Inhumanity

By memory4u

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"Ich sollte sie in das Verderben führen. Nun werde ich jeden dafür zahlen lassen, der auch nur daran denkt, d... More

Menschlichkeit
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By memory4u

"Wir sind da."
Der Zwerg quetscht meinen Kiefer, dreht meinen Kopf von links nach rechts und begutachtet mich von allen Seiten. "Ein wahres Prachtstück. Fast zu hübsch, um dich dem König zu übergeben, ohne vorher auszutesten, wozu du noch so fähig bist."

Ich könnte kotzen.

Die letzten Stunden habe ich mir bereits diese Anrüchigkeit anhören müssen. Die letzten Stunden bereits gluckert das Johanniskraut tief in mir, hat meine Magie komplett lahmgelegt und mir keine Möglichkeit gegeben, um mich vor seinen Händen zu schützen, die scheinbar zufällig hin und wieder meine Brust streifen. Er nutzt meine fehlende Magie und die gefesselten Hände schonungslos aus. Dreckskerl. Doch nicht einmal dies kann ich ihm an den Kopf schleudern, da jeder Laut im Knebel erstickt.

Obwohl Lucia ihm eine deutliche Warnung ausgesprochen hatte, ja die Finger von mir zu lassen, schert ihn das kein wenig. Genauso wie es ihn nicht interessiert, dass sie morgen Abend auf der Lichtung im Wald auf ihn warten wird, damit das Kopfgeld geteilt wird. Er wird nicht auftauchen. Nicht, weil ich ihm seine Hände abhacke, wie es sich gehören würde, sondern weil er jeden einzelnen Taler für sich einsteckt.

Dabei sieht der Zwerg so harmlos aus - wie ein Zwerg eben. Fast so klein und schmal wie ich, sehr untypisch für einen Mann. Luan und Ash würden ihn um einen ganzen Kopf überragen. Der weiße Bart und sein trügerisch liebes Lächeln spielen ihm in die Hand. Sein Charakter macht hingegen wieder alles zunichte. Wenigstens hat er seine Worte nicht in Taten umgesetzt. Ich hätte mich wahrhaftig übergeben.

Rabiat stößt er mich vor sich her, die Treppen hinauf in diesen Geruch, der mir nur allzu bekannt ist. Es scheint fast so, als sei die abstruse Kreuzung aus Bienenwachs und modrigem Geruch nach Pilzen in die Wände gekrochen und nie wieder hervorgekommen. Weniger bekannt ist mir das hektische Hin und Her der Damen und Herren in weißen Kitteln, die meisten mit mehr oder weniger alten Blutspuren darauf. Es ist so ein Gewusel, dass ich überrascht bin, mit welcher Zielstrebigkeit sie von Raum zu Raum irren, scheinbar die völlige Kontrolle haben. Selbst die Aufnahme der verletzten Soldaten und Magier direkt im Empfangsbereich läuft reibungslos ab. Man könnte fast meinen, der Angriff auf Sonelem wäre vorhersehbar gewesen. Nur eine Frage der Zeit. Genauso wie es nur eine Frage der Zeit ist, bis ich Lucius wiedersehe.

Umso erleichterter bin ich, dass er nicht der Erste ist, den ich zu sehen bekomme. Seitdem uns der Zwerg mit einem vorlauten "Ich präsentiere die Heilerin" bereits duzende Schritte vor dem Palast ankündigte, flankieren uns mehrere Wachen mit ihren Hellebarden. Mein Bauch rebelliert bei jedem Schritt, der Magen krampft bei der nur kleinsten Bewegung.

Wie konnte sich Ash mit einer viel größeren Menge auf den Beinen halten und sich nicht durch seine Mimik verraten? Es wird mir immer mehr ein Rätsel. Die Tatsache, dass er es dabei nicht einmal für sich, sondern für mich getrunken hat - ich hasse mich selbst dafür, dass ich vergangene Nacht nicht sagen konnte, was ich sagen wollte.

Die Wände des Palastes kreisen uns vollends ein, verdrängen meine Gedanken. Mühsam schiebe ich einen Fuß vor den anderen, schaue nicht auf, als uns schnellere Schritte entgegenkommen. Nicht die eines Arztes. Ich würde Lucius' polierte Schuhe auch so unter tausenden wiedererkennen.
"Du hättest zu keiner treffenderen Zeit kommen können, Engelchen."

Lucius möchte noch näher treten, da quetscht sich der Zwerg zwischen uns.
"Moment einmal. Ich habe sie gefunden. Ich erwarte die Bezahlung."

Du Mistkerl hast mich weder gefunden, noch einen Anspruch auf das Geld. Ich fluche in den Knebel, doch Lucius scheint sich sein eigenes Bild über die herrische Stimmlage des Zwerges gemacht zu haben. Seinem Blick nach zu urteilen, lässt er sich nicht gerne herumkommandieren. Natürlich nicht. Er ist ein Fanatiker der Kontrolle. Der Macht.

"Selbstverständlich." Lucius' Wangenmuskeln zucken, die von mir verursachte Narbe auf seiner linken Wange fließt in der Bewegung mit. Er kämpft damit, seine Freundlichkeit aufrechtzuhalten. Wäre der Zwerg Lucia, hätte ich ihm dazu geraten, die Beine in die Hand zu nehmen und um sein Leben zu rennen. Doch er hat verdient, was auf ihn zukommt. "Elros, warum führst du den werten Herren nicht schon einmal in den Salon? Ich werde nachkommen."

Der angesprochene Wachmann nickt nicht. Lächelt nicht. Er steht einfach da und macht eine bedrohliche Armbewegung in einen Seitenflur. Zweifelsohne hat er den Auftrag verstanden, obwohl Lucius nicht einmal explizit benennen musste, was zu tun ist. Neben Kalian und Nele wohl die nächste, rechte Hand Lucius'. Fantastisch.

"Auf dich kommt eine Menge Arbeit zu", meint Lucius, legt mir seinen Zeigefinger unter das Kinn und hebt meinen Kopf an. Er macht eine Kopfbewegung auf den Jungen, der soeben an uns vorbeigeschleppt wird. Blut rinnt über seine Schläfe, das Schulterdach ragt deutlich unter der Haut hervor und der dazugehörige Arm ist unnatürlich weit nach hinten gewinkelt. Direkt hinter ihm wird ein jüngeres Mädchen an uns vorbeigetragen. Träge hängt sie in den Armen eines Soldaten Sonelems, röchelt um Luft. "Payla spaßt nicht mit uns."

Er nimmt mir den Knebel ab. "Um eines vorab zu klären: wenn du nicht mitmachst, wird ein netter, vierundzwanzigjähriger junger Mann in Meral daran glauben müssen. Hilf mir auf die Sprünge: wie war denn noch einmal sein Name?"

Das Blut weicht mir schlagartig aus dem Gesicht. "Finger weg von meinem Bruder."
"Luan, richtig?" Lucius wirft mir ein siegessicheres Grinsen zu. "Ich habe meine Recherche gemacht, Vermillion. Nun bist du an der Reihe. Hast du mich verstanden?"

Wie könnte ich seine Drohung denn nicht verstehen? Er könnte genauso gut Luan hier vorführen und ihm ein Messer an die Kehle drücken. Hoffentlich versteht Luan, was passiert sein muss, wenn ich ihn nicht aufsuchen konnte, und taucht unter. Ash zumindest wird es sofort wissen. So wie ich ihn kenne, wird er nicht lange zögern und sein eigenes Leben riskieren. Für mich. Ich weiß nicht, ob ich ihn dafür hasse oder liebe.

"Ob du mich verstanden hast, Engelchen?"
Lucius packt mich am Hals, schiebt mit seinem Daumen den Kragen meines Umhangs zur Seite und begutachtet den Löwen.
"Ja", krächze ich. "Aber lass die Finger-"
"Solange du zu meiner Zufriedenheit handelst, hat er nichts zu befürchten."

Zu seiner Zufriedenheit - kann er denn jemals zufrieden sein? Offensichtlich scheint ihm auch nicht zu passen, wie mich der Zwerg hierher geschleppt hat. Lucius packt eine Haarsträhne, zwirbelt sie und betrachtet den mittlerweile verblassenden Braunton. "Du kannst dir sicherlich denken, dass Ash gerade auch eine große Hilfe wäre. Wo ist er?"

"Ich weiß nicht." Nur über meine Leiche werde ich Ash verraten.
Der Berater zieht an der Strähne, meine Kopfhaut brennt. "Das war nicht zu meiner Zufriedenheit, Talia."

Panik explodiert in mir. Luan. Sag etwas für Luan. "Er ist in Sira."
"Mehr Details. Sira ist groß."
"Am Hafen." Ich kneife die Augen zusammen, als er meine Haarsträhne erneut anhebt und ich glaube, dass er sie mir rigoros ausreißen wird. Zu meiner Überraschung lässt er sie los. "Er hat ein Zimmer am Hafen. Das ist am besten für seine Sinne."

Lucius klatscht einmal zufrieden in die Hände. "Hervorragend. Sollte das nicht stimmen, weißt du, was Luan droht. Nun in den Kerker mit ihr. Es dauert noch ein wenig, bis das Kraut nachlässt."

Das Blut rauscht mir in den Ohren. Ich musste lügen. Ash zuliebe. Hoffentlich erklärt dieser Luan, in welcher Gefahr er schwebt. Was auch ihm drohen kann. Dass er schleunigst die Flucht ergreifen sollte.

Dass ich noch nie im Kerker war, erkenne ich sofort. Hier hat ausschließlich der modrige Gestank die Vorhand. Durch winzige Schlitze dringt Tageslicht herein, gerade genug, um die einzelnen Zellen auseinanderhalten zu können. Die Wände sind aus nacktem Stein, fügen sich zu der Kälte dieses Ortes. Ich schlinge die Arme um meinen Oberkörper, versuche die Wärme in mir zu bewahren, kaum nimmt mir einer der Männer die Fesseln ab. Nach etlichen Stunden scheint endlich wieder Blut in meine Finger zu rinnen.

"Was hast du angestellt?"
Mein Kopf schnellt zu der Stimme herum. Noch haben sich meine Augen nicht genug an die Finsternis gewöhnt, dass ich mehr als einen Schatten in der Zelle direkt gegenüber erahnen kann. Nur eines weiß ich mit Sicherheit - die helle Stimme des Mädchens kenne ich nicht.
"Ich habe meinen eigenen Kopf", murmele ich vorsichtig. Kann ich ihr denn mehr anvertrauen?

"Oh", stößt sie aus, weiß anscheinend genau, was dies hier bedeutet. "Nicht gut."
Sie kriecht näher, umschließt die Stäbe zwischen uns mit ihren gefährlich langen Nägeln und lässt das Licht quer über ihr Gesicht fallen. Bei allen Göttern - sie sieht aus wie ein Todesengel. Wie ein wunderschöner Todesengel. Hüftlange, schwarze Haare, große, ebenso dunkle Augen, blasse Haut und eine beinahe malerisch perfekte Nase. Sie ist wohl das hübscheste Mädchen, das ich jemals gesehen habe. Noch wage ich aber nicht, von ihrem Aussehen auf den Charakter zu schließen.

"Lucius ist personifizierte Dominanz. Hierher kommen nur die, die nicht einmal er bändigen kann."
"Welch eine Ehre." Sie kichert über meine Ironie. "Dich bringt also auch dein eigener Kopf hierher?"
"Volltreffer."

Immer wieder klopft sie mit ihrer Schuhspitze gegen das Eisen, füllt die Stille dieses Kerkers. Ich bin froh, nicht alleine hier sein zu müssen. Sie lenkt mich ab.
"Soll diese Finsternis uns unseren Widerstand nehmen?"
"Die Finsternis ist hier das kleinste Problem." Sie senkt die Stimme, als fürchte sie sich vor dem, was sie sagen wird. "Die Augen zu schließen, davor solltest du Angst haben."

Gespannt legt sich meine Stirn in Falten. "Manipuliert er dann unsere Gedanken?"
"Sei kein Narr. Er kann nicht ununterbrochen darauf warten, dass wir einschlafen." Sie legt den Kopf schief. "Du bist noch nicht erfahren mit Magie."
"Was dann?", ignoriere ich getrost ihre Feststellung.
"Dann sehen wir Dinge, die wir nicht sehen wollen."
"Ziemlich sicher, dass man das einen Albtraum nennt", stelle ich fest.

Das Mädchen schüttelt den Kopf, lässt die Haare um ihren Oberkörper tanzen. "Das ist mehr. Authentischer. Du kannst es riechen. Du kannst es berühren. Und du wirst die Berührung noch immer spüren, wenn du aufgewacht bist."
"Das..." Hört sich verrückt an. "...ist also wie eine Halluzination? Nur, dass es im Traum ist?"
"So kann man es sagen", stimmt sie zu. "Was du zu sehen bekommst, ist real. Passiert irgendwo auf dieser Welt. Zu irgendeinem Zeitpunkt, Vergangenheit, Gegenwart, vielleicht auch Zukunft. Aber es passiert. Und es gefällt dir nicht."

"Etwas Persönliches."
Der Todesengel seufzt. "Sehr persönlich."
Hoffentlich kommen die Wachen wieder, bevor mich die Müdigkeit übermannt. Aber diese nagt schon hungrig an mir, nachdem ich letzte Nacht vielleicht zwei Stunden Schlaf hatte. "Wie macht er das?"

"Lucius macht nichts. Das hier ist ein Zauber."
Neugierig neigt sich mein Kopf zur Seite. "Ein Zauber? Was ist der Unterschied zur Magie?"
Das Mädchen tangiert mich mit einem argwöhnischen Blick, der wohl so viel bedeuten soll wie Du hast noch viel zu lernen. Recht hat sie. Dennoch schätze ich ihre Geduld mit mir. "Niemand beherrscht deine Kernmagie so gut wie du."

"Ich weiß. Die andere Magie hingegen wird von jemand anderem vielleicht besser beherrscht. Jemand, der diese als Kernmagie besitzt", erinnere ich mich. Niemand kann so heilen wie ich. Aber irgendwo dort draußen ist ein Magier, der noch mehr mit seinem Feuer vernichten kann als ich.

"Korrekt." Beinahe glaube ich, einen Anflug von Erleichterung auf ihrem Gesicht zu sehen. Immerhin muss sie mir nicht alles erklären. "Zauberei jedoch kann von jedem Magier vollzogen werden. Egal welcher Zauber. Hauptsache du besitzt Magie."

"Warum wird dann im Krieg nur Magie benutzt?"
"Die Magie ist ein Teil von uns. Der Zauber hingegen muss erst kreiert werden. Es ist schlicht und ergreifend zu zeitintensiv. Zumal ich aus Erfahrung spreche, wenn ich sage, dass der erste, gelungene Zauber jahrelange Übung braucht."

Das erklärt, warum weder Ash noch Simon oder sonst jemand auch nur ein Wort über Zauberei verloren haben. Sie praktizieren es selbst nicht. "Und weil hier niemand ist, der diese Träume auf uns anpasst, sondern weil sich das von selbst reguliert, liegt auf diesem Kerker ein Zauber?"
"Wieder korrekt. Nenn es meinetwegen auch einen Fluch." Ein Lächeln spielt mit ihren vollen Lippen. "Wäre vermutlich treffender."

Meine Hände graben sich in den Stoff des Umhangs. Unbehaglich drehe ich den Kopf zur Seite, lasse meinen Blick über die Wände steifen. Es sieht so normal aus, nichts weiter als ein unscheinbarer Felsen. "Man kann sich also auch nicht davor schützen, richtig?"
"Nein. Sonst würde ich mir wohl nicht wieder diesen Träumen ausliefern."
Ich nicke. "Und du kannst hier nicht zufällig einen Zauber erschaffen?"

