Ich schiebe Agira demonstrativ weiter meinen Nasenrücken hinauf und sehe durch seine verdunkelten Gläser. Um mein Geheimnis zu wahren habe ich Agira seit jeher immer befohlen seine Gläser zu verdunkeln, da man ansonsten meine Augenfarbe erkennen kann. Schließlich darf noch niemand wissen, dass ich sehen kann. Auch Meister Tarik hält, mit Absicht unterschätzt zu werden, für die cleverste Strategie.

„Ich verstehe eure Sorge sehr gut, doch meine Entscheidung ist gefallen. Ich werde am Duell der magischen Künste teilnehmen. Ich habe magische Kräfte sowie ein Artefakt, somit erfülle ich alle Zulassungsbedingungen, oder etwa nicht? Wieso sollte ich dann also nicht teilnehmen?", richte ich meine Frage an meine Eltern und sehe aus dem Augenwinkel, wie Eliana an meinem Zimmer vorbeischreitet und plötzlich stoppt.
„Wieso nicht? Das kann ich dir verraten Schwesterchen. Weil du gnadenlos versagen, wenn nicht sogar sterben würdest. Willst du uns das wirklich antun? Willst du wirklich, dass wir deinen leblosen und toten Körper in einem Sarg beerdigen müssen?", redet sie mir ein schlechtes Gewissen ein und gibt vor unseren Eltern, die mitfühlende und besorgte große Schwester, doch dieses Spiel habe ich schon lange durchschaut.
„Ich bin gerührt von deiner Sorge um mich, Eliana, doch genau dasselbe könnte auch dir passieren. Nichts und niemand ist gefeit in diesem Duell, dessen solltest auch du dir bewusst werden", kontere ich ruhig und sehe, wie sie ihre Augen verdreht.
„Du vergisst, dass ich zumindest sehen kann wenn mich jemand, oder etwas angreift. Was machst du wenn du auf einen Luftmagier triffst? Dieser kann dich aus meterweiter Entfernung und von oben angreifen ohne, dass du merkst, wie dir geschieht", streut sie zusätzlich noch Salz in die Wunde.

Mutter bricht erneut in leisen Schluchzern aus und wirft sich gegen Vaters Brust. „Edward, tu doch etwas! Wir dürfen sie nicht gehen lassen", bettelt sie, doch Vater seufzt nur lang und ausgiebig.
„Es hat keinen Zweck..wir können sie nicht umstimmen und verbieten können wir es ihr auch nicht..sie hat leider völlig recht mit dem, was sie sagte. Sie erfüllt, trotz ihrer Blindheit, alle Bedingungen um zugelassen zu werden und da sie bereits zwanzig Jahre alt ist haben wir leider keine Entscheidungsgewalt mehr Liebling..", erklärt er ihr während eine tiefe Trauer in seinem Tonfall mitschwingt. Die Erkenntnis, dass ich tatsächlich am Duell teilnehmen werde scheint ihn allmählich zu übermannen.
„Nein! Wir dürfen das nicht zulassen! Sie wird sterben!", japst Mutter und wendet sich im nächsten Moment mir zu. „Bitte Ember..du bekommst alles was du willst, ich ermögliche dir alles was du begehrst mein Schätzchen, doch bitte bleibe hier, bleibe am Leben!", fleht sie verzweifelt.

Zugegeben, es bricht mir das Herz sie so zu sehen. Auch Vaters Gesicht war noch nie von solch tiefen Schatten der Frustration geprägt, doch ich kann nicht nachgeben, ich darf nicht einknicken.
„Es tut mir leid, doch ich kann nur auf eine deiner Forderungen klar antworten, und zwar das ich am Leben bleibe. Alles Weitere werde ich mir selbst ermöglichen Mutter", versuche ich so standhaft, wie möglich zu entgegnen und sehe sie zusammensacken.
„Das kann nicht sein..das darf nicht sein..ich verliere mein Kind..mein Kind!", murmelt sie apathisch und wird von Vater behutsam aus dem Zimmer geführt. „Wenn eure Sachen gepackt sind wartet bitte unten in der Eingangshalle. Ich möchte mich noch verabschieden..eure Mutter wird womöglich nicht in der Verfassung dazu sein..doch ich bin mir sicher, dass auch sie euch beiden Glück wünscht", richtet er sein Wort an Eliana und mich ehe er das Zimmer mit meiner völlig aufgelösten Mutter verlässt.
„Na super, vielen Dank auch! Ich wollte mich ordentlich von Mutter und Vater verabschieden. Sieh dir an was du wieder einmal angerichtet hast!", pöbelt Eliana mich mit verschränkten Armen an und verlässt ebenfalls mein Zimmer.

Meister Tarik und das Dienstmädchen, welches noch immer mit meiner Reisetasche beschäftigt ist, sind die einzigen, die sich noch mit mir im Raum befinden. Er schließt leise die Tür und kommt bedächtig auf mich zu. Seine Arme sind leicht ausgestreckt ehe er mich in eine Umarmung zieht. „Ich weiß, dass war hart..aber wenn es wirklich dein Wunsch ist am Duell teilzunehmen, dann lass dich auch von nichts und niemandem abhalten. Du bist stark und hast die letzten Jahre über hart dafür trainiert. Ich weiß, dass du das schaffen kannst. Mit Agira an deiner Seite wirst du nie im Dunkeln wandern, vertraue auf ihn und auf deine Fähigkeiten", redet er beruhigend auf mich ein und streicht mir behutsam über den Rücken. „Danke..Meister Tarik", bringe ich leise hervor, da mir allmählich bewusst wird, dass ich nicht nur meine Eltern sondern auch ihn hier zurücklasse sobald ich mich auf den Weg in die königliche Hauptstadt Adrastos mache.
„Nun zieh nicht so ein Gesicht. Das ist schließlich kein Abschied für immer. Du wirst zurückkommen und ich werde stolz auf dich sein, ganz egal wie das Ergebnis letztendlich ausfallen wird", schmunzelt er und sieht dabei sanft auf mich herab.
„Was wenn ich wirklich keinen der Generäle auf meine Seite ziehen kann? Ich meine..selbst wenn ich eine Etappe für mich entscheiden kann, heißt das nicht, dass der General, der sich für mich entscheidet mich auch wirklich betreuen will..es ist schließlich die Pflicht der Generäle den Etappensieger einem von ihnen zuzuteilen", äußere ich meine Sorge, die mich bereits seit gestern Nacht plagt. Meister Tarik hingegen schüttelt nur lächelnd den Kopf.
„Wenn du zeigst, was in dir steckt und die Generäle dein enormes Potential erkennen werden sie sich darum streiten an deiner Seite stehen zu dürfen", versichert er mir und schlägt mir dabei spielerisch gegen die Schulter, doch ich weiche seinem Schlag geschickt aus.
„Zu langsam", trieze ich schnippisch und ernte ein verlegenes Grinsen seinerseits.
„Was sagt man dazu..der Schüler übertrumpft den Lehrer..ein eindeutigeres Zeichen dafür, dass du bereit bist gibt es womöglich nicht"

Blind FireOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz