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Morgen war es so weit. Es ging los. Das wohl spannendste Kapitel meines Lebens sollte beginnen. Oder auch nicht.

Die endlose Schlange vor der Tür des Schlosses schien kein Ende zu nehmen. Obwohl der Zeiger meiner Uhr sich in einem Tempo bewegte, das man wohl nur aus Pferderennen kannte, glich das unsere höchstens dem, einer Schnecke.
Viele der Mädchen waren mit ihren Mütter, Tanten oder anderen weiblichen Angehörigen gekommen und erwarteten gespannt den Zeitpunkt, an dem sie sich präsentieren durften. Erwarteten die Königsfamilie und erwarteten  ihre Chance.

Wie jedes Jahr wurde ein weiteres Mädchen erwählt, dass eine besondere Stellung am Hof bekommen solle. Die Auserwählte würde wie alle anderen zuvor, das königliche Leben kennenlernen und für ein Jahr das Land bereisen und die Möglichkeit erhalten ihrem bis nun bürgerlichen, wenn nicht nur bäuerlichen Leben zu entfliehen und für ihr restliches Leben ein anerkannter Teil der gehobenen Gesellschaft zu werden.

Mit dieser Chance kamen jedoch nicht nur unzählige Möglichkeiten, sondern auch unendlich hohe Erwartungen von sich selbst und auch der eigenen Familie auf einen zu. 

Auch auf mir lastete dieser immens hohe Druck. Als jüngste und einzige Tochter, der es noch möglich war an dieser jährlichen Tradition teilzunehmen, lagen die Hoffnungen der ganzen Familie, vor allem die meiner Mutter, auf mir, unsere Familie doch noch zu beehren. Denn es galt als größte Ehre erwählt zu werden und somit zum hohen Stand zu gehören. 

Es wäre naheliegend, dass ich allein aus diesem Grund gezeugt wurde, um der Familie zu nutzen zu sein. Meine Mutter war Mitglied einer Gruppe an Frauen, die jedes Jahr wie Versessene ihre Töchter belagerten und versuchten diese auf das Bevorstehende vorzubereiten. Falls es wieder einmal nicht geklappt hatte, wurde nicht nur der "gewinnenden" Mutter mit gehässigen Kommentaren und blankem Neid begegnet und nahezu nur Hass entgegengebracht, sondern auch Ärger im eigenen Heim verbreitet und direkt mit der qualvollen Vorbereitung für nächstes Jahr begonnen. 

Mein ganzes Leben hatte ich schon darauf gehofft, dass eine meiner 5 älteren Schwestern erwählt werden würde, jedoch kam es leider nie dazu. Als ich schließlich alt genug war und mit 13 endlich, wie meine Mutter betonte, teilnehmen durfte, war der Horror, den ich schon mein ganzes Leben lebte an seiner Spitze. Ich musste nicht nur jeden Tag Tanzstunden nehmen und all meine Zeit mit lernen verbringen, nein, ich war auch gezwungen die lästigen Tanzbälle zu besuchen, die nahezu jede Woche stattfanden. Wenn ich mir einmal versuchte eine Pause zu gönnen, wurde ich sofort von meiner Hauslehrerin aufgezerrt und genötigt mit den täglichen Aufgaben und Übungen fortzufahren. Hatte ich dann doch einmal Pause, zwang meine Mutter mich einkaufen zu gehen oder ihrem nächstliebsten Zeitvertreib nachzugehen, meiner Heiratsvermittlung.

Bis zu diesem Jahr, dem Jahr meiner letzten möglichen Erwählung, waren ihre Versuche jeglicher Hinsicht missglückt. Wie eine Furie redete sie auf mich ein und versuchte mir nochmal jegliches Wissen und alle Benimmregeln einzuprügeln. Auch wenn sie für dieses Vorgehen genug Zeit hatte, da wir noch immer weit weg vom Tor standen, redete sie so schnell, dass es schon fast bewundernswert war, dass sie sich nicht ein einziges Mal versprach.

"Vergiss auch ja nicht höflich zu knicksen und dich leicht zu verbeugen wenn du den Raum betrittst. Du musst das jedes mal machen wenn du einer neuen Person begegnest. Jedes Mal!"

Ich hörte ihr schon gar nicht mehr zu und blickte auf die sagenhaften Weiten, die das Meer barg, hinaus. Dort draußen waren viele Schiffe. Viele andere Menschen, die alle ein komplett anderes Leben lebten, fernab von dieser verrückten Realität.

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Ich hoffe das erste Kapitel meiner ersten Geschichte gefällt euch.
Lasst gerne Kommentare da ;)

pinkeponys


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⏰ Last updated: Jan 06, 2020 ⏰

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