Als Durlundin ihm abermals begegnete, lachte der jünger Bruder ihn bemitleiden aus.

„Schämst du dich deiner weißen Haut?", fragte er woraufhin ihn Grimmynsar bösartig aus seinen grünen Augen anblickte.

„Die Kraft der Blitze vereint sich mit der Kraft meiner Muskeln. Was verstehst du schon davon?"

„Kraft hast du genug, sie wurde dir gegeben, wozu den Ursprung der Natur verändern?"

Grimmynsar verabscheute es, wenn sich seine Brüder über ihn lustig machten. Seine ausgewählten, langsam ausgesprochenen Worte machten ihn wütend.

„Du redest wie Rilbanfil! Alles verändert sich ständig, warum darf ich nicht meinen Teil dazu tun?", entgegnete er trotzig.

„Du tust was du willst. Es scheint so, als wolltest du deine weiße Haut vor dem Rest der Welt hinter kunstvollen Zeichnungen verbergen."

Damit brach Grimmynsars Zorn endgültig hervor. Mit einem erbosten Schrei versetzte er mit aller Kraft einen Hieb ins Gesicht seines jüngeren Bruders, welcher sich vor diesem unvermuteten Angriff nicht in Acht genommen hatte. Der entsetzliche Schlag ließ ihn für eine gewisse Zeit in Ohnmacht fallen. Hilflos lag Durlundin den Elementen und seinem Bruder ausgeliefert. Sein Bruder betrachtete seine dunkle Haut, die sich wie Samt schimmernd im zuckenden Licht der Blitze über die Rundungen seiner mächtigen Muskeln spannte. „Grimmynsar mag Recht haben, wir sind nicht komplett", sprach der Rothaarige und beugte sich über den Körper seines Bruders. „Oh wie ich ihn hasse für seine Weisheit, seine Überlegenheit, wo ich nur von meiner Kraft schmecken will. Mein kluger Bruder meditiert über die unendliche Güte, welche aus der Tiefe der jungen Erde geboren werden soll. So ein Dummkopf! Er will uns nur beweisen, dass er der Ältere ist. Doch gibt ihm seine Existenz Recht darauf, mein Verlangen zu bremsen?" Mit gierigen Händen berührte Rilbanfil die Haut seines Bruders, fühlte das Leben darunter pulsieren und ward verbunden mit derselben Kraft, die ihn erfüllte, wenn er sich mit den Blitzen seine geliebten Muster in die Haut brannte.

Eine Kraft, die in seinen Lenden pulsierte und danach begehrte, befriedigt zu werden. Ihm war es gleichgültig, ob sein erstgeborener Bruder Recht hatte, dass ihnen etwas fehlte und es Zeit war, das Universum, in dem sie geboren waren, zu verändern. Rilbanfil gehorchte seinen Instinkten und vergewaltige den ohnmächtigen Durlundin. In seinen Armen und im Getöse seiner Urschreie erwachte der Schwarzhaarige, zerrissen von der Gewalt seines Bruders, bäumte er sich auf, befahl seinen Kräften, sich aufzubegehren und wehrte sich mit aller Gewalt. „Du bist mein!", brüllte Grimmynsar ihm ins Gesicht und trieb sein Verlangen zum Abschnitt des neuen Kapitels in dieser finsteren Geschichte. Die rote Wut des Blutes und die schwarze Finsternis der endlosen Winternächte sind wohl in diesem Moment geboren worden. Gefühle, die noch heute in den Adern der Krieger fließen, wenn sie von ihren Königen auf das Schlachtfeld geschickt werden. Durlundin stand seinem Bruder um nichts an Kraft nach und versetzte ihm entsetzliche Wunden, doch der süße Schmerz der unbekannten Raserei erfüllte ihn und er wusste, dass er ohne seine Brüder nur dumpfe Einsamkeit kennen würde.

Die jung erschaffenen Drachen von Durlundin schrien im Tosen der Gewalten auf und Ribanfil wurde aus seiner Meditation herausgerissen. Er spürte, dass sich die Kräfte seiner jüngeren Brüder verbünden würden, um ihn zu vernichten. Zum ersten Mal fühlte er, dass seine Zeit bemessen war, dass er zu lange gebraucht hatte, um Antworten auf all die Fragen in seinem Geist zu finden. Er tauchte aus den Tiefen der Glut der Erde auf und sah die tobenden Drachen, wie sie zwischen den Wolken, den Vulkanausbrüchen und zuckenden Blitzen tanzten und unermüdlich an Kraft zunahmen.

Steine aus dem fernen Universum rasten auf die junge Erde hinzu und schlugen durch das vorherrschende Chaos hindurch, um sich mit den Elementen zu vereinen. Rilbanfil tanzte zwischen den rasenden Feuerbällen hindurch und ließ sich von dem, was ihm umgab, leiten. Es würden Wesen kommen, die seinen Platz auf dieser Erde streitig machen wollten. Seine eigenen Brüder verstanden ihn nicht, wo sie dazu geschaffen waren, Seite an Seite zu kämpfen und einander zu unterstützen. Bald würde der Zeitpunkt kommen, an dem er sich mit dem ursprünglichen Geist der Erde verbinden würde. Eine wertvolle Vereinigung, aus der alles Leben gedeihen würde, eine Vielfalt, die sich keiner der drei ausmalen konnte. Er ahnte, was aus den Innereien der Erde geboren werden sollte. Rilbanfil stürzte sich auf seine Brüder, riss sie auseinander, doch Grimmynsar nahm diesen Angriff gerne an, um seinem Hass und seiner Wut freien Lauf zu lassen. Durlundin spürte die Tränen auf seinem Gesicht mit dem Schweiß auf seiner Haut vermischt und griff in den Kampf ein, er war enttäuscht, zornig, fühlte sich leer und unverstanden. So wird es wahrscheinlich den meisten Männer im Rest der Menschengeschichte ergehen, sie fühlen eine wage Erinnerung der Kraft der Götter von einst in ihren Muskeln, doch sie wissen nicht, was sie damit anfangen sollen und lassen sich der nächstbesten Möglichkeit ergehen, in der sie kämpfen, schlagen, verletzten, zerstören können. Die Erde gebraucht eine Sprache, der man zuhören muss. Wer das nicht tut, wird stets einsam und unverstanden bleiben.

Die Chroniken aus Ravan II - Im Chaos der WeltOnde as histórias ganham vida. Descobre agora