Liha & Dánirah - Der Drache u...

By jinnis

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Liha würde alles tun, seine Familie zurückzubekommen. Aber ihm bleibt nur die Rache. Deshalb will er dem Heer... More

Vorwort
1 - Der Sohn des Schmieds
2 - Fluch oder Segen?
3 - Der Prinz
4 - Die goldene Stadt
5 - Verletzt
6 - Kreaturen der Nacht
7 - Getrennte Wege
8 - Mehr als ein Schwert
9 - Begegnung am Keli
10 - Wie ein Sohn
12 - Der ungekrönte König
13 - Melishs Trupp
14 - Kriegsrat
15 - Gefangen
16 - Kein Spiel
17 - Flucht
18 - Kommunikation
19 - Wiedersehen
20 - Nächtliche Mission
21 - Aufbruch
22 - Folgt den Drachen
23 - Feuerspur
24 - In den Kampf
25 - Hilfe
26 - Der Bogenschütze
27 - Der König
28 - Die Träumerin
29 - Der Drache von Kelen
30 - Noaks Epilog

11 - Rat der Hrankaedí

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By jinnis

Noak umkreiste den schneebedeckten Felssporn hoch über dem Silitatal, auf dem die Stammburg des Hauses Silita thronte. Es hatte eine Weile gedauert, den Ältesten dazu zu bringen, den Rat der Hrankaedí einzuberufen. Aber endlich war es soweit — um Mitternacht würden sich die Vertreter der Drachenschatten im Hof des Mondbaums treffen, um über den Konflikt zu sprechen, der sich zwischen den Völkern der Menschen anbahnte. Und natürlich galt es, über das Vorgehen der Wesen der Dunkelheit zu beraten.

Dass die Beratung auf Silita-Suan stattfand, in der verlassenen Burg der Königinnen der Nacht, hatte für Noak symbolhafte Bedeutung. Der Ort der Zusammenkunft weckte aber auch traurige Erinnerungen. Sie würde niemals vergessen, wie die Königin Haonàn hier die Wesen der Nacht zusammenrief, um ihnen ihre neugeborene Tochter Tanàn vorzustellen, die Thronfolgerin der Königinnen der Nacht, die Hoffnung des Haus Siltia.

Aber Haonàns große Träume für ihre Tochter zerschlugen sich wie ein Eiszapfen im Tauwetter. Als es die Königin Jahre später ihrer langwierigen Krankheit erlag, war Tanàn nicht zur Stelle, um ihre Nachfolge anzutreten. Ranoz versammele damals die Hrankaedí, um nach der Thronfolgerin zu suchen. Aber die Anstrengungen der Drachenschatten blieben erfolglos. Tanàn blieb verschwunden, der Thron der Königinnen leer. Und die Wesen der Nacht zogen sich zurück, um ihr Leben ohne die Unterstützung des Hauses Silita fortzusetzen.

In den Jahren seit Haonàns Tod hatte die Burg gelitten. Vor allem die harten Winter hatten den Gebäuden zugesetzt und die Last des Schnees war für einige der Dächer zu viel geworden. Noak konnte durch eine große Lücke zwischen den gebrochenen Dachsparren hindurch in eine Halle blicken, wo kostbare Gewebe und kunstvoll geschnitzte Möbel verrotteten. Es schmerzte, die einst so stolze Burg in diesem Zustand zu sehen.

Die Hrankae drehte ab und zog eine weitere Runde um das große Bauwerk, bevor sie im obersten Hof des Schlosses landete. Dort stand ein einzelner, uralter Baum. Noak erinnerte sich an seine zauberhafte Blütenpracht, wenn der Frühlingsvollmond über der Burg aufstieg. Jetzt, im Winter, streckte Silfanu, der Mondbaum, seine kahlen Äste wie geisterhafte Finger gegen den Himmel.

Noak landete im Hof, wo bereits einige Drachenschatten warteten, begrüßte sie und faltete ihre Flügel. Ranoz war noch nicht da. Aber ein junger Hrankae den sie nicht kannte, blinzelte ihr freundlich zu und liess etwas Rauch aus seinen Nüstern kräuseln.

Bevor sie ihn ansprechen konnte, kündete das Rauschen von Flügelschlägen die Ankunft weiterer Teilnehmer der Zusammenkunft an. Ranoz landete trotz seiner Masse elegant neben dem Mondbaum, ohne auch nur ein Ästchen dieses Symbols der Königinnen der Nacht zu knicken. Er nickte den Anwesenden würdevoll zu und wartete, bis etwa ein Dutzend weitere Drachenschatten sich zu ihnen gesellte.

Schließlich hob er seine rumpelnde Stimme. „Hrankaedí der westlichen Berge. Es ist lange her, seit ein Rat auf Silita Suan stattfand. Zudem wäre es nicht an mir, euch zusammenzurufen. Aber Noak, die Hüterin der Höhen von Eshekir hat mich gebeten, diese Versammlung einzuberufen. Wir hören dich, Noak von Eshekir."

Noak war dankbar, dass der Älteste seinen Unwillen wenigstens nicht öffentlich gemacht hatte. Trotzdem hätte sie sich etwas mehr Unterstützung gewünscht. Sie holte tief Atem.

„Hrankaedí. Es freut mich, so viele von euch heute versammelt zu sehen. Noch schöner wäre es gewesen, auch die Xylin, die Kaedin und die Nsilí in unserer Mitte zu finden, wie in alten Zeiten. Aber ohne eine Ahranan, welche die Völker der Nacht verbindet, gibt es keinen großen Rat. Und genau das ist das Problem."

Alle Augen waren nun auf sie gerichtet, von blass golden zu orangerot, die geschlitzten und schräg gestellten Pupillen aufmerksam geweitet.

„Die Menschen sind dabei, im Haontal einen Krieg zu beginnen. Nun mögt ihr denken, das ist weit weg und geht uns nichts an. Aber die Kaedin und die Xylin wurden von den Menschen bereits weit zurückgedrängt in die dünn besiedelten Gebiete von Selei und Gerin. Sie können ihre Lebensräume nicht einfach verlassen und weiterziehen, weil es kaum mehr unberührte Gegenden für die gibt. Wenn das Land mit Blut getränkt und die Flüsse verschmutzt sind, sind auch ihre Lebensgrundlagen zerstört."

Ein zustimmendes Murren ging durch die Reihen. Noak hatte sie still daran erinnert, dass auch die Hrankaedí von den Menschen zurückgedrängt worden waren, bis nur die sturmgepeitschten Höhen von Eshte und Eshekir ihnen noch Schutz und Freiheit boten.

„Was sollten wir tun, Noak?" Es war der junge Drachenschatten, der ihr schon bei ihrer Ankunft aufgefallen war, der sie nun aufmerksam anblickte.

„Wir können nicht viel tun, Salik." Ranoz' Stimme schnitt ihr das Wort ab. „Die Menschen werden nicht auf uns hören. Im Gegenteil — sie werden ihre Aggressionen gegen uns richten, wenn wir uns in ihre Konflikte einmischen."

Noak schnaubte ungehalten. „Ich verlange nicht, dass wir gegen die Menschen kämpfen. Aber vielleicht gibt es einen Weg, sie aufzuhalten, bevor das ganze Land verwüstet ist. Im Moment ziehen zahlreiche kleine Horden durch die Länder und zerstören, was sie antreffen, brennen ganze Dörfer nieder und lassen das Feuer ungehindert die Lebensräume der Tiere und der Wesen der Nacht vernichten. Wir sollten zumindest versuchen, sie zu stoppen."

„Und wie willst du das tun? Wir sind nur noch wenige. Wir können es nicht mit den Armeen der Menschen aufnehmen."

Noak schluckte ihren Ärger. „Wie gesagt, ich will nicht gegen die Menschen kämpfen, Ranoz. Aber wir sollten die Situation beobachte. Vielleicht werden die Menschen sich gegenseitig stoppen. Vielleicht ist eine große Schlacht, die den Krieg beendet, besser als tausend kleine Scharmützel?"

