„Du hast fünfzehn Schüler getötet", fuhr sie fort. Sie triefte vor Hass.
Meine Hände begannen zu zittern.
„Das wollte ich nicht!", rief ich ihr entgegen, aber sie lachte mich als Antwort aus.
„Trotzdem hast du es getan! Und das mit Freuden, nicht?"
Ich ließ den Kopf hängen: „Ja"
Meine Stimme war leer und mir war übel.

Plötzlich drangen Klageschreie an mein Ohr und als ich den Kopf hob, war ich von Menschen umgeben. Und es waren nicht irgendwelche Menschen, es waren die fünfzehn Schüler, die in einem Kreis um mich herum standen. An ihrer Kleidung haftete Blut und ihre Augen waren kalt, leblos.
Mit geweiteten Augen sah ich mich stolpernd um. Mein Blick huschte von Gesicht zu Gesicht. Ich konnte jedem zuordnen, wie ich die Person getötet hatte.

Sie schrien weiter, aber irgendwann konnte ich die gequälten Stimmen verstehen.
„Du hast mich getötet!"
„Meine kleine Schwester hat ihren großen Bruder verloren!"
„Du hast meiner Freundin das Herz gebrochen!"
„Du hast mir meine Zukunft genommen!"

Ich hielt mir die Ohren zu, um die grässlichen Stimmen nicht mehr zu hören: „Es tut mir leid! Ich hatte keine Kontrolle über mich!"
Die Stimme schwollen an, wurden unerträglich laut. Egal wie stark ich mir die Ohren zuhielt, ich konnte sie dennoch verstehen.
„Mörderin!"
„Wie konntest du das nur tun!"

Ich beugte mich vornüber und kniff die Augen zusammen, um die vielen Schüler nicht mehr sehen zu müssen.
„Hört auf!", schrie ich sie an, damit sie mich nicht weiter beschuldigten. Ich wusste, dass ich ein Monster war und sie alle getötet hatte. Sie ihren Familien entrissen hatte. Die Schuld fraß mich schon von innen auf, die Schüler mussten es nicht noch zusätzlich verstärken.

Aber sie schrien weiter. Ihr Chor wurde immer lauter und ich fiel auf die Knie. Krümmte mich zusammen, um den Gesichtern und Schreien zu entkommen, sie abzuschirmen. Aber es half alles nichts. Ihre Stimme knallten weiter auf mein Ohr, erbarmungslos und laut.
„Hört auf!", meine Stimme brach, „Hört auf!"

„Lillith!"
Ich schlug keuchend die Augen auf und blickte in Devons dunkelbraune Augen. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen und seine Hand lag an meiner Schulter. Er musste mich so geweckt haben.

Ich richtete mich auf und sah zur meiner Erleichterung nur das Zelt. Keine endlose
Spiegel-Ebene. Aber die Klageschreie hallten immer noch in meinen Ohren nach und die Schuld wurde unerträglich.
„Du weinst ja", bemerkte Devon überrascht und ich fasste mir an die Wange. Sie war nass.
„Ich hatte wieder einen Albtraum", murmelte ich nur und eine weiter Träne lief meine Wange herunter.

Ich spürte wie Devon neben mir zögerte, aber plötzlich fand ich mich in seinen Armen wieder.
Ich war so überrascht, dass ich für kurze Zeit aufhörte zu weinen. Seine Arme hatte er sanft und vorsichtig um mich gelegt. Sein Duft lullte mich ein und ich lehnte meine Stirn an seine Brust. Ein Schluchzen drang über mein Lippen und wieder liefen ein paar Tränen über meine Wangen. Dieser Traum hatte die ganzen Gefühle, die ich zu ignorieren versuchte mit einen Schlag wieder hochgetrieben. Ich wollte das alles nicht. Ich hatte es nie gewollt!

Mein Atem stockte kurz als Devon seine Hand auf meinen Rücken legt und ihn beruhigend streichelte.
Die Berührung wirkte tröstend und mein Atem wurde ruhiger.
Nach einer Weile, in der wir still so saßen und keiner es wagte diesen schönen Moment zu zerstören, versiegten meine Tränen. Devons ruhiger Atem und sein wunderschöner Duft beruhigten mich.

Dann löste Devon sich sanft von mir, er hatte die ganze Zeit über geschwiegen und das hatte mir mehr geholfen als alle Worte dieser Welt. Trotzdem vermisste ich sofort seine Wärme.
Er schaute mir prüfend in die Augen und ich schaute ihn offen an. Zeigte ihm die Schuld, die in mir tobte.
„Geht es wieder?", fragte er leise und ich nickte schwach lächelnd.
„Danke.", diese Wort waren zu winzig für das, was ich empfand. Er hatte mich getröstet, trotz allem was ich getan hatte.
Er nickte bloß und nahm seine Arme ganz von mir runter.

„Möchtest du dieses Mal darüber reden?", bot er an und wartete meine Antwort ab. Er drängte mich nicht. Ließ mich ganz frei entscheiden.
Ich nickte und erzählte ihm, was ich geträumt hatte. Von der Schuld, die der Traum wach gerufen hatte und den unerträglichen Schreien der Schüler.
Er hörte mir still zu, bis zum Schluss.
„Es hat die ganzen Schuldgefühle einfach wieder hochgebracht", endete ich mit müder Stimme und schaute zu dem nassen Fleck seines Hemdes an seiner Brust, „Tut mir leid, dass ich dich vollgeweint habe."
„Du musst dich nicht dafür entschuldigen", der Hunter im Dunkeln vor mir legte den Kopf schief, „Fühlst du dich besser?"
Mein schwaches Lächeln hielt immer noch an, als ich nickte und etwas warmes in meiner Brust entstand. Zum ersten Mal, fühlte ich etwas anderes als Kälte in mir.

„Denkst du, du kannst wieder schlafen?"
Ich nickte wieder und legte mich auf das Bett zurück, dass er für mich immer machte.
Er legte sich ebenfalls hin, diesmal aber nicht mit dem Rücken zu mir, wie sonst, sondern mit dem Gesicht zu mir. Ich tat es ihm gleich und fiel in einen ruhigen Schlaf.

Als ich am nächsten morgen aufstand und die Sonne mir ins Gesicht schien, war ich die letzte, die wach war. Alle anderen waren schon am packen für den letzten Teil unsere Reise. Schon heute würde ich im Hunter Lager sein.
Ich schloss die Augen und atmete ein und aus. Das war besser für alle anderen, wenn ich in ihrer Gewalt war. So konnte ich niemandem mehr weh tun.
Ich öffnete die Lieder wieder und machte mich daran Ellie beim Zelten abbauen zu helfen.

Als alles so weit fertig war, kam John plötzlich zu mir und hielt mir mein weißes, verdrecktes Sommerkleid hin. Ich nahm es verwirrt entgegen und schaute ihn fragend an.
„Zieh es an", wies er mich an, „Wenn du angezogen wie eine Hunter auftauchst, könnte man denken, wir hätten dich wie eine von uns behandelt."
Ich nickte zum Zeichen, dass ich es verstanden hatte. Und verschwand im Busch, um mich umzuziehen.

Sie wollten keine Schwäche zeigen, gegenüber ihren Kameraden. Wollten vermutlich auch nicht sagen, dass ich ihnen beim jagen geholfen hatte oder sonst irgendwas.
Ich kam in dem dünnen Kleid wieder raus und gab Ellie ihre Sachen zurück.
„Danke dafür. Die Sachen waren wirklich bequem."
Ellie nahm meinen Dank mit einem Nicken zur Kenntnis und verstaute ihre Sachen in der Satteltasche. Dann drehte sie sich plötzlich wieder zu mir um.
„Wärst du nicht der Dunkle Mond, hätte ich dich vielleicht gemocht.", sagte sie und schenkte mir ein flüchtiges Lächeln.
Ehe ich was darauf erwidern konnte, saß das blonde Mädchen auf und ritt nach vorne zu John, der inzwischen ungeduldig auf seinem Pferd wartete.

Vielleicht würde ich mich auch mögen, wenn ich kein Monster wäre. Wenn ich die Schüler nicht getötet und ihr Blut an den Händen gehabt hätte.
Ich steuerte, die Kiefer aufeinander gepresst, auf Devon zu. Er stand an sein Pferd gelehnt und sah nachdenklich aus. Den ganzen bisherigen Tag war er stiller als sonst.

„Ist alles in Ordnung?", fragte ich ihn deswegen und er hob den Kopf. Er schaute mich an und schwieg. Ich wartete auf seine Antwort, aber er starrte mich so lange an, dass ich unwohl von einen Fuß auf den anderen trat.
Plötzlich blinzelte Devon und schien aus seinen Gedanken gerissen: „Ob mit mir alles in Ordnung ist? Lillith, das sollte ich dich fragen."
Den Blick zu Boden gerichtete sagte ich bloß: „Alles in Ordnung. Hab mich schon längst damit abgefunden."
Selbst in meinen Ohren klang meine Stimme stumpf und leer. Aber das tat sie schon länger.
Seinen Blick konnte ich nicht deuten, aber er sagte nichts mehr.

Elegant stieg er schließlich auf sein Pferd und bot mir die Hand hin, um mir beim aufsteigen zu helfen. Ich ergriff sie genauso still und kurze Zeit später saß ich auf dem Pferd. Direkt vor ihm im Sattel, wie immer.

Während sein herrlicher Geruch mich einhüllte, ritten wir zu Ellie und John. Max wartete ebenfalls schon und als Gruppe galoppierten wir los zum Hunter Lager.

Lillith das schwarze Element Waar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu