Nemesis - Blut und Schwerter

By veracrystall31

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>>Stellt keine Fragen, für deren Antwort Ihr nicht bereit seid.<< Nemesis sucht in dem magischen Land Koranée... More

Prolog
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Info
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Epilog
Info zur Fortsetzung

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By veracrystall31

Nemesis
Ich sah auf Drystans Rücken, bis er von den Büschen verdeckt wurde und wandte mich wieder dem Bach zu. Für eine Sekunde schloss ich die Augen und atmete tief ein und aus. Währenddessen sortierte ich meine Gedanken und ordnete die Gefühle, die ich eben offen gelegt hatte. Zugegeben, war ich von Drystan verletzt. Es tat weh, weil ich ihn an mich ran gelassen hatte, weil er mir etwas bedeutet hatte.
Weil er mein Freund war. Ein Freund, der nicht akzeptierte, was ich mit meiner momentanen Freiheit anstellen wollte.

Ich ließ das Gefühl in mich ein, durch mich hindurch fließen, ehe ich es zu den anderen schob. Die Panik war überwunden, der Prinz ein Arsch und ich hatte mich wieder unter Kontrolle.

Ruhig, wie eh und jeh kehrte ich zum Lagerfeuer zurück. Dort knieten Chara und Drystan neben der auf dem Boden liegenden Virginia. Diese war nach wie vor blass, aber als die Prinzessin besorgt die Stirn ihrer Freundin fühlte, wurde mir klar, dass sie Fieber hatte.

Also stellte ich mich zu ihnen, das Feuer im Rücken und musterte die Wunde an Virginias Bein. Wir hatten den Verband nicht wechseln können, sodass er verdreckt und blutverkrustet war. Da ich nicht mehr von meinem Stoff abreißen konnte, ohne dass ich nacher nackt herum lief, wandte ich mich an das Königspaar:
"Wir brauchen etwas, um ihren Verband zu erneuern. Die Wunde ist vermutlich schon entzündet."
Chara und Drystan sprangen vor Schreck beide auf, da ich mich gewohnt lautlos genähert hatte.

"Bei den Göttern!", Chara legte eine Hand auf ihr donnerndes Herz, "Habt Ihr mich erschreckt!"
Drystan fasste sich schnell wieder und machte Anstalten sein Hemd auszuziehen, da hatte Chara wie ich vorher schon den Rock ihres hellblauen Kleides abgerissen. Also lag es an Drystan den alten Verband abzuwickeln.
"Seid Ihr noch da Virginia?", vergewisserte ich mich.
Die Angesprochene nickte. "Mir gehts beschissen und Eure Anwesenheit macht es nicht besser, aber ja."
Statt meiner, erwiderte Chara mit dem Stoff in der Hand. "Sie hat uns das Leben gerettet, vergiss das nicht."
Virgini schnaubte. "Was sie nicht weniger zwielichtig macht."
"Trotzdem schulden wir ihr Dank", redete Chara weiter auf ihre Freundin ein, "Ob wir die Methoden nun für verwerflich halten oder nicht."

Ich nickte der Prinzessin knapp zu, ehe ich mich hinkniete, um die Wunde zu begutachten. Wie bereits erwartet war sie entzündet und eiterte.
"Je schneller wir in Traddis sind, desto besser", murmelte Drystan mit verzogenem Mund. Ich konnte ihm nur zustimmen.

Während Chara die Wunde neu verband, auch wenn das an diesem Punkt nicht sonderlich viel brachte, stand ich wieder auf und überflog die Umgebung. Da Tageslicht schwand und befand sich in dem Fliederton zwischen Nacht und Tag.
"Wenn wir morgen gutes Tempo halten, erreichen wir die Hauptsatdt", sagte ich, "Dann kümmern wir uns so schnell wie möglich um einen Arzt."
Drytsan sah hoch. "Du kennts dich nicht zufällig mit Kräutern aus, die hier wachsen?"
Mein Blick wanderte zurück zu ihm. "Meine Werkzeug ist der Tod, nicht das Leben. Du bist der Auserwählte von der Göttin des Lebens, wenn hier jemand etwas tun kann, dann bis du das."
Verzweifelt rang er die Hände. "Ich kann meine Magie nicht verwenden, das weißt du."
"Genau. Deswegen reiten wir so schnell es geht morgen früh los."
Ich drehte mich um, um den Wald besser beobachten zu können. "Ich kümmere mich um die Wache."

~•~

Wie ausgemacht brachen wir morgens bereits früh auf, das hieß kurz vor dem Morgengrauen. Keiner von den dreien hatte wirklich gut geschlafen. Drystan, hatte sich hin und her geworfen, Chara war aus einem Albtraum hochgeschreckt und Virginia fieberte vor sich hin.

Während der Wache hatte ich genügend Zeit gehabt um meine Gefühle zu sortieren. Ich hatte die Wut über Drystan analysiert, den noch immer bestehenden, wenn auch geschwächten Rachedurst, die Angst und die kalte Akzeptanz, dass ich eine Mörderin war.
So ritt ich mit unerschütterlicher Ruhe, am Anfang unseres Zuges und behielt die Umgebung im Blick. Prinzessin Chara ritt hinter mir, die halb bewusstlose, fiebernde Virginia in ihren Armen. Die Besorgnis um ihre Freundin stand ihr ins Gesicht geschrieben und inzwischen hatten alle wieder Hunger bekommen. Mich eingeschlossen.
Drystan bildete den düsteren Schluss. Seit wir losgerissen waren, war er ungewöhnlich still und schien ständig in sorgenvollen Gedanken versunken. Kein Wunder, wir näherten uns Traddis immer mehr und wir hatten keine Ahnung, was uns erwartete.
Der Ritt verlief ruhig, es tauchten keine Infizierte auf, von denen sicherlich welche umherstreiften.

Seufzend glitten meine Augen über den grünen und von Vogelgezwitscher erfüllten Wald. Im Gegensatz zu Leymalien waren die Bäume kräftig, die Blätter jung und die Luft warm. Ich fror etwas weniger mit meiner leichten Bekleidung, aber es linderte keineswegs das Missen meiner Handschuhe.

Auch wenn man mir es nicht ansah war ich genauso von besorgten Gedanken geplagt, wie die anderen. Allstair war ein Schatten, der mich Tag und Nacht begleitete und auch wenn ich nicht wieder in einen Krieg eines anderen Königs hineingezogen werden wollte, so bereitete mir das Erfahrene Magenschmerzen.
Eine ganze Armee aus Infizierten, die viel schneller waren als normale Menschen... Arnicus wurde durch sie immer stärker und das gleiche galt für Allstair.
Ich blinzelte und sah ihn wieder grimmig im Thronsaal stehen, nachdem ich ihm einen Schnitt an der Wange zugefügt hatte. Sein Blut war schwarz gewesen, wie das eines Infizierten. Auch wenn er keine Anzeichen einer Infektion gezeigt hatte.

Naja. Letztendlich war die Infektion nichts anderes als Bruchstücke von Arnicus Magie, mit denen sich der Gott von dem Körper eines Menschen nähren konnte. Allstair hatte viel mehr davon in sich, wenn er Magie auf diese Weise wirken konnte, wie er es im Thronsaal getan hatte. Wie er es mit mir getan hatte.
Dich führt der König allein.
Sieh dem Monster ins Gesicht.

Ich schüttelte den Kopf um die Stimme meiner jüngeren Version zu vertreiben. Gleichzeitig stieg Wut in mir auf, dass mich diese Bilder so verfolgten.

Aber wenn die Menschen Arnicus Magie nicht vertrugen, wie hatte er Allstair als Gefäß nehmen können? Was war da anders? Wenn ich ihn richtig verstanden hatte, gab er Allstair seine Magie und dafür versorgte auch er ihn mit Energie.
Ich sah kurz über meine Schulter.
War es bei dem Königspaar und ihren Göttern anders?

Was mich mitunter am meisten wurmte, war, dass ich Allstairs Plan nicht vollständig nachvollziehen konnte. Wieso hatte er Koranée nicht längst überrannt? Mächtig genug war er inzwischen. Da hatte das Massaker, das ich angerichtet hatte, nicht viel dran geändert.

