Thoughts of northern Italy, 1983

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Ein Sommer. Eine vergleichsweise kurze Zeitspanne innerhalb eines Jahres. Eine Zeit, die alles ändern kann. Eine Zeit, die uns zeigt, was es bedeutet zu leben, zu spüren. Das Sonnenlicht auf unserer Haut, der Duft von allen möglichen Blumen, die noch blühen und ihre Pollen durch die Luft fliegen lassen. Die unterschiedlichsten Farben, die wir sehen, die uns jeden Tag aufs Neue zeigen, wie vielfältig unsere Welt ist, wie bunt und divers unsere Umgebung aufgebaut ist, komplex bis ins kleinste Detail. Das ist sie schließlich auch im Winter, im Herbst und im Frühling. Doch der Sommer allein besitzt etwas, das keine andere Zeit des Jahres hervorbringen kann.
Leidenschaft. Zu keinem anderen Zeitpunkt, befindet sich die Natur in solch einem Einklang, in solch einer Harmonie, wie im Sommer. Und wir sind Teil dieser Idylle. Er ist ein Teil davon.

Ein Sommer in Italien. Eine Reise in die Vergangenheit, in einer Zeit, geprägt von Einem ganz besonders. Einer Romanze. Einer Romanze, die genau Teil dieser Harmonie, dieser Idylle ist. Mit seinem bunt gestreiften Shirt, das genau in die Szenerie, in ein Bild passt, welches so schön ist wie der Sommer selbst.
Er.
Er liegt auf der Wiese, mit seinen Kopfhörern in den Ohren, kann er gerade noch so den Gesang der Vögel hören, der ihn umgibt. Mit seinem Lieblingsbuch in der Hand, das es sich nach dem zehnten mal lesen garnicht mehr anzusehen lohnt, flüchtet er in eine Welt, garnicht anders als die, in der er lebt, sich jetzt gerade befindet. Er flüchtet dort hin, nicht um zu entkommen. Nein, um wieder zu erleben. Denn in dieser Schönheit, scheinbaren Perfektion, wurden Tränen vergossen, ein Herz gebrochen. Ein so zerbrechliches Herz, welches leidet, ausblutet.
Er.
Er vermisst ihn, sehnt sich mit seinem ganzen Verstand, mit seinem ganzen Körper nach ihm, seinem Herzen, welches ihm gehörte. Sie sprachen es nie aus, aber es gehörte ihm, ihm ganz allein. Und es wird ihm auch für immer gehören, selbst wenn er befürchtet, dass es ganz anders ist. Ganz im Gegenteil. Es war das Kostbarste, was er je besaß, das Kostbarste, was er je besitzen wird. Vermissen, ohne etwas nicht auskommen zu können, ist das furchtbarste was man verspüren kann, etwas so schmerzhaftes, das eigentlich garnicht in dieses Bild, in den Sommer passt. Doch genau das tut es, es gibt nichts was besser in diese Zeit des Jahres passt, als die Wärme der Sonne auf seiner Haut zu spüren, sich bis ins Innerste, bis in den Tiefsten Punkt seines Verstands, seines Körpers zu wünschen, dass diese Wärme von ihm käme. Von ihm allein, dass er über ihm liegt, dass er ihn berührt und ihm aufrichtig ins Ohr flüstert: „Ti amo. Je t'aime. Te quiero. I love you."
So liegt er da, an dem schönsten Ort, den man sich vorstellen kann. Weinend. Die Tränen auf sein Buch tropfend.
Schreiend. Denn niemand ist da, um sein Leiden zu hören.
Sterbend, sich nichts auf dieser Welt mehr wünschend als...
ihn.
So schallt der Satz, der die beiden verband, der Satz, der die Gefühle zwischen ihnen als einziger ausdrücken konnte, ohne sich zu große Versprechen zu machen, in seinem Kopf. Er hört ihn so präsent, so echt. Die Worte umgeben ihn, schnüren ihm die Kehle zu und geben ihm gleichzeitig Hoffnung. Die Hoffnung auf ein Wiedersehen. Die Hoffnung, ihn jemals wieder in seinen Armen zu halten, seine Hand auf sein Herz zu legen. Auf das, was einzig und allein ihm gehört, was auf ewig nur noch für ihn schlägt. Und seines, welches ohne ihn, seiner Anwesenheit, seiner Wärme gar keinen Grund hat weiter zu schlagen. Die Hoffnung, sein Gesicht in seinen Händen zu halten, seine Augen zu schließen und ihn ohne ein einziges Wort zu sagen zu küssen, zu spüren wie sehr sich ihre Lippen nacheinander sehnten, zu wissen, dass er es niemals verkraften könnte, niemals ohne ihn an seiner Seite weiterleben könnte. Ihn nie wieder loslassen könnte.

„Chiamami col tuo nome. Appelle-moi par ton nom. Llamame por tu nombre. Call me by your name

and I'll call you by mine."

Thoughts of northern Italy, 1983 (cmbyn)Where stories live. Discover now