Sie schüttelt den Kopf. "Mir fehlt dazu das Material. Und gerade auch meine Magie. Wieso?"
"Ich hätte gern jemandem eine Nachricht zukommen lassen." Dass Ash auf Luan aufpassen soll. Dass er selbst bloß Sira meiden soll.
Ein leises Seufzen. "Tut mir leid. Ich hätte selbst schon tausende Hinweise an ihn gesendet, wenn ich könnte. Aber ich kenne ihn. Er wird kommen."

Unruhig finden meine Finger den Weg zum Armband, bearbeiten Perle für Perle. "Wen meinst du?"
Auch sie beginnt, mit den Schnürsenkeln ihrer Schuhe zu spielen. Hauptsache wach bleiben. "Meine erste Liebe. Das ist doch etwas Besonderes, nicht wahr?"

Hätte sie mir diese Frage noch vor wenigen Wochen gestellt, wäre es mir unmöglich gewesen, eine Antwort darauf zu geben. Es ist nicht so, als hätte ich niemals Einladungen von Männern zu einem gemeinsamen Essen bekommen, aber dennoch wollte ich keinen von ihnen. So ist das nicht mehr. Ich will Ash. Mit jeder Faser meines Körpers und mit jedem Schlag meines Herzens. Und doch schaffe ich Feigling es nicht, meine Gefühle in Worte zu packen.

"Ich vermisse ihn, weißt du?" Sie fährt fort, bevor ich es dieses Mal schaffen kann. "Er sieht mich. Ist mir eine große Hilfe. Ein Fels in der Brandung, so sagt man doch, oder?"
Ich nicke, weiß genau, was sie meint.

"Zwei Jahre kennen wir schon einander und diese zwei Jahre würde ich gegen keine anderen tauschen. Es waren die besten meines Lebens. Und ja, der wilde Sex ist fantastisch, aber er hat auch so eine faszinierend ruhige Seite, wenn man auf seine Sinne achtet."

Ruckartig hebe ich den Kopf. "Seine Sinne?"
"Er nimmt mehr wahr. Seine Magie." Ihre Worte rauben mir die Luft zum Atmen. "Das macht ihn übrigens ausgezeichnet im Bett. Er weiß genau, welche Wirkung er auf mich hat. Dafür weiß ich, wie sehr es ihm gefällt, wenn man ihn ein wenig kratzt. Komisches Männerding, nicht wahr?"

Ich schlucke, mühe mich daran ab, mich nicht vor ihr zu übergeben, so übel ist mir plötzlich. Als mir keine Antwort über die Lippen kommt, fixiert sie mich mit einem undeutbaren Blick. "Wann hast du ihn das letzte Mal gesehen?", quetsche ich hervor.
"Vor ein paar Tagen, nein, gestern?" Trocken lacht sie auf. "Mein Zeitgefühl lässt mich hier unten im Stich."

Ash hatte Kratzspuren. Am Unterarm. Gestern Nacht. Als ich mich ihm hingegeben habe. Ich will Luft holen, doch bekomme keine, als sich mir die Erkenntnis wie ein eiskalter Griff um den Hals legt und zudrückt.

"Du wirst ihn bestimmt wiedersehen", versuche ich sie aufzumuntern und quäle mich an einem zuversichtlichen Lächeln ab, auch wenn mir zum Heulen ist. "Wir schaffen es hier raus und dann ist er ganz deins."

Ihr Blick löst sich nicht von meinem. Natürlich war ich ihm nicht genug. Man muss sie nur einmal anschauen - sie ist Perfektion auf zwei Beinen. Optisch genau richtig für Ash. Charakterlich viel zu gut.
"Glaubst du?"

"Ich bin mir absolut sicher. Nichts wird zwischen euch stehen."

Doch die Wahrheit muss Ash ihr überbringen. Ich breche ihr sicherlich nicht das Herz und riskiere einen solchen Schmerz zu verursachen, der mich erst wieder hierher gebracht hat. Ich habe aus meinem Fehler mit Lucia gelernt. Taubheit quillt in meiner Brust auf. Jetzt hat mir wohl Ash eine Lektion erteilt.

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