Nemesis - Blut und Schwerter

By veracrystall31

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>>Stellt keine Fragen, für deren Antwort Ihr nicht bereit seid.<< Nemesis sucht in dem magischen Land Koranée... More

Prolog
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Info
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Epilog
Info zur Fortsetzung

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By veracrystall31

In einer Welt aus Schmerz hatte ich jegliches Zeitgefühl verloren. Meine Gedanken kreisten schwach um die Infizierten und dem leymalischen König, alles andere wurde von dem Feuer in meinen Adern eingenommen.

Aber immer wieder flüsterte ich heiser.
„Nicht heute."
So wollte ich nicht drauf gehen. Nicht auf diese Art. Der einzige Weg zu sterben, den ich akzeptierte, war der Kampf. Ich würde einzig und allein kämpfend untergehen, mit dem Blut meines Gegners an meinen Händen. Wer auch immer mich tötete, er würde mit mir untergehen.
Und zuerst würde der leymalische König sterben.

„Nicht heute."
Diese Schmerzen würden nicht mein Untergang sein. Dafür kannte ich sie viel zu gut.

„Nicht heute, nicht heute, nicht heute!"

Tränen wollten sich in meinen Augen sammeln, aber ich blinzelte sie weg. Ich schrie nicht. Mein Gesicht blieb leer.
Diese Genugtuung würde ich dem schwarzen Blut nicht geben.
Nicht. Heute.

~•~

Keine Ahnung wie viel Zeit vergangen war, aber irgendwann kamen die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster und Alaric stand neben mir.

Erschöpft sah ich zu ihm hoch. Mein Haar klebte mir an der Stirn, mein Atem ging schwerer als sonst. Manche Reaktionen meines Körpers konnte auch ich nicht kontrollieren.
Alarics dunkle Haare waren wie immer nach hinten gebunden, das grüne Hemd oben aufgeknöpft. An seiner Hüfte trug er den üblichen kleinen Beutel mit Kräutern.

Düster kniete er sich neben mein Bett. Er musterte erst mein Gesicht, dann meine verkrampften Hände. Auch wenn das das einzige Zeichen war, das auf den Schmerz hinwies.

„Morgen", sagte er düster, „Wie geht es Euch?"
Schnaubend nickte ich zu meinem Bauch.
„Beschissen."

Er blinzelte. Von meiner plötzlich harten Wortwahl überrascht, beugte sich aber vor, um die Decke weg zu ziehen. Gänsehaut bildete sich auf meinem Oberkörper, als die Wärme verschwand.

Der Verband hatte sich leicht rot verfärbt. Vorsichtig wickelte der Arzt ihn ab. Jedes Mal wenn seine Finger dabei meine Haut streiften, musste ich den Drang unterdrücken zusammenzuzucken.

Als er meine Wunde sah, zog er die Stirn in Falten.

Die Naht hielt, auch wenn die Haut noch gerötet war. Sie war lediglich gereizt, aber nicht entzündet. Anders als bei Yvaine hatten sich die Adern nicht schwarz verfärbt. Um die Wunde herum klebte noch etwas verkrustetes Blut, aber allen in allem war der Heilungsprozess schneller eingetreten, als erwartet.

„Habt Ihr mir etwas anderes gegeben?", fragte ich etwas gepresst, wenn auch sonst leer.
Den Blick immer noch auf meine Wunde gerichtet, schüttelte der Heiler den Kopf.
„Ich hatte bei Yvaine alles ausprobiert. Es hätte die Infektionen verlangsamt, aber garantiert nicht aufgehalten."
Er beugte sich mit zusammen gekniffenen Augen vor. Strähnen seinen Zopfes fielen ihm über die Schulter.
„Aber Eure Wunde beginnt bereits zu heilen."

Mit anhaltenden Schmerzen schüttelte ich den Kopf.
„Das ist nicht möglich."
Er richtete sich wieder auf. Dabei konnte ich förmlich sehen, wie es in ihm arbeitete.
„Scheinbar doch."

Die Hand ans Kinn gelegt, sah er zu einigen der Geräten auf einem weiteren Tisch und dem Regal.
„Habt Ihr noch Schmerzen?"
Ich ballte die Hand zu Faust, schluckte aber den aufkommenden Schrei herunter.
„Ja."

Alaric sah mir prüfend eine Sekunde länger in die Augen, als nötig.
„Seltsam"

Hinter uns wurde laut die Tür aufgerissen und Drystan stürzte herein. Sein weißes Hemd war noch nicht mal ganz zugeknöpft, das Haar verwuschelt und seine dunkelbraune Jacke trug er in der Hand, anstatt sich die Zeit zu nehmen, sie anzuziehen.
Sein Blick wanderte zuerst zu meinem Gesicht, dann zu meiner Wunde.

„Wie geht es dir?", wollte er besorgt wissen, während er an das Bett trat und sich hinkniete, damit er auf Augenhöhe mit mir war. Alaric ging in die Abstellkammer, um Kräuter raus zu suchen.
Ich wandte den Kopf, verwundert, dass er mich immer noch dutzte.

„Unverändert, Eure Hoheit."
Kurz presste ich die Zähne aufeinander.
„Vezeiht, dass ich meiner Pflicht heute nicht nachkommen kann."

Messer, die sich in meine Haut gruben, blitzten passend mit der nächsten Welle vor meinem Auge auf, aber ich blinzelte die Erinnerungen wieder weg.

„Wage es nicht dich dafür zu entschuldigen, dass du dein Leben für mich riskiert hast!", der Prinz hob aufgebracht die Hand.
Und ich zuckte aus Reflex zurück.

Augenblicklich erstarrte er und ließ die Hand langsam wieder sinken. Ich verfolgte sie mit meinen Augen, ehe ich sie wieder auf ihn richtete.
„Dachtest du... dachtest du ich würde dich schlagen wollen?"

Innerlich fluchend wandte ich den Kopf mit geschlossenen Augen wieder ab, aber verschwieg eine Antwort.
„Nemesis", beschwor er, aber ich unterbrach ihn.
„Nein."
Meine Stimme war hart und ließ keine Widerrede zu. Augenblicklich klappte er den Mund wieder zu.
Trotzdem rechnete ich es ihm hoch an, dass er nicht weiter nachfragte, sondern stattdessen zu Alaric sah.

„Ihre Wunde eitert nicht, wie bei Yvaine. Was habt Ihr ihr gegeben?"
Der Heiler kam mit Schale und Mörser zu uns zurück. Leise hörte man, wie er die Kräuter zermahlte.
„Das ist es ja. Ich habe nichts anders gemacht", Schulterzuckend, kniete er sich ebenfalls hin.
„Ihr Körper scheint der Infektion zu widerstehen."

Die Falte zwischen Drystans Augen wurde tiefer, als er mich wieder ansah.
Zum ersten Mal konnte ich Misstrauen in ihnen entdecken.

Sicher erwiderte ich jedoch seinen Blick. Egal, was er fragte, ich würde es nicht beantworteten.

Er stieß die Luft aus und stand auf. „Langsam fange ich an, die Bedingungen für Eure Stelle zu verfluchen."
Die respektvolle Anrede war, als würde er auf Abstand gehen.
„Ihr habt mich gebraucht, Eure Hoheit."
Er nickte seufzend. „Ja, das habt Ihr mehr als einmal bewiesen."
Als ich dazu nichts sagte, wechselte er das Thema.
„Ich habe meinen Vater über die Infizierten in der Stadt informiert. Gerade ist er in einer Sitzung mit den Rat. Danach kommt noch eine, diesmal mit dem Kriegsrat."
Seine Lippen verzogen sich zu einer Linie.
„Die Leymalier greifen jetzt nicht nur die Gebiete um die Berge herum an, sie haben Grenzposten attackiert. Einige konnten sich behaupten, andere hatten weniger Glück. Unsere Grenzen werden langsam aber sicher erheblich geschwächt."

Das war nicht gut. Allstair hatte noch nicht alle seine Geschütze ausgefahren, darin war ich mir sicher. Dass er sich so stark auf das Gebiet in den Bergen konzentrierte, war ebenfalls seltsam. Klar, er hatte seinen Landleuten versprochen, ihre Heimat zurück zu erobern, aber normalerweise wollte er immer mehr. Ich war mir sicher, dass er Korraneé einnehmen wollte. Auch wenn er bis jetzt keine großen Schritte dahin unternommen hatte. Meinen Stand nach gab es zwar viele Schlachten entlang der Grenze, aber er war noch nie mit der Armee einmarschiert. Wenn er das Land erobern wollte, würde er mehr Soldaten an die Grenzen schicken.

Aber meine Erkenntnis gestern Nacht änderte einiges. Wenn er die Seuche in die Welt gesetzt hatte und sie jetzt auch Korranée erreichte, würde er gar nicht so viel Kraft aufwenden müssen. Die Seuche würde alles für ihn erledigen.
Aber es war nicht nur Korranée von der Seuche befallen, Leymalien litt ebenfalls darunter. Was nützten ihn zwei Länder ohne Untertanen? Wieso hatte er seinen Leute den Schrecken zuerst ausgesetzt?

„Mein Vater schickt heute kleine Truppen aus, die die Stadt nach Infizierten durchkämmen. Sie sollen auch in der Kanalisation nachschauen", fuhr Drystan fort, „Die Prinzessin kommt wie vereinbart morgen. Wir werden sie von der Situation unterrichten, sobald sie da ist. Jetzt, wo die Situation an den Grenzen kritischer wird, brauchen wir das Bündnis mehr denn je."
Sein Kiefer spannte sich an. Er hielt nicht viel von dieser Entscheidung.

„Die Hochzeit lässt sich nicht vermeiden."
Er sah mich fast schon genervt an. „Ihr klingt wie mein Vater. Ich werde die Prinzessin heiraten, weil es meine Pflicht ist und ich werde mich nicht beschweren. Für sie ist es ebenfalls nicht leicht."
Jetzt rieb er sich über die Stirn.
„Nur bringen wir sie in große Gefahr."

Nickend stimmt ich ihm zu, musste aber die Lippen aufeinander pressen, um den Schrei daran zu hindern, nach außen zu gelangen.
Es sollte eigentlich nicht mehr lange dauern, bis er verebbte. Normalerweise waren die Qualen am nächsten Tag vorbei.

„Ich bin mir sicher, bis morgen werde ich Euch wieder beschützen können", versicherte ich sachlich, „Die Wunde heilt gut, die Schmerzen sollten bald abflauen und Alaric leistet gute Arbeit."
Drystan sah mich geschockt an.
„Ihr wollt morgen wieder arbeiten?"
Kaum merklich runzelte ich die Stirn: „Natürlich."

Drystan starrte mich an, dann hielt er sich den Nasenrücken.
„Ihr seid gestern fast gestorben! Es ist ein Wunder dass Ihr heute normal sprechen könnt!"
„Genau. Ich bin nicht gestorben und ich bin dabei zu genesen."
Meine Augen verrenkte sich. „Ihr braucht mich als Leibwächterin. Sonst liege demnächst nicht ich hier, sondern Ihr."

Drystans erwiderte meinen Blick und wir lieferten uns ein Blickduell.
Leider hatte sein Eis nichts gegen mein Stahl auszurichten.

„Schön. Wenn es Euch wirklich so viel besser gehen wird, wie Ihr behauptet, soll es so sein."
Ein Pause entstand.
„Wenn Ihr wirklich so schnell heilt, werdet Ihr mir einiges erklären müssen."

~•~

Ich mochte Recht behalten. Gegen Mittag verschwand der Schmerz und ich seufzte erleichtert auf. Meine Muskeln erschlafften, meine Züge entspannten sich und ich sank tiefer in die Matraze.
„Endlich."

Alaric, der an seinem Tisch gerade wieder mehrere kochende Tinkturen hatte, warf mir über die Schulter einen Blick zu.
„Was ist?"
Ächzend machte ich Anstalten mich aufzurichten, da war er schon bei mir und wollte mich zurück ins Bett drücken. Augenblicklich schlug ich seinen Arm weg. Ich war in den letzten 24 Stunden genug berührt worden.
„Die Schmerzen haben aufgehört", informierte ich ihn knapp und schwang die Beine über die Bettkante. Jetzt saß ich aufrecht. Ein stechender Schmerz schoss durch meinen Bauch, aber er wirkte im Vergleich zu den Qualen davor dumpf.

Fassungslos klappte der Heiler den Mund auf, die Hände noch immer erhoben, als fürchte er, dass ich jeden Moment umkippen würde.

Schweigend streckte ich die Hand aus. „Gebt mir mein Hemd."
Blinzelnd brauchte er ein paar Sekunden, um mich zu verstehen. Dann gab er mir, was ich verlangte.

Während ich es mir vorsichtige über den Kopf zog, um die Wunde nicht wieder aufzureißen, meinte Alaric geschockt.
„Ihr... Ihr könnt nicht einfach aufstehen!"

Mit einem Blick zu ihm steckte ich mein Shirt in den Bund. Es war blutig und zerrissen, aber wenn ich noch den Umhang drüber warf, würde ich es zumindest unauffällig in mein Gemach schaffen.
„Offenkundig schon."

Mir aufeinander gebissenen Zähnen erhob ich mich vom Bett. Ein schmerzhaftes Ziehen war bei meinem Bauch zu spüren, aber das konnte ich natürlich ohne mit der Wimper zu zucken aushalten.

„Das... das sollte gar nicht möglich sein", stotterte der Heiler und sah zu seinen Papieren auf seinem Tisch, „Alle die in Kontakt mit Infizierten treten, sterben oder werden selber welche!"
Etwas steif trat ich zu ihm und überflog seine Notizen. Er führte Yvaines Symptome auf und alle Informationen, die er über die Seuche und das Blut hatte.

„Nemesis, darf ich eine Probe Eures Blut untersuchen?", es klang nicht wie eine Frage. Eindeutigen Misstrauen schwang jetzt auch ins seiner Stimme mit.
Wortlos zog ich einen Handschuh aus und griff nach einem Messer, dass er für die Kräuter benutze. Es war alles unordentlich über den Tisch verteilt.
Dass er meine Narben sah, spielte keine Rolle mehr.

Also griff er nach einem freien Schälchen, ich schnitt mir in die Hand und ließ das rote Blut in das Schälchen laufen.

Mit einem kritischen Blick reichte er mir einen Verband, den ich um meine Handfläche wickelte.

„Seid Ihr sicher, dass es Euch gut geht?"
Ich nickte knapp. In der Burg hatte ich unter schlimmeren Bedingungen meinen Dienst wieder aufgenommen.

„Vielen Dank, dass Ihr mich verarztet habt. Ihr habt hervorragende Arbeit geleistet."
Lange sah er mich an. „Ich bin mir nicht sicher, ob es mir zu verdanken ist, dass ihr schier übernatürlich schnell genest."
„Das muss es."

Mit diesen Worten drehte ich mich und verließ das Gemach. Schwert und Umhang nahm ich mit und warf ihn mir über. Großen Schrittens rauschte ich durch den Flur, währen meine Gedanken rasten.

Er hatte mir Blut der Infizierten gespritzt!
Mehrmals.

Aber ich war nicht mutiert. Auch jetzt ging es mir abgesehen von den Schmerzen am Bauch und Rippe recht gut. Meine Tage waren ebenfalls abgeflaut.
Warum?

Bedienstete verfolgten mich mit neugierigen Augen. Heute waren mehr in den Fluren unterwegs als sonst. Es wurde alles für die Ankunft der Prinzessin morgen vorbeireitet.

Erst als ich in meinem Gemach angekommen war, brach ich zusammen. Meine Beine knickten mir weg und ich fiel auf die Knie. Schwer atmend schlang ich die Arme um meine Mitte.

Kommandantin Visha hatte mir berichtete, dass ich schneller und stärker war als die anderen Wächter. Und ich hatte mit einem Infizierten gesprochen.

Ich starrte meine Handschuhe an.
Es musste durch das Blut geschehen sein. Anders ging es nicht.

Führte meine ausgeprägte Ausdauer daher? Meine scharfen Sinne? Der Zustand in den ich wechselte, wenn ich kämpfte?

Aber warum?
Wieso Infizierte er sein eigenes Land während es sich gerade im Krieg gegen Korranée befand? Dadurch war er doch im Nachteil.
Aber das Blut hatte er schon vorher bei mir benutzt. Nicht als die ersten Schlachten um die Berge begonnen hatten.
Oder hatte er die Seuche da noch vorbereitet und wollte die Wirkung an mir ausprobieren?

Egal wie sehr ich es versuchte. Ich konnte sein Beweggründe nicht erfassen. Noch weniger, wie er es zustande gebracht hatte. Eine Substanz, die nicht auf der Erde zu finden war.

Meine Gedanken wanderten weiter. Hatten die Anschläge auf Drystan etwas damit zu tun? Falls ja, konnte ich auch hier keinen triftigen Grund finden. Warum Drystan und nicht der König oder die Königin?

Mit tiefen Atemzügen zwang ich mich zu Ruhe und stand wieder auf. Meinen Mantel warf ich achtlos aufs Bett, anschließend suchte ich mir aus dem Schrank ein neues Hemd. Das zerrissene beförderte ich zu meinem Mantel.

Immer noch nachdenklich trat ich auf den Balkon hinaus.

Was plante der leymalische König?

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