Inhumanity

By memory4u

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"Ich sollte sie in das Verderben führen. Nun werde ich jeden dafür zahlen lassen, der auch nur daran denkt, d... More

Menschlichkeit
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By memory4u

Ein energisches Klopfen an der Tür weckt mich. Schlaftrunken drehe ich mich, mein Arm rutscht träge vom Sofa. Ein erster Sonnenstrahl fällt durch die Fensterklappen direkt auf mein Gesicht, blendet mich. Was treibe ich eigentlich hier auf der Couch?

Seufzend erhebe ich mich, werde regelrecht von Runas Duft nach Vanille erschlagen. Verwirrt richte ich die leere Glasflasche neben dem Sofa in die Vertikale, verfluche mich innerlich für meine Inkonsistenz. Kein Alkohol mehr - das hat ja hervorragend funktioniert. Mein Blick gleitet in mein Schlafzimmer. Die Magierin liegt mit dem Gesicht zur Seite gedreht auf meiner Decke, ein Arm baumelt in der Luft, das schwarze Haar ist verknotet.

Wir wollten nur zelebrieren, dass ich Simon gefunden habe. Zelebrieren und reden, mehr nicht. Je später der Abend wurde, umso munterer waren jedoch die Gemüter. Alkohol und ich sind keine Freunde, das weiß Runa. Ich mache ihr keinen Vorwurf - ich hätte verdammt nochmal die Finger davon lassen sollen. Immerhin scheine ich so viel Verstand bewahrt zu haben, ihren Annäherungsversuchen widerstehen zu können. Diesen Fehler habe ich einmal begangen, einmal und nie wieder.

Das Klopfen wird ungeduldiger.
"Ich komme!"
Das Shirt notdürftig glattgestrichen, schon stehe ich im Flur. Das schwere Holz der Türe bremst fast alle Gerüche, dennoch entnehme ich eine maskuline Note, ein vor Aufregung schnell pochendes Herz. Ich öffne die Tür und erstarre. Will. Er sieht genauso aus wie vor zwei Jahren, lediglich die Wunde auf seiner Stirn ist einer Narbe gewichen. Ansonsten scheint es fast so, als wäre keine Zeit passiert, als hätten wir uns gestern zuletzt gesehen.

Mein Blick sucht den Weg ab, streift über das ruhige Wasser, in dem sich die aufgehende Sonne spiegelt. Nur Will. Von Talia fehlt jede Spur, jeder Geruch, jedes Geräusch. Ich kann nicht vermeiden, dass sich zu der Enttäuschung Erleichterung mischt. Die leeren Weinflaschen, die schlafende Runa in meinem Bett - dabei ist nichts weiter geschehen - sind nicht für ihre unschuldigen Augen bestimmt, nichts, worauf ich stolz bin.

Mein Blick wandert zurück zu Will. Natürlich hat er meine Bleibe problemlos gefunden - er weiß, was ich brauche, um Ruhe zu finden. Ein abgelegenes Haus, die sanften Wellen des Sees. Für einen Moment starren wir einander an, keiner weiß, was er sagen oder tun soll. Will hebt den Arm und ich wappne mich bereits für die Umarmung, da werde ich grob zurückgestoßen.

"Woah", bringe ich hervor, fange mich ab und hebe die Hände. Woher kommt das denn? Wenn jemand das Recht dazu hat, wütend zu sein, dann ich. Er hat mir nicht geglaubt, hat mir seinen Rücken zugewandt, war zwei Jahre verschwunden. Ich habe mir strengstens vorgenommen, ihm dies zu verzeihen. Will macht sich jedoch gerade sein eigenes Leben schwer.

"Schämst du dich eigentlich kein Bisschen?" Er tritt ein, seine Stimme sprüht vor Wut. Aus dem Schlafzimmer vernehme ich das Rascheln der Decke. "Wo ist sie? Oder hast du ihre Leiche bereits neben der ihres Bruders verscharrt?"

Talia. Fragend runzele ich die Stirn, ein mulmiges Gefühl braut sich in mir zusammen, derweil sich seine Worte zu einer grausamen Vorahnung summieren.
"Ich weiß nicht, wovon du sprichst", erkläre ich ruhig, versuche verzweifelt mein laut klopfendes Herz unter Kontrolle zu bringen. Es wird eine vernünftige Erklärung für seine Anschuldigungen geben, es muss sie geben.

