„Fuck", sagte er wieder. „Ich bin so unvorbereitet. Ich werde bestimmt einen Weg finden, alles zu zerstören."

„Man macht immer Fehler. Nick ist mit Sicherheit auch nicht perfekt. Solange ihr euch Mühe gebt, einander zu verstehen, muss das nicht zum Problem werden."

„Warum klingst du so weise?" Finn warf mir einen kurzen, misstrauischen Seitenblick zu. „Soweit ich weiß, war deine einzige Beziehung ein totaler Reinfall."

„Da ist genug schiefgelaufen, damit ich weiß, wie es nicht sein sollte."

„Oh Gott", hauchte Finn, „was, wenn Nick zu einer schlechten Erfahrung wird, aus der ich schlauer wieder rauskomme? Das will ich nicht!"

„Dann gib dir Mühe, ehrlich zu ihm zu sein. Sag ihm, worüber du dir sorgen machst und am besten gleich noch, was er tun kann, damit dein Kopf aufhört, dir so viel Scheiße einzureden."

„Kommt das nicht weinerlich rüber? Oder zu anhänglich? Oder so als würde ich meine Probleme auf ihm abladen?"

„Eine Beziehung besteht aus zwei Teilen. Ein Problem zwischen euch muss von beiden Seiten angepackt werden, um es aus dem Weg zu schaffen. Das klappt nicht, wenn du ihm nicht sagst, was das Problem ist."

„Okay, klingt logisch. Wie stelle ich das am besten an?"

Die restlichen Minuten auf dem Weg zu Nicks Haus überlegten wie uns ein mögliches Vorgehen, durch das Finn Nick seine Gefühle klarmachen konnte.

Mein erster Tipp: Nicht mich zu ihren Treffen mitzuschleppen. Das brachte das Ganze auf eine freundschaftliche Basis, die Finn sicherlich nicht beabsichtigte. Finn musste nun also ein Zeichen setzen, das seine wahre Intention enthüllte.

Dass Finn sich, sobald Nick uns aufmachte, dafür entschuldigte, dass er mich mitgebracht hatte und behauptete, ich hätte so sehr rumgejammert nicht alleine gelassen werden zu wollen, war nicht vereinbart gewesen. Ich ließ es Finn durchgehen, weil ich meinen Stolz nicht gegen sein Liebesglück aufwiegen konnte.

„Ach, halb so wild. Dann machen wir uns zu dritt einen schönen Abend. Kommt rein!", forderte Nick, schnappte sich Finns Hand und zog ihn ins Haus.

Ich folgte ihm, achtete aber darauf, etwas Abstand zu ihm und Nick zu halten.

Sie umarmten sich innig zur Begrüßung und Finn grinste mich dabei über Nicks Schulter hinweg an. Ich verdrehte bloß die Augen.

Als sie voneinander abließen, drehte Nick sich zu mir, offensichtlich unschlüssig darüber, wie er mich begrüßen sollte.

„Umarmung?", fragte er unbeholfen. „Oder Handschlag? Ghettofaust? Winken? Wie ist es dir lieber?"

„Ghettofaust ist gut."

Wir drückten also unsere Fäuste zusammen und Finn lachte darüber. „Ihr seid so cool und männlich, ich kann kaum glauben, dass wir überhaupt noch Klamotten tragen."

„So viel zu: Ich bin nur sonntags Nudist", grinste Nick Finn zu.

Sie lachten darüber.

„Ist ein Insider", erklärte Finn nebenbei.

Wunderbar. Spätestens jetzt war es auch jedem von uns klar, dass ich absolut fehl am Platz war. Die kommenden Stunden würden bestimmt richtig toll werden.

Erst ein Trampeln von den Treppen löste die beiden aus ihrem kindlichen Kichern.

Damian betrachtete die Situation mit kritischem Blick.

„Damian! Perfekt! Du kannst mit uns chillen. Marlon braucht wohl Unterhaltung."

Der Angesprochene schaute von seinem Pflegebruder zu mir. „Willst du zuschauen, wie ich mir ein Seil über den Balken hänge, meinen Kopf durch die Schlinge stecke und von einem Stuhl springe, sodass entweder mein Genick bricht oder ich solange von der Decke hänge, bis ich erstickt bin?"

„Damian!", schrie Nick schockiert. „Spinnst du? Sag sowas nicht!"

Damian ignorierte ihn. Genauso wie ich. „Das klingt nach einem perfekten Freitagabend."

Obwohl Damian die Augen zusammenkniff, zuckten seine Mundwinkel nach oben.

„Du musst echt aufhören, solche Witze zu machen, Mann", beschwerte Nick sich. „Davon bekomme ich Alpträume. Und du", er wandte sich mit erhobenem Finger an mich, „ermutige ihn nicht."

Obwohl er versuchte, streng rüberzukommen, sah er total blass aus.

Ich fragte mich, ob er extrem emotional reagierte oder ich extrem abgestumpft. Bei den Sachen, die ich so träumte, schien die zweite Möglichkeit schon Sinn zu machen. Wenn man jede Nacht Bilder von Folter und Tod sah, erschien das, was Damian da beschrieben hatte, friedlich.

„Was genau soll das werden?", fragte Damian und zeigte zwischen Nick, Finn und mir hin und her.

„Ein Dreier", scherzte Finn.

Nick schaute ihn aus großen Augen an. „Echt jetzt?"

Ich knallte mir mit der Hand auf die Stirn und hoffte das würde als Antwort reichen.

„Um ehrlich zu sein, wollte ich mit dir reden", meinte Finn, mit einem unsicheren Lächeln. „Marlon ist als mentale Unterstützung hier."

Nick schaute zwischen uns hin und her. „Seid ihr doch zusammen?"

„Nein!", riefen wir gleichermaßen panisch.

„Mann, es geht um dich und mich", fügte Finn ein wenig verzweifelt hinzu. Er schluckte und schaute aus dem Augenwinkel zu Damian, bevor er Nick bat, allein mit ihm zu reden.

„Komm mit." Nick nahm sich Finns Hand und zog ihn hinter sich her. „Du machst mir Angst."

„Tut mir leid. Ich bin nur überfordert..."

Mehr hörte ich von ihrem Gespräch nicht. Sie verschwanden in irgendeinen Raum am Ende des Flures und ließen mich verloren am Eingang stehen.

Damian verdrehte die Augen, ging um die Treppe herum und war ebenfalls kurz davor aus meinem Sichtfeld zu verschwinden, bevor er sich zu mir drehte und fragte: „Kommst du?"

wild (bxb)Where stories live. Discover now