BETRAYAL

By AlloraFiore

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Triggerwarnung! Das Buch spricht Themen wie Missbrauch, häusliche Gewalt, Drogenkonsum, SVV, Suizid und psyc... More

R Y O U
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XLIII
C A S T - I N T E R V I E W
C A S T - A N S W E R S

S O R A Y A

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By AlloraFiore

18. November, 2020

Ich hätte nie gedacht, dass mir je ein schlimmerer Schmerz widerfahren würde, als jener, den mich mein Vater hat spüren lassen und mir mitgegeben hat. Doch hier sitze ich nun. Ich habe es ihr gesagt. Ich habe es dir gesagt, Soraya. Vor weniger als 5 Minuten bist du aus meinem Haus gestürmt.

Dein Gesicht, nachdem ich dir von meinem Verrat erzählt habe, hat mich erneut in tausend Einzelteile zerbrechen lassen. Komisch, nicht wahr? Irgendwie hat mich dieser erneute Schmerz aufatmen lassen, denn er kam mit einer Art Erleichterung.

Ich fühle mich leicht und zum ersten Mal seit langer Zeit meine ich endlich wieder etwas Gutes getan zu haben. Es fühlt sich großartig an zu wissen, dass meine letzte Tat auf dieser Erde die Person, die ich wirklich zu lieben gelernt habe, beschützen wird.

Soraya, ich weiß, dass es dir im Moment wehtut, ich habe dich belogen und benutzt. Du dachtest, du liebst Kian Walker, doch diesen gab es nie. Du hast dich in jemanden verliebt, der dich nicht lieben wollte.

Stattdessen hast du dein so großes, gutes Herz an eine Person weitergegeben, die du nicht kennst, und diese weiß nicht mehr, wie mit dieser Art von Vertrauen umgegangen wird.

Ich habe dein Herz, deine Liebe, dein Vertrauen: Ich habe dich entgegengenommen und mich an dir festgehalten, als würde mich eine dunkle Kraft in ein großes, tiefes schwarzes Loch ziehen wollen.

Zuerst wollte ich es nicht wahrhaben: Ich habe mich in dich verliebt, doch der Mörder in mir hat mir das für lange Zeit vorenthalten. Ich dachte, mit dir auf meiner Seite würde ich alle töten können, doch dann habe ich es kapiert.

Ich möchte dich nicht auf meiner Seite, sondern an meiner Seite haben. Nur ist es hierfür schon zu spät und genau deshalb habe ich es dir gesagt. Jetzt, wo du es weißt und mich wahrscheinlich nie mehr sehen willst, habe ich das Gefühl, dich in Sicherheit gebracht zu haben, weg von mir, weg von dem Mörder. So wird es dir auch viel einfacher fallen, mich zu vergessen.

Es ist mir auch gar nicht mehr wichtig, dass du und die anderen wissen, warum ich so geworden bin, wie ich es heute bin. Es spielt keine Rolle mehr, ich werde so oder so sterben. Darum will ich einfach nur noch etwas loswerden.

Dies geht nicht nur an dich, sondern an alle, die dich weiterhin in deinem Leben begleiten können. Vor allem Morris. Sag es ihm, gib ihm diesen Brief, damit er es selbst gelesen hat und nie mehr vergessen kann.

Soraya, ganz egal, wie du dein Leben nach mir leben wirst, versprich mir, dass du es in vollen Zügen auslebst und nicht mehr nach hinten schaust. Schließ mein Kapitel ab und öffne dein nächstes, sei es allein, mit unserem Baby oder mit einem neuen, besseren Mann an deiner Seite. Versprich es mir einfach.

Nicht, dass es mir nach meinen Taten noch zusteht, Wünsche auszusprechen, aber mein aller letzter Wunsch, den ich habe, ist, dass du in Sicherheit bist. Morris, beschütze sie, denn ich kann das nicht tun.

Ich habe den ersten Schritt zu ihrer Sicherheit gemacht: Ich habe sie verletzt und von mir weggeschoben, nun unterstütze sie dabei, auf den Beinen zu bleiben.

Verdammt, sei der Vater meines Kindes für mich, wenn sie es doch behalten wird, es ist mir sichtlich egal, dass du eigentlich auf Männer stehst. Bleib einfach an ihrer Seite.

Mein Leben ist ein schmales Seil, das über einer Klippe gespannt wurde und heute, heute habe ich mich dazu entschieden, nicht weiter zu versuchen, im Gleichgewicht zu bleiben und zu springen. Ich lasse es hinter mir.

Witzig, wie ich alles zurücklasse, doch euch bleiben nur dieser Brief und eure Erinnerungen an mich und meine schlimmen Taten. Aber ich will, dass ihr wisst, dass es mir nun besser geht. Und auch wenn es schwer zu glauben ist, nachdem ich euch beide so hintergangen habe, waren die letzten Wochen meines Lebens mit euch - die besten, die ich erleben durfte.

Mehr habe ich nicht zu sagen, doch drei Worte liegen mir schon seit du mein Haus verlassen hast, auf der Zunge, Soraya. Und ich denke, nein, ich weiß, dass diese für dich wahrscheinlich keine Bedeutung mehr haben, aber ich liebe dich.

Ich wollte es dir eben ins Gesicht sagen, doch ich wusste, dass dies alles nur noch schlimmer machen würde. Der Schmerz in deinem Gesicht hat Bände gesprochen. Aber jetzt, jetzt kann ich es dir sagen:

Ich liebe dich, Soraya. Pass auf dich und Morris auf. Morris, pass auf sie auf. Sorg dafür, dass ich mit gutem Gewissen von uns gehen kann.

~ Ryou

Vom Brief aufschauend, versuchte ich meine zitternden Lippen zu kontrollieren. Vor meinen Augen war das Grab. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Wut kribbelte mir in meinen Fingerspitzen, Hass kroch meinen trockenen Rachen hoch.

Dieser verdammte Brief war das einzige, was mir von ihm geblieben war. Sonst nichts, wirklich gar nichts. Er hat es angesprochen: Obwohl er alles hinter sich gelassen hat, als sein Herz aufgehört hat zu schlagen, ist es jetzt trotzdem so, als hätte es ihn nie gegeben.

Gerne hätte ich seine Geschichte gekannt, denn ich bin mir sicher, dass die, die nun in den Medien verbreitet wurde, keineswegs stimmt. Ryou war sicherlich nicht von klein auf blutrünstig und mordlustig gewesen. Sonst hätte er diesen Brief nicht geschrieben.

Auch wenn er Leute getötet hat, schmerzte sein Tod, aber was mich innerlich komplett zerstörte, war sein letzter Wunsch. Ich habe versagt. Ich habe ihm diesen Wunsch nicht erfüllen können.

Wieder hob ich meinen Blick an und sah mir den grauen Grabstein an, in welchem ihr Namen eingemeißelt und verewigt war. Aya- Ich ballte meine Hände zu Fäusten und zerknitterte den Brief.

Verrat, Ryou hat von Verrat gesprochen. Nicht nur er hat uns verraten, denn die Polizei hat es ebenfalls getan. Aber wie? Wie konnten sie das tun? Warum haben sie es getan? Ich dachte, die Polizei stehe für Gerechtigkeit und Frieden.

Vielleicht hatte Ryou recht und einen verdammt guten, noch klareren Grund gehabt, die Polizei langsam auszurotten. Ich- ich kann ihnen – Haze und vor allem McCloud – nicht mehr ins Gesicht schauen, ohne puren Hass zu verspüren.

Sie haben nicht nur einen Mörder, der eigentlich eine Gefängnisstrafe zu bekommen hatte, planlos und hinter dem Rücken des Staats getötet und es dann so gerechtfertigt, dass er eine Gefahr bei der Festnahme war und deshalb das Feuer auf ihn eröffnet wurde.

Noch schlimmer, sie haben Aya als seine Komplizin erklärt und so ihren Tod, den Tod einer unschuldigen, jungen, schwangeren Frau schön geredet, als wäre es die einzig richtige Entscheidung gewesen.

Ich zuckte zusammen, als ich spürte, wie meine Tränen auf meinen Fäusten landeten. Ich konnte dies nicht mehr ändern. Es war nun geschehen, die Polizei hatte mich hintergangen. Aber- aber Aya-

Ich konnte es nicht glauben. Dieses Bild, welches sich für immer in meinem Gedächtnis eingebrannt hatte, schwebte vor meinen glasigen Augen und ich sah starr geradeaus.

Dieses Bild, wie sie zusammen auf dem Badezimmerboden lagen, umgeben von ihrem Blut und die Finger ineinander verhakt, als hätten sie zusammen am letzten Atemzug festgehalten.

Meinen Kopf schüttelnd, weil mir schwindelig wurde, richtete ich mich wieder auf. Den Brief glättete ich etwas und faltete ihn sorgfältig zusammen, um ihn dann zurück in meine Jackentasche zu schieben.

Als er diesen Brief geschrieben hat, dachte er, nein, er glaubte daran, Aya zu retten, sie zu beschützen. Doch schließlich musste er mitansehen, wie sein letzter Wunsch von Kugeln durchlöchert wurde und starb.

Wieder schüttelte ich meinen Kopf, es ging mir nicht gut, ganz und gar nicht gut. Zuerst Val unter dem Schrank, dann meine anderen beiden letzten Freunde, die ich hatte, zerfetzt von Kugeln auf dem weißen Fliesen. Ich verlor meinen Verstand.

Diese Bilder jagten mich, suchten mich heim, wenn ich meine Augen schloss. Ayas unschuldige, lebensfrohe Augen sahen mir entgegen, wenn ich in den Spiegel schaute. Valerias keckes Lachen, wenn sie recht hatte, lag mir pausenlos im Ohr und Ryous Geschichte, die ich gerne ganz gekannt hätte, gab mir das Gefühl, ein schlechter Mensch zu sein, weil ich ihm und wahrscheinlich vielen anderen, die das erleben mussten, nicht helfen konnte.

Es gab keine ruhige Minute mehr in meinem Kopf, mein ganzer Körper stand unter dieser enormen Spannung und ich wusste nicht, was ich tun konnte, um diesem Schmerz, diesem Druck zu entkommen.

Ich erhob mich, blickte ein letztes Mal auf ihren Namen und dann nach oben in den Himmel. Ich weiß, sie taten es nicht extra. Die drei wollten mich wahrscheinlich nie so sehr quälen, wie sie es jetzt taten. Nichtsdestotrotz fühlte ich mich wie ein Verrückter.

Sie halfen mir dabei, meine Moral immer weiter von mir wegzustoßen, und ich wusste nicht, ob das Ryou war, der mir diese Worte zuflüsterte, aber dieser Hass, der sich in mir aufstaute, er war nur an jemand Bestimmtes gerichtet.

Nicht an Ryou, nein. An die Polizei und niemand andern. Sie haben mein Leben zerstört, mich Dinge sehen lassen, die ich nie mehr vergessen würde, und das werde ich ihnen heimzahlen.

Ich werde jedem Einzelnen zeigen, wie es ist, wenn man jemanden verliert, den man liebt.

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