TURKISH MAFIA

By bombayim

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๐™€๐™›๐™จ๐™–๐™ฃ๐™š ๐™”๐™–๐™ฃ๐™ข๐™–๐™ฏ. Genau wie ihr Name ist sie eine lebende Legende. Mutter tot und vom eigenen Vater... More

๐Ÿ–ค
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71. Kapitel
๐Ÿ–ค
Danksagung
TR

27.Kapitel

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By bombayim

13:54

,,Boah das schmeckt so geil. Darf ich auch ein zweites haben, Abla?" höre ich meinen kleinen Bruder fragen, während er weiter an seinem Eis leckt. Im Moment sitzen wir auf der Terasse am runden, großen Tisch und reden etwas. Ich will die ganze Zeit bis sie gehen werden, mit ihnen verbringen. Jede einzelne Sekunde will ich sie bei mir haben. ,,Kannst du haben." antworte ich und fahre mit meiner Hand durch meine getrockneten Haare. Rechts von mir sitzen Muso und Halil. Links von mir nur Hakan. Bolat meinte, dass er müde sei und hat sich nochmal schlafen gelegt. Immernoch nicht habe ich mit ihm geredet. Das müsste ich noch machen. Ich muss ihm deutlich klar machen, dass sein Aussehen nicht das Wichtigste ist worüber er denken soll. Den sein Inneres ist wichtiger. Das muss er endlich verstehen. Ach Bolat Ach.

Unbewusst knabbere ich an der Fingerhaut von meinem Daumen. Atakan habe ich, nachdem ich raus gegangen bin, nicht mehr gesehen. Will ich auch nicht. Labbert der mich voll, was ich zu tun habe. Pff. Wer ist er bitte? Ich mache das, was ich will. Niemand gibt mir Befehle, die ich befolgen soll. Bin ich sein Hündchen? Nein. Ich bin seine Frau. Seine Ehefrau. Die er besser behandeln sollte. So wie er mich behandelt, könnte man meinen, dass ich ein fremder Mensch bin, der ihn nervt. Er nervt mich. Und nicht anders herum. Mistkerl. Ich will ihn sowieso nicht sehen, also ist es mir zurecht, dass er mir nicht begegnet. Aber an Atakan kann ich nicht mehr nachdenken, denn die Gedanken an Bolat hören nicht auf. Schläft er wirklich? Oder hat er das nur gesagt, um allein zu sein? Er erzählt mir seine Probleme nicht. Aber wahrscheinlich, weil er keine Zeit gefunden hat. Normalerweise macht er das immer. Wenn es ihm nicht gut geht, würde er zu mir kommen, weil er weiß, dass ich immer ein ein offenes Ohr für ihn habe. Und für die anderen auch. Sie sollen mir ihre Ängste und Probleme anvertrauen.- Denn ich bin die Person, die sie verstehen und helfen würde. Ich bin ihre ältere Schwester, die gleichzeitig auch die Mutter für sie gespielt hat und es immernoch macht. Ich war immer für sie da gewesen und werde es für immer sein. -Ein Versprechen, das ich meiner verstorbenen Mama versprochen habe. Ich muss zu Bolat. Ich muss wissen, wie es ihm geht. Ich muss mich selber beruhigen, in dem ich sehe, dass es ihm gut geht.

Ich stehe auf und gebe meinen Brüdern Bescheid, dass ich zu Bolat gehen werde. Etwas zu schnell verlasse ich die Terrasse und laufe in das Innere vom Palast. Genauso schnell laufe ich Treppen hoch und stoße gegen etwas hartes, so dass ich erschrocken nach hinten falle, aber zwei große Hände mich noch rechtzeitig vor dem Sturz bewahren. Reflexartig greifen meine Hände an die breiten Schultern und halten sich daran fest. Keuchend kommt mir Atakan's Parfüm von gestern Abend zur Nase. Natürlich auch er. Wer sonst? ,,Yavaş."
(Langsam.) flüstert er nah an meinem Ohr und verpasst mir eine Gänsehaut. Langsam blicke ich in seine dunklen Augen, die mich beobachten. Seine rechte Augenbraue fragend gehoben und seine Lippen zusammen. Der warme Atem von ihm, trifft mein Gesicht. Seine dichten Haare wieder nach hinten gekämmt worden, doch eine Strähne fällt auf seine Stirn. Ein Muttermal neben seinem rechten Auge kann ich erkennen. Wieso habe ich das denn nie gesehen? Naja, kann daran liegen, dass ich ihn kaum ins Gesicht geschaut habe. Nur in seine Augen, während dem Reden. Mehr nicht. Seine geschwungenen Wimpern, die vielleicht sogar schöner als meine sind, bemerke ich auch erst jetzt. Und da ist noch ein Muttermal. Nur kleiner und an seiner linken Wange. Meine Augen gleiten runter, an seine vollen Lippen. -Doch schnell raffe ich mich ein und gucke wieder in seine Augen, aber sehe noch wie sein Mundwinkel hoch zuckt. Wie lange haben wir uns jetzt angestarrt? 20 Sekunden? 40? Oder doch eine Minute?

Schluckend lasse ich ihn los und entferne mich von ihm. Ohne etwas zu sagen, laufe ich schnell an ihn vorbei und sage innerlich Danke, dass er mich nicht aufgehalten hat. Paar mal habe ich mich verlaufen, doch habe es geschafft, das Zimmer zu finden, in dem sich Bolat befindet. Nachdem ich tief Luft geholt habe, öffne ich die Tür, gehe rein und schliesse sie wieder. Bolat liegt auf dem Bett, das ganz außen steht. Er liegt seitlich, hat eine Hand unter dem Kopf. Ob er wach ist kann ich von hier aus nicht sehen. Also laufe ich zu ihm rüber und sehe tatsächlich, dass er die Augen offen hat. Sein Gesicht wieder mit diesen ganzen Verbänden, dass man nur seine Augen, Nase und seinen Mund sehen kann. Gedankenverloren guckt er sich die Wand vor ihm an und hat nicht bemerkt, dass ich drinnen bin. Er sieht nicht glücklich aus. Auch nicht traurig. Für paar Sekunden betrachte ich meinen dritt jüngsten Bruder und kann schwören, dass es ihm nicht gut geht. Vorsichtig setze ich mich zu ihm und kriege endlich seine Aufmerksamkeit. Er will aufstehen, doch ich lege meine Hand an seinen Arm. ,,Bleib liegen." sage ich nur und lege mich neben ihm. Ich nehme seine, mit Verband umhüllte Hand, lege sie auf meinen Bauch und streichel mit meinen Daumen drüber. Stumm betrachte ich die Decke und überlege, wie ich anfangen soll. Ich will wissen was genau los ist. Aber wenn ich jetzt einfach so frage, kriege ich mit einer hoher Wahrscheinlichkeit keine Antwort. Sollte ich warten bis er den Anfang macht? Vielleicht sammelt er ja gerade seine Mut zusammen, um seinen Mund zu öffnen? Los Bolat. Mach es dir und mir nicht noch schwieriger, Bruderherz.

,,Erinnerst du dich an den Abend als ich dir gesagt habe, dass es...wieder angefangen hat und wir dann...zum Park gegangen sind?" höre ich leise fragen. Ohne groß darüber nachzudenken, weiß ich was er meint. Den Abend, als Atakan mit seinen Männern kam und mir den Vorschlag machte. Aber was will er mir den sagen? Ich nicke und drehe mein Gesicht zu ihm. ,,Versprich mir, dass du nicht sauer wirst!" fordert er mich auf und lässt mich meine Brauen verwirrt zusammen ziehen. Ich will ,Wieso' fragen, aber habe Angst davor, dass er sich verschließt und mir nichts erzählen wird. Weshalb ich ihm ruhig mein Versprechen gebe. ,,Also...ich...ich wollte es dir sagen, aber es kam voll viel dazwischen und...und...ich habe mich ehrlich gesagt auch nicht getraut. Du...du kennst ja meine alte Klasse und...und die Personen dort." Was wollte er mir sagen? Wieder nicke ich nur und höre ihm gespannt weiter zu. Mit den ganzen Kindern in seine Klasse hat er bis jetzt keine schlechten Vorfälle. Beziehungsweise habe ich nie davon was gehört. ,,Also...sie...sie haben mich...etwas...."
,,Was? Haben sie dir was angetan, Bolat?" Er schnappt nach Luft und setzt sich auf. Ich mach es ihm nach. Paar Mal befeuchtet er seine Lippen, bevor er zum Reden ansetzt.
,,Sie haben mich...die ganze Zeit genervt und ich...ich wollte nicht mehr der Schwächling der Klasse sein und habe mich gewehrt. A-aber sie sie haben dann angefangen mich zu..." ,,Dich zu mobben?" beende ich knurrend seinen Satz. Nickend schliesst er seine Augen. Schwächling? Wieso zum Teufel sagt er sowas? Ich kanns nicht fassen, dass es nochmal passiert ist und ich nichts davon wusste. Zum wie vielten Mal passiert das jetzt? Mein Bruder will doch nur ganz normal in die Schule gehen ohne schikaniert zu werden. Wie erbärmlich sind die Kinder heutzutage? Ich bin aber Stolz auf Bolat. Er hat sich gewehrt. So muss es sein. Irgendwie macht es mich traurig, dass er nicht sofort zu mir gekommen ist sondern erst später. Hatte er Angst vor mir? Hatte er Angst davor, dass ich ihn nicht verstehen werde?

