die Tür aufhielt.

»Du siehst aus, als hättest du die ganze Nacht ...«

»Halt die Klappe, Damian.« Ich nahm meinen Worten mit einem müden Grinsen die Schärfe und ging durch die Tür.

»Na, na, da ist aber jemand an diesem wunderschönen Morgen besonders gut gelaunt«, provozierte er mich ein wenig, und ich musste schmunzeln.

»Ich habe das ganze Wochenende wie verrückt gearbeitet«, murrte ich und schritt eilig zur Treppe.

»Dann hast du das auch einmal probiert«, warf Damian neckend ein, und ich konnte nicht anders, als zu lachen. Der Junge schaffte es immer wieder, meine Laune zu verbessern.

»Was sollte ich nur ohne dich tun, Damian?«, fragte ich ihn halb sarkastisch, halb ernst gemeint, als wir im zweiten Stock ankamen.

»I don't know, honey!« Er zwinkerte mir zu und ging Richtung Marketing.

»Guten Morgen!« Ich versuchte betont gut gelaunt zu wirken, als ich meine Mitarbeiter begrüßte.

»Sarah, ist Mr Hunter schon da?«, fragte ich meine Sekretärin, als ich an ihrem Tisch vorbeikam.

»Ja, er ist in seinem Büro.« Sie drückte mir noch einige Papiere in die Hand, bevor ich zu meinem Büro ging und meine Sachen ablegte. Den leeren Kaffeebecher warf ich in den Mülleimer, die Tüte mit dem halben Croissant legte ich auf meinen Tisch, und dann stellte ich erst einmal meine Maschine an. Ich sah auf die Uhr. Zehn vor acht.

Ich sah mich noch einmal in meinem Spiegel an, bevor ich meinen mehrseitigen Bericht nahm und mit gestrafften Schultern aus meinem Büro ging. Die Wut in mir wurde mit jeder Stufe, die ich bis zum dritten Stock erklomm, größer.

Die Tür zu Mr Hunters Büro stand offen, und ich marschierte hinein, ohne anzuklopfen. Er hob den Kopf, als er meine Schritte hörte, und für einen Moment war ich ein wenig aus dem Konzept gebracht. Ich hatte vergessen, wie gut er in Wirklichkeit aussah. Und dieser Anzug saß einfach perfekt. Er war wie am Freitag glatt rasiert und strahlte eine Frische und eine Energie aus, von der ich nur träumen konnte.

Trotzdem warf ich ihm meinen Bericht auf den Tisch und sah ihn herausfordernd an. »Damit eins klar ist, Mr Hunter. Das war das erste und das letzte Mal, dass ich für Sie an meinem Wochenende einen Bericht dieser Art angefertigt habe. Sie hatten Freitag genug Zeit, weitere Fragen zu der Verwaltung zu stellen. Ich weiß nicht, wo Sie früher gearbeitet haben und was Sie sich dort erlauben konnten. Aber ich bin weder Ihre Sekretärin noch Ihre Assistentin.«

Ein amüsierter Zug erschien um seinen Mund, als er den Bericht in die Hand nahm. »Ms Morrison.« Er blätterte die ersten Seiten durch, legte den Bericht wieder auf den Tisch und stand auf, sodass seine körperliche Erscheinung die vollste Wirkung auf mich entfalten konnte. Mit den Händen in den Hosentaschen ging er um seinen Tisch herum und stellte sich vor mich. Sein Aftershave erfüllte den Raum um ihn herum, und ich versuchte mich nur auf ihn zu konzentrieren, statt auf sein Aussehen, seinen Duft, seine Ausstrahlung.

»Setzen wir uns doch kurz.« Er zeigte mit einer vagen Bewegung auf die Sofagruppe, die sich in einer Ecke des Büros befand. Ich zögerte. Ich hatte Mr Hunter nicht so ruhig eingeschätzt. Ich hatte eine Diskussion erwartet. Ich hatte eine Diskussion gewollt.

Mr Hunter ging zur Tür und schloss sie. Das sah ich als mein Zeichen und setzte mich. Er nahm mir gegenüber Platz, lehnte sich nach vorn und stützte sich mit seinen Ellbogen auf seinen Knien ab. Und dann sah er mich einfach an. Mehrere Sekunden lang musterte er mich nur. Als mir das zu bunt wurde, hob ich eine Augenbraue und sah ihn abwartend an.

»Der Bericht ist nicht für mich«, sagte er schließlich ruhig. Er verschränkte seine Finger ineinander und begann seine Hände zu kneten. Er machte dabei keinen nervösen Eindruck, sondern es schien eher wie eine Angewohnheit. Nebenbei erwähnt, hatte er übrigens extrem schöne Hände.

»Für wen dann?« Ich räusperte mich und sah ihm direkt in die Augen. Ich konnte auf die Entfernung die Farbe nicht genau erkennen. Aber es schien wie eine Mischung aus Grau und Grün.

»Der Bericht ist für den neuen Abteilungsleiter der Verwaltung.«

Für den neuen Abteilungsleiter der Verw...

WAS?!

»Wie bitte?« Meine Stimme war eiskalt, genauso wie mein Blick. Feuerte er mich gerade, nachdem ich das ganze Wochenende geackert hatte, um diesen Scheißbericht für meinen Nachfolger zu erstellen?

»Es werden einige Änderungen in Kraft treten, vor allem in der Verwaltung. Wir werden einige Kollegen verabschieden müssen. Und Ralph Simmons wird Ihre Stelle als Abteilungsleiter übernehmen.«

Geschockt sah ich Mr Hunter an. Das konnte er nicht ernst meinen. Ich hatte mir jahrelang den Arsch für diese Firma aufgerissen. Ich liebte meinen Job! Er konnte doch nicht einfach hier auftauchen und mich rausschmeißen?

»Sie werden uns aber nicht verlassen, Ms Morrison. Ich habe Pläne mit Ihnen.«

Ich sah ihn verblüfft an, immer noch außerstande, irgendetwas zu sagen. »Interessieren Sie sich für Bücher?«

Was war das denn für eine Frage?

»Natürlich. Ich liebe Bücher.« Worauf wollte er hinaus? Mr Hunter nickte nur und lehnte sich im Sessel zurück. Und wieder betrachtete er mich genau.

»Wieso trotzdem der Bericht?«, fragte ich ihn. »Ralph arbeitet länger hier als ich. Er weiß, wie es in der Verwaltung abläuft. Er kennt die Arbeitsvorgänge, er kennt die Mitarbeiter, er kennt die Herausforderungen.«

»Er hat nicht den Überblick, wie Sie ihn haben. Und am Freitag war er bei Ihrer Präsentation nicht anwesend, wie Sie sich erinnern.«

»Sie kennen uns nicht, Mr Hunter. Sie wissen nichts über uns und die Arbeit, die wir verrichten. Woher wollen Sie wissen, dass Ralph als Abteilungsleiter besser geeignet ist als ich?«

»Das weiß ich auch nicht«, sagte er ehrlich. Er war so gefasst, so ruhig. »In dieser Angelegenheit vertraue ich auf das Urteil von Charles.«

Ich konnte es nicht fassen. Ich konnte es nicht glauben! Charles würde nie behaupten, dass Ralph meinen Job verdiente. Charles selbst hatte mich seinerzeit befördert! Er hatte mir immer den Rücken gestärkt. Log Mr Hunter mich nur an? Damit er selbst nicht als der Bad Guy dastand?

Auch Mr Hunter schien zu überlegen. »Außerdem haben Sie bei der Präsentation einen kompetenten Eindruck gemacht«, fügte er hinzu.

Was redete er da? Wieso musste ich dann meinen Posten abgeben? Mit leicht zusammengezogenen Augenbrauen sah ich ihn an und versuchte zu verstehen, was er von mir wollte.

»Sie werden eine neue Stelle bekommen. Mehr Verantwortung, besser bezahlt.«

Vor lauter Überraschung fiel mir die Kinnlade herunter.

»Charles hat das noch veranlasst, und ich werde mich dem nicht in den Weg stellen. Ich möchte Sie jedoch auch darauf hinweisen, dass ich mir das Recht vorbehalte, Ihnen diese Stellung wieder zu entziehen, sollten Sie meinen Anforderungen nicht gerecht werden«, fügte er hinzu und stellte gleich wieder klar, wer hier der Boss war. Aber im Moment freute ich mich einfach viel zu sehr, als dass mich das übermäßig nerven würde.

Kurz herrschte in meinem Hirn freudiges Chaos. Dann räusperte ich mich.

»Was genau wären meine neuen Aufgaben?«, brachte ich endlich eine vernünftige Frage zustande.

Wieder zögerte er kurz. »Sie werden sozusagen meine rechte Hand«, erklärte er, und ich merkte, wie sehr ihm das eigentlich gegen den Strich ging. »Sie werden die Aufsicht über alle Abteilungen haben, diese managen und für Struktur und Ordnung sorgen. Ich erwarte täglich Rückmeldungen und natürlich bei größeren Entscheidungen Absprache mit mir.«

Das klang ja ... vielversprechend.

»Ab wann?«

»Mit sofortiger Wirkung.«

»Wann hatten Sie vor, mir das zu sagen? Nachdem Ralph in mein Büro gekommen wäre, um sich breitzumachen?« Wenn ich nicht zu Mr Hunter gegangen wäre, würde ich jetzt ruhig bei meiner Arbeit sitzen und denken, dass ich die nächsten Jahre Abteilungsleiterin sein würde.

Mr Hunter sah auf seine Armbanduhr. Sie war klassisch und modern, bestimmt sehr teuer. »Ich habe mit Ralph Simmons in zehn Minuten ein Meeting. Wenn Sie nicht zu mir gekommen wären, hätte ich Sie holen lassen. Heute Nachmittag lade ich zu einem Vorstandstreffen ein, an dem alle Abteilungsleiter teilnehmen werden, und nachher wird eine Rundmail verschickt.«

Es war alles geplant und geregelt.

»Was, wenn ich lieber Abteilungsleiterin bleiben möchte?« Nicht dass ich das wollte. Aber fragen musste ich trotzdem. Jetzt schien es, als hätte mich Mr Hunter total in seiner Hand.

»Dann nicht in dieser Firma.« Immer noch im Sessel zurückgelehnt, sah er mich ausdruckslos an. War Charles sich tatsächlich so sicher gewesen, dass ich die Beförderung annehmen würde, dass er mir gar keine Alternative im Unternehmen gelassen hatte? Oder war das wiederum Mr Hunters Entscheidung?

»Wo wird mein Büro sein?«

»Nebenan.«

»Wie viel Zeit haben Sie, um zu bewerten, ob Sie mich als geeignet ansehen?« Ich wollte eine Deadline.

Er zuckte mit den Schultern. »Zwei Monate Probezeit? Was sagen Sie dazu?«

Zwei Monate.

Das war fair.

Fühlte ich mich der Aufgabe gewachsen?

Keine Ahnung, aber ich kannte mich selbst. Was meine Arbeit und mein Können anbelangte, konnte ich sehr stur sein. Ich würde arbeiten, bis ich alle Fertigkeiten beherrschte, die ich anwenden musste. Ich würde alles geben, um die Probezeit zu bestehen. Ich war nicht ohne Grund mit vierundzwanzig Jahren Abteilungsleiterin geworden. Da ließ ich mich nicht so leicht feuern.

»Okay.« Ich sah ihn selbstbewusst an.

»Gut.« Er stand auf, und ich tat es ihm gleich. »Dann können Sie Ihre persönlichen Gegenstände aus Ihrem alten Büro zusammenräumen. Die Outlook-Einladung für das Meeting später bekommen Sie gleich von mir.«

Ich nickte knapp und ging zur Tür. Als ich sie öffnete, wäre ich fast mit Ralph zusammengestoßen, der ein selbstsicheres Grinsen im Gesicht trug. Ich erwiderte dieses gelassen.

»Bitte sehr, du kannst rein«, sagte ich gut gelaunt.

»Ralph, komm rein!«, hörte ich hinter mir noch Mr Hunter sagen und wunderte mich kurz über die Anrede. Mit hocherhobenem Haupt ging ich zurück zu meinem Noch-Büro. Ich überlegte, Sophia gleich eine Mail zu schreiben, aber dann dachte ich mir, es müssten, wenn schon, dann alle aus dem Betrieb gleichzeitig erfahren, also musste ich geduldig auf die Rundmail warten. Mit einem Lächeln schnappte ich mir mein Handy. Einer konnte es zumindest sofort erfahren.

Keine fünf Minuten später erhielt ich Jesses Antwort.

Verdammt, Glückwunsch! Ich bin stolz auf dich!

Lächelnd steckte ich mein Handy wieder weg. Wir mussten unbedingt darauf anstoßen! Aber jetzt wartete noch ein Berg Arbeit auf mich.

***

Etwa eine halbe Stunde später, als ich metaphorisch ungefähr mit beiden Armen bis zum Ellbogen in Dokumenten steckte, die ich abgleichen musste, hörte ich an der Tür ein Räuspern, das mich aus meinen Gedanken aufschreckte. Ich blickte hoch und sah Ralph in mein Noch-Büro eintreten. Er sah aus wie ein begossener Pudel. Von seinem selbstsicheren Grinsen war nichts mehr übrig.

»Mr Hunter möchte, dass ich mit dir die Unterlagen einmal komplett durchgehe, die du zusammengestellt hast.«

Ralph hatte das kaum nötig, da er die Abläufe kannte. Höchstens für einen oder zwei Unterpunkte wäre es wirklich ratsam gewesen, dass wir uns noch einmal zusammensetzten. War das etwa Absicht von Mr Hunter gewesen? Wollte er Ralph schon mal zeigen, wie der Hase lief, und ihn ein wenig in die Schranken weisen? Oder wollte er einfach nur auf Nummer sicher gehen und kein Risiko eingehen, dass bei der Übergabe irgendetwas vergessen wurde?

Ich wusste es nicht, doch ich machte mir gedanklich einen Strich auf der Seite mit positiven Überraschungen von Mr Hunter. Natürlich konnte er nichts von meinen Aversionen Ralph gegenüber wissen, aber ich bildete mir ein, dass er auf meiner Seite war.

»Gern. Schließ schon einmal die Tür. Ich brauche nur noch eine Minute, um das hier fertig zu machen.« Eigentlich brachte mir diese Minute gar nichts. Aber ja, ich wollte die Situation ein wenig auskosten. Zu lange ließ ich Ralph jedoch nicht warten, das war einfach nicht meine Art, und ich weigerte mich, mich auf sein Niveau hinunterzubegeben. Also packte ich die Unterlagen ordentlich zusammen und legte sie auf die Seite, um Platz für meinen Bericht zu schaffen, der mich mein ganzes Wochenende gekostet hatte. Unter diesen Umständen machte mir das gar nicht mehr so viel aus.

»Sollen wir die Unterlagen am besten Stück für Stück durchgehen und du stellst Fragen, falls welche aufkommen?« Ralph nickte nur mit angespannten Gesichtszügen. Na, das konnte ja heiter werden.



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