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„Mum, James ärgert mich!" Schutz suchend klammerte sich Eddi an die Beine unserer Mutter, versteckte sich vor mir, während ich mit einem teuflischen Grinsen auf ihn zukam.

„Warte erstmal, bis ich mit dir fertig bin, dann kannst du Mutter vollheulen!" Ich schnappte nach ihm, doch verfehlte ihn, da ich plötzlich hochgehoben und auf dem Tisch abgesetzt wurde.

Meine Mutter sah mich an, mit hochgezogenen Augenbrauen, gerunzelter Stirn und strengem Blick

Ich schluckte und spürte, wie ich einen ganzen Kopf kleiner wurde.

„Wieso kannst du deinen Bruder denn nicht in Ruhe lassen?"

„Ich will doch nur spielen!", schmollte ich und sah sie unschuldig an.

Mutter seufzte.

„Er ist noch zu klein, um die Sachen mit dir zu spielen, die du mit Tony spielst, versteh das doch. Wenn du mit Eddi spielen willst, musst du Sachen für Kleine spielen, okay?"

Ich seufzte tief durch, nickte dabei und murmelte: „Okay, Mum"

Sie wuschelte mir durch mein viel zu langes Haar setzte mich wieder auf dem Boden ab und ließ mich diesmal zu meinem kleinen Bruder durch.

„Willst du Memorie spielen?"

Sofort war er total begeistert, schnappte sich meine Hand und zog mich – wenn man das bei seiner geringen Kraft so nennen konnte – mit sich. Er schrie dabei erfreut „MEMORIE!!!", was unsere Mutter lachend zurückließ.

Eddie und ich rannten in unser Spielzimmer, verteilten die Karten auf dem Boden und begannen zu spielen. Zugegeben: ich ließ ihn gewinnen. Ich terrorisierte ihn gerne, aber umso größer war dann leider auch mein schlechtes Gewissen.

Nachdem wir ein paar Runden gespielt hatten und er sich einbildete, mich auslachen zu müssen, weil ich ach so ein Verlierer war, hörte ich einfach auf, ihn zu beachten. Ihn nervte das so sehr, dass er etwas ausnutzte, das bei mir immer zog.

„Ich werde es Vater sagen!" Er rannte mit diesen Worten aus dem Raum und ich ihm hinterher.

Ich erwischte ihn leider nicht mehr und so musste ich mir mit ansehen, wie Eddi unserem Vater erzählte, wie unfähig und dumm ich doch war.

Mein Vater hatte mich bemerkt, sah von Eddi zu mir und begann zu lächeln. „Jeder hat mal einen schlechten Tag, Eddi. Das macht einen Helden noch lange nicht zu einem Versager" Er sah mich dabei an, drückte durch diesen Blick so viel Zuversicht aus, dass mein sechsjähriges Ich einfach auf ihn zurannte und ihn umarmte. Dad hob mich und meinen kleinen Bruder hoch und beförderte uns wie Flugzeuge – auch die entsprechenden Töne machend- in Mums Arbeitszimmer, wo sie noch immer dabei war, einen Kranz zusammen zu stecken.

Mein Vater ließ uns runter, als er sich etwas beugte, um Mum einen Kuss zu geben. „Wie geht es meiner Lieblingsfrau?"

„Deiner einzigen Frau, hoffe ich", antwortete Mum.

Meine Eltern vertieften sich in kleine Neckereien, während Eddi mich umarmte und meinte: „Eines Tages wirst du ein Held sein!"


MemoriesWhere stories live. Discover now