Sicht von Chase
Ich habe das Gefühl all meine Knöchel könnten gleich gleichzeitig herausspringen, so stark umrahme ich mein Lenkrad.
Ich weiß nicht wie lange ich schon am fahren bin, aber ich werde ungeduldig. Und dass ich gerade die eigentliche Fahrgeschwindigkeit überschreite um schneller da zu sein, macht es auch nicht besser
Und immer wieder muss ich mich an Victoria's Worte erinnern.
Schon allein die Tatsache dass sie vorhin verheult vor meiner Haustür gestanden hat und sie keinerlei Ahnung hatte, dass dieser Blick alleine dafür ausreichte, dass auch ich wie ein 5-Jähriges-Mädchen geheult hätte.
Ich konnte es nicht ertragen.
Dann das was sie mir erzählt hat, vom Punkt an wo ich sie vor ihrer Haustüre abgesetzt habe, bis hin zum Punkt wo er durch ihre Haustüre gegangen ist.
Ich hätte doch eigentlich wissen müssen, dass er nicht nur zu unserer Schule kommen wird, wo auch all die anderen sind. Wie konnte ich sie also noch alleine lassen?
Ein Hupen zerrt mich aus meinen Gedanken heraus, und vermutlich hätte ich mich erschreckt, würde mein ganzer Körper nicht wie ein steinharter Brocken angespannt sein.
Im Seitenspiegel erkenne ich wie sich ein Auto auf meine Seite hinbewegt und der Mann dort drin mir ein Zeichen gibt, mein Fenster runter zu machen. Ich jedoch habe gerade absolut keine Zeit für ein Gespräch mit einem alten Rentner, weswegen ich mein ohnehin schon finsteren Blick auch ihm zuwerfe, und dann auf Vollgas drücke.
Trotzdem scheint er nicht locker zu lassen, da er das selbe tut.
Ich hätte nichts dagegen heute zwei Leben zu beenden.
Genervt wechsele ich auf die andere Straßenseite und ignoriere das weitere Hupen, welches von einem anderen Auto kommt, und welches ich gerade überholt habe.
Fast hätte ich deswegen das Auto vor mir angefahren, da ich erst jetzt die lange Schlange der Ampel bemerke. Das hatte mir gerade noch gefehlt.
Schnell auf die Bremse drückend, löse ich einer meiner Hände und lehne mich mit dem Arm an die Fensterscheibe, ehe ich auch meinen Kopf auf meine Faust lege.
Als erstes werde ich seine Hände abfackeln. Mein Blick fällt auf das Feuerzeug welches ich in dem Behälter für Getränke verstaucht habe. Egal was, es wird so sein. Es ist mir auch scheiß egal was die Konsequenzen dafür sein werden. Zayn hätte die Möglichkeit gehabt sich aus unseren Leben herauszuhalten, und er hätte es tun sollen. Stattdessen hat er den größten Fehler seines Lebens begangen.
Und deswegen hat er alles verdient was ich ihm gleich antun werde.
Ein Klopfen an meiner Scheibe lässt mich diesmal tatsächlich aufschrecken. Ich hebe abrupt meinen Kopf und schaue direkt in die Augen des alten Mannes von vorhin.
Okay, er wollte es nicht anders.
Wütend lasse ich meine Scheibe herunterfahren. ,,Ich habe keine Ahnung was Sie wollen, aber wenn Sie nicht sofort-.''
,,Aus ihrem Tank kommt Rauch.'' unterbricht er mich und meine Lippen schließen sich. Aus meinem Tank kommt was?
Ohne weiter nachzudenken reiße ich meinen Kopf nach hinten, was auch der Grund ist dass meine Augen sich entsetzt aufreißen. Durch meine ganze Heckscheibe sieht man von unten Rauch hinauf steigen. Wie konnte ich das die ganze Zeit über nicht sehen?
,,Wenn ich Sie wäre, würde ich das Auto nach der Ampel zum Straßenrand fahren.'' kommt es von meiner Seite und ich beiße fest meine Zähne zusammen, um meine Wut nicht an ihn herauszulassen. Er weiß nicht dass ich gerade alles andere als das tun würde.
,,Danke aber das geht gerade nicht.'' versuche ich nett auszudrücken und war gerade dabei die Fensterscheibe wieder hoch zu fahren, würde er mich nicht aufhalten.
,,Ich habe früher mal in einer Werkstatt von Autos gearbeitet und das was an Ihren Auto gerade passiert, ist wirklich kein gutes Zeichen. Wenn der Tank anfängt Rauch zu fangen, ist er wahrscheinlich zu heiß und wie Sie vermutlich wissen kann Benzin brennen.'' erklärt er mir zu ausführlich, weshalb ich einfach nur meinen Nacken knacke und meinen Kopf schüttle.
,,Das wird schon nicht passieren.'' aus den Seitenwinkel erkenne ich wie die vorderen Autos losfahren, da die Ampel grün geworden ist. ,,Wenn ich jetzt also Sie wäre, würde ich zurück in meinem Auto gehen.'' damit fahre ich die Scheibe hoch und schenke ihn nun keinerlei Aufmerksamkeit mehr.
Sobald das Auto vor mir losfährt, fahre auch ich los.
Mag sein dass er früher in einer Werkstatt gearbeitet hat, aber Recht haben muss er nicht. Autos werden grundsätzlich warm wenn man sie länger fährt. Rauch hin oder her, das hält mich nicht von meiner Mission ab. Außerdem ist mein Auto nicht verrostet und alt, weswegen ich da keine Sorgen habe.
Als ich nach rechts abbiegen will, finde ich plötzlich dass es der Pedale schwer fällt die Schnelligkeit nachzulassen. Vielleicht sollte ich wirklich langsamer fahren.
Ich schiele rüber zu meinem Navi und stelle fest dass ich noch die Hälfte der Strecke vor mir habe.
Und schon gebe ich wieder Vollgas, weshalb auch ein lautes Jaulen auftretet.
Plötzlich stürzt mein kompletter Oberkörper nach vorne und ich höre ein schepperndes Geräusch. Sofort will ich auf die Bremse drücken um meine Geschwindigkeit runterzubringen, da tut sich nichts und es bleibt so.
Alles gut. Ich hasse es Panik zu bekommen.
Ich versuche es nochmal, doch dann spielen ruckartig alle Zeiger des Tachometers und der Tankanzeige verrückt. Ohne ein einziges Stoppen drehen sie sich von rechts nach links und wieder zurück, und das schneller und schneller.
Als wäre das alles nicht genug, fängt auf einmal mein Handy an zu klingeln. Bevor ich die Möglichkeit dazu habe auf meinem Beifahrersitz zu schauen und nachzusehen wer es ist, macht sich das Lenkrad wie besessen selbständig und es fällt mir immer schwerer die Richtung zu kontrollieren.
Es riecht verbrannt.
Ununterbrochen mischen sich die Geräusche des Autos und des meines Handys miteinander.
Niemand würde mich so oft anrufen wie Victoria. Meine Vermutung wird bestätigt als ich drauf schaue, da kommt das nächste Rütteln.
Dieses Mal von einem Auto, welches von hinten in mich rein gefahren ist.
Blut.
Feuer.
Sicht von Victoria
,,Elijah, er geht nicht dran.'' verzweifelt schmeiße ich mein Handy vor mir auf die Couch, nur um es dann nochmal zu nehmen und wieder auf -Anrufen- zu drücken.
38 verpasste Anrufe
So viel müsste mittlerweile bei ihm stehen.
Ich weiß nicht was ich tun soll. Ich weiß nicht wo er ist. Ich weiß nicht wie es ihm geht, was passiert ist. Ich weiß nur dass dieser Plan von Anfang an geplant war.
Seit der Nachricht die er mir eines Abends geschickt hat.
,,Er wusste schon die ganze Zeit über wo Chase wohnt und wie sein Auto aussieht. Und das von mir, da ich euch einmal nach der Schule gefolgt bin. Bevor er heute bei dir war, hat er sein Auto sabotiert. Es tut mir so leid Victoria.'' waren Elijah's Worte, als er mir die ganze Gesichte von selbst erzählt hat.
Sabotage und Manipulation in einem.
Zayn wusste dass es mit heute nicht klappen würde. Dass ich ihn nicht verzeihen oder mitkommen würde, nachdem er in meinem Haus war.
Deswegen sagte er auch ,,Erzähl Chase von heute, er soll es wissen.''
Natürlich war ihm bewusst dass ich genau das machen werde. Wer würde es denn auch nicht?
Und ausgerechnet da war er uns diesen großen Schritt voraus, denn er wusste dass Chase zu ihm fahren wollen würde.
Und das tat er.
Chase geht nicht dran.