Ich unterbrach meine Grübelei und hielt an, um mich zu den anderen umzuwenden. Durch meinen Stopp wurden auch sie aus ihren Gedanken gerissen.
„Bis nach Traddis sind es nur noch zwanzig Minuten. Ich gehe voraus und kundschafte die Lage aus. Ihr wartet hier und kümmert euch um Virginia"
Das Königspaar nickte und es war Drystan, der mich ansah. „Sei vorsichtig."
Von der Sorge in seiner Stimme überrascht, nickte ich nur, sprang von Pferd und rannte los.

Ohne groß drüber nachzudenken versank ich in meinen Kampfzustand, der meine Sinne und physischen Kräfte stärkte. Inzwischen hatte ich den Zusammenhang zwischen diesem Zustand erhöhter Wachsamkeit und meiner eigenartigen Magie erkannt. Alles ausgelöst durch das schwarze Blut, das Allstair mir verabreicht hatte, sodass mein
Körper resistent gegen Arnicus' Magie geworden war. Etwas, das der König nicht einkalkuliert hatte.

Innerhalb kürzester Zeit hockte ich zwischen den Büschen am Rand der Straße, die zu den Stadttoren führte.
Es standen keine Wachposten an den Toren, was mich sofort alarmierte. Dieser Posten war sonst immer von zwei Leuten besetzt gewesen.
Dafür war das Gitter herunter gelassen, aber so weit ich die Stadt dahinter erkennen konnte, war auch niemand auf den Straßen.
Mein Blick wanderte weiter an der Mauer entlang. Auch oben patrouillierte niemand.

So war es eines leichtens den Stein hochzuklettern und geduckt auf der Mauer zu landen. Auch als ich wachsam den Weg entlang lief, kam mir niemand entgegen.
Eine Treppe runter brachte mich in die Stadt. Meine Augen standen keine Sekunde still und hielten stets mein ganzes Umfeld im Blick.

Die Schäden des Angriffs waren nicht zu übersehen. Blut war in das Pflaster gesickert und zwischen den Spalten verkrustet, Fenster von Läden eingeschlagen, einzelne Trümmer auf den Straßen verstreut. Die sonst so belebte Stadt wirkte leer gefegt.
Wenn ich zu den Häusern hochsah entgingen mir jedoch nicht die geschlossenen Fenster und als ich in eine Gasse auf dem Weg zum Schloss abbog, stieg mir der Geruch von Essen in die Nase.
Dann, je näher ich dem Ring um das Schloss herum kam, desto lauter wurde das Geräusch von Stimmen.

Auf der nächsten größeren Straße entdeckte ich tatsächlich Menschen. Sie wirkten bedrückt und auf allen Gesichtern war Angst und Kummer zu lesen, aber die Stadt war nicht komplett ausgemerzt worden, wie es von außen beinahe den Anschein gehabt hätte.
Erleichtert atmete ich auf, hielt mich aber erst noch im Schutz der Gasse und lugte um die Ecke, um mehr von dem Geschehen beobachten zu können.

Mir fiel sofort auf, dass alle gesellschaftlichen Kreise sich durchgemischt hatten. Bewohner aller Schichten schienen sich in diesem Bereich der Stadt aufzuhalten, also möglichst nahe am Schloss.

Da ich mit rotem Rock und Blut am ganzen Körper -ich hatte ja nicht geschafft alles abzuwaschen- zu auffälig war, setzte ich meinen Weg über die Dächer fort. Im Rennen lugte ich über den Rand und schätzte die Lage ein.

Die Straßen waren trotz allem leer, viele Bewohner hatten Verletzungen und traurigerweise liefen viele Kinder bedrückt alleine herum. Auffällig war jedoch, dass Bewohner aus dem dritten Ring in die Häuser des ersten gingen.
Stellenweise erblickte ich Königswächter, die aber maximal zu zweit den ersten Ring patroullierten. Eine Decke der Angst und Resignation lag über der ganzen Stadt. Kein Lachen war zu vernehmen und der Schrecken der Verlobungsfeier war in allen erschöpften Geischter zu sehen.

Die meisten machten sich daran, die Trümmer, die auch in diesem Stadtteil waren, aufzuräumen. Man half sich gegenseitig, arbeite aber schweigend. Die reichen Kaufleute standen mit hochgekrempelten Ärmeln neben den einfachen Bürgern und alle packten mit an.

Ich näherte mich dem Schloss und inspizierte es aus der Entfernung. Das Dach mit Kristallen funkelte wie eh und jeh, aber es wirkte ruhig, wie der Rest der Stadt zu Beginn auch. Die Tore waren zu wie üblich, aber es ging niemand rein oder raus.

Viel näher traute ich mich auch nicht, der König hatte mich quasi verbannt und im Schloss war es schwieriger sich zu verstecken. Ich wusste noch nicht, wie ich die Reaktion der Gardisten auf mich einschätzen sollte. Vielleicht lebte der König auch schon gar nicht mehr, aber dann würde hier mehr Chaos herschen und Allstair hätte seine Chance längst genutzt.

Zwar hatte er mir gesagt, dass er letzendlich nur das Schwarzstahl wollte, da es Magie tragen konnte und die ganze Geschichte der Rettung von Leymalien nur die Clans bei Stange halten sollte, aber wenn der koraneeanische König gefallen wäre, hätte er es sich garantiert nicht entgehen lassen.

Ich wollte mich gerade vom Palast abwenden, da entdeckte ich eine vertraute Person, die die Straße unter mir entlang ging. Das schwarze Haar glänzte in der Mittagssone und seine Mandelaugen wirkten ebenso abgekämpft, wie der der anderen.
Phyrrros

Schnell wog ich in meinem Kopf ab. Einer von Drystans Vertrauten war ein Verräter, aber noch hatte ich keinerlei Anhaltspunkte wer.
Kurzerhand rutschte ich an der Fassade des Hauses herab, landete hinter Phyrros und zog ihn in die nächstkleinere Gasse.
Dieser fuhr mit überraschenden Reflexen herum und riss sich los. Doch als er mich erkannte, machte sich Unglauben auf seiner Miene breit.
"Nemesis?"

Kühl erwiderte ich seinen Blick, der jetzt von meiner knappen Kleidung zu dem Blut und den Narben sprang.
"Seid Ihr etwa verletzt?", fragte er noch immer geschockt blinzelnd.
Ich schnaubte: "Seid nicht albern, das ist nicht mein Blut."

Seine Augen weitete sich ein Stück, aber schließlich fasste er sich und straffte die Schultern. "Was wollt Ihr hier. Der König hat Euch aus guten Gründen verbannt."
"Lebt er noch?", fragte ich stattdessen.
Phyrros kniff die Augen zusammen, nickte aber knapp. "Das gleiche gilt für die Königin."
Ich atmete aus, was ihm entging, ehe ich zu der belebteren Straße in seinem Rücken nickte.
"Wie ist die Lage in der Statd?"

Er sah kurz hinter sich, ließ mich aber nicht lange aus den Augen. "Wir versuchen aufzubauen, was geht. Viele sind von Infizierten verletzt und verwandelt worden und schließlich mit Sir Renalds mitgegangen. Deswegen sind die aus dem äußeren Ring aufgerückt zu den freien Häusern in den bessern Vierteln. So kann die Garde die Stadt besser beschützen."
Ich nickte verstehend, den Blick auf die Menschen gerichtet, die an unserer kleineren Straße vorbeikamen.
"Wir verteilen das Essen, das normalerweise für eine Belagerung vorgesehen ist, der Handel mit den Dörfern ist ins Stocken geraten."
Phyrros verschränkte die Arme vor der Brust. "Was macht Ihr hier? Bewohner haben gesehen, dass man Euch ebenso mitgenommen hat wie Drystan und Prinzessin Chara."

Das alte Misstrauen, das er mir sonst immer entgegen gebracht hatte, war wieder da, aber diemal beruhte es definitiv auf Gegenseitigkeit.
"Damit liegt Ihr richtig", bestätigte ich kühl, "Zufällig wartet der Prinz vor den Toren der Stadt."

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