Alenia grinste immer noch als sie sagte: „Valor meinte das Frühstück ist bald fertig. Also beeilt euch."
Sie schloss mit einem vielsagenden Blick zu mir die Tür. Ich schaffte es noch sie anzufunkeln, da war sie wieder auf dem Zimmer raus. Das war jetzt das zweite Mal, das sie mich in Devon unter brach bei... Ja was eigentlich?

Peinliche Stille entstand im Raum und weder Devon noch ich wussten was man sagen sollte, um sie zu lockern. Schließlich setzte Devon sich in Bewegung : Ich... äh. Ich gehe mich dann mal anziehen."
Als ich nichts sagte schaute er auf zu mir. Schnell nickte ich und er verschwand hastig aus meinem Zimmer.

Ich schlug mir die Hände vor die Augen. Oh Gott das war jetzt nicht passiert. Alenia hatte Devon und mich nicht dabei erwischt, wie wir zusammen im Bett saßen.

Ich atmete tief ein und aus. Dann suchte ich in dem luxuriösen Zimmer nach der Lederkluft, die ich gestern noch getragen hatte. Da ich nichts anderes zum anziehen hatte, war das die einzige Option.

Aber statt einer praktischen Ledermontur fand ich in den Schrank ein einzelnes Kleid in altrosa vor. Ich nahm es mit kritischen Blick am Bügel heraus und hielt es auf Armeslänge von mir. Der lockere, luftige Rock aus weichen Stoff würde mir vermutlich bis zu den Knien reichen. Am Ansatz waren sogar funkelnde weiße Perlen angenäht. Dagegen würde das Oberteil eher eng anliegen und mein Schlüsselbein freilegen. Der Schnitt ging knapp über meine Schultern und die Ärmeln reichten mir bis zum Ellenbogen. Dazu gab es eine etwas dunklere aber immer noch altrosafarbene Strickjacke.

Ich schluckte den aufsteigenden Hass auf das Kleid hinunter. Es war zu unschuldig und zu rein. Etwas, was ich nie mehr sein würde.
Wohl oder übel musste ich das Kleid aber wohl anziehen. Was anderes hatte ich wie gesagt nicht.

Mit dem verfluchten Kleid am Leibe ging ich in das Bad, das an das Schlafzimmer anschloss. Wie alles in diesem Haus hier war es in weiß und Gold dekoriert.

Auf den Waschbecken, über dem ein Spiegel mit goldenen Rahmen hang, fand ich eine Haarbürste. Damit kämmte ich mir das verzottelte, schwarze, kurze Haar.

Als ich zögerlich unter meinen Achseln roch, verzog ich das Gesicht. Ein bisschen müffelte ich schon. Eigentlich hätte ich mich duschen sollen. Aber dafür blieb nun keine Zeit mehr.
Also sprühte ich mir bisschen Parfüm auf, damit ich den etwas strengen Geruch überdecken konnte.

Als ich aufsah und damit in meine Spiegelbild, verzogen sich meine Lippen zu einem Strich. Alles an mir wirkte so rein. Zu rein für das Blut an meinen Händen.
Dunkel sah ich auf meine Hände, die gestern Nacht vom Blut benetzt gewesen waren. Sie begannen wieder zu zittern, als sich das Bild des Albtraums vor mein Augen schob.

„Lillith? Kommst du?", es war Devons Stimme, die mich aus meinem Gedanken riss, bevor sie tiefer gehen konnten.
Schnell wandte ich mich vom Spiegel ab und ging aus dem Bad ins Schlafzimmer. Devon stand in der geöffnete Tür, Alenia hinter ihm im Flur.

Auch sie hatten neue Kleidung bekommen. Devon trug ein beiges Hemd mit einer dünnen braunen Weste. Das Hemd hatte er sich in die braune Hose gesteckt, die an den Hosentaschen mit einem Goldmuster aus Schnörkeln verziert war. Das gleiche Muster befand sich auch am Saum der Hosenbeine.
Er sah gut aus.

„So hier bin ich.", ich betrachtete nun Alenias Kleid. Es war ein blassgelbes Sommerkleid, genauso geschnitten wie meins. Es war der selbe luftige Rock, nur das ihrer keine Perlen hatte. Die Perlen befanden sich bei ihr auf den Dreiviertel-Ärmeln der Strickjacke.

Zusammen gingen wir die Treppe runter und trafen meinen Vater wieder im Esszimmer an. Er saß wieder am Kopfende des Tisches. Genauso wie gestern, genauso wie in meinem Traum.
Augenblicklich verspannten sich meine Schultern, aber ich schaffte es mich rechts von ihm hinzusetzten und gezwungen zu lächeln: „Guten Morgen."
„Guten Morgen, Lillith", erwiderte er gut gelaunt, „Wie hast du geschlafen? Das Bett war doch bequem genug oder?"
Mein Lächeln verrutschte und ich versteckte meine zitternden Finger unter dem Tisch: „Ich habe sehr gut geschlafen, danke."
Direkt das zweite, was ich heute zu meinem Vater sagte, war eine Lüge. Großartig.
Du brauchst mir nicht irgendwelche Lügen aufzutischen. Ich werde sie nicht schlucken.

Inzwischen hatten Devon und Alenia sich ebenfalls niedergelassen. Devon gegenüber von mir, Alenia rechts.

Das Frühstück wurde uns nach wenigen Sekunden gebracht. Nachdem die Diener wieder verschwanden, eröffnete sich vor mir ein ganzes Buffet. Ein goldbraune Toast dampfte leicht auf meinem Teller, während vor mir alle möglichen Auflagen und Brotaufstriche standen.

„Ich habe die Termine heute ausfallen lassen, damit wir in das Theater gehen, was ich gestern vorgeschlagen habe.", während Valor erzählte, begann er sich an dem Buffet zu bedienen und wir taten das gleiche, „Es wird großartig!"
„Welches Stück ist es denn?", fragte Alenia neugierig, während sie sich Butter auf ihr Toast schmierte.
Mein Vater lächelte geheimnisvoll: „Lasst euch Überraschen. Aber so viel: Es ist ein älteres Stück, es wurde aber aktualisiert und bearbeitet. Also könnte man sagen es ist wieder modern."
Alenia nickte leicht während mein Vater redete. Ich dagegen sah verbissen auf mein Toast, das ich gerade aß. Wenn ich meinen Vater ansah, erinnerte es mich wieder an meinen Albtraum. Zumal ich genauso sitze, wie es in meinem Traum gewesen war, auf dem selben Platz.
Du hast kein Stück Menschlichkeit mehr übrig.

„Was haltet ihr von den Sachen, die ich euch gegeben habe? Sie scheinen zumindest zu passen."
Mein Vater richtete die Frage an uns alle und Devon antwortete als erste: „Nicht das, was ich sonst immer trage, aber es ist in Ordnung."
„Es ist hübsch", Alenia strich über den weichen Rock, „Ich mag es."
Nun sah Valor mich mit seinen grauen Augen erwartungsvoll an.
„Das Kleid ist sehr schön", presste ich hervor. Ich hasste es. Alles an mir schrie Lüge. Es gab mir das Gefühl ich wäre ein hungriger Wolf, der sich versuchte als unschuldiges Lamm auszugeben.
Mein Vater bemerkte meine Lüge aber nicht und lächelte erfreut.

Devon schluckte seinen Bissen Toast herunter und fragte nun: „Wo sind eigentlich unsere alten Sachen geblieben? Ich habe meine Ledekluft nicht gefunden."
Valor sah entschuldigend in die Runde: „Meine Dienstmädchen waschen eure Sachen gerade. Nichts gegen euch, aber nach der langen Reise haben sie...nun ja..... Etwas gestunken."
Devon nickte, aber er hatte die Augen minimal verengt.

„Und unsere Waffen?", Alenia sah meinen Vater mit erhobener Augenbraue an.
„Werden geschärft und poliert. Ich gebe sie euch morgen im Laufe des Tages zurück, ok?"
Jetzt verengte Devon eindeutig die Augen, aber er schwieg dennoch.

Nach dem Essen wurde hinter uns aufgeräumt, während mein Vater uns raus führte. Wir gingen durch den Flur und durch die große Tür dort raus, wo wir gestern reingekommen waren.

Im Hintergrund plätscherte der Springbrunnen und eine sanfte, aber schon kühlere Brise wehte. Ich zog meine Strickjacke etwas enger um mich.

„Ah auf die Minute genau!", mein Vater klatschte erfreut in die Hände und ich folgte seinen Blick zur Auffahrt.
„Wir fahren mit Kutschen?", rutschte es mir verblüfft, als ich die weißen Kisten die Einfahrt hochfahren sah. Sie wurden von jeweils zwei Pferden gezogen und die beiden Kutscher grüßten meinen Vater mit einem respektvollen Nicken.
„Alles für meine Gäste", er klang zufrieden mit sich selbst.

Ich konnte die Dinger nur anstarren. Also das kam jetzt unerwartet.

Lillith das schwarze Element Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt