Nemesis - Blut und Schwerter

By veracrystall31

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>>Stellt keine Fragen, für deren Antwort Ihr nicht bereit seid.<< Nemesis sucht in dem magischen Land Koranée... More

Prolog
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Info
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Epilog
Info zur Fortsetzung

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By veracrystall31

Man hatte die Leiche dem Hofarzt bereits gebracht. Jedenfalls stand er über sie gebeugt, als wir rein kamen. Die Frau lag ausgestreckt auf dem Tisch, sodass das schwarze Blut auf den Boden tropfte.

Der Heiler, ein junger Mann, hob den Kopf und trat von der Leiche zurück, um sich zu verbeugen.
Als er sich wieder aufrichtete, nickte er auch mir grüßend zu.

Von der Statur her war er etwas schmächtig gebaut. Spitzes Kinn, spitze Nase. Das etwas längere, dunkelbraune Haar hatte er in einem Zopf nach hinten gebändigt. Seine dunkle Haut passte gut zu dem grünen Hemd, das er trug. Um den Bund seiner braunen Hose, trug einen ledernen Gürtel mit einer kleinen Tasche. Daraus ragten ein paar Kräuter hervor.

Ich erwiderte das Nicken und ließ meinen Blick durch den Raum schweifen.

Über Regale, Tische und Kommoden verteilt lagen alles mögliche an Kräutern, Tinkturen und Gerätschaften. Mörsel, Messer, Zangen, Reagenzgläser und eine Menge an Werkzeugen, die ich nicht mal benennen konnte.
Ich mochte in den Grundlagen der Heilkunst ausgebildet sein, aber hier war jemand, der sein Leben darauf ausgerichtet hatte. Und wenn er Hofarzt war, musste er sehr gut in seinem Fach sein.

Mein Blick blieb kurz an dem Regal mit Kräutern in sauber beschrifteten Behältern hängen.
Das Mädchen, das in der Bibliothek gesessen und Bücher verschlungen hatte, hatte sich immer vorgestellt, eine Heilerin zu sein. Leben zu retten, anstatt sie zu nehmen.
Ein zum Scheitern verurteilter Traum.

Als ich wieder zurück zum Heiler sah, trat der König einen Schritt vor. Er verbarg den Schock besser als sein Sohn. Auf jeden Fall musste ich es dem König zu Gute halten, dass er sogar näher trat, um es sich genauer anzuschauen.
„Was ist hier passiert?", forderte er zu wissen.

Das Gesicht der Heilers war ernst.
„Ich untersuche noch nicht lange. Im Moment weiß ich noch gar nichts."
Die kühle Stimme war zwar unmissverständlich, aber nicht respektlos.

Die Augen des Königs lagen auf der toten Frau. Der Gestank hatte sich im ganzen Raum ausgebreitet, obwohl der Heiler bereits das Fenster geöffnet hatte.

Neben mir verschränkte der Prinz die Arme vor der Brust.
„Irgendetwas wirst du doch sagen können, Alaric!"

Der Heiler wandte sich jetzt zum Prinzen und seufzte.
„Alles, was ich Euch sagen kann ist Folgendes:
Vom Verwesunsgrad her, lag sie schon seit Wochen im Wald, aber von dem, was von ihrer Haut noch nicht befallen war, lag sie dort einige wenige Stunden. Vielleicht drei."
Er nickte zu einem Stück Stoff, das auf dem Tisch neben dem Fenster lag.
„Leymalischer Stoff. Sie muss über die Grenze gekommen sein."

Der König runzelte die Stirn. „Aus Leymalien?"
Darauf nickte der Heiler und hob mit einer behandschuhten Hand, eine Phiole mit schwarzer Flüssigkeit hoch. Das Blut des Opfers.
„Ich brauche zwei Tage, um das in Genüge untersuchen zu können."

Drystan trat vor und meinte zu seinem Vater.
„Wir informieren die Grenzposten und warten auf die Ergebnisse. Mehr können wir nicht tun."
Der König nickte und rieb sich die Stirn.
„Das hat uns neben den Krieg gerade noch gefehlt"

Aber er wandte der Leiche den Rücken zu und ging zur Tür.
„Ich spreche mir Kommandantin Belore wegen der Grenzen."
Damit verließ er das Zimmer.

Auch der Prinz wandte sich zum gehen, aber sagte vorher noch zu dem Heiler.
„Danke für deine Mühe Alaric. Ich hoffe, du findest heraus, worunter sie gelitten hat. Wenn du alles hast, was du brauchst, kümmer dich um eine Bestattung."
Alaric nickte knapp.

Ich folge den Prinzen raus. Doch kaum schlug die Tür hinter uns zu, hielt ich den Prinzen am Arm zurück.
„Ihr beerdigt sie?"
Der Prinz schien überrascht, dass ich ein Wort an ihn richtete und wandte sich zu mir um.
„Ja. Wieso fragst du?"
Mein Mund bildete eine Linie. „Sie ist der Feind."

Er kniff die Augen zusammen. „Sie ist eine Frau, die einen grausamen Tod erlitten hat. Niemand verdient dieses Schicksal."
Als ich nicht antwortete, ging er wieder weiter.

Dieser Art von Gnade war neu. Wenn ich kämpfte, machte ich keine Gefangenen. Weder erwies ich ihnen die letzte Ehre, noch scherte ich mich darum, wie sie starben.
Das war es, zu dem er mich gemacht hatte.

Ich folgte dem Prinzen in den Westflügel und zu dem Bereich der Königsfamilie. Vor meinem Gemach blieben wir stehen.

Als ich ihn fragend ansah, nickte er zu der Tür.
„Du solltest ein Bad nehmen. Du riechst nach Verwesung."
Ich sah auf meine befleckten Handschuhe.
„Ich kann die Handschuhe wechseln."
Doch der Prinz schüttelte den Kopf.
„Ich werde ebenfalls ein Bad nehmen. Ihr könnt mich zum Abendessen abholen."

Ich war nicht glücklich damit, aber ich verbeugte mich ergeben. „Ja, Eure Hoheit."

Der Prinz nickte und ging. Ich wandte mich ebenfalls um und trat in mein Zimmer.

Sofort hörte ich das Geräusch von Wasser, das eingelassen wurde. Keine Sekunde später steckte Laila aus dem Bad ihren Kopf herein.
„Guten Tag, La- äh - Nemesis."
Ich nickte grüßend zu. „Hallo Laila."

Sie verschwand wieder im Bad und ich knöpfte meine dunkelblaue Jacke auf. Mit einem leisen seufzen schmiss ich sie aufs Bett.

Die Seuche war über die Grenze gekommen. So ansteckend, wie sie zu sein schien, würde sie sich jetzt auch hier ausbreiten.

Ich erlaubte mir einen kleinen Moment und legte die Hände auf die Augen.
Eigentlich war ich nach Koranée gekommen, um Leymalien zu entfliehen und jetzt hatte die Seuche auch dieses Land erreicht.
Egal wie sehr ich es versuchte, mein Land war noch nicht fertig mit mir.

Doch dann riss ich mich zusammen, ließ die Hände sinken und ging mit ausdrucksloser Miene zur Laila ins Bad. Dabei nahm ich eine frische Uniform aus meinem Schrank.

Das Bad war ‚nur' halb so groß wie das Schlafgemach, bot aber dennoch genügend Platz für ein Badebecken. Es war groß, in die Wand eingehauen und bestand außen aus weißen Fliesen. Auch der Boden war weiß gefliest, so wie auch die Wände. Allerdings liefen an den Wänden goldene Leisten einmal ganz um den Raum rum. Hier und da standen Kerzen bereit, aber jetzt zur Mittagszeit, wurden sie nicht gebraucht.

Laila legte mir gerade Handtücher zurecht und hatte auch schon den Hahn zugedreht. Die Wanne war mit warmen, dampfenden Wasser gefüllt.

„Welchen Duft willst du?", Laila deutete auf die vielen Fläschchen, die am Rand des Beckens aufgereiht waren.
Ich verschränkte die Arme. „Welche würdest du denn nehmen?"
Meine Zofe schien überrascht, dass ich sie um ihre Meinung fragte, aber letztendlich überlegte sie nicht lange.
„Rosen", sie hob eine Flasche mit blassroten Inhalt hoch, „Ich liebe den Duft von frischen Rosen."
Nickend deutete ich ihr dieses Fläschchen zu nehmen, worauf Laila mehrere Tropfen in das Wasser schüttete. Nach einigen Sekunden erfüllte der Duft von Rosen den Raum.

Sie seufzte selig. „Ein herrlicher Duft."
Ich reagierte nicht drauf, musste aber zugeben, dass es ganz angenehm roch.

„Nun denn", Laila wandte sich nun ganz zu mir um, „Ich wäre fertig. Gibt es noch etwas, was ich tun kann?"
Ich schüttelte knapp den Kopf. „Nein, das wäre alles. Danke."
Sie nickte und huschte zu Tür. Doch im Türrahmen wandte sie sich nochmal um.
„Oh! Wie konnte ich das nur vergessen? Ich bringe dir in einer halben Stunde das Mittagessen auf dein Zimmer. Es wird fertig sein, wenn du aus dem Bad kommst!"
Mit einem letzten kleinen Lächeln, war sie
verschwunden.

Mit aufeinander gepressten Zähnen blickte ich auf das dampfende Wasser der Wanne. Im Bad war es warm, der Spiegel beschlug bereits und der Duft der Rosen erfüllte den ganzen Raum.

Ich seufzte in dem Wissen, was mich erwartete und knöpfte mein Hemd auf. Als ich mich ganz ausgezogen hatte, trat ich näher an die Wanne. Es gab sogar eine Stufe die es leichter machen sollte.
Als ob irgendetwas daran einfach wäre.

Innerlich stählte ich mich und setzte den ersten Fuß in die Wanne. Ein Schauer durchlief mich, aber das konnte ich ertragen. Das zweite Bein folgte, sodass ich einfach in dem Wasser stand. Es reichte mir bis oberhalb der Knie.
Jetzt wurde es schwieriger.

Langsam und mit kontrollierten Atemzügen, setzte ich mich hin. Jetzt reichte mir das Wasser bis zu den Schultern.
Meine Atmung beschleunigte sich und ich spürte mein Herz in der Brust.

Das Wasser schwappte von meinen Bewegungen leicht hin und her, beruhigte sich aber wieder. Die Temperatur war perfekt und der Rosenduft überdeckte definitiv den Gestank nach Verwesung, der an mir haftete.

Trotzdem musste ich mich zusammenreißen, um den Oberkörper nach hinten zu beugen, sodass mein Haar nass wurde. Jetzt war mein Gesicht das einzige, das nicht unter Wasser war.

Mein Herz begann zu rasen, aber ich blockte Erinnerungen rechtzeitig ab. Allerdings drängte ich sie nur zurück, sie waren also noch da. Jeden Moment würden sie hervor springen.

Mir zitternder Hand griff ich nach dem Shampoo. Meine Hand fühlte sich nackt und verwundbar an, ohne den Handschuh. Außerdem konnte ich die Narben sehen und daran wollen ich mich ebenso wenig erinnern, wie den Grund, warum ich Angst vor Wasser hatte.

Schnell massierte ich es in mein Haar und wusch es aus. Dafür musste ich mich wieder nach hinten lehnen. Jetzt griff ich zu dem Duschgel, egal welches, und seifte mich ein. Je länger ich hier drin saß, desto schneller wurde ich. Ich konnte schon spüren, wie mich ein Flashback jeden Moment von den Füßen holen würde.

Mit teilweise noch Schaum an einigen Stellen, flüchtete ich regelrecht aus dem Wasser. Beinahe wäre ich auf den Fliesen ausgerutscht, aber ich fand mein Gleichgewicht. Keuchend wickelte ich mir ein Handtuch um den Körper und wollte zum Spiegel tapsen, da schlug die Erinnerung ein, die ich die ganze Zeit unterdrückte.
Meine Beine wurden weich und ich musste mich hinknien.

„Du musst nur deinen Namen sagen"
Ich atmete schwer und Wasser triefte von meinem weißblonden Haar. Meine Kleidung klebte mir eng am Körper und in meinen Schuhen hatte sich Wasser gesammelt.
Ich musste husten, schaffte aber den Kopf zu heben.
„Nein."

Sein Gesicht verzog sich zu einem Lächeln und er gab einem seiner Gefolgsleute ein Zeichen.

Der Mann hinter mir packte mich und drückte mich in das Wasserbecken, in dem wir standen. Er selber stand hüfttief drin und wiederholte die Prozedur immer und immer wieder.

Ich hatte gerade noch Zeit, nach Luft zu schnappen, da war ich wieder unter Wasser. Eiserne Hände hielten meine Arme fest und hinderten mich daran aufzutauchen.
Die ersten Sekunden waren nicht so schlimm, aber irgendwann wurde meine Brust eng, meine Lungen schrien nach Luft und mein Herz begann zu rasen. Instinktiv begann ich mich zu winden und versuchte den Gefolgsmann zu treten. Dann wurden meine Bewegungen schwächer und mein Blickfeld begann zu flimmern.
Kurz bevor ich ohnmächtig wurde, wurde ich herausgerissen.

Hustend und spuckend rang ich nach Luft. Heiß ersehnter Sauerstoff durchströmte meinen Brustkorb und ich versuchte so viel wie möglich davon einzuatmen, da ich wusste, dass ich ihn gleich nicht mehr haben würde.

„Deinen Namen.", sagte er und spielte gelangweilt mit einem seiner Messer.

Stumm schüttelte ich den Kopf und stählte mich für das erneute Ertrinken. Das wievielte Mal war das jetzt? Ich wusste es nicht mehr. Meine Welt bestand nur noch aus Luft, Wasser, Luft, Wasser.

Wieder wedelte er mit der Hand, aber das war ein anderes Zeichen.

Ich presste die Kiefer aufeinander und wartete bis der Gefolgsmann meine Handgelenke in Ketten gelegt hatte. Sie waren an den gegenüberliegenden Wänden des Becken befestigt. Die Kette war so kurz, dass sie meine Arme auseinander streckte.
Das Wasser schwappte um meine Hüfte während ich noch immer nach Luft rang.

„Phase zwei.", verkündete er und nickte den Gefolgsmanns hinter mir zu. Dieser hatte sich inzwischen aus dem Becken entfernt und stand jetzt im Trockenen. Auf das Zeichen ließ er mehr Wasser in das Becken laufen. Während es langsam anstieg, sah er mich unverwandt an.

„Letzte Chance deinen Namen zu sagen.", grinste er, „Du weißt, was jetzt kommt."
Als Antwort presste ich nur die Lippen aufeinander. Das alles war nichts Neues. Aber es machte ihm Spaß.

Das Wasser reichte mir jetzt bis zum Schlüsselbein und ich schloss die Augen. Das half mir, mich von meinem Körper fort zu bewegen. Ihn als leere Hülle zu betrachten und die Schmerzen als Schmerzen zu sehen, die nicht meine waren.

Der Gefolgsmann drückte einen Knopf, worauf Strom durch das Wasser jagte. Augenblicklich traten die Schmerzen ein und mein Körper spannte sich an. Aber das Training sorgte dafür, dass ich nicht schrie.
Aber die Reaktion meines Körpers konnte ich nicht verhindern. Meine Muskeln zuckten und ich krümmte mich.

Aber der Schmerz war in weiter Ferne. Der Körper gehörte nicht mehr zu meinem Geist.

Es hörte auf.
Der Körper erschlaffte und hob den Kopf.

Er trat näher zu dem Becken und hockte sich am Rand hin. Raubtierartig legte er den Kopf schief.
„Sag deinen Namen."

Der Körper schüttele den Kopf.
Und es ging von vorne los.

„Nemesis?"
Lailas Stimme riss mich aus meinen Gedanken und katapultierte mich zurück in Gegenwart.

Zitternd kniete ich auf den Fliesen des Badezimmers. Mit nichts außer den umgewickelten Handtuch am Leib
Meine Haare waren noch immer nass und das Wasser lief mir am Rücken runter.

Mir aufeinander gebissenen Zähne versuchte ich wieder zu mir zu kommen. Dafür presste ich meine Handflächen auf die kalten Fliesen und konzentrierte mich darauf. Gleichzeitig fokussierte ich meine Sinne auf den Rosenduft, die feinen Adern in dem Stein der Fliesen und das Geräusch meines Atems. Es half mir, wieder in der Wirklichkeit anzukommen.

„Nemesis? Soll ich rein kommen?", Laila klopfte ein zweites Mal an der Tür.
„Nein!", rief ich hastig, „Komm nicht rein!"
Es war eine Spur zu heftig, aber Laila ging nicht darauf ein.
„Du bist schon ziemlich lange da drin. Ist auch aller in Ordnung? Und dein Mittag wird kalt."
„Ja, ja! Ich bin... sofort da."
Noch etwas zitternd kam ich wieder auf die Beine und begann meine Haare zu so gut es ging mit einem Tuch abzutrocknen und zu dem typischen Zopf zu flechten.

Während ich das tat kam ich wieder zu mir und baute meine Mauer wieder auf. Als ich dann fertig angezogen in meiner Uniform die Tür öffnete, natürlich mit Handschuhen, war meine Miene kalt wie eh und je. Nichts wies auf meinen vorangegangenen Zusammenbruch hin.
Nichts auf das Chaos in meinem Inneren.

„Ich bin so weit."

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