Ich nehme ihn in meine Arme und umarme ihn. Hilfesuchend drückt er sich an mich und lässt mich meine Hand zu einer Faust ballen. Wie gern ich jetzt zu seiner alten Schule gehen will und die ganzen Kinder zur Rede stellen will. Wie respektlos muss man sein? So gemein, ehrenlos und frech. ,,Bolat..." sage ich und entferne mich von ihm, um dein Gesicht in meine Hände zu nehmen. ,,Wieso? Wieso hast du mir nichts gesagt? Du weißt doch, dass ich dir immer zuhören würde." Er guckt mich nicht an. Sein Blick ist gesenkt. Seine Augen feucht. ,,Sie...sie haben mir gedroht." flüstert er kaum hörbar. Fest presse ich meine Lippen zusammen. Wut macht sich in mir breit. Diese dreckigen Kinder. Den werde ich es zeigen. Rasch stehe ich auf und will Bolat mitziehen, aber seine Hand hält meine sofort fest. ,,Yapma!" (Mach es nicht!) bittet er mich flehend und weiß was ich machen wollte. ,,Mit denen bin ich doch nicht mehr in der gleichen Klasse. Ich werde sie nie wieder sehen, Abla. Also bringt es ja nichts mehr." Frustiert atme ich aus und setze mich wieder. Jetzt werden mir einige Sacheb klar. Als wir im Krankenhaus waren und Bolat die Ärztin ängstlich gefragt hat ob er zur Schule gehen muss, war es wegen der Angst gemobbt zu werden. Wie bin ich nicht drauf gekommen? Oh man.

,,Wenn du magst, darfst du länger hier bleiben, Bolat. Du musst nicht sofort dahin." schlage ich vor und weiß jetzt schon, dass es Atakan ganz und gar nicht gefallen würde. Aber das interessiert mich gerade einen Scheiss. Hier geht es um meinen Bruder. Er darf so lange hier bleiben, wie er will. Zu meiner Verwunderung schüttelt er leicht mit dem Kopf. ,,Nein, ich will dahin. Ich will neu starten." sagt er entschlossen und legt seinen Kopf meine Schulter. Okay. Das verstehen ich. Wenn er das so will, dann machen wir es auch so. Es vergehen mehrere Minuten in denen keiner etwas sagt. Mir gefällt das aber nicht. Ich muss anfangen. Langsam nehme ich meine Schulter von seinem Kopf, damit er mir ins Gesicht schauen soll. Was er auch tut. ,,Du bist auf der eigenen Art und Weise perfekt, tamam mi? Merk dir das. Egal was andere über dich sagen oder denken. Lass sie reden. Sie wissen von nichts. Du musst dich selber akzeptieren, lieben und musst niemanden gefallen." (Okay?) erkläre ich ihm mit fester Stimme. Ich sehe ihm zu, wie er aufsteht und auf das offene Fenster zu läuft. Von draußen höre ich die Stimmen von Muso und Ilyaz. Sie spielen wohl wieder zusammen. Ich blicke zu Bolat der wütend ausatmet. Seine Wut überrascht mich. Habe ich was falsch getan?

,,Ich sehe aus wie eine verdammte Mumie! Was ist an mir perfekt? Die beschissene Glatze? Meine verbrannte Haut? Sie haben doch alle Recht! Alle. Ich sehe wie Kacke aus! Guck mich mal an. So eine Mistgeburt wie mich sollte sterben gehen." schreit er schon fast und lässt mich geschockt die Augen weiten. Ehe ich mich versehen kann, stehen meine Beine auf und meine Hände drücken ihn an die Wand hinter ihm. Sein Körper zittert und seine Augen gucken mich erschöpft, weshalb mein Herz sich zusammen zieht. Wie redet er über sich? Wer hat ihm das gesagt, dass er so über sich denkt? ,,Wie redest du? Ağzını topla, kendine gel!" (Sammel deinen Mund und komm zu dich!) rufe ich genauso laut. Ich komme ihm näher und bemerke nicht, dass sich meine Augen auch füllen. ,,Nimm alles zurück! Nimm deine Worte zurück!" befehle ich genauso wütend und realisiere was er gerade eben gesagt hat. Dieser Junge wird mich umbringen. Wer hat meinen Bruder so sehr manipuliert, dass er sich selber als Mistgeburt bezeichnet? ,,Es stimmt doch, Efo. Wieso bin ich nicht einfach gestorben?" wispert er und lässt sich auf den Boden fallen. Seine Worte verletzen. Niedergeschlagen mache ich ihm nach und nehme in meine Arme. Fest. Sehr fest umarme ich ihn und lege meinen Kinn auf seinen Kopf ab. ,,Bitte, sag sowas nicht. Du bist ein Engel, Bolatım. Ein unschuldiger Engel. Ohne dich, hätte es mich nicht gegeben. Ohne dich, gibt es keine Welt für mich. Ohne dich, wäre ich einsam und allein. Wenn du nicht wärst, wäre ich nicht ganz." flüstere ich und spüre seine Tränen auf meinem Arm.

Was Mobben nur aus einem Menschen machen kann. Selbsthass. Selbstzweifel. Selbstmord. Vieles. Wieso fällt es Menschen so leicht andere Menschen zu mobben? Haben sie keine Gefühle? Fühlen sie sich nicht schlecht dabei? Oder fühlen sie mächtig? Fühlen sie sich mächtig, wenn sie andere erniedrigen und Lustig machen? Krank. Würden sie es auch machen, wenn sie die Folgen kennen würden? Wenn sie wissen würden, dass die gemobbte Person sich am nächsten Tag umbringen wird? Ich weiß nicht. Kommt drauf an, ob sie sowas wie Mitgefühl haben. Was eher gering ist, glaube ich. Denn wenn sie Mitgefühl haben, würden sie doch nicht Meschen mobben. Oder doch? Würden sie trotz Mitleid andere mobben und auch weiter machen? Auf diese ganzen Fragen habe ich keine Antwort. Aber liebend gerne würde ich mal diese Fragen beantwortet bekommen. Ich will das echt wissen. Stärker schlingen sich meine Arme um ihn, und geben den Halt den er braucht. Diese Worte von mir tuhen ihm gut. Er muss sowas hören. Ich wünschte ich hätte es auch mal gehört, als ich es gebraucht habe. Nach den Schlägen meines Vaters. An dem Tag als ich auf dem hohen Gebäude war und fallen lassen wollte. Oder als ich nach dem Tag als meine Mutter gestorben ist, im Bad ritzen wollte, weil ich das Geld für ihre Medikamente nicht sammeln konnte und mich selber für ihren Tod beschuldigt habe. Oder als ich nachdem Verschwinden von meinen Vater, Alpträume von ihm bekommen habe und immer verschwitzt aufgewacht bin. Ich könnte noch tausend andere Momente aufzählen, aber ich muss jetzt für Bolat da sein. Er braucht mich.

▪︎▪︎▪︎

18:29

Ich nehme einen weiteren Schluck von dem Glas in meiner Hand und stelle ihn auf den Nachttisch ab. Leichte Kopfschmerzen machen sich in meinem Kopf bemerkbar. Nichts neues. Ich lege eine Hand an meine Schläfe und massiere sie. Vorhin am Esstisch, als wir wieder alle zusammen gegessen haben, habe ich wieder nur wenig zu mir genommen. Komischerweise habe ich plötzlich Hunger bekommen, aber jetzt nach unten zu gehen kann und will ich nicht. Sowieso werden meine Brüdern gleich gehen, weshalb ich keinen Bissen runter schlucken würde. Die Koffer sind gepackt und das Auto steht bereit. Meine Brüder ziehen sich gerade um und ich bin alleine im Gästezimmer. Ich wollte nicht zu meinem Schlafzimmer. Lieber bleibe ich hier und höre meinen Brüdern zu, die hinter mir über etwas reden. Bolat geht es besser. Nach einer warmen Dusche hat sich seine Laune zum Glück verbessert. So sehr auch seine Laune gestiegen ist, ist meine gesunken. Ich will sie nicht gehen lassen. Ich will nicht alleine sein. Ich will sie bei mir haben.

,,Abla, wie findest du das?" höre ich Halil fragen, als er sich vor mich stellt und über die neuen Klamotten an seinem Körper streicht. Zum ersten Mal hat er statt dunkle Farben ein hellgrünes Shirt an, das er mit einer hellblauen Jeans kombiniert hat.
,,Sehr schön." antworte ich und zwinge mich zu einem kleinen Lächeln. Es steht ihm sehr.
,,Und ich?" fragt diesmal Muso und stellt sich neben Halil. Dieser hat ein türkis farbiges Shirt an und schwarze Hose. Mit einem breiten Grinsen streicht er durch sein Haar. ,,Auch sehr schön." Ich sehe zu Bolat, der vor dem länglichen Spiegel steht und sich eine Kappe anzieht. Er hat einen dunklen Sweatshirt und unten drunter einen Rollkragenpullover an. Wodurch man nur noch die Verbände an seinem Gesicht sehen kann, die aber durch die Cap etwas verdeckt sind. Er hat bewusst dieses Outfit gewählt. Damit seine Verletzung niemand sieht. Und den Grund weiß ich auch ganz genau. Er will nicht wieder gemobbt werden. Ich verstehe das ja auch, aber er versteht meine Worte nicht, die ich ihm gesagt habe. Er muss so auftreten, wie er ist. Er muss mit sich selber zufrieden sein. Das wird wohl eine zeitlang dauern, bis es passiert.

Ein Klopfen an der Tür lässt meinen Kopf dahin drehen. Eda öffnet die Tür zu und guckt uns alle auffordernd an. Die Zeit ist gekommen. Halil und Muso sind die Ersten die den Raum verlassen. Danach Bolat und Hakan. Bedrückt schlucke ich den Klos in meinem Hals runter und gucke kurz in das mitfühlende Gesicht von Eda, bevor ich ihnen folge. Während wir die Treppen runter laufen, sehe ich durch die offene Eingangstür Atakan, der mit einen seiner Männer redet. Ich kenne ihn glaub ich sogar. Wenn ich mich nicht irre, war er der Mann, der mich vom Krankenhaus zu meinem Haus gefahren hat. Und Suat auch diese Ansage gemacht hat. Die Treppen lassen wir hinter uns und laufen auf die Tür zu. Je weiter ich einen Schritt gehe, desto mehr fange ich an zu zittern. Draußen angekommen dreht sich Atakan kurz um, um einen prüfenden Blick auf mich zu werfen und wendet sich wieder dem Fahrer zu. Meine Bruder laufen schon zum schwarzen Van, weshalb ich ihnen schnell hinterher laufe. Ein andere Typ nimmt den Rucksack von Hakan ab und legt ihn in den Kofferraum. Schluckend sehe ich meine Brüder an.

Jetzt kommt das, was ich am meisten hasse.

Verabschiedungen.

Mein Blick wandert als erstes zu Muso. Bevor ich was sagen kann, drückt er sich an mich und schlingt seine kleinen Arme um mich. Ich drücke einen Kuss auf seinen Kopf und atme seinen Duft ein. ,,Benimm dich, ja?" sage ich in sein Ohr und drücke nochmal einen Kuss auf seine Wange. Er nickt und drückt mir ebenso einen Kuss auf die Wange, was ich mit einem ehrlichen Lächeln aufnehme. Er steigt ins Auto und schnallt sich an. Halil guckt mich schon mit einem kleinen Lächeln an und wir umarmen uns fest. Genau wie bei Muso, atme ich auch seinen vertrauten Duft ein, den ich zwei wochenlang nicht mehr riechen kann. Er lässt mich los und will ins Auto steigen, aber meine Hand greift nach seiner rechten Schulter und bringt ihn zum stoppen. Die große Präsenz hinter mir ignoriere ich komplett. ,,Du wirst anständig bleiben und niemanden schlagen. Haben wir uns verstanden?" gebe ich streng von mir und sehe ihn kurz auflachen. Ich will nicht, dass er die gleichen Probleme wie auf seiner anderen Schule macht. ,,Sowas würde ich nie tun. Mach dir keine Sorgen, Efo." antwortet er. Während er ins Auto steigt, höre ich ihn noch "Hoffentlich" sagen, was mich meinen Kopf schütteln lässt. Dieser Junge. Überrumpelt werde ich im nächsten Moment von Bolat eng umarmt. Meine Hand führe ich zu seinen Rücken und streichel ihn. ,,Dieser Neustart wird dir gut tuhen, Bolat. Ich bin mir sicher. Du wirst Freunde finden. Wirst gute Noten schreiben. Wirst lernen dich selbst zu lieben." verlassen die motivierende Worte meinen Mund und hoffen insta darauf, dass das alles passieren wird. Es ist falsch meinem Bruder zu erzählen sich selbst zu akzeptieren, aber es selbst nicht mache. Es ist nicht so das ich es nichts will. Ich schaffe es einfach nicht. Auch er steigt in den Wagen. Nun dann. Mein letzter Buder.

Hakan.

,,Ich hasse es..." höre ich ihn vor sich hin murmeln und weiß was er meint. Doch wir müssen uns jetzt verabschieden. Ich ziehe ihn in eine kräftige Umarmung, lege meinen Kopf auf seiner Schulter ab und spüre seinen in meiner Halsbeuge. ,,Pass auf deine Brüder und dich auf. Ihr schafft das." Ich inhaliere seinen Duft, den ich vermissen werde, auch ein. Ich drücke einen Kuss auf seine Wange und warte schon auf den Moment, in dem er seine Hand auf die geküsste Stelle legt, eine eklige Grimasse zieht und sich dran ekelt. -Doch nichts. Weder legt seine Hand auf die Wange, noch guckt mich angewidert an. Ein Lächeln ziert sich auf seinen Gesicht, bevor er ebenso ins Auto steigt. Die Tür wird von dem Fahrer zu gezogen. Krampfhaft halte ich meinen Tränen zurück und winke mit der Hand, während das Motor ertönt. Das Auto fährt neben den Springbrunnen entlang, fährt den langen Weg bis zum geöffneten Tor und fährt hinaus. Sie sind weg. Meine Brüder sind weg. Still gucke ich lange den Punkt an, an denen sie gerade nach standen. Atakan steht ohne ein Ton von sich zu geben hinter mir. Wartet er auf mich? Soll er doch rein gehen. Ich will ihn nicht sehen. Nicht hören. Nicht in der Näher von ihm sein. Ich bin wütend auf ihn. Er ist der Grund dafür, dass ich sie nicht mehr bei mir haben kann. Deshalb lasse ich absichtlich meine Schultern an seine knallen und laufe rein. Was er jetzt macht, ist mir völlig egal. Ich will allein sein.

Ich schlage laut die Tür vom Schlafzimmer zu und lege beide Hände an meinen Kopf. Die Kopfschmerzen werden noch stärker als sie schon sind. Was mich aber jetzt mehr stört sind nicht diese Schmerzen, sondern die Stimme meines Vaters.

Jetzt sind sie weg. Deinetwegen. Alles ist deine Schuld. Alles.

Von alleine schüttel ich meinen Kopf und lasse mich auf den Boden fallen. Die Tränen, die ich schon die ganze Zeit unterdrücke, fangen an zu fliessen.

Jetzt heult die wieder. Gibt es eigentlich einen Tag, an denen du nicht flennst? Statt zu weinen, muss du dich bestrafen. Bestrafe dich selber dafür, dass du es nicht geschafft hast deine Brüder hier zu lassen.

Ich atme ein. ,,Halt deinen verdammten Mund." knurre ich leise und meine beiden Händen ziehen an meinem Haar. Ich atme aus.

Billige Schlampe, die nur wegen dem Luxus geheiratet hat.

Ich atme zittrig ein. ,,Sei bitte leise, Baba."
Meine rechte Hand zieht schmerzlicher als die andere Hand und lässt mich aufwimmern. Ich atme zittrig aus.

Ich halte das nicht mehr aus. Mein Halt im Leben ist weg. Hinzu kommt, dass mein Vater versucht, mir Schuldgefühle zu machen. -Was ihm irgendwie auch gelingt...



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