Inhumanity

By memory4u

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"Ich sollte sie in das Verderben führen. Nun werde ich jeden dafür zahlen lassen, der auch nur daran denkt, d... More

Menschlichkeit
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By memory4u

"Du solltest dich ausruhen, Talia. Morgen-"
Kalian spricht nicht weiter. Er beugt sich zu dem Tablett, hält plötzlich mitten in der Bewegung inne und ich weiß, er hat den fehlenden Stuhl bemerkt. Er will mir ausweichen, da ramme ich ihm bereits den Pflock in den Rücken. Das Fleisch schmatzt, Blut tränkt sein Oberteil. Am liebsten hätte ich mir die Ohren zugehalten, die Augen geschlossen, so angewidert bin ich von meiner eigenen Brutalität. Er schreit auf, stützt sich am Tisch ab, windet sich.

Meine Hände zittern, fassungslos darüber, was ich gerade angerichtet habe. Die Magie in mir brodelt augenblicklich auf, will es ungeschehen machen. Hektisch zwinge ich mich einen Schritt zurück, als Kalian nach Luft ringt, versucht das mittlerweile mehr rote als braune Holzstück ergreifen zu können.

"Es tut mir leid", hauche ich, entreiße ihm den Schlüssel. Geschockt über mich selbst renne ich los, verschließe die Tür, lasse Kalian kurzzeitig außer Gefecht gesetzt in dem Zimmer zurück. Was hatten sie denn auch erwartet? Dass ich darauf warte, bis Lucius mich wieder braucht? Zweifelsohne hätte ich mich auch mit meiner Magie aus dem Zimmer befreien, die Tür abfackeln oder das Fenster schmelzen können. Beides wäre aber sicherlich nicht lange unentdeckt geblieben.

Ich verstaue den Schlüssel im Schuh, hauptsache aus der Hand, auch wenn er bei jedem Schritt in meinen Fuß drückt. Dann laufe ich weiter, weiß nicht, wie lange mir bleibt oder gar, wie ich zu dem Raum voller Lumien finden soll. Orientierungslos passiere ich zahlreiche identisch aussehende Türen, alle in dem gleichen Mahagoniholz wie die meine. Sind das etwa alles Zimmer von Magiern, die sie hier eingesperrt haben? An jeder Ecke verharre ich kurz, lausche und spähe vorsichtig auf das, was vor mir liegt. Bis zur ersten Treppe begegnet mir keine Seele. Am Podest angekommen, ändert sich dies jedoch schlagartig.

Aus dem Stockwerk darunter vernehme ich intensives Treiben, Schritte, die sich mir zügig nähern. Eilig fahre ich herum, suche nach einer Zuflucht. Die Tür links - bloß nicht. Bei meinem Glück könnte Lucius persönlich dahinter stecken. Ausweglos eile ich die Treppe hoch, warte außer Sichtweite am Ende des Geländers darauf, dass die Stimmen der Stille weichen, hoffentlich nicht noch eine Etage weiter wollen. Die beiden Männer stoppen auf dem Podest, lassen sich ausgiebig über Lucius aus, derweil mir das Blut in den Ohren rauscht. Ich ducke mich, wage einen Blick um die Ecke, sehe zwei Haarschöpfe.

"Das überlassen wir Lucius, oder?", schlägt der Kleinere vor.
"Gute Idee. Vielleicht merkt er dann einmal, dass wir mehr zusammenarbeiten sollten." Schadenfreude ziert das Lachen der Beiden. "Hast du schon gehört, was er aufgetrieben hat?"
Ein energisches Kopfschütteln, nicht mehr.
"Die Heilerin."
Was er aufgetrieben hat. Was, nicht wen. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Wann haben die Menschen aufgehört uns als Lebewesen zu betrachten?

"Hervorragend." Die Ironie in der Stimme des kleineren Beraters wird bis zu mir getragen. "Demnächst küsst ihm der König wirklich noch die Füße."
"So weit lasse ich es nicht kommen. Vorher mache ich ihm einen Strich durch die Rechnung."

Der Kleine öffnet den Mund, versucht die Bedeutung seiner Worte zu verstehen. Neugierig beuge ich mich nach vorne, damit mir kein Laut entgeht. "Du solltest die Finger von ihr lassen. Sie ist nicht nur für Lucius wichtig, sondern für jeden von uns."
Ach du Heilige. Er plant mich zu töten. Wegen Lucius.
"Ich habe nicht all die Jahre dafür geopfert, dass Lucius mal eben aller Liebling wird."

Meiner ist er sicherlich nicht, aber das kann ich ihm wohl schlecht sagen.
"Du vergisst, dass er sich auch schon mehr als genug Ärger eingefangen hat. Monroe zu verlieren, war keine Glanzleistung."

Ich halte den Atem an, überrascht von der plötzlichen Wendung des Gesprächs. Es kann nur um Kaya gehen. Ash dient, es sei denn, er hat sich die letzten Tage abgesetzt, da er nun seine Rache an Simon verüben kann. Bedeutet dies also, dass Kaya lebt? Dass sie abgehauen ist, sich irgendwo vor den Beratern versteckt? Warum sollte sie dann jedoch keinen Kontakt zu Ash aufbauen? Oder zu Simon? Warum scheint es so, als wollte sie nicht gefunden werden?
"Und? Er hat noch immer Ash. Kalian. Die Heilerin. Bei seinem Glück könnte ich kotzen."
"Unsere Zeit kommt auch. Manchmal bedarf es nur ein wenig Geduld", versucht der kleinere Berater dem Groll auszuweichen.

Wie aus dem Nichts krallen sich Finger in meine Haare, ziehen mich in die Höhe. Mein Herz setzt einen Schlag lang aus, derweil ich einen erschrockenen Aufschrei unterdrücke.
"Eine Dame sollte nicht lauschen", flüstert mir eine tiefe, unbekannte Stimme in das Ohr. Ich denke soeben, er will mich in das Sichtfeld der Berater stoßen, da zieht er mich zurück. "Ich gehe schwer davon aus, dass du Lucius zugeordnet bist, wenn du dich vor den Beiden versteckst?"

Mit aller Mühe versuche ich den Kopf zu drehen, einen Blick auf ihn zu erhaschen, doch sein Griff gibt nicht nach. Wie viel kann ich ihm sagen? Wie viel weiß er schon über mich? Ist er ein Mensch oder Magier?
Voller Angst, die Berater könnten uns hören, nicke ich.
"Glückwunsch." Abrupt lässt er mich los. "Oder wäre mein Beileid eher angebracht?"

Die beiden Berater unterhalten sich noch immer, haben nicht ansatzweise mitbekommen, was sich nur in geringer Entfernung von ihnen abspielt. Ich drehe mich um, versuche durch sein Äußeres mehr über ihn zu erfahren. Der Mann dürfte ein wenig älter als Luan sein, trägt weder Schwert, noch ein Flakon mit dem Johanniskrautgemisch bei sich.

"Du hast Glück, dass ich gerade nicht im Dienst bin." Aus ihm werde ich nicht schlau. Ist er eine menschliche Wache oder ein dienender Magier? "Geh zurück in dein Zimmer, ja? Sonst muss ich Lucius Bescheid geben. Er wird sicherlich sofort wissen, wen ich meine, wenn ich ihm von dem Mädchen mit dem Löwen erzähle."

Also trägt nicht jeder dienende Magier das Zeichen des Königs auf sich. Unwohl schiebe ich den Rand meines Kleides vollständig über die Narbe, wage einen Blick zur Treppe, von der weiterhin die hitzigen Stimmen zu uns dringen. Ich werde nicht einfach in mein Zimmer gehen können. Die beiden Herren stehen mir im Weg, zumal Kalian alles andere als gut auf mich zu sprechen sein wird. Mein Plan war ein anderer - die Akten finden, alles Wichtige einprägen und nichts wie weg von hier.
Der Mann interpretiert meinen Blick falsch.

"Um die zwei kümmere ich mich." Er tritt in das Sichtfeld der Beiden, führt zu sofortigem Schweigen. "Komm."
Bereits jetzt ahne ich, dass er mich bis zur Tür begleiten wird. Wie zur Hölle soll ich ihm den eingesperrten, verletzten Kalian erklären? Ich habe keine Ahnung, leider genauso wenig Wahl.

Kaum folge ich ihm, liegen die Augenpaare der Berater schwer auf mir. Der kleinere lässt seinen Blick misstrauisch über mich gleiten, derweil sein Gegenüber neugierig eine Augenbraue in die Höhe zieht.
"Wer ist das?"
"Eine Neue. Hat sich ein wenig verlaufen", lügt der Mann ohne auch nur einen Atemzug zu zögern.
"Mhm", grummelt er, wendet sich wieder dem Kleinen zu, der mich noch immer voller Skepsis mustert. Sieht er mir meine Schuld an? Oder die Tatsache, dass ich Lucius angehöre, welche getrost verschwiegen wurde?

"Hier?"
Der Mann bleibt neben den Beratern auf dem Podest stehen und deutet auf die verwinkelten Gänge.
"Ich glaube schon", bringe ich hervor, gebe mir alle Mühe so orientierungslos zu wirken wie nur möglich. Dabei weiß ich genau, dass es nur zweimal nach links geht, dann die vierte Tür auf der rechten Seite und ich habe ein riesiges Problem. Was mache ich aber nicht dafür, dass unsere Tarnung nicht auffliegt? Dass ich nicht gleich hier enthauptet werde, sollte ich als Heilerin entlarvt werden?

Ich passiere die Beiden, spüre mein Herz in der Brust rasen. Hitze steigt in mir auf, unkontrolliert, keine Magie, nur blanke Angst. Bewusst meide ich ihre prüfenden Blicke, konzentriere mich auf meine zittrigen Beine. Der Mann lotst mich durch die Gänge, bleibt erst stehen, als wir völlig von den Beratern abgeschnitten sind. Sollte ich ihn dermaßen außer Gefecht setzen, damit ich dem sonst Unausweichlichen entkomme? Nein, niemals. Meine eigenen Gedanken ekeln mich. Er hat mir nichts getan, hat dies nicht verdient.

"Also? Wo lang?"
Wie hypnotisiert deute ich auf die Tür nur wenige Schritte weiter. Ist es ein gutes oder schlechtes Zeichen, dass von Kalian nichts zu hören ist? Habe ich ihn etwa lebensbedrohlich verletzt zurückgelassen? Was, wenn er regungslos in seinem eigenen Blut gebadet auf dem Boden liegt? Panik macht sich in mir breit. Ich beschleunige meine Schritte, versuche die plötzliche Hektik zu vertuschen, ziehe den Schlüssel aus meinem Schuh. Der Mann runzelt die Stirn.

"Woher-?"
Ich stoße die Tür auf, spüre augenblicklich das Blut in meinen Adern kochen. Meine Magie. Kalian lebt, ist nur verletzt. Er hat sich auf mein Bett geschleppt, hilflos auf den Bauch gedreht. Der Pflock ragt aus seinem Rücken, dort, wo er nicht mit seinen Händen hinkommt.
"Um Gottes Willen-"
Der Mann stürzt in das Zimmer, bremst sogleich ab, als er realisiert, was dies bedeutet - der Schlüssel in meiner Hand, der verletzte Kalian in meinem Zimmer. Sein Kopf schnellt zu mir, da hauche ich ein tonloses Es tut mir so leid. Dass ich ihn so bitter hintergehe. Kalian niedergerungen habe. Dass ich nicht fassen kann, was in mich gefahren ist. Was mir meine Freiheit wert ist.

Ich reiße die Tür zu, drehe den Schlüssel um, da prallen seine Fäuste gegen das viel zu stabile Holz. Den Schlüssel erneut im Schuh versteckt, dann renne ich los. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Wie lange habe ich, bis der Mann die Tür eingetreten hat? Bis ihn jemand befreit? Ich zerbreche mir darüber nicht weiter den Kopf. Wenn ich nicht rechtzeitig von hier fort komme, wartet so oder so eine immense Strafe auf mich. Ich brauche Glück, am besten eine ganze Handvoll. Ein Teil davon ist bereits aufgebraucht, als ich an die Treppe gelange und erleichtert feststelle, dass die Berater weg sind.
Immerhin.

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