"Muss ich deine Erinnerungen wirklich auffrischen?"
Er stößt die Tür hinter sich zu, baut sich vor mir auf. Komm schon, Will, wir wissen beide, dass du keine Chance hast. Provoziere es lieber nicht.
"Sie hat dir unseren Plan vorgestellt und du hast es nicht ertragen können, Simon gehen zu lassen, sollte Kaya leben. Warum aber Talia?" Er will mich nochmals stoßen, doch ich fange seine Hand mühelos ab. "So viel Güte hätte ich dir noch zugetraut, sie gehen zu lassen!"

"Ganz schön viele Anschuldigungen für so wenig Ahnung." Ich lasse die Hand los, versuche seinen Worten Sinn zu verleihen. "Wenn du denkst, dass ich einer Unschuldigen das Leben nehmen würde, dann kennst du mich nicht mehr. Ich habe ihr nichts getan. Weder ihr, noch ihrem Bruder."
Wie sollte ich auch? Jedes noch so kleine Wort aus ihrem Mund, jeder nicht nur voller Verachtung funkelnder Blick, jeder rosige Duft, jede Andeutungen eines Lächelns auf ihren Lippen - sie treibt mich in den Wahnsinn, macht mich geradezu besessen.

Runa tritt aus dem Zimmer, hat sich die Decke um ihren zerbrechlichen Körper geschlungen und provoziert damit bewusst falsche Vorstellungen. Wills Blick schnellt irrtümlich zwischen ihr und mir hin und her, ein zögerndes Nicken folgt ihm.
"Oder du hast dich zu sehr verändert."

Ja, dies hier bin nicht ich. War ich nie und werde ich auch nie sein. Dies macht der Alkohol aus mir, lässt mir die Hoffnung auf die Absenz des Hasses. Mit den Kopfschmerzen am nächsten Morgen stelle ich jedoch ernüchtert fest, dass es kein Ende gibt. Zumindest nicht in Runas Gesellschaft.
"Du solltest gehen", bringe ich hervor, wende den Blick nicht von Will ab.
"Aber-"
"Jetzt."

Empört schnappt Runa nach Luft, versucht ihre Entrüstung nicht einmal zu verstecken. Stapfend bahnt sie sich ihren Weg zwischen uns hindurch, lässt die Decke achtlos fallen, schlüpft in ihren Mantel und zögert. Sie hofft auf die Bitte, mein Flehen zu bleiben. Ich schweige, meine Gedanken sind bereits abgedriftet.

Als die Tür hinter ihr zufällt, öffnet Will den Mund, doch ich mache eine abwehrende Handbewegung.
"Wir haben ein ganz anderes Problem."
"Du hast Recht." Will studiert meine Mimik, als wünsche er sich aus meinen Regungen schlauer zu werden. Sucht er darin die Schuld oder Unschuld? Was möchte er darin finden? "Du willst mir also sagen, dass du absolut nichts mit ihrem Verschwinden zu tun hast? Nachdem du sie erpresst hast?"

Seine Worte sind wie ein Schlag ins Gesicht. Sie hat sich ihm anvertraut, war so unbeholfen, dass sie keine andere Lösung gesehen hat. Was zur Hölle habe ich bloß angerichtet?

Es ist nichts weiter als eine zutiefst bereute Drohung, leere Worte. Wie könnte ich Luan gegenüber handgreiflich werden, wenn sie mich dafür auf ewig hassen würde? Ganz im Gegenteil, die Vorstellung, dass sich jemand in diesem Moment an ihm oder ihr vergreifen könnte, bereitet mir mehr Sorgen, als es sollte.

"Meinem jüngsten Stand zufolge, sollte sie mit dir hierher kommen", bringe ich hervor, bin in meinen Gedanken einen Schritt weiter. Wer könnte ihr etwas Böses wollen?
Will zuckt ahnungslos die Schultern. "War nicht möglich, nachdem sie seit gestern nicht mehr gesehen wurde. Ihr Chef war alles andere als begeistert, hat mir wortlos ihre Kündigung in die Hand gedrückt."
Als gäbe es einen Weg, sie einfach so zu ersetzen - welch ein Narr.

Ohne Aufforderung lässt Will sich auf einem Stuhl nieder, macht sich dadurch verwundbarer. Es ist ein Zeichen des Vertrauens, das ich ihm hoch anrechne. Es ist ein Schritt mir entgegen. Doch ich kann mich nicht hinsetzen, bringe diese Ruhe nicht auf. Jeder Muskel in meinem Körper ist gespannt, bereit, Distanzen in unmenschlicher Geschwindigkeit zu überbrücken, wenn ich nur wüsste, wohin.

"Dann muss ihnen etwas zugestoßen sein", schlussfolgert Will, sein Blick tangiert die Glasflasche neben dem Sofa. Am liebsten würde ich sie unsichtbar machen, doch ich bin nicht er. Sie bleibt dort, erinnert mich schmerzlich daran, wie wenig ich mich selbst im Griff habe.

Simon kann nicht hinter Talias Verschwinden stecken. Mir sie und mein Druckmittel zu nehmen, wäre zwar keine unkluge Idee, doch dann würde Will nicht hier auf meinem Stuhl sitzen und das Risiko eingehen, dass ihm das gleiche Schicksal widerfährt.
"Die Berater", murmele ich. Vielleicht hat Lucius noch einen weiteren Magier ausgesandt, nachdem der Gestaltwandler nun Geschichte ist, vielleicht war auch nur zufällig einer in Meral - wie auch immer, dies ist der einzig schlüssige Grund.

Luan jedoch als Geisel zu nehmen, verrückt die Gnadenlosigkeit der Berater in neue Dimensionen. Menschen lassen sie stets außenvor.
"Wenn du sie nicht hast, dann bleibt fast nur diese Option", murmelt Will, seine Finger trommeln nachdenklich auf den Tisch. Taktlos, ungleichmäßig, eine Strafe für meine Ohren. Ich fahre herum, kann meine Tatenlosigkeit nicht länger ertragen. "Was wird das denn jetzt?"

Die Hand bereits auf dem Türgriff, drehe ich mich zu Will um. "Wonach sieht es denn aus?"
Ich kenne die Maßnahmen, welche die Berater bereit sind zu ergreifen, sollte etwas nicht nach ihrem Plan verlaufen - und das tut es bekanntlich nie. Wir können nicht gut genug sein, wir müssen ausgebeutet werden, bis es nicht mehr geht. Was sie bereit sind Talia anzutun, da sie über die inbrünstig begehrte Heilung verfügt, mag ich mir lieber nicht ausmalen.

Will verengt skeptisch die Augen. "Du riskierst dein Leben für sie? Ich muss dir ja wohl nicht sagen, was die Berater mit Verrätern anstellen."
In der Tat nicht. Bekanntlich sind Magier, die sich ihnen in den Weg stellen, urplötzlich verschwunden, in den Wänden des Palasts verloren.

"Ich werde sie nicht dort lassen." Ich kann sie nicht dort lassen.
"Du denkst doch nicht wirklich, dass du einfach so mit den Beiden aus dem Palast spazieren kannst?"
"Die Abläufe, den Wechsel der Wachen, ich habe mir alles eingeprägt."
Will seufzt, weiß, dass er meine Meinung nicht ändern kann. "Nun gut, ich komme mit dir."
"Nein."

Der frische Morgenwind weht mir entgegen, als ich die Türe öffne. Hinter mir höre ich, wie Will aufsteht, der Stuhl über den Boden schleift.
"Ash, wir sind eine Familie, Talia ist Teil unserer Familie." Ich schlucke meinen Konter hinunter, komme jedoch nicht um den bitteren Gedanken herum. Wo wart ihr dann, als sie Kaya geholt haben? "Ich weiß, ich war nicht da, als du es gebraucht hättest und ich weiß, dass ich das nie wieder gutmachen kann. Aber ich kann versuchen, mich zu bessern. Was wäre ein geeigneter Anfang, als dir zu helfen, jemanden zu retten, der dir mehr bedeutet als du dir selbst?"

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