TURKISH MAFIA

By bombayim

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๐™€๐™›๐™จ๐™–๐™ฃ๐™š ๐™”๐™–๐™ฃ๐™ข๐™–๐™ฏ. Genau wie ihr Name ist sie eine lebende Legende. Mutter tot und vom eigenen Vater... More

๐Ÿ–ค
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71. Kapitel
๐Ÿ–ค
Danksagung
TR

64.Kapitel

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By bombayim


,,Wer bin ich?"

Sonntag, 09:08 Uhr

,,Ich weiß, dass Emirhan Abi unser älterer Bruder ist."

Bleibe stocksteif stehen und von alleine öffnet sich geschockt mein Mund. Was hat er gerade gesagt? Was hat Bolat gerade gesagt? Ich schlucke kräftig und drehe mich nach paar Sekunden zu ihm um. Mein Herz hämmert schnell gegen meine Brust.
Mit großen Augen schaue ich in seine, die mich anschauen. Ich geschockt, er gelassen. ,,Was...was sagst du da Bolat?" Er atmet einmal aus, bevor er sich vor mich stellt und eine Hand auf meine linke Schulter legt. ,,Ich weiß es, Abla. Ich erinnere mich." sagt er seufzend. Erneut schlucke ich und finde keine Wörter zum Reden. ,,Ich weiß nicht warum du es einfach nicht gesagt hast. Deshalb frage ich dich jetzt. Wieso hast du mir nichts über Emirhan Abi gesagt?" Oh man...

Nach paar Minuten in denen wir uns nur angestarrt haben, setze ich mich langsam auf sein gemachtes Bett und senke den Blick auf meinen Oberschenkel.
Spiele unruhig mit meinen Fingern und weiß nicht, ob ich ihm antworten sollte. Was soll ich denn sagen? Ich weiß nicht genau was ich sagen soll. Ich bin unvorbereitet. Das kam so plötzlich. Dieser Satz von Bolat kam so plötzlich. Ich dachte nachdem ich ihn geweckt habe, das wir zusammen runter zum Frühstück gehen würden und mit allen zusammen frühstücken werden, die schon auf uns warten. Aber...aber mit sowas habe ich gar nicht gerechnet.
Spüre wie Bolat sich neben mich setzt und mich anschaut. Räuspere mich einmal. ,,Bolat...es ist schwierig zu erklären. Ich...ich war selber schockiert als ich ihn zum ersten Mal vor dem Krankenhaus sah und erfahren habe, dass er einer der Männer von Atakan ist." sage ich und atme laut aus. Erinnere mich an den Moment zurück und schüttele vor mich hin mit dem Kopf. Das war wirklich einer der größten Schock Momente meines Lebens. ,,Hast du mit Abi gesprochen?" fragt Bolat interessiert und ich nicke. Wie neugierig er doch ist. ,,Über was habt ihr geredet?" Zucke mit meinen Schultern. ,,Wir haben nicht viel miteinander gesprochen. Nur bisschen."
Er bleibt für paar Sekunden still. ,,Hat er dir gesagt warum er gegangen ist?" Schließe meine Augen, als ich die Traurigkeit in seiner Stimme höre. Wie gut sich Emirhan und Bolat früher verstanden haben...

Emirhan's Verschwinden hatte uns alle schockiert und traurig gemacht. Er ist nur paar Tage später nach meinem Vater gegangen. Um genauer zu sein zwei Tage. Erst ist Mama wegen Krebs gestorben, paar Jahre später ist Baba gegangen, danach der älteste Bruder, der doch eigentlich die ganze Verantwortung übernehmen wollte. 'Ich werde auf euch aufpassen! Mach dir keine Sorge, Efo!' Eine stumme Träne verlässt mein linkes Auge, als ich in seine Worte denke. Ich streiche sie sofort weg. Emirhan hatte einen sehr falschen Weg getroffen.
Er hatte uns allein gelassen. Er hatte mich alleine gelassen. Er hatte Hakan alleine gelassen. Er hatte Bolat alleine gelassen. Er hatte Halil alleine gelassen, er hatte Muso alleine gelassen. So ein Verschwinden, ist kein einfaches Verschwinden. Es ist etwas wie ein Verrat. Es ist etwas wie Untreue. Etwas, was du einmal begehen kannst und damit alles zerbrechen kannst. Wie ein Glas voll mit Wasser. Du hältst ein Glas in der Hand und darfst es nicht auf den Boden schmeißen, sonst zerbricht es und das Wasser verteilt sich überall. -Was hat Emirhan getan? Er hat dieses Glas fallen lassen. Absichtlich oder unabsichtlich, er hat's getan. Er hat das Glas fallen lassen und das Wasser hat sich überall verteilt.

Das Glas war unsere Geschwisterliebe.

Das Wasser die Tränen von meinen Brüdern und mir.

Unsere Geschwisterliebe ist zerbrochen und unsere Tränen haben sich überall verteilt, weil Abi gegangen ist. Abi war gegangen und Abla war auf sich alleine gestellt. Abla hatte sich wie ein verlassenes Kätzchen gefühlt, dass auf der Straße lebte. Das Kätzchen war alleine. Im Winter, im Frühling, im Sommer, im Herbst. In allen Jahreszeiten. Vor allem im Winter, wo es am meisten kalt war. An den kalten Tagen war Abi mit der kuscheligen Decke nicht da. Abi hatte sie nicht erwärmt. Abi war nicht da. 'Abi?! Abi wo bist du? Ich brauche dich doch! Du bist doch mein großer Bruder! Wo bist du? Ich vermisse dich!' Das kleine Kätzchen ist an diesen kalten Tagen erfroren. Aber nicht nur im Winter. In allen vier Jahreszeiten. Im Winter, im Frühling, im Sommer, im Herbst. Das kleine Kätzchen war auf allen Straßen. Sie hatte überall nach ihm gesucht. In den dunkelsten Ecken der Straße. Obwohl das Kätzchen große Angst vor den Löwen auf der Straße hatte, hatte sie weiter gesucht. Hatte sie ihn gefunden? Nein. Abi war weg. Abi war verschwunden. Abi war untergetaucht.

,,Weißt du warum ich ihn nicht mehr Abi nenne?"

frage ich leise Bolat, dessen Kopf auf meiner Schulter liegt. Er summt fragend. ,,Abi werden nur die Menschen genannt, die auch die Rolle vom älteren Bruder genommen haben und es verdient haben." Atme zittrig aus. ,,Er hats nicht verdient." zische ich leise und wische wieder die Träne weg. ,,Er hat es nicht verdient Abi genannt zu werden von mir." Abi war weg. Er hatte die Rolle als großen Bruder aufgegeben. Er hatte es nicht geschafft die große Verantwortung zu übernehmen.
Er hat's nicht geschafft, aber das Kätzchen schon. Das kleine Kätzchen das auf den Straßen gewachsen ist. Auf den dunklen Straßen auf denen die großen Löwen waren. Auf den dunklen Straßen mit den Monsters. Das kleine Kätzchen hatte es trotz dessen geschafft die Rolle der älteren Schwester zu übernehmen und die große Verantwortung vor der sie sich nicht sicher war, ob sie es schaffen würde. Sie hatte Angst davor, aber sie hatte es geschafft.
Obwohl sie nur ein kleines Kätzchen war auf der jeder getreten hatte. Ist ja nur ein kleines Kätzchen.

Bolats Arme umarmen mich, doch meine Augen bleiben auf dem fixierten Punkt auf dem Boden. Die ganzen Momente von meinem jungen Ich laufen in Dauerschleife vor meinen Augen ab. Traurig. Traurig was für ein Leben ich hatte. Andere wachsen in teuren Häusern, mit ausreichendem Wasser und Strom, mit Eltern, die sie lieben. Mit vertrauensvollen Freunden, ohne Geldprobleme. Schmunzele. Geldproblem. Einer der Begriffe, die meine Kindheit beschreiben würde. Was ist dieses Geld? Was ist das, das mein Lebensbegleiter ist? Dieses beschissene Geld. Wie oft ich täglich nachschauen musste, ob das Geld reichen würde. Wie oft ich Sachen an der Kasse nicht kaufen konnte, weil dieses beschissene Geld nicht gereicht hätte. Es hatte immer meinen Kopf durchgenommen. In der Grundschule war ich im Fach Mathematik die Beste aus der ganzen Schule. Obwohl es mein Hassfach war. Ich habe dieses Fach nie gemocht, aber war darin gut. Sehr gut. Warum? Weil das kleine Mädchen jeden Tag Geld zählen musste für ihre Brüder. Für ihre Brüder. Weil sie als Abla es tun musste. Es war ihre Hauptaufgabe. Für ihre Brüder da zu sein, weil es zwei Erziehungsberechtige nicht geschafft haben. Zitternd streiche ich über Bolats Haare und erhebe mich, was er mir nachmacht. Besorgt mustert er mich und will mir eine weitere Träne wegstreichen, doch ich mache es zuvor.

Meine eigenen Tränen wische ich selber weg.

,,Hadi Bolat, geh du schon mal runter. Ich wasche mein Gesicht und komme gleich nach." Er will schon den Kopf schütteln, doch ich zwinge mich zu lächeln.
,,Los jetzt. Du hast bestimmt Hunger." Er atmet frustriert aus, doch nickt dann. ,,Ist gut. Komm aber schnell, Tamam?" Nicke. Er geht raus und ich lege meinen Kopf in den Nacken. Ich werde wütend. Warum genau jetzt? Ich werde wütend auf meine Eltern. Kleines Kätzchen von der Straße. Zucke mit dem Kopf und drehe meinen Kopf nach links, um in den länglichen Spiegel zu schauen. Leere grüne Augen schauen mich an. Hinter diesen leeren Augen, steckt eine grausame Geschichte von einem kleinen Mädchen, das sich alt fühlt. Ich bin zwanzig Jahre alt, doch fühle mich wie eine sechzig Jährige.
Dieses Leben hat mir vieles gezeigt, sehr vieles.
Gibt es noch etwas was ich nicht kenne? Werde ich vielleicht bald sterben, weil ich schon alles erlebt habe was man erleben kann? Ist mein Tod nahe?
Bewege mich auf den Spiegel zu und bleibe vor ihm stehen. Fasse durch den Spiegel meine Wangen an. Danach meine Augen, meine Haare, meinen Hals, meine Lippen. ,,Wer bist du?" frage ich zähneknirschend. ,,Wer bist du hm?" Weiß ich überhaupt wer ich bin? Wer wäre ich, wenn ich mit der Schule nicht abgebrochen hätte? Wer wäre ich wenn ich liebende Eltern hätte? Wer wäre ich wenn ich nicht so eine Kindheit und Jugend erlebt hätte?
,,Wer bist du?!" rufe ich schon und drücke meine Hände feste gegen den Spiegel. ,,Wer bist du hm?! Wer? Sag mich wer du bist!" Meine Stimme ist laut und hörbar.

Wer wäre ich?! Wer bin ich überhaupt?!

Durch die Wut, die durch meinen ganzen Körper fließt boxe ich einmal mit der rechten Hand gegen den Spiegel. Genau in mein Gesicht. Der Spiegel zerbricht laut in Teile und diese fallen auf den Boden. Atme angestrengt laut aus und schluchze einmal. Ich kann das nicht mehr. Ich kann das nicht mehr. Was ist nur los mit mir? Setze mich auf das Bett und höre schon wenige Sekunde später Schritte außerhalb des Zimmer. Bitte. Bitte sei Atakan! Rasch öffnet sich die Tür und ich atme erleichtert aus als ich in das dunkle Augenpaar schaue. Er ist da. Er ist genau in dem Moment da in dem ich ihn brauche. Erhebe mich und falle sofort in seine Arme, die mich sofort auffangen. ,,Efsane?" fragt er besorgt und ich drücke meine Nase gegen seine Brust, um mich in seinem Duft zu vergraben. Um mich zu beruhigen. ,,Was ist passiert?" Sage nichts. Reagiere nicht. Warte Atakan. Gib mir erstmal paar Minuten, um mich auszuruhen.

Nach paar Minuten in denen er mich durch meine Haare gestreichelt hat, entferne ich mich einen kleinen Schritt und er greift sofort nach meiner Hand, die angefangen hat zu bluten. Er zieht die Brauen zusammen und guckt mir erst streng in die Augen, bevor sein Blick sanfter wird. ,,Güzelim..." Presse meine Lippen zusammen. Wenn er weiter so sanft redet, heule ich gleich los. Atakan hat erst meine Hand desinfiziert und dann einen Pflaster drauf gemacht. Wir stehen immer noch im Badezimmer von unserem Schlafzimmer. Ich schaue zu Atakan, der meine Hand noch fest hält und nachdenklich schaut. ,,Willst du mir erzählen was passiert ist?" Schlucke. Ich...ich weiß es nicht. Soll ich? Ich überlege. Atakan stellt sich vor mich und legt eine Hand meine Wange. Tief schaut er mir in die Augen. ,,Ich will dich nicht drängen. Ich werde dich nicht zwingen. Du sollst nur wissen, das ich da bin. Egal ob du es mir erzählen wirst oder nicht: Ich bin da. Ich bin da für dich, Güzelim." Schluchze und schmiege mich an seine Hand. Ich weine. Ich weine für diese schönen Wörter. Jemand ist da für mich. Jemand ist da für mich. Jemand ist da für mich.
Atakan ist da für mich.

,,Söz ver." verlange ich leise. (Versprich es mir.)

Er soll mir versprechen, dass er immer für mich da sein wird. Er soll es versprechen. Aufrichtigkeit und Entschlossenheit erkenne ich in seinen Augen. Atakan würde nicht lügen. Atakan würde mich nicht anlügen. Er lehnt seine Stirn an meine und legt die andere Hand auch an meine andere Wange.

,,Söz." (Versprochen.)

wispert er gegen meine Lippen und legt seinen Nasenrücken auf meinen. Lächele unter Tränen. Das ist gut zu hören. Das tut mir gut. Das tut meiner armen Seele gut. ,,Danke." Ich bedanke mich. Ich bedanke mich dafür, dass er mich gut fühlen lässt. Das macht doch sonst niemand. Niemand. Niemand, außer mein Ato.

~~~

Wir haben gefrühstückt. Meine Brüder haben sich Sorgen gemacht, als Bolat ihnen etwas erzählt hat. Vor allem Hakan. Muso hat mir erzählt, dass er sofort aufgesprungen ist und zu mir eilen wollte, doch Atakan ihn erst mal runter gedrückt hat und selber gegangen ist. Jetzt sitzen Hakan, Bolat und ich zusammen im Garten und schauen Muso und Halil zu wie sie ihm großen Becken schwimmen. Es ist ein schöner Anblick. Sie lachen und spritzen sich immer wieder ab. Ach ach. ,,Abla! Schau mal!" ruft Muso und ich schaue ihm lächelnd zu wie er schnell schwimmt. Ich hebe meine Hand und zeige ihm ein Daumen hoch. Wie gut er schwimmen kann. Mein Süßer.

,,Na Hallöchen." höre ich plötzlich eine bekannte Stimme rufen und schaue nach hinten. Ein breit grinsender Osman und eine lächelnde Lale mit einem verpackten Geschenk in ihren Händen.
,,Hoşgeldiniz." begrüße ich die Beiden und erhebe mich. Hakan und Bolat machen mir es nach und nicken ihnen einmal zu, was Osman und Lale erwidern. ,,Naa? Wie gehts und so?" fragt Osman in die Runde und guckt dann zum Becken. ,,Und? Muso? Wie ist der Pool so?" Muso hält sich am Beckenrand fest und kneift etwas die Augen zusammen, da die Sonne ihn blendet. ,,Cool! Es tut so gut!" ,,Nicht wahr? Sollte ich vielleicht auch mal rein?" fragt er sich selber und dreht sich zu Lale, die lächelnd mit dem Kopf lächelt. ,,Du hast keine Badehose da, Osman." ,,Na und? Atakan gibt mir doch bestimmt eine von seinen." antwortet er schief grinsend und geht mit schnellen Schritten rein. Schmunzele, als ich ihn von drinnen nach Atakan brüllen höre. ,,Wie geht es euch so?" fragt Lale und zieht mich eine Umarmung, die ich freudig erwidere. ,,Gut, dir so?" frage ich und deute mit meinen Augen auf ihren Bauch. Sie schmunzelt. ,,Uns geht es auch gut. Schau mal." sagt sie und zeigt auf das Geschenk. ,,Für Muso. Leider konnten wir gestern nicht kommen, tut mir wirklich Leid." ,,Macht nichts, alles gut." Gestern waren wir ja den ganzen Tag fast nicht da. Gut, dass die Beiden heute gekommen sind.

Lale und ich gehen rein, während meine Brüder im Garten bleiben. ,,Wie war es gestern? Habt ihr schön gefeiert?" fragt Lale lächelnd und setzt sich auf einen Barhocker in der Küche. ,,Ja, wir waren gestern Bowlen. Es war so schön. Meine Brüder hatten sehr viel Spaß." erzähle ich und schenke ihr ein kaltes Glas Wasser ein. Sie ist bestimmt durstig, so heiß wie es draußen ist. Ich gebe es ihr und sie nimmt es dankend an. ,,Danke." Sie nimmt paar Schlücke, bevor sie mich wieder anschaut. ,,Und du? Hattest du gestern auch Spaß?" Oh. Ich habe vergessen mich auch zu erwähnen. Nicke schnell. ,,Ja, mir hat es auch sehr gefallen." Ich laufe zum Kühlschrank und hole daraus den Teller mit geschnittenen Früchten. Vorhin habe ich sie geschnitten und damit sie kälter werden in den Kühlschrank gelegt. Kühl schmecken sie mir im Sommer besser. Lege den Teller auf die Platte und hole noch schnell zwei Servierten mit zwei Gabeln. ,,Was ist mit deiner Hand passiert?" fragt Lale plötzlich und deutet mit ihren Augen auf meine, mit Verband gewickelte, Hand. Schlucke leise und greife mit der Gabel in eine kleine Banane.
,,Ach...ein kleiner Unfall. Alles gut aber." Sie guckt mich noch kurz kritisch an, bevor sie mit ihrer Hand nach einem Stück Apfel greift. Apropos Apfel. Atakan mag Äpfel sehr. Ich werde ihm später auch einen Obstteller machen! Mit ganz viele Äpfeln! Och. Ja. Er soll sich gesund ernähren, was er sowieso schon macht.

,,Ich finde es voll blöd, dass Osman zur Zeit so oft raus gehen muss. Also in andere Länder halt. Es nervt alleine aufzustehen zu müssen. Verstehst du was ich meine?" fragt Lale und ich halte kurz inne. Stelle es bei Atakan und mir vor. Ohne Atakan aufzuwachen. Oh man. Nein, dass würde ich wirklich nicht wollen. Es ist so schön in seinen Armen aufzuwachen, die mich fest an ihn drücken und seinen warmen Atem an meinem Nacken oder auf meinen Lippen zu spüren. Nein. Ich will nicht ohne mein Ato aufstehen. Schüttele leicht mit dem Kopf.
Ich würde gerne Lale eine Frage stellen, die ich schon seit längerem stellen möchte. ,,Du...du weißt bestimmt von den ganzen illegalen Geschäften..." fange ich leise an und kriege Lales ganze Aufmerksamkeit. Sie atmet seufzend aus, bevor sie nickt. ,,Ja." ,,Stört es dich nicht? Ich meine, sie könnten jeden Moment doch aufliegen und- und im Knast landen..." Ich habe mir darüber auch viele Gedanken gemacht. Ich meine...diese kriminelle Welt ist nichts für mich, aber mein Mann ist ein Krimineller. Er führt eine Mafia. Eine türkische Mafia. Ihre Lippen verziehen sich zu einem traurigen Lächeln, bevor sie mich wieder anschaut.
,,Ich liebe Osman, Efsane. Ich liebe diesen Mann einfach und erwarte auch ein Kind von ihm. Und wenn du liebst...dann akzeptierst du Dinge, die du eigentlich nicht akzeptieren würdest." Sie atmet aus, bevor sie über ihren Bauch streicht. ,,Als ich Osman kennengelernt habe, war ich erst mit meinem Abitur fertig und wusste nicht mehr weiter, weißt du? Und...meine Eltern sind als ich klein war verstorben. Ich hatte niemanden." Sie legt ihre Gabel langsam auf den Tisch und schluckt einmal. ,,Dann habe ich ihn kennengelernt, also in Deutschland. Und...es war irgendwie Liebe auf den ersten Blick. Als ich seine Lebensfreude, sein Selbstbewusstsein und in seine Augen geschaut habe." Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen, streicht sie verlegen eine Strähne hinters Ohr. Gespannt höre ich ihr weiter zu und erwidere ihr Lächeln.

,,Aber, als er dann von seinen illegalen Geschäften mir zum ersten Mal erzählt hatte, bin ich auf Abstand gegangen. Paar Monate waren es. Es ging mir so scheisse." Lale trinkt ihr Glas aus, bevor sie mir wieder in die Augen schaut. ,,Ich habe es aber dann doch akzeptiert. Nur mit zwei Bedingungen. Er darf keinem Kind und keiner Frau etwas antun und keinen Menschen töten." erzählt sie und pickst mit ihrer Gabel in eine geschnittene Birne. ,,Und, er hat es bis heute nicht getan?" frage ich interessiert. Sie schüttelt kauend den Kopf. ,,Nein und es wird auch hoffentlich so bleiben. Er hat es mir versprochen." Sie spricht so sicher. Sie vertraut ihm voll und ganz.
Ich nicke. Okay, wenn sie das sagt. Ob Atakan Menschen tötet? Streiche über meine Stirn und denke nach. Ich will ihn fragen, aber ich will auch nicht das sich etwas zwischen uns ändert. Das würde ich wirklich nicht wollen. Atakan bedeutet mir so viel. Sehr viel...

,,Schlechte Nachrichten: Dieser Honk hat mir verboten im Pool zu schwimmen." höre ich plötzlich hinter mir Osmans ironische Stimme und schaue hinter mich. Mein Herz schlägt schneller, als das Gesicht meines Mannes sehe, der hinter Osman läuft. Die Beiden betreten die Küche. ,,Was ist so schlimm daran? Ich könnte mit Muso und Halil spielen. Wir könnten spielen, wer am meisten die Luft unter Wasser anhalten kann." sagt er grinsend und setzt sich neben Lale auf den Barhocker, während Atakan sich dicht rechts von mir sitzt. Seinen linken Arm legt er über die Lehne und streicht mit seinen langen Fingern über meinen Oberarm. Ich liebe es. Ich liebe es wie er mir seine Nähe schenkt. ,,Alles gut?" fragt er leise und greift nach meiner Hand. Er küsst sie über den Verband und hält sie in seiner. Lächele und nicke. ,,Alles gut. Bei dir?" frage ich auch leise und kann meine Augen nicht von seinen nehmen, die mich mustern. Er nickt. Gut. Es soll immer alles gut sein.

Ich sehe plötzlich wie Osman nach paar Himbeeren auf einmal greift und sie vor Lales Mund hält. ,,Iss, mein Sonnenschein. Für dich und für unsere Blume." Er füttert sie und greift nach weiteren Früchten, um es in ihr Mund zu stopfen, bis sie leicht aggressiv sein Handgelenk fest hält. ,,Osman! Mach mal langsam ya. Ich kriege nicht alles runter." sagt sie beschwerend und lässt ihn los. ,,Du musst aber viel essen. Sehr vieeel." erwidert er ernst und greift weiter nach einer Erdbeere. Bevor er Lale weiter füttern kann, dreht sie ihr Gesicht weg, was Osman genervt stöhnen lässt. ,,Los jetzt! Iss den ganzen Teller auf, Sonnenschein." Grinsend schaue ich Lale und Osman zu, doch spüre Atakans Blick auf mir, weshalb ich meinen Kopf zu ihm drehe. Er will etwas sagen. Ich erkenne es. Fragend schaue ich ihn an. ,,Ich muss nochmal gleich raus, wird etwas dauern. Iss das Abendessen mit deinen Brüdern und lern die Vokabeln. Wenn ich wieder da bin, frage ich ich dich dann ab." sagt er und ich frage mich warum.
Soll ich? Ich...ich versuche es mal einfach. ,,Wieso musst du raus?" Atakan hebt seine rechte Augenbraue, bevor er sich mir näher und einen Kuss auf meine Stirn drückt. Ich liebe doch deine langen Stirnküsse. ,,Geschäfte." sagt er nur und ich seufze leise. Na gut. Er will nicht genau antworten. Ich zwinge ihn nicht.

Es vergehen Stunden. Atakan ist mit Osman zusammen gegangen, aber er hat mir auf WhatsApp geschrieben, dass er in einer Stunde da sein würde.
Habe ihm ein Daumen Hoch geschickt. Schmunzele.
Er macht das auch immer, weswegen ich es auch gerne mache. Meine Brüder, Lale und ich haben zusammen das Abendessen verspeist und meine Brüder sind vor etwa zehn Minuten in den Wagen gestiegen, um wieder in das Internat zu gehen. Kleine Tränen sind wieder geflossen. Ach. Ich werde mich nie daran gewöhnen. Lales Anwesenheit tut mir gerade gut, sonst würde ich vielleicht weinend im Bett liegen. Die Englisch Vokabeln habe ich auch gut gelernt, ich warte nur darauf, dass Atakan kommt, mich abfragt und mich dann Stolz anschaut. Es macht einen Menschen so glücklich und zufrieden, zu wissen, dass man jemanden Stolz gemacht hat.

,,Efo?" höre ich Lales Stimme, weshalb ich meinen Kopf zu ihr drehe. Wir sitzen gerade vor dem Fernseher im Wohnzimmer und schauen uns eine türkische Serie an. Ich kenne sie nicht, aber Lale meinte, dass sie wohl gut sein soll. Auf den Couchtisch habe ich noch in eine kleine Schüssel Sonnenblumen Kerne rein gemacht und Popcorn gemacht. Während Lale sich schön bedient, ist mir nicht danach etwas zu essen. Sie soll schön weiter essen. Wo bleibt denn aber Atakan? Es sind schon einige Stunden vergangen. Ist ihm vielleicht etwas passiert? Geht es ihm nicht gut? Was macht er gerade? Denkt er auch an mich? Vermisst er mich auch? Ich will ihn sehen. Ich will ihn hören. Ich will seine Anwesenheit. ,,Efsane??" Sammele mich und schaue zu Lale. ,,Tschuldige, was hast du gesagt?" fragt ich schnell. Oh man. Ich bin etwas abgedriftet.
,,Ich habe gesagt, dass du auf den Fernseher schauen sollst. Wie süß diese Babys sind, oder? Aww." Schaue auf den Fernseher und nicke abwesend. Süße Babys.
,,Efo?" ,,Ja?" gucke wieder zu ihr. ,,Willst du eigentlich Kinder?" Eine gute Frage auf die ich eine einfache Antwort habe.

,,Nein." sage ich und schüttele mit dem Kopf.

Lale schaut mich erst fragend an, bevor sie aber langsam verstehend nickt. Sie widmet sich wieder der Serie und ich wieder meinen Gedanken. Kind? Kinder? Atme erschöpft aus. Ehrlich gesagt, will ich nichts darüber hören. Nicht darüber reden und gar nicht daran denken. Über dieses Thema will ich mit niemandem reden. Niemandem. Niemand würde es verstehen. Niemand würde mich verstehen. Nein. Nein. Ich will keine Kinder. Es ist nicht so, dass ich sie hasse. Auf keinen Fall. Aber...ich habe schon alles gesehen und gefühlt. Ich bekomme eine Gänsehaut. Schüttele vor mich hin mit dem Kopf und schließe müde die Augen.

Wie soll ich ein Kind wollen, während ein gebrochenes Kind schon in mir drin ist?

•••

Dieses Lied erinnert mich an die Serie Çukur man...🥺😭 Ach ach die guten alten Zeiten

Welcher Satz hat euch am meisten schockiert?

Was denkt ihr wird noch alles passieren?

Und wer meine Insta Story nicht anschaut, verpasst wirklich so einiges 😌😜

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