Kapitel 28

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Ich lege ihm eine Hand auf die Schulter. "Aber wieso hast du nicht von vornherein mit offenen Karten gespielt?" frage ich und er sieht mich an. "Hättest du es verstanden? Hättest du es auch nur im kleinsten Ansatz kapiert?" Ich sehe ihm in seinen blauen Augen, die so einen großen Gegensatz zu seinen schwarzen Haaren geben. "Wahrscheinlich nicht..." murmle ich und er nickt. "Siehst du?" Er seufzt und sieht nach vorn. Sein Blick geht auf den Boden und er stützt sich mit seinen Armen auf seinen Oberschenkeln ab. Ich rutsche ein wenig näher zu ihm und lege meinen Kopf auf seine Schulter.

"Wie Mama so, Paps?" frage ich leise und er zuckt zusammen, ehe er sich zurück lehnt und das macht, was ich schon so lange von ihm wollte. Eine ehrliche und herzliche Umarmung. Seine starken Arme legen sich um mich und ziehen mich an seine Brust. Ich lasse es zu und wir beide sehen nach vorn. "Deine Mutter war die schönste, klügste und hinreissendste Frau der Welt. Ihr lachen war ansteckend und ihre langen Haare so weich wie Seide." Er streicht mir durch meine und lächelt. "So wie deine. Sie hat immer paroli gegeben und sich nicht unterkriegen lassen. Sie war... perfekt!"

Seine Stimme wird traurig. "Sie war immer fröhlich und wenn sie schlechte laune hatte, hat sie es mit mir besprochen. Sie hatte sich so auf dich gefreut! Immer hat sie ihren Bauch gestreichelt und gesagt, dass du eines Tages mal eine starke und unabhängige Person werden würdest. Dass sie für dich sorgen und dich verwöhnen wird." Er verkrampft sich und ich drücke mich ein wenig an ihn. Keine Ahnung, was ich sonst machen sollte. "Als sie bei deiner Geburt starb, wollte jeder wissen, wieso! Wir waren in einem Krankenhaus. Geregelte Umgebung. Ärzte waren da. Schwestern überall. Mich hat man mit dir nur rausgestellt."

"Du warst am schreien und deine Mutter lag leblos auf dem Bett! Nach einer stunde haben die Ärzte die Widerbelebung aufgegeben und gesagt, dass sie das noch näher untersuchen werden. Am ende haben sie herausgefunden, dass sie eine Hirnblutung durch die Anstrengung bei der Geburt hatte. Man hätte nichts tun können." Er verstummt und ich sehe in sein Gesicht. Überrascht stelle ich fest, dass Tränen seine Wangen hinunter laufen und ich erstarre, bevor ich automatisch meine Hände hebe und ihm diese wegwische. Seine Haut fühlt sich rau an. Der Ansatz seines Bartes reibt, wenn ich darüber fahre.

Im nächsten moment, finde ich mich in einer festen Umarmung wieder und ich spüre, wie sein Körper bebt. Er scheint lautlos zu weinen und ich bin erst überfordert! Doch dann kommt Karasuma lautlos rein, sieht die Reaktion und deutet mir an, ihm über den Rücken zu streicheln. Dankbar lächle ich ihn an und er nickt, bevor er wieder verschwindet. Also streiche ich ihm über den Rücken und lasse ihn einfach weinen. Ich lege meinen Kopf an seinen und muss mich selbst zusammenreissen, nicht los zu heulen. Aber dass kann ich jetzt echt nicht bringen. Ich muss stark bleiben. Für meinen Vater, der sich endlich geöffnet hat und kein riesen Arschloch ist!

Keine Ahnung, wie lange wir jetzt schon so dasitzen. Aber irgendwann löst er sich und wischt sich die restlichen Tränen aus dem Gesicht. Ein schiefes grinsen erscheint auf seinem Gesicht. "Und dabei bin ich doch der harte...!" meint er schniefend und ich gebe ihm ein Taschentuch. Er schnäuzt und ich setze mich wieder normal hin. Meine Schulter tut weh und mein bauch auch. Doch ich lasse es einfach weh tun. "Ich werde den Soldaten, der dich erwürgen wollte, unehrenhaft entlassen. Dass war wirklich Befehlsverweigerung!" knurrt er nun und sieht auf meinen Hals.

Ich winke ab. "Lass es, Paps... Er hat seine Lektion gelernt und du kannst ihm ja einen Bruchteil davon zeigen, was ich alles gelernt habe!" erwiedere ich und er schüttelt amüsiert den Kopf. "Der würde mir durchdrehen!" meint er und wir fangen an zu lachen. Es ist befreiend und er wuschelt mir durch meine Haare. "Du hast das gleiche Lachen, wie deine Mutter. Ansteckend und wunderschön!" Ich bekomme einen Kuss auf die Stirn und sehe ihn lächelnd an. "Auch, wenn es ein bischen spät ist... Es ist schön, endlich einen Vater zu haben!" sage ich und er nickt. "Und ich finde es genial, dich als meine Tochter zu haben!"

Den restlichen Abend reden wir über alles mögliche und auch Karasuma gesellt sich zu uns. Dass mein Vater ihm mittendrinn eine Standpauke gehalten hat, von wegen: 'Brichst du meiner Tochter das Herz, breche ich dir deine Knochen!', hat selbst mich überrascht und es war mir super peinlich. Ich will nicht wissen, wie er das herausgefunden hat. Ich erzähle ihm auch, wie es mir immer gegangen ist und er fühlt sich immer schuldiger. Er kann sich nicht vorstellen, wie ich mich während der gesamten Zeit gefühlt habe und entschuldigt sich so oft, dass ich ihn bei jeder neuen entschuldigung einen leichten Klaps gebe.

Als er dann endlich gegangen ist, setze ich mich völlig fertig auf die Couch und strecke alle viere von mir. "Stellst du dich jetzt Tod, oder was?" fragt Karasuma amüsiert und ich sehe ihn an. "Als Leiche kann man wenigstens ausschlafen. Beziehungsweise hat das Problem gar nicht!" Er seufzt und hält mir zwei sachen hin. Zum einen ein Glas mit Wasser und zum einen eine kleine Tablette. "Das ist eine Schmerztablette. Die Nacht wird sonst die Hölle mit deinem Bauch und deiner Schulter!" meint er und ich nehme beides dankend entgegen.

Dann stehe ich auf und wanke ein wenig in das Schlafzimmer. "Und jetzt schlafen..." murmle ich und Karasuma nickt. "Komm, leg dich hin!" Gähnend lasse ich mich einfach fallen und liege mit dem Kopf auf der Matratze da. "Sera. Richtig!" brummt er und murrend lege ich mich richtig hin, bevor er sich ebenfalls zu mir gesellt. "Bist du sicher, dass du morgen wieder unterrichten willst?" fragt er besorgt und nimmt mich in den Arm. Ich lächle und kuschle mich an ihn. "Lehrerin sein, in einem Fach, dass ich persönlich kann... Das macht spaß und ist unterhaltsam!" sage ich nur, gähne und schließe meine Augen. Ich höre nur ein geflüstertes: "Gute Nacht!", bevor bei mir die Lichter ausgehen.

Soldatin TornTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon