Nemesis - Blut und Schwerter

By veracrystall31

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>>Stellt keine Fragen, für deren Antwort Ihr nicht bereit seid.<< Nemesis sucht in dem magischen Land Koranée... More

Prolog
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Info
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Epilog
Info zur Fortsetzung

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By veracrystall31

Schweigend beobachtete ich den Prinzen wie er gegen Aramis kämpfte. Ihr Kampfstil war sich recht ähnlich. Beide analysierten den Gegener und setzten eher auf Geschick, als auf Kraft. Der entscheidende Punkt war der, das Aramis wartete.
Er wartete auf Drystan, dass dieser einen Fehler machte oder ihm eine gute Gelegenheit bot.
Drystan selbst dagegen schien immer unruhiger zu werden, je länger der Kampf dauerte.

„Drystan schlägt sich ganz gut, oder?", sagte Martell neben mir. Er hielt ein wenig Abstand. Seine vorherige Niederlagen hatte mir eine Portion Respekt eingebracht.
Ich legte den Kopf leicht schief. „Seine Technik ist gut, aber er ist ungeduldig."
Das Grinsen war in Martells Stimme zu hören, auch wenn ich ihn nicht ansah.
„Das ist Drystan in vielen Dingen. Aber allen voran ist er ungeduldig mit sich selbst."

Darauf erwiderte ich nichts mehr denn der Prinz preschte gerade mit einem gewagten Manöver vor. Dadurch ließ er seine Deckung komplett fahren, sodass Aramis ausweichen und ihm zu Boden stoßen konnte, um dann das Schwert auf ihn zu richten. Drystan hatte verloren.

Er ließ sich noch von Aramis hoch helfen, aber dann steckte er das Schwert etwas zu fest in die Schneide. Das war das Einzige, das seinen Ärger zum Ausdruck brachte, sonst versuchte er seine Mimik ruhig zu halten.

Drytsan kam wieder zu uns rüber, genauso wie Aramis. Der Gardist schien zufrieden mit seinem errungenen Sieg.

Martell öffnete den Mund, aber der Prinz fiel ihm ins Wort. „Geduldig sein, ich weiß."

Der Prinz war etwas außer Atem und die warme Frühlingssonne tat ihr übliches. Er knöpfe sein Hemd weiter auf und nahm ein Schluck Wasser aus dem Beutel, den Martell ihm reichte.

Als er mehrere Schlucke genommen hatte,  wischte er sich mit den Handrücken über den Mund und fragte:
„Wer will als Nächstes?"

Ich ahnte schon, dass der nächste Kampf so enden würde, wie der hier. Aber ich hielt meinen Mund und sagte nichts dazu.

Stattdessen war es Aramis, der es aussprach.
„Du solltest es für heute sein lassen."
Zu meiner Überraschung reagierte Drytsan nicht genervt auf diese direkte Aussage, sondern nickte ergeben.
„Du hast recht. Es würde immer gleich ausgehen."
Er seufzte, nahm noch einen Schluck Wasser und bewegte sich zu der Pfeil und Bogen Station.

Aramis und Martell blieben zurück, während ich dem Prinzen folgte. Pfeil und Bogen standen auf einem Tisch bereit und der Prinz griff danach. Mit geübten Bewegungen warf er sich den Köcher über die Schultern und spannte den Bogen. Die Gardisten machten wortlos Platz für den Prinzen, sodass eine Zielscheibe frei wurde.

Fließend schoss er drei Pfeile nacheinander ab. Das mit eine Präzision, die mich überraschte.
Drei Pfeile und sie trafen alle die rot bemalte Mitte.

Er ließ den Bogen sinken. Jetzt schien er etwas besänftigt.

Also wandte er sich mir zu und hielt mir den Bogen hin.
„Jetzt du."
Ich machte keine Anstalten mich zu bewegen, sondern zog nur eine Augenbraue hoch.
Er verdrehte die Augen. „Ich weiß, dass du das sehr wahrscheinlich auch kannst, aber ich bin neugierig."

Nach einem Moment des Schweigens nahm ich den Bogen und zog eine Pfeil aus den Köcher, den der Prinz noch immer über die Schulter trug.
„Du hast recht. Ich kann das auch."

Ebenso fließend wie er legte ich den Bogen an, spannte die Sehne, zielte und schoss den Pfeil ab. Der Pfeil spaltete den des Prinzen in der Mitte und bohrte sich dahinter genau in das Zentrum der roten Fläche.

Ich hielt den Prinzen den Bogen hin, aber dieser starrte noch auf meinen Pfeil.

„Eure Hoheit!"
Ich stellte  Köcher und Bogen an dem Tisch ab und wandte mich ebenso wie der Prinz zu der Stimme um.

Kommandantin Belore trat auf den Trainingsplatz und erntete ein respektvolles Neigen des Kopfes von jedem Gardisten.

Drystan setzte sich in Bewegung und ich folgte ihm.

Bei der Kommandantin angekommen, verbeugte diese sich vor dem Prinzen.
„Ihr müsst sofort mitkommen. Wir haben etwas Seltsames im Wald entdeckt."
Der Prinz runzelte die Stirn. „Was meint Ihr?"
Mir fiel auf, dass Visha etwas blass um die Nase war, als sie den Kopf schüttelte. „Seht besser selbst."

Wenige Minuten später ritten wir auf Pferden durch den Wald. Mir hatte man ein schwarzes Pferd gegeben, mit glänzender Mähne und sehnigen Muskeln.

Der Prinz besaß ein dunkelbraunes Pferd, die Kommandantin ebenfalls. Beide hatten hochwertigeres Zaumzeug, als meines, was ihren Stand deutlich machte. Im Falle des Prinzen war das Wappen des Königs sogar auf die Satteltasche gestickt.

Das Sonnenlicht fiel durch die Blätter und malte Muster auf den Waldboden. Die wunderbaren Gerüche von Moos, Gras und frischer Luft stiegen mir in die Nase. Äste knackten und einige Blätter raschelten, als wir dem Pfad folgten, den Kommandantin Belore vorgab.

Irgendwo mitten im Wald blieben wir stehen. Ein paar Meter weiter vernahm ich Stimmen.

Visha führe uns zu der Truppe an Gardisten, die um etwas rum standen. Sie alle hatten Pfeil und Bogen, so wie Speere und Messer dabei. Sie hatten die Jagd übernehmen müssen.

Als die Kommandantin kam, traten die Gardisten respektvoll zur Seite und gaben den Blick frei auf das, was auf dem Boden lag.

Mir stieg der eklige Gestank in die Nase, noch bevor ich es sah. Alles in mir gefror.

Vor uns auf dem Boden lag eine Frau. Oder zumindest war sie das mal gewesen. Ihre Haut war aufgeplatzt, rissig und an einigen Stellen schwarz verfärbt. Das braune Kleid, das sie vorher getragen hatte, war gerissen und blutgetränkt. Aber es war kein normales Blut, dieses war tiefschwarz.
Ihr Mund war zu einem stummen Schrei geöffnet, Schaum trocknete bereits auf ihren Lippen. Ihre Wangen waren eingefallen, die Augen stumpf.
Das Fleisch fiel ihr an mehreren stellen schon von den Knochen, sodass weiß schimmernde Gelenke zu sehen waren. Ihre Glieder waren dazu eigenartig verdreht.

Ich überwandet den Schock sehr schnell und meine Miene blieb unbewegt, aber der Prinz neben mir wurde blass. Mit etwas verzerrter Miene legte er eine Hand auf den Bauch und presste die Lippen aufeinander.
Der verwesende und verunstaltete Körper war so schon ein furchterregender Anblick, aber der Gestank legte noch eine Schippe oben drauf.

„Was ist das", würgte der Prinz hervor.
Die Kommandantin vermied es die Leiche zu lange anzusehen und richtete den Blick stattdessen auf Drystan.
„Das wissen wir nicht."
„Todesursache?"
Sie schüttelte den Kopf.

Der Prinz wandte den Blick nun ebenfalls von der Frau ab.
„Was wisst Ihr denn?", fragte er die Kommandantin.
Fast schon betreten senkte sie den Kopf.
„Ich fürchte, wir wissen gar nichts, Eure Hoheit."

Ich zögerte einen Moment, aber dann trat ich vor.
„Darf ich?", ich deutete ernst zu der Frau.
Die Kommandantin zog eine Augenbraue hoch, machte dann aber wortlos Platz. Auch die Gardisten traten zurück, sodass ich neben der Leiche in die Hocke gehen konnte.

Mit leerem Gesicht sah ich mir die Leiche und die Umgebung genauer an. Das schwarze Blut färbte den Boden. Die Lache, in der sie lag, war schon etwas größer. Ich berührte das Blut am Rand vorsichtig mit meinem Handschuh. Es war außen bereits getrocknet.

Jetzt sah ich mir die Haut genauer an. Von ihrem Verwesungsgrad her, würde die Leiche schon Wochen hier liegen, aber das ist die Seuche.
Allerdings gab es noch kleine, normale Hautstellen. Zum Beispiel an einem der verdrehten Arme. Ein Totenfleck war zu sehen, also eine Stelle an der das Blut tiefer in den Körper eindrang. Prüfend versuchte ich ihn wegzudrücken und er verblasste. Außerdem war die Totenstarre nicht so weit fortgeschritten. Also lange lag sie hier nicht.

Ich wischte das Blut, das inzwischen an meinem Handschuh haftete, im Gras ab und richtete mich auf. Als ich zum Prinzen zurück ging, ließ mich weder er, noch die Kommandantin aus den Augen.

„Ein paar Stunden, aber noch nicht sehr lange. Sie ist auf jeden Fall heute gestorben, aber die Infektion, oder was auch immer das ist, wird sie sich vorher eingefangen haben."
Kommandantin Belore pfiff beeindruckt. „Nicht schlecht, Lady Nemesis."
Der Prinz nickte zustimmend.
„Was machen wir jetzt mit ihr?", richtete Visha sich wieder an ihn.
„Wir nehmen die Leiche mit. Der Hofarzt wird sie untersuchen.", entschied der Prinz und wandte sich zum gehen. Ich drehte mich ebenfalls um und kehrte der Frau den Rücken zu.

Äußerlich unbeteiligt folgte ich dem Prinzen zurück zum Pferd, aber in meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken.

Die Seuche hatte sich über die Grenze ausgebreitet. In Leymalien hatte es in den letzen Tagen vor meiner Flucht mehrere solcher Fälle gegeben. Ich hatte sie mir nicht erklären können und viel wusste ich auch nicht darüber.
Was ich aber wusste war, dass sie tödlich verlief. Zuvor erlitt man aber ungeheuere Schmerzen. Der Tod erschien dann wie eine Erlösung.
Zumindest waren das die Geschichten, die man ihm in der Burg berichtet hatte.

Der Prinz stieg auf sein Pferd auf und ich ging ebenfalls zu meinem Reittier. Während er versuchte den Ort so schnell wie möglich zu verlassen, warf ich noch einen Blick zurück.

Die Frau wurde gerade von zwei angewiderten Gardisten auf ein Pferd gehievt. Das Tier scheute, aber ein Dritter hielt es in Zaum. Ich konnte das arme Tier verstehen. Mir würde es auch nicht gefallen, wenn man eine verwesende Leiche auf mich drauf legen würde. Vor allem da ein bisschen ihres Blutes von der Flanke des Pferde runter lief.

Ich sah auf die schwarze glänzende Flüssigkeit, plötzlich schlug eine Erinnerung in meinen Kopf ein.

Ich lag gefesselt auf dem Steintisch. Ketten aus Eisen banden meine Arme und Beine an Ort und stelle.
An meinen Körper trug ich noch immer meine schwarze Lederkluft, da ich gerade von eine Patrouille zurück kam.
Ich hatte schon vor langer Zeit aufgehört an den Ketten zu zerren. Stattdessen wartete ich regungslos bis er kommen würde. Die Zeit nutzte ich dazu, mich in einen tranceartigen Zustand zu versetzen. Wenn ich fertig war, rückten die Schmerzen immer in weiter Ferne. So als wäre es nicht mein Körper.

Die Tür zu dem leeren Raum aus Stein schwang auf. 
Er trat ein.

Angst packte mich, aber mein Gesicht blieb starr. Schweigend sah ich ihn an, bis er zu mir an den Tisch getreten war.
In der Hand hielt er eine Spritze, die mit schwarzer Flüssigkeit gefüllt war.
Ich musste an mich halten, keine Miene zu verziehen. Das war neu. Und neu war nicht gut.

Sein Lächeln ließ alles in mir erstarren.
Und dann rammte er mir die Spritze in den Hals.

Ich schnappte nach Luft und musste mich auf mein Pferd stützen. Die Erinnerung war noch frisch und dementsprechend schwer zu unterdrücken. Unwillkürlich berührte ich die Einstichstelle an meinem Hals.
Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen.
Er ist nicht hier. Ich bin sicher. Er. Ist. Nicht. Hier.

„Nemesis? Ist alles in Ordnung?"
Ich sah auf. Drytsan saß bereits auf seinem Pferd und schien auf mich zu warten. Er hatte die Stirn etwas gerunzelt.

Mit noch etwas weichen Knien, stieg ich auf und nickte knapp. „Ja, Eure Hoheit.

~•~

Der Prinz schwieg den ganzen Ritt über und war im Gesicht recht blass. Das war er auch noch immer, als wir die Tore des Schlosses erreichten. Kommandantin Belore und die Jäger folgten uns mit der Leiche ein paar Schritte dahinter.

Wir gaben unsere Pferde beim Stall ab und eilten direkt ins Schloss.

„Kannst du dir darauf einen Reim machen?", fragte der Prinz mich über die Schulter, während er mit großen Schritten den Flur zum Thronsaal durchquerte.
Ich zögerte eine Moment, schüttelte dann aber den Kopf. Es war unmöglich mein Wissen zu teilen, ohne zu verraten, dass ich aus Leymalien kam.

Drytsan stieß die Türen auf und wir traten ein in den Thronsaal.
„Auf ein dringendes Wort, Vater!"

Der König sprach gerade mit einem anderen Mann, der in einem Buch etwas aufschrieb. Beide hoben die Köpfe.

Der Mann der neben dem König stand war vielleicht Mitte vierzig und elegant in schwarz gekleidet. Selbstverständlich ein Schwert an der Hüfte und ein Symbol auf die Jacke gestickt, das ihn als Verwalter auswies. Er schien verärgert wegen der Unterbrechung, klemmte sein Buch aber schweigend unter den Arm.

„Was ist, Drystan? Kann es nicht warten? Ich kümmere mich gerade um die wichtige Organisation der Gelder für die Armee bei den Bergen.", der König klang gereizt.
Aber Drytsan schüttelte entschieden den Kopf und sah zu dem Verwalter.

Er verstand die Botschaft, verbeugte sich und ging.

Nun wandte sich der König uns ganz zu und rümpfte die Nase.
„Was ist das für ein ekliger Gestank?"
Ich sah runter auf meine beschmutzten Handschuhe und verschränkte die Hände hinterm Rücken.

„Das erkläre ich sofort.", sagte Drystan und räusperte sich, „Kommandantin Belore ließ vor einer Stunde nach mir schicken. Die Jäger hatten etwas im Wald entdeckt."
Er machte eine vage Geste in Richtung Tür.
„Wir haben eine grausam zugerichtete Leiche gefunden, sie wird zum Hofarzt gebracht, dass er sie untersucht. Ich kann sie nicht beschreiben, am besten du siehst es dir selbst an."
Der König kniff die Augen zusammen und nickte

Also gingen wir zu dem Zimmer des Hofarztes. Dieser lag auf der zweiten Etage, sodass sie sowohl für die dritte Ebene als auch für das Erdgeschoss zu erreichen waren.

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