Nemesis - Blut und Schwerter

By veracrystall31

319K 26.4K 3.6K

>>Stellt keine Fragen, für deren Antwort Ihr nicht bereit seid.<< Nemesis sucht in dem magischen Land Koranée... More

Prolog
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
Lesenacht
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
78
79
Info
80
81
82
83
84
Epilog
Info zur Fortsetzung

66

2.8K 280 37
By veracrystall31

Drystan
Nemesis ließ sich neben Chara unweit von mir auf die Knie fallen und musterte die tiefen Krallenspuren, die einmal quer über den Rücken der Prinzessin verliefen.
Blut floss rot über Charas Rücken und färbten das hellblaue Kleid, das man ihr gegeben hatte, rot.
Aber die Wunde war noch das geringste Übel.

Virginia unter ihr hatte noch immer mit Tränen in den Augen die Hände an Charas Gesicht gelegt.
„Was machst du denn?", flüsterte sie mit leichter Panik, als die Prinhessin vor Schmerz das Gesicht verzog und zu Schreien begann, „Es ist doch meine Aufgabe dich zu beschützen und nicht andersrum."

Über ihr konnte sich die Prinzessin nicht mehr stützen und brach über ihrer Freundin zusammen. Wieder schrie sie auf, was mich zusammenzucken ließ, während die gleiche Panik durch mich hindurchschoss, die auch in Virginias Zügen deutlich zu sehen war.

Nur Nemesis war die Ruhe selbst, als sie schnell die Lage erfasste, einschätzte und ohne weitere Vorwarnung handelte.

„Halt sie mal kurz hoch", forderte sie Virginia kurz auf, während meine ehemalige Leibwächterin ihren roten Rock unten halb ab riss. Obwohl, schneiden traf es eher. Erst später bemerke ich die schimmernde Klinge in ihrer Hand, die danach sofort wieder verschwand.
Als die Delererin tat wie geheißen, wickelte sie den Stoff fest um Charas Oberkörper. Diese stöhnte erneut.
„Es tut so weh. Macht es weg! Macht dieses Brennen weg!", flehte die Prinzessin weinend.

Mit gequälten Ausdruck ließ Virginia ihre Freundin wieder auf sich sinken, bettete Charas Kopf auf ihrer Brust und murmelte beruhigend: „Halt noch ein bisschen durch."
Chara wand sich vor Schmerz und Virginia hielt sie so gut es ging fest.
„Alles wird gut. Wir schaffen das."

Die Worte wurden fast von einem verzweifelten Schluchzen erstickt, aber dann richtete die Leibwächterin einen glühenden Blick auf Nemesis.
„Tut was. Verwendet Eure Magie."

Diese blinzelte, zeigte aber sonst keinerlei Regung. Nicht mal, als Chara danach voller Pein aufschrie und ich kurz die Auen schließen musste.
Ich verbot mit weiter zu denken, als die Tatsache, dass sie wahnsinnige Schmerzen hatte.

Nemesis sagte ruhig: „Ich kann nichts tun."
Bei ihrer Gleichgültigkeit schoss die Wut heiß in meinen Bauch.
„Ihr habt eine Spritze dieses schwarzen Blutes überlebt, eine voll besetzte Burg niedergemetzelt und das nur innerhalb von Minuten", zischte Virginia, „Euch macht die Infektion nichts aus also helft ihr."

Virginia sah so aus, als wäre sie drauf und dran sich auf Nemesis zu stürzen. Ihr Körper zitterte sogar, aber die leidende Chara in ihrem Arm hielt sie davon ab.

Eine Weile schwieg Nemesis, aber dann schüttelte sie den Kopf.
„Es gibt nichts, was ich tun kann. Meine Immunität ist durch jahrelanges Training, Auseinandersetzung mit Schmerz und verdünnte Spritzen dieses Blutes entstanden. Es war ein langer, qualvoller Prozess, den ich niemanden zumuten will."
Ich bildete mir ein, dass ein Kiefermuskeln zuckte, aber abgesehen davon, blieb sie sachlich. Als rührten sie die schmerzerfüllten Schreie gar nicht.
Als kümmerte es sie nicht, was aus Chara wurde.

Bei ihrer Gelassenheit sah ich rot und stürzte mich auf sie.
Zwar hätte sie mit Sicherheit reagieren können, aber sie ließ sich von mir an den Armen zu Boden drücken.
„Ist es dir denn völlig egal?", schrie ich aufgebracht, „Bedeutet Chara dir gar nichts?"

Unter mir hatte sich ihr Zopf gelöst und das Haar fächerte sich weiß um ihren Kopf herum. Blut war über ihr Gesicht gespritzt. Generell haftete es überall an ihr, aber auf groteske Art betonte es ihren hellen Teint und die eindringlichen, grauen Augen.
Welche so vieles, so früh mitangesehen hatten. Welche hart waren wie Stahl und meinen Funken sprühenden Blick unnachgiebig erwiderten.

„Willst du ihr etwas nicht helfen, verdammt?!"

Schwert atmend wartete ich auf ihre Antwort, die noch immer viel zu unbeteiligt rüber kam.
„Natürlich will ich nicht, dass sie stirbt. Aber ich bin machtlos, Drystan."
„Lüg nicht!", fuhr ich sie lautstark an und mein Griff um ihre Handgelenke wurde fester.

Jetzt bemerkte ich, wie ihre Züge sich anspannten.
„Wenn du weiter so rumbrüllst, werden noch mehr Infizierte auf uns aufmerksam."
Ich wusste, sie hatte recht, aber diese schlichte Feststellung machte mich nur noch wütender.
„Wie kannst du an sowas denken, während Chara neben uns liegt und schreit, als würde sie beim lebendigen Leib verbrannt?", knurrte ich.

Nemesis Atmung wurde schwerer.
„Lass mich los."
Aber ich lockerte meinen Griff nicht, sondern beugte mich vor.
„Wo ist dein verfluchtes Mitgefühl? Spürst du überhaupt etwas bei dem Anblick einer verletzten Freundin?"
Sie ging nicht auf meine Frage eine, sondern wiederholte nur:
„Ohne scheiß, Drystan. Lass mich los."

Ich dachte nicht dran, sondern blieb zornschnaubend über ihr.
„Die ganzen Menschen, die du einfach umbringst. Macht dir das genauso wenig aus? Hm? Sag schon!"

Innerhalb von Sekunden hatte sie uns umgedreht und presste mich jetzt unangenehm auf den kalten Waldboden.

„Soll ich dir die Wahrheit sagen? Nein, ich bereue keinen einzigen Tod, weil jeder notwendig war, damit ich überlebe."
Ihr Griff war fest wie ein Schraubstock.
„Ohne mich wärt ihr drei jetzt nicht mehr unter den Lebenden. Ich hab dir dein königliches Leben gerettet, Drystan. Also sag du mir jetzt: Bereust du dass ich diese Entscheidung getroffen habe?"

Wartend sah sie mich an, aber ich verzog den Mund lediglich zu einer Linie.

„Wenn ich mein eigenes Überleben sichere, ist mir der Tod als Mittel recht", stellte Nemesis eisig klar, „So habe ich die Burg überstanden."

Noch ein letztes Mal wurde ihr Griff fester, aber beim nächsten Schrei von Chara ging sie mit einem letzten, schneidenden Blick von mir runter.

Ohne mich nochmal anzusehen, riss sie ein weiteres Stück von ihrem Rock ab und stopfte es der schreienden Chara als Knebel in den Mund.

„Spinnsg du?!", Virginia macht Anstalten den Stoff wieder zu entfernten, aber Nemesis schlug hart ihre Hand weg.
„Wenn sie weiter so schreit, kriegen wir noch mehr Besuch."
Trotz der rationale Argumentation fauchte Virginia: „Sie ist eine Prinzessin! Du kannst sie nicht einfach so knebeln!"
Inzwischen ließen wir jede Höflichkeit fahren.

Ruckartig war Nemesis auf den Beinen, die Hände zu Fäusten geballt.
„Ihr beide macht es mir nicht gerade einfach uns lebend nach Koranée zurückzubringen", presste sie hervor. Die Fassung, die sie sonst immer bewahrte, wackelte. Es erfüllte mich einerseits mit Genugtuung, andererseits mit Angst.
„Ich versuche wirklich ruhig zu bleiben, aber ihr weckt in mir den Wunsch irgendetwas kaputt zu machen."
Sie schloss nach diesem Geständnis kurz die Augen, atmete tief durch und ab dann war die undurchdringliche Maske wieder da.

„Wild gibt es nicht. Die umstreichenden Inifzierte verjagen es. Wir werden erst weiter weg von hier etwas finden", ausdruckslos sah sie bei der Aussage auf die sich vor Schmerz schüttelnde Prinzessin. Die Schreie drangen nur noch gedämpft aus ihrem Mund, aber man konnte alles in ihrem verzerrten Gesicht sehen.

In einem Ton, der keine Widerrede duldete, entschied Nemesis:
„Steigt auf eure Pferde. Wir verschwinden."

Als sie Anstalten machte, zu ihrem Tier zu gehen, fuhr Virginia sie aufgebracht an:
„Spinnst du? Chara leidet gerade Todesqualen!"
Durch den Knebel hindurch brüllte die Prinzessin auf und warf sich hin und her, während Virginia sie mit verzerrter Miene festhielt.

Nemesis musterte Chara einen Moment mit verrenkten Augen, ehe sie sich mit vor der Brust verschränkten Armen zu mir umdrehte.
„Mach was Drystan."
Verwirrt sah ich sie an. „Ich?"
Mit einem harten Nicken deutete sie zu der delerischen Prinzessin.
„Du hast Magie, die ihr helfen könnte. Vielleicht."
Grimmig sah sie über die Schulter zu dem Wald hinter uns.
„Aber mach schnell."

Blinzelnd sah ich von ihr zu Virginia, die mich jetzt mit neuer Hoffnung im Blick ansah.
„Probier es. Bitte."

Mit noch immer müden Muskeln rappelte ich mich hoch und kniete neben die beiden Ausländerinnen.
Unbeholfen und ratlos, was ich tun sollte, legte ich eine Hand auf Charas Schulter und schloss die Augen.
So wie Chara mich zuvor angewiesen hatte, suchte ich nach dem Kribbeln.
Und fand nichts.

Verzweifelt sackten meine Schultern zusammen.
„Ich komme nicht an meine Magie ran."

Nemesis hatte bis jetzt ungeduldig hinter mit gestanden und ging jetzt endgültig zu ihrem Pferd.
„Wir müssen los."

Ich wurde wieder wütend auf ihre Rationalität. Diese Kälte, auch wenn eine von uns unter höllischen Schmerzen am Boden lag. Vor allem sie sollte es verstehen. Schließlich hatte sie schon das gleiche durchgemacht wie Chara jetzt.
Mein Blick blieb an den Narben hängen, die man trotz des ganzen Blutes stellenweise erkennen konnte. Sie waren nicht nur auf ihrem Oberkörper sondern erstreckten sich in einem erschütternden Geflecht über ihre ganze Gestalt.
Sie hatte wesentlich mehr durchgemacht.

Ohne unseren Protest zur Kenntnis zu nehmen, setzte sie sich auf ihr Pferd und sah kühl zu uns herab. Ich war der erste, der aufstand und nahm die sich windende Chara von der nach wie vor verletzten Virginia runter. Sie zuckte in meinen Armen, Tränen liefen ihr übers Gesicht und der Verband war von ihren ruckartigen Bewegungen schon durchweicht.

Wir brauchten einen Arzt. Und das dringend.

Ich hob sie vor mir auf das Pferd und achtete darauf, dass sie mir nicht wieder runter fiel, während ich selbst aufstieg. Meine Muskeln protestierten, am liebsten würde ich auf der Stelle zusammenbrechen, aber wie Nemesis sagte, sie hatten keine Zeit. Noch mehr Infizierte waren in der Nähe.

Virginia zog sich ächzend auf die Beine und humpelte zu Charas Pferd. Ich konnte ihr ansehen, wie schmerzhaft es war, als sie sich hochschwang.

Ohne ein weiteres Wort ritt Nemesis los und wir folgten ihr. Erschöpft und geschlagen.

Chara vor mir, meine Arme bildeten einen Ring um ihre Gestalt, krümmte und verkrampfte sich. Die gedämpften Schreie durch den Knebel waren kaum zu ertragen und es brachte mich um, nichts tun zu können.

Nemesis führte uns unbeirrt durch den Wald. Sichtlich wachsam und mit einem stetigen Blick für unsere Umgebung.

Mit meiner leidenden Freundin in den Armen und am Rande eines Nervenzusammenbruchs, schlich sich mir bei Nemesis' blutbefleckten, unerschütterlichen, unnahbaren Anblick ein bitterer Geschmack in den Mund.

Oh, wie ich mich geirrt hatte. Ich kannte sie kein bisschen.
Im Schloss war sie die tadellose Leibwächterin gewesen, die in allem und jedem eine Gefahr für mich gesehen hatte.
Auf dem Fest zu Ehren von Riniah, im Lichtermeer von Laternen, hatte ich zum ersten Mal das Gefühl gehabt, einen Blick auf die echte Nemesis zu erhaschen.
Falsch. Diese Nemesis hatte ich heute gesehen.

Als spürte sie meinen Blick, drehte sie den Kopf zur Seite, um mich über die Schulter anzusehen.
Auch wenn sie nichts sagte, hatte ich das Gefühl, sie bemerkte, wie ich sie für den ganzen Tod verurteilte. Vielleicht aber auch nicht, an ihrer Miene war nichts abzulesen.

Fast sofort wieder fokussierte sie sich auf die hohen Bäume - hauptsächlich Kiefer - um uns herum. Irgendwie sah sie genug, um uns sicher durch den Wald zu lotsen, während der Mond seinen Weg über den Himmel beschrieb. Es gab keine weiteren Vorkommnisse bis die Sonne am Horizont auszumachen war und ich mich nicht mehr im Sattel halten konnte.

„Wir müssen anhalten", presste Virginia an meiner Stelle hervor. Sie ritt auf gleicher Höhe mit mir und hörte sich so erschöpft an, wie ich mich fühlte. Ich konnte kaum die Augen aufhalten. Jeden Moment würde ich vom Sattel rutschen und Chara gleich mit.

Nemesis sah nicht mal zu uns nach hinten.
„Zur Grenze ist es nicht mehr weit."
Virginia hielt ihr Pferd an.
„Es geht nicht mehr Nemesis. Nicht alle von uns sind gedrillte Maschinen."
Bei ihrem schneidenden Ton sah Nemesis sich schließlich doch zu uns um, registrierte meine ausgezehrte Miene.

„Na schön", sagte sie endlich, „Schlaft. Ich werde die Wache übernehmen."
Sie sprang vom Pferd und band es an einem Baum an.
„Wir sollten weit genug von allen Infizierten weg sein, um ein Feuer machen zu können."

Zwar brach der Tag gerade an, aber es war dennoch kalt. Wir alle trugen nur dünnen Stoff und Nemesis hatte praktisch gar nichts am Leib. Trotzdem schien sie nicht zu frieren. Oder sonst irgendwelche Bedürfnisse zu haben.
Schlafen, zum Beispiel. Eine Pause.

Erleichtert ließ ich mich vom Pferd gleiten, schaffte es noch Chara sanft abzulegen, ehe ich mich selbst zu Boden fallen ließ.
Virginia setzte sich ebenfalls ohne Kraft neben ihrer Freundin auf den Boden, welche sie sorgenvoll betrachtete. Virginias Bein blutete stark und im langsam aufkommenden Licht des Morgens, konnte ich auch ihre blutgetränkte, weiße Hose ausmachen. Kein Wunder, seit der Verletzung durch einen leymalischen Soldaten hatte sie das Bein wiederholt stark belasten bzw. bewegen müssen.

Nemesis beobachtete uns mit steifer Haltung.
„Schlaft", wiederholte sie ohne jede Sanftheit in der Stimme.

Continue Reading

You'll Also Like

107K 7.3K 36
Rayna wächst bei ihrem Vater auf, einem vom Magischen Rat gesuchten Magier. Eines Tages wird sie durch eine Verkettung von Zufällen in die "Academy"...
3.8K 236 26
Aggressiver skandiiii 🥷🏼🎀
100K 8.4K 108
Eigentlich sollte es nur eine Klassenfahrt nach Schottland werden - aber als Lina auf einem Friedhof in Edinburgh plötzlich von einem Geschöpf wie au...
84.3K 5.8K 33
Haremstanz-Trilogie Band II Lilitha findet sich in den Kerkern wieder, doch auch wenn sie nicht mehr lange dort verweilt, nehmen die Gefahren kein En...