Kapitel 39 | Feuerprobe III

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Flips Entschlossenheit schrumpfte sichtlich zusammen. Gut so. Wenigstens einer, den er von seiner Dummheit abhalten konnte.

Doch Flip überraschte ihn einmal mehr.

„Ich soll also den Schwanz einziehen und gar nichts tun?", rief er. „Einfach wieder daneben stehen, genauso nutzlos bleiben wie letzte Woche und hoffen, dass jemand anderes die Sache erledigt?"

„Ganz genau!", fauchte Miles und hasste sich bereits im Vorfeld für seine Worte. „Darin bist du schließlich am besten!"

Nur das Platschen von Wasser durchbrach die nachfolgende Stille, als Coras Wassergebilde einfach in sich zusammenfielen und auf den Fliesen zerplatzten. Flip wich zurück und hielt sich an der Kante eines Waschbeckens fest.

„Miles ...", wimmerte er und Miles spürte, wie sehr ihn seine Worte gerade getroffen hatten. „Das ... das kauf ich dir nicht ab, du lügst doch."

Unsicherheit. Flip konnte sie nicht mehr verbergen. Verbrannte er denn keine Magie mehr? War die in diesem Raum vorhandene etwa aufgebraucht?

Wie um seinen Gedanken zu bestätigten, erstickten die Flammen an seinen Händen.

„Miles, du bist so ...", rang Cora in schwelender Wut nach Worten. „Wir wollen dir helfen, versteh doch!"

Und ich will euch schützen.

„Ihr wollt also wissen, was passiert ist?", fragte er provokant. „Okay, schön, ich erzähl's euch. Du erinnerst dich an Felix?"

Die Gezeitenruferin nickte beunruhigt.

Miles grinste freudlos. „Ich hab ihn abgefüllt, Cora. So lange, bis er umgekippt ist. War ein Mordsspaß, hättest du sehen sollen."

Die Worte taten weh ... besonders, sie auf diese Weise auszusprechen. Doch noch mehr schmerzte es zu sehen, wie seine Freunde darauf reagierten.

„Miles, die Zeit für Späße ist denkbar ungünstig, findest du nicht?", sagte Cora, aber auch ihre Selbstsicherheit kippte nun wie eine schlecht ausbalancierte Waage. „Das ist doch ein Spaß, oder?"

„Er spaßt nicht." Die Worte kamen von Flip, der durchdringend zu ihm hinüber sah, als wollte er ihn auf diese Weise aufspießen.

„Aber ... aber", stammelte Cora und trat vorsichtig näher. „Miles, Felix ist noch ein Kind!" Einen Moment rang sie fassungslos nach Worten, ganz als könne sie sich nicht entscheiden, wie sie reagieren sollte. Miles half nach.

„Ja, ein äußerst nerviges Kind, wenn du mich fragst."

Die Worte erzielten ihre Wirkung.

„Sag mal, hast du sie eigentlich noch alle!?", riss Cora nun den Staudamm ihrer Gefühle nieder. „Stimmt es wirklich? Hast du Felix abgefüllt? Deinen kleinen Sidekick, der dich neulich von der Hochschule abholte?"

Wütend packte sie ihn an den Schultern und stieß ihn gegen den Pfosten einer der Kabinen. Miles wehrte sich nicht. Sowieso hätte er ihr nicht viel entgegensetzen können. Auch wenn sie nicht so aussah – sie war ziemlich kräftig.

„Ja", gestand er einsilbig. Mehr brachte er nicht heraus, zu schwer wog sein schlechtes Gewissen.

„Ja?", fragte sie ungläubig. „Einfach nur ja? Miles, der Junge war vielleicht zehn Jahre alt und dann Alkohol ... die bestrafen dich mit Extraktion!"

Miles zuckte nur mit den Schultern. Sollten sie doch. Dann wäre er diese bescheuerte Gabe los!

Einen Moment hielt Cora seinen teilnahmslosen Blick noch aus, dann stieß sie ihn von sich. „Es kümmert dich noch nicht einmal ... Ey, weißt du was? Mich interessiert's auch nicht, was da in deinem kranken Hirn abgegangen ist, ich werde es sowieso nicht verstehen! Dass du ein Arsch bist, wusste ich ja schon, aber das ..." Sie schüttelte nur den Kopf. „Es ist mir peinlich, dass ich dich schon für einen guten Freund gehalten habe, allein der Gedanke löst in mir Brechreiz aus!"

„Ich bin eben kein Held!", schrie Miles ihr nun entgegen. „Akzeptiert das endlich! Ich bin ein ganz normaler Junge und ich werde mich da draußen nicht von irgendeinem Supermagier vernichten lassen! Ich bin kein Held ... und ihr seid auch keine! Was sollen wir dem schon entgegensetzen? Wir haben gerade einmal vier Wochen magischen Unterricht – du schon ein Jahr länger, Flip, und du beherrscht deine Gabe immer noch nicht! Nur weil wir etwas Gutes tun, heißt das nicht, dass wir damit Erfolg haben werden. So funktioniert die Welt nicht!"

„Dann verkriech dich doch in irgendeinem Loch und hol dir einen runter, du Feigling!", schrie Cora zurück. „Wenn du Glück hast, kannst du dein Leben vielleicht noch zwei Wochen länger hinauszögern, bevor der Hexenmeister alles vernichtet."

„Wer sagt denn, dass er das tun wird?", erwiderte Miles garstig.

„Die Bücher sagen es! Aber ... hey, so wie du drauf bist, kannst du dich ja auf seine Seite schlagen, da passt du hin!"

„Dann wär's schön, wenn ihr mich jetzt endlich entschuldigt", sagte Miles, griff nach seinem Rucksack und drängte sich an den beiden anderen Teenagern vorbei, „ich muss mir nämlich noch einen runterholen."

Flip und Cora hielten ihn nicht auf. Beschämt und wütend senkte Miles den Kopf – er meinte ihre verächtlichen Blicke wie die Laserpunkte der Zielerfassung zweier Scharfschützengewehre in seinem Nacken spüren zu können, während er platschenden Schrittes durch die Pfützen aus Wasser und Urin auf die Tür zuhielt.

„Tu das", knurrte Cora, als er die Schwelle erreichte, „aber bei den erbsengroßen Eiern in deiner Hose sehe ich nicht viel Chance auf Erfolg!"

Miles schlug die Tür hinter sich zu.

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Sorry, das Kapitel ist vermutlich etwas kurz heute. Die Szene hat mir ziemlich viel abverlangt, ich fand es gar nicht einfach, einen Streit zwischen Miles und seinen Freunden eskalieren zu lassen. Ich denke nach wie vor irgdendow, dass die Szene "zu gewollt" ist.

Hab ich "Die Lüge, die Freunde schützen soll" eigentlich schon in den ungeschriebenen Gesetzen? Mir fällt gerade auf, dass diese Mechanik nicht gerade untypisch ist ... ^^''

Euch allen jedenfalls einen guten Start ins Wochenende ^^ Am Dienstag geht es mit einem Hexenmeisterkapitel weiter :')

Das Erbe des LichtbringersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt