Box Nr. 7

By ananasdream

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»Die ganze Zeit ging ich davon aus, du wärst auch nur jemand, dem ich nicht trauen kann, aber du warst die ga... More

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By ananasdream

𓆈

Zwei Monate später

A U F dem eisernen Torbogen lag Schnee, obwohl Anfang April war. Die dünne Eisschicht schimmerte unter den Strahlen der Sonne. Das Aprilwetter vor wenigen Sekunden zog vorüber und das Eis würde demnächst schmelzen. Damit musste ich mich endgültig von meiner absoluten Lieblingsjahreszeit verabschieden. Von den bequemen Strickpullovern, den Duft von Kerzen und dem leckeren Weihnachtsgebäck. Es war an der Zeit, sich in überfüllte Hörsäle zu quetschen. Die Sonnenstrahlen, die durch das Fenster fielen, überlebte man nur mit hochgebundenen Haaren und Ventilatoren zwischen den Sitzreihen.

Mein Gesicht kuschelte ich an den Stoff des Schals und öffnete das Tor für den Schritt Richtung Neubeginn. Ich war alles andere als bereit. Heute Morgen hatte ich schlecht geschlafen. Die Milch für den Kaffee hatte Dina scheinbar geleert. Mit Koffeinentzug seine erste Univeranstaltung anzutreten, glich einer Zombieinversion. Wer immer mich heute ansprach, mehr als ein untotes Brummen brachte ich nicht zustande.

Zum Glück kannte ich die Wege zu den Sälen bereits vom letzten Semester. Die Zweige mit den austreibenden Knospen wiegten sich im Wind direkt vor dem Eingang zur Uni und hinterließen einen blumigen Frühlingsduft. Ich kuschelte mich enger in meinen Poncho. Falls ich zu spät erschien, war das allein Dinas Schuld. Sie wusste doch, dass wir denselben Kurs belegt hatten. Wieso hatte sie mich nicht geweckt? Erst nachdem sie die Tür hinter sich zuschlug, stellte ich mit entsetzen fest, meinen Wecker nicht eingeschaltet zu haben.

Das Pädagogikseminar zum Thema schulpsychologische Maßnahmen für den Unterricht klang in meinen Ohren sofort vielversprechend. Mir war es ein Anliegen, Schülerinnen und Schülern zu helfen, die von zuhause einen ganzen Berg an Problemen mitbrachten. Damit sie daran nicht zerbrachen und gestärkt nach vorne schauten. Mit der begrenzten Teilnehmerzahl von maximal dreißig Studenten war das Seminar sicher gemütlich und familiär. Es fand in keinem der großen Vorlesungssäle statt, sondern in einem kleinen Seminarraum im Erdgeschoss.

Der Flur der Uni war weitestgehend leer. Ich schaute auf meine Uhr. Noch fünf Minuten. Das würde ich schaffen, nur wahrscheinlich zuletzt den Raum betreten. Am ersten Tag waren die meisten Studenten pünktlich, ehe sie im Laufe des Semesters dann ganz fernblieben. Ich hechtete den Gang entlang. Mein brauner Rucksack schlug mir dabei im Takt gegen den Rücken. Toller Start. Wie immer.

Ich passierte den letzten Torbogen. Mir gefiel der altertümliche Stil der Universität. Die großen vergitterten Fenster mündeten an der Tür, die mich geradewegs zum Seminar führte. Der Bogen hier war weniger massiv. Über ihm befand sich ein goldener Kreis, auf dem das Reptil eingestanzt war. Die Nummer 328 wies mir, eingeritzt in Stein, dass ich hier richtig war. Ich atmete noch einmal tief durch, um die mir fehlende Kraft zu tanken.

Da stand ich nun. Herr Thiel saß vorne an seinem Pult, die Stühle waren nahezu alle besetzt. Der Vortrag hatte nicht angefangen, aber angestarrt wurde ich dennoch. Dina saß in der vorletzten Reihe neben einem mir unbekannten Mädchen. Einen Platz hatte sie nicht freigehalten. Ihre Augen weiteten sich bei meinem Anblick kurz. Dann schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen und sie winkte mir zu. Schönen Dank für Nichts.

In der zweiten Reihe sprang mir sofort Arians rote Haarpracht entgegen. Obwohl ich wusste, dass er heute anwesend war, traf es mich unvorbereitet. Seit unserem Abschluss hatten wir nicht mehr miteinander geredet. In Vielsgart sah ich ihn ab und zu, aber nur aus der Ferne. Zu weit weg, um Hallo zu sagen. Ihn jetzt so unmittelbar vor mir zu haben, brachte mich ins Straucheln. Wie verhielt ich mich? Begrüßung? Ja oder Nein?

Am sinnvollsten erschien es mir, zunächst nach einem freien Platz Ausschau zu halten. Ich quetschte mich durch die Reihen, vorbei an Dina, die mich entschuldigend ansah und flüsterte: »Ich dachte, du wärst krank.«

Ich versuchte, mich nicht allzu sehr über meine neue Mitbewohnerin aufzuregen. Woher sollte sie auch wissen, dass man gerade dann im Zimmer nach dem Rechten schaut? Bislang lebte sie bei ihren Eltern, um die sie sich nie sorgte. Armes Mädchen! »Wenn du beim nächsten Mal anklopfst, kannst du dir sicher sein«, zischte ich.

In der letzten Reihe waren zwei Stühle frei. Ich nahm den, der am dichtesten an Dina dran war, ließ den Rucksack von den Schultern gleiten und setzte mich. Aus dem Augenwinkel erspähte ich Arian, wie er sich zu mir umdrehte. Unsere Blicke trafen sich und schnell fokussierte er wieder die Tafel.

Das Ziehen in meinem Inneren versuchte ich weitestgehend zu ignorieren. In dem Augenblick, wo ich schräg links von mir eine Gestalt wahrnahm, die mir erschreckend vertraut vorkam, dachte ich keine Sekunde mehr an Arian. War er das? Der Junge von der Semesterabschiedsparty, den ich geküsst hatte, ehe er mich verdattert zurückließ? Ich reckte den Kopf ein Stückchen nach links, um ihn besser zu erkennen. Es waren dieselben hauchzarten blonden Strähnchen. Dieses Mal trug er keine pinke Bluse, sondern ein schlichtes schwarzes T-Shirt. Wenn er doch nur seinen Arm zur Seite bewegen würde, könnte ich vielleicht einen Blick auf das Tattoo werfen. Dann wäre ich mir sicher.

Dina beobachtete mich, wie ich den Typen von der Party musterte. Sie saß einige Reihen vor mir, weshalb sie einen besseren Blick auf ihn hatte. Ihre Augen schweiften zwischen uns hin und her. Mit Erkenntnis weiteten sie sich. Scheinbar erkannte auch sie ihn wieder, obwohl sie sich nur wenige Sekunden sahen. Es wunderte mich, dass sie ihn in dem Chaos überhaupt gesehen hatte. Na toll! Was hatte ich dem Schicksal getan, um derart bestraft zu werden?

Mir war danach, meinen Poncho über das Gesicht zu ziehen. So stellte ich sicher, dass er mich unter keinen Umständen erkannte. Wem machte ich etwas vor? Wer in der letzten Minute zur Veranstaltung erschien, blieb definitiv nicht unbemerkt. Zum Glück drehte er sich bislang nicht zu mir um. Wie es schien, schrieb er auf seinem Notizblock. Sein Rücken war gebeugt und die Muskeln spannten sich.

Ich erinnerte mich daran, wie meine Hände sich auf der Party um seinen Nacken geschlungen hatten. Wie weich seine Haut unter meinen Fingern gewesen war ... und der Geruch. Ich hätte nichts dagegen, ihn jetzt direkt vor mir sitzen zu haben.

»Herzlich willkommen zum Seminar für schulpsychologische Maßnahmen im Unterricht. Vorab die Information an Sie – die Veranstaltung ist voll. Sollten Sie noch auf der Warteliste stehen, bitte ich Sie, sich für einen anderen Kurs einzuschreiben. Der Raum bietet hier keine Kapazitäten. Und wir werden Gruppenergebnisse präsentieren. Irgendwo müssen wir da einen Cut setzen.« Erst als die Stimme von Herrn Thiel erklang, riss ich mich von Kaidans Rücken los. Er stand mit gerecktem Kinn vor der Tafel. Die Hände stemmte er sich seitlich in die Hüften. Ich hatte ihn älter eingeschätzt. Seine Haare wiesen keine einzige graue Haarsträhne auf. Er hatte sich die haselnussbraune Mähne nach hinten gegelt. Ich schätzte ihn auf Anfang dreißig. Ob er gerade erst sein Ref beendet hatte?

Er trug ein kakifarbenes Hemd mit einem Totenkopf. Kein Outfit, das ich mit einem Lehrer verband. Trotzdem passte es zu seinem verwegenen Look.

Seine forschen Sätze veranlassten einige Studenten dazu, sich von ihrem Platz zu erheben und den Saal wieder zu verlassen. Bei dem Wort Gruppenarbeit würde ich ihnen am liebsten folgen. Das klang nach jeder Menge Arbeit und wenig Zeit, in der hinteren Reihe den Kater von letzter Nacht auszuschlafen. Dann erinnerte ich mich aber wieder daran, warum ich hier war: für praktische Erfahrungen.

»Da das nun geklärt ist, würde ich sagen, wir fangen mit dem wichtigsten Teil des heutigen Tages an – der Gruppenbildung. Bitte finden Sie sich zu sechs Personen zusammen.« Das war alles, was er uns erzählte. Keine konkreten Informationen darüber, was unsere Aufgabe sein wird. Das störte niemandem. Die Ersten unterhielten sich bereits angestrengt.

Dinas und mein Blick trafen sich im selben Moment. Ohne etwas zu sagen, war klar, dass wir trotz des Missverständnisses heute Morgen in einer Gruppe sein würden. Sie hob ihre Hand und winkte mir zu. Die Fransen ihrer Lederjacke wackelten dabei hin und her. Nachdem ich ihre Aufmerksamkeit hatte, erhob sie sich. Doch statt auf mich zuzugehen, drehte sie sich zu Kaidan um. Das Lächeln auf ihrem Gesicht verhieß nichts Gutes. Bislang ergab sich keine Gelegenheit, ihr von dem katastrophalen Ende auf der Party zu erzählen. Um ehrlich zu sein, missfiel es mir, darüber zu sprechen. Sie dachte vermutlich, ihn für mich anzusprechen, wäre eine Art Gefallen, um das von heute Morgen wiedergutzumachen. In Wahrheit goss sie nur Benzin ins Feuer.

Ich drehte mich von den beiden weg. Hier wird es andere nette Studenten zum Zusammenarbeiten geben. Neben mir stand ein Mädchen mit hellblondem Haar, das im Licht fast schon weiß wirkte. Der Kontrast zu ihrer dunklen Haut machte sie zu einer der auffälligsten Personen hier im Raum. Sie schaute sich um, presste ihre mit Lipgloss bestrichenen Lippen aufeinander und hielt Ausschau. Scheinbar kannte sie hier niemanden.

Zögerlich tippte ich ihr auf die Schulter. »Hi, Lust, mit mir zusammen zu arbeiten?« Sie drehte sich um. Dabei schlug sie ihr Haar beiseite und offenbarte eine geflochtene Strähne. Das Dunkel ihrer Augen war so intensiv, dass ich kurz einen Schritt zurücktrat. Erst das warme Lächeln ließ mich entspannen.

»Super gerne! Ich bin Yuna«, stellte sie sich bei mir vor. Daraufhin hielt ich ihr meine Hand hin, die sie ergriff.

»Lennja.« Ich schaute mir immer wieder über die Schulter, um zu schauen, ob ich vor Dina flüchten musste. »Komm, wir suchen uns vier weitere Partner aus, die fast genauso cool wie wir sind.« Das belächelte sie. Ich schubste sie leicht in die entgegengesetzte Richtung von Dina und Kaidan. Dabei war ich so zielstrebig, dass ich mir fast wie in einem Tunnel vorkam. Niemanden außer Yuna nahm ich noch wahr.

Hätte ich weiter als von der Tapete bis zur Wand gedacht, wäre mir eingefallen, dass es eine Person in diesem Raum gab, vor der ich viel dringlicher flüchten musste. »Hi«, murmelte er und der tiefere Klang seiner Stimme ließ mich zusammenzucken. Arian hatte sich in der Zeit, in der wir uns nicht gesehen hatten, das Haar abschneiden lassen. Der Pony hing ihm nicht länger in den Augen. Dadurch wirkte er fast schon fremd. Er hatte breitere Wangenknochen und rostbraune Bartstoppeln zierten sein Gesicht.

»Hi«, antwortete ich. Wie verhielt man sich gegenüber einer Person, die man jahrelang nicht gesehen hatte? Einer, der man längst so vieles hätte sagen müssen? Meine Hände wurden schwitzig.

»Hätte dich fast nicht wiedererkannt«, gestand er, obwohl er derjenige war, der sich unheimlich verändert hatte. Ich versuchte, an seinen Augen abzulesen, ob er mir noch böse war. Doch ich fand nur Neugierde.

»Kann ich nur zurückgeben. Ayliz hatte wohl recht damit, dass wir ähnliche Interessen haben. Du willst auch an die Schule?« Er tat so, als erfuhr er erst jetzt davon. Dabei bin ich mir sicher, ihm war bewusst, dass wir dieselbe Universität besuchten. Yunas Blick glitt zwischen uns hin und her. Sie wirkte interessiert an unserer gemeinsamen Vergangenheit, hielt sich aber im Hintergrund.

Ich nickte. »Herzlos bin ich nur zu dir, deshalb dachte ich, der Job könnte passen.« Es sollte ein Scherz sein und zum Glück war genug Zeit verstrichen, dass Arian ihn auch als solchen verstand.

In dem Moment, als Arian sich wieder mit einem stummen Nicken verabschieden wollte, schlang sich ein Arm um meinen Nacken. Zu stürmisch, um zu Yuna zu gehören. Dinas in Farbe getunkten Strähnen schoben sich in mein Blickfeld. Bei dem Gedanken, wer hinter mir stand, bekam ich eine Gänsehaut. »Ist das Arian?«

Beim Klang seines Namens fror er in der Bewegung ein. Ich verfluchte Dina für ihre Direktheit und fragte mich, was jetzt in Arians Kopf vor sich ging. Ob er sich wunderte, warum er weiterhin einen so großen Stellenwert in meinem Leben hatte, dass ich über ihn mit anderen Menschen sprach? »Der bin ich«, entgegnete er nickend.

Arian war noch immer sehr zurückhaltend. Er schob die Hände in die Taschen seiner Jeans, statt sich vorzustellen. Dina versprühte genug Energie, um Begeisterung für uns alle aufzubringen. Euphorisch klatschte sie. »Super, die Gruppe wird voller.«

Ich gab es auf, den Blick über die Schulter zu meiden. Kaiden stand direkt hinter mir. Seine Augen strahlten, als er jeden Einzelnen von uns musterte. Nicht eine Sekunde länger schenkte er mir seine Aufmerksamkeit. Es war nie etwas zwischen uns geschehen – zwei Fremde, die sich heute das erste Mal begegneten. Am Ende des Abends hatte er deutlich zum Ausdruck gebracht, was für ein Fehler der Kuss gewesen war. Mich sollte es nicht wundern, trotzdem kochte Wut in mir hoch.

»Jetzt sind wir schon fünf«, stellte Dina fest. »Sechs, wenn wir der anderen Gruppe Larson Tahiri klauen.« Sie betonte seinen Namen, als wäre er irgendeine internationale Berühmtheit, dabei klingelte bei mir überhaupt gar nichts. Der Rest wirkte ebenso verwirrt wie ich. »Der Reiseblogger«, erklärte sie uns. »Wir hatten letztes Semester einen Kurs zusammen. Haben uns echt gut verstanden. Bestimmt wechselt er, wenn er mich wiedersieht.« Optimistisch zog sie von dannen und ließ mich mit dem ersten Jungen, der mir seine Liebe gestanden hatte, und dem ersten Jungen, den ich geküsst und der mich danach fallengelassen hatte, alleine zurück.

Arian überforderte die Situation. Ich bezweifelte, dass es sein Wunsch war, mit mir in einer Gruppe zu sein. Im ersten Semester hatte er einmal sogar im Nachhinein den Kurs gewechselt, weil er wohl meinen Namen auf der Teilnehmerliste gelesen hatte. Jetzt blieb er offensichtlich wegen Herrn Thiel. Er hatte einen hervorragenden Ruf unter den Studenten. »Studiert ihr Lehramt?«, fragte Kaidan uns drei.

Alle Muskeln in meinem Körper spannten sich an. War das die erste Frage, die er an mich richtete? Warum hatte er sie nicht schon auf der Party gestellt? Arian nickte zuerst. »Geschichte und Physik für die Oberschule«, murmelte er. Erleichtert atmete ich aus. Wir waren uns eben doch nicht so ähnlich. Niemals hätte ich in Erwägung gezogen, Physik zu wählen.

Yuna grinste. »Das, was hier jeder studiert. Deutsch und Sachunterricht – für die Grundschule.«

Das freute mich. Vielleicht würden Yuna und ich dann in Zukunft ein Deutschseminar gemeinsam besuchen. Kaidan schaute mich erwartungsvoll an. Dabei blieb sein Blick auf meiner schwarz schimmernden Strumpfhose hängen. »Wenn ich dich sehe, wird mir kalt«, meinte er lachend.

Ich blickte herunter auf meinen beigen Bleistiftrock und die Winterboots in demselben Farbton.

»Lennja trägt Röcke immer – auch im Winter«, erklärte Arian an meiner Stelle. Ich war sprachlos, wie locker er mit mir kommunizierte, ohne dabei an unseren Kuss zu denken.

Ich zog an meiner Strumpfhose. »Der Schein trügt. Die ist gefüttert.«

»Das hat Style.« Sein Kommentar ließ mich erröten. Was fiel ihm eigentlich ein? Warum hatte er Dina das Angebot nicht ausgeschlagen, als er bemerkte, dass er Teil meiner Gruppe sein wird? Das war mir alles so unheimlich peinlich. Ihn interessierte es scheinbar nicht die Bohne. Was bezweckte er? Hatte er seine Meinung geändert? Nein, sicher nicht.

Ich versuchte, ihn weitestgehend auszublenden und mich auf Yuna zu konzentrieren. »Ich studiere auch Deutsch auf Grundschullehramt. Deutsch und Englisch. Ich liebe Sprachen.«

»Nice to meet you, mate. Englisch und Pädagogik.« Kaidan britischer Akzent war erstaunlich echt. Er studierte das ohne Lehramtsoption? Was er wohl mit diesen beiden Fächern später machen wollte?

»Also ... ihr kennt euch?«, fragte er plötzlich Arian und mich. Ich zuckte zusammen. Dabei wurde ich von allen beobachtet. Sie grübelten bestimmt darüber, warum ich so überempfindlich reagierte. Ein Teil von mir wollte nicht, dass Kaidan von Arian und meiner Vergangenheit wusste.

»Ist schon länger her«, warf Arian ein. Damit ließ er verdammt viel aus. Ein wenig verwunderte es mich, dass er so verschwiegen war. Warum sagte er nicht einfach, dass wir in denselbem Dorf großgeworden sind und sich bereits unsere Eltern kannten?

Dass er nicht weiter darauf einging, erleichterte mich. Deshalb suchte ich schnell nach einem neuen Thema, damit es gar nicht erst wieder aufgegriffen wurde. »Ihr könnt mir eure Nummer geben, dann erstelle ich eine Gruppe.«

Mein Plan ging auf. Alle fingen an, in ihren Taschen nach einem Zettel und einen Stift zu kramen, um mir ihre Nummer aufzuschreiben. Arian hatte seine Handynummer über all die Jahre scheinbar nicht gewechselt. Das passte zu ihm. Er probierte nur ungern Neues aus. Als Kaidan mir den Zettel mit der Zahlenabfolge reichte, sagte er: »Raphael.« Wollte er mich verarschen? Kurz klappte mir der Mund auf, um etwas zu erwidern. Dann fiel mir jedoch nichts ein, was man auf solch eine Dreistigkeit antworten sollte.

Zu diesem Zeitpunkt gingen mir die unterschiedlichsten Szenarien durch den Kopf. Hatte er sich bei mir mit falschen Namen vorgestellt, weil er Dreck am Stecken hatte? Wollte er nicht, dass seine Affären seine wahre Identität kannten? Oder hatte er in jener Nacht angenommen, auch ich veräppelte ihn? Immerhin fielen im Anschluss Worte wie Göttin und Meisterin. Letzteres schien mir da gar nicht so unwahrscheinlich. Den wahren Grund hinter seiner Intention hatte ich da aber noch nicht bedacht.

𓆈

AN:
Da hat er sie einfach vergessen! 😱 Oder tut er nur so? Was meint ihr?

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