„Und vielleicht machst du dir zu viele Gedanken, Noak von Eshekir." Die Augen des Älteste waren zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen.

„Ich finde Noak hat recht, wir sollten zumindest wissen, was genau vor sich geht." Die unerwartete Unterstützung kam von einer Hrankae mit beinahe weißen Augen. „Wenn wir mehr wissen, fällt uns vielleicht ein, wie wir die Menschen gegeneinander ausspielen können."

Ranoz puffte schwarzen Rauch, aber dann nickt er. „Du hast recht Kuon. Also gut, Noak. Fliege  mit dem Einverständnis des Rats nach Norden und beobachte."

Der junge Salik blinzelte und stieß eine kleine Rauchwolke aus. „Ich werde mit dir fliegen, Hüterin von Eshekir."

„Gut." Ranoz schloss die goldenen Augen. „Noak und Salik reisen als Gesandte der Hrankaedí nach Norden, um zu sehen, wie sich die Menschen davon abhalten lassen, die Lebensräume der Kaedin und der Xylin zu zerstören. Hat jemand etwas hinzuzufügen?" Der mächtige Drachenschatten senkte den Kopf auf die Pranken und ein zustimmendes Schnauben ging durch die Reihen der Hrankaedí.

Noak hätte sich etwas mehr Begeisterung gewünscht, aber immerhin hatte sie nun einen offiziellen Auftrag. „Nun gut, Salik. Lass uns noch heute aufbrechen und herausfinden, was die Menschen vorhaben."

Ranoz schlug die Augen auf, die schrägstehenden Pupillen zu schmalen Schlitzen verengt. „Ich erwarte deinen Bericht, Hüterin der Höhen von Eshekir. Und dass ihr den Menschen so weit als möglich fernbleibt und euch nicht in Dinge einmischt, die uns Wesen der Nacht nicht betreffen."

Noak konnte gerade noch verhindern, dass sie mit den Zähnen knirschte oder Feuer atmete. „Ich weiß, dass du mit den Menschen abgeschlossen hast, Ältester. Wir werden die Hrankaedí und die anderen Wesen der Nacht nicht in Gefahr bringen. Möge der Mondbaum zu seiner alten Pracht zurückfinden und einer neuen Königin den Weg nach Silita-Suan weisen."

„Möge dein Wunsch in Erfüllung gehen, Noak von Eshekir. Guten Flug." Ranoz nickt ernsthaft.

Noak erwiderte seinen Blick und hob mit kräftigen Flügelschlägen ab. Während die Burg der Königinnen hinter ihr in der Dunkelheit versank, fragte sie sich, weshalb Ranoz zuletzt beinahe freundlich und versöhnlich geklungen hatte. Salik an ihrer Seite schien sich ähnliche Gedanken zu machen.

„Der Älteste schien besorgt. Nicht nur um die Xylin und Kaedin, sondern auch um dich."

Noak schnaubte. „Kaum. Ich denke, er macht sich vor allem Sorgen über die Leere in dieser Burg. Wenn die Königinnen nicht zurückkehren, wenn es keine Ahranan mehr gibt, wer übernimmt es dann, für die Wesen der Nacht einzustehen? Er hat recht, die Hrankaedí können nicht mit Menschen verhandeln."

Insgeheim fürchtete sie, dass ihr genau diese unmögliche Aufgabe bevorstand. Und das hatte sie  erst noch selbst verschuldet. Aber es brachte nichts, Salik ihren Zorn darüber spüren zu lassen. Der junge Drachenschatten war schließlich der einzige, der die Dringlichkeit ihrer Mission verstanden hatte und sich freiwillig an ihre Seite stellte.

Sie flog schweigend, bis die Glut ihres Ärgers etwas abgekühlt war. Am östlichen Himmel zeigte sich bereits ein blasser Streifen der Morgenröte. „Lass uns eine Höhle finden, wo wir den Tag verbringen können, Salik. Und danke, dass du mich begleitest. Zu zweit können wir vielleicht etwas ausrichten, wo ein einzelner versagen